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haben: er verfertige jene ebensowohl ohne Ruchlosigkeit als diese ohne Andacht. Seine Antwort ist vielleicht zu aufrichtig gewesen, obgleich dem Genie eines Dichters vollkommen gemäß."

Lessing pflegte später zu sagen, man müsse jeder herrschenden Uebertreibung die umgekehrte Uebertreibung entgegenseßen, um das Gleichgewicht herzustellen. Das Obige sieht ganz nach diesem Grundsatz aus: die seraphische Empfindelei der Klopstock'schen Schule, die so sehr auf die Heiligung des Innern dringt, um eine heilige Poesie hervorzubringen, wird recht derb bruskirt. Aber im Ganzen ist es damals — Leffing's wirkliche Meinung, und er steht darin Gottsched viel näher als dem Messiasdichter.

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auf höhere OffenDurch diese wollen andern möglichen. Sie erkennen es

Die nächste Rettung bezog sich auf Cardanus, den man beschuldigt hatte, in einem Gespräch, welches die verschiedenen Religionen gegen einander in Scene sezte, das Christenthum verleumdet zu haben. Lessing erweist im Gegentheil, daß er gegen die anderen Bekenntnisse ungerecht gewesen sei, und läßt, um zu zeigen, wie es hätte gemacht werden sollen, einen Mohamedaner reden: „Man sieht es wohl, mein guter Cardan! daß du ein Christ bist, und daß dein Versuch nicht sowohl gewesen ist, die Religionen zu vergleichen, als die christliche so leicht als möglich triumphiren zu lassen. Gleich Anfangs bin ich schlecht mit dir zufrieden, daß du die Lehren unsers Mohamed in eine Classe fezest, in welche sie gar nicht gehören. Was der Zude und der Christ feine Religion nennt, ist ein Wirrwarr von Sätzen, die eine gesunde Vernunft nie für die ihrigen erkennen wird. Sie berufen sich alle barungen, deren Möglichkeit noch nicht einmal erwiesen ist. fie Wahrheiten überkommen haben, die vielleicht in einer Welt, nur nicht in der unfrigen, Wahrheiten sein können. selbst und nennen sie daher Geheimnisse; sie sind es, welche die allergröbsten und sinnlichsten Begriffe vom Göttlichen erzeugen, welche den Geist zu unfruchtbaren Betrachtungen verführen und ihm ein Ungeheuer bilden, welches ihr den Glauben nennt. Diesem gebt ihr die Schlüssel des Himmels und der Höllen; und Glücks genug für die Tugend, daß ihr sie mit genauer Noth zu einer etwaigen Begleiterin desselben gemacht! Die Verehrung heiliger Hirngespinster macht bei euch ohne alle Gerechtigkeit selig; aber nicht diese ohne jene. Wirf einen Blick auf unser Gesetz! Was findest du darin, das nicht. mit der allerstrengsten Vernunft übereinkomme? Wir glauben einen einigen Gott; wir glauben eine zukünftige Strafe und Belohnung, davon eine uns, nach Maßgabe unserer Thaten, gewiß treffen wird. Dieses glauben wir, oder vielmehr, damit ich auch eure entheiligten Worte nicht brauche, davon sind. wir überzeugt, und sonst von nichts! Weißt du also, was dir obliegt, wenn du gegen uns streiten willst? Du mußt die Unzulänglichkeit unserer Lehrfäße

beweisen! du mußt beweisen, daß der Mensch zu mehr verbunden ist, als Gott zu kennen und tugendhaft zu sein; oder wenigstens, daß ihn beides die Ver nunft nicht lehren kann, die ihm doch eben dazu gegeben ward! Schwaße nicht von Wundern, wenn du das Christenthum über uns erheben willst. Mohamed hat niemals dergleichen thun wollen; und hat er es denn auch nöthig gehabt? Nur der braucht Wunder zu thun, welcher unbegreifliche Dinge zu überreden hat, um das eine Unbegreifliche mit dem andern wahrscheinlich zu machen; der aber nicht, welcher nichts als Lehren vorträgt, deren Probirstein ein Jeder bei sich führt. Wenn Einer aufsteht und sagt: ich bin der Sohn Gottes! so ist es billig, daß man ihm zuruft: thue etwas, was nur ein solcher thun kann! Aber wenn ein Anderer sagt: es ist nur ein Gott und ich bin sein Prophet, d. h. ich bin derjenige, der sich bestimmt zu sein fühlt, seine Einheit gegen euch, die ihr ihn verkennt, zu retten: was sind da für Wunder nöthig? Laß dich also das Besondere unfrer Sprache, das Kühne in unsrer Art zu denken, welche den geringsten Satz in blendende Allegorien gern einschließt, nicht verführen, Alles nach den Worten anzunehmen, und dasjenige für Wunder zu halten, worüber wir selbst sehr betroffen sein würden, wenn es in der That Wunder wären. Wir schenken euch gern diese übernatürlichen ich weiß nicht, wie ich sie nennen soll wir schenken fie euch und danken es unserm Lehrer, daß er seine gute Sache nicht dadurch hat verdächtig machen wollen." Natürlich spricht das nur der Mohamedaner, nicht Lessing: es ist doch schon ganz der spätere Herausgeber der "Fragmente"!

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„Gerettet" wurden ferner zwei von Luther leidenschaftlich verfolgte Männer, Simon Lemnius und Cochläus, nach dem Grundsaß, man dürfe auch dem Teufel kein Unrecht thun. Die Abhandlungen sind vortrefflich, im Geist der gesundesten historischen Kritik. Wenn Luther's Charakter durch diese Untersuchungen zu leiden scheint, so glaubt sich Lessing, der ihn stets hoch verehrt, darüber besonders rechtfertigen zu müssen. „Genug, daß durch die Reformation unendlich viel Gutes ist gestiftet worden, welches die Katholiken selbst nicht ganz und gar läugnen; genug, daß wir in dem Genuß ihrer Früchte sißen; genug, daß wir diese der Vorsehung des Himmels zu danken haben. Was gehn uns allenfalls die Werkzeuge an, die Gott dazu gebraucht hat? Er wählt überhaupt fast immer nicht die untadelhaftesten, sondern die bequemsten. - Billig bleibt Luther's Andenken bei uns in Segen; allein es ist eine ausschweifende Verehrung, wenn man auch nicht den geringsten Fehler auf ihm will haften lassen, als ob Gott das, was er durch ihn verrichtet hat, sonst nicht würde durch ihn haben verrichten können. Ein neuer Schriftsteller hatte einen wißigen Einfall: die Reformation sei in Deutschland

ein Werk des Eigennutes, in England ein Werk der Liebe, und in dem liederreichen Frankreich das Werk eines Gassenhauers gewesen. Man hat sich viel Mühe gegeben, diesen Einfall zu widerlegen: als ob ein Einfall widerlegt werden könnte! Ihm sein Gift zu nehmen, hätte man ihn nur so ausdrücken dürfen in Deutschland hat die ewige Weisheit, welche Alles zu ihrem Zweck zu lenken weiß, die Reformation durch den Eigennut, in England durch die Liebe, und in Frankreich durch ein Lied gewirkt*)."

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Gleichzeitig mit den „Rettungen“ (Mai 1754) erschienen im Bd. 4 der „Schriften" die beiden Lustspiele: der junge Gelehrte“ und „die Juden". Im lettern wird von allen Seiten auf die Juden geschmäht, und schließlich erweisen sich alle Schmäher als Bösewichter, und der einzige Tugendhafte erweist sich als ein Jude; keiner hat ihn als solchen erkannt. Das Stück war gut gemeint, aber in der Ausführung grenzenlos verfehlt; gleichwohl wurde es 24. Aug. von 3. B. Michaelis sehr gelobt, nur mit der Anmerkung, es sei zwar nicht unmöglich aber doch unwahrscheinlich, daß sich aus einem so gedrückten Volk ein so vollkommen edelmüthiger Charakter entwickeln könne. Eigentlich wollte er sagen: ein Jude, dem Niemand den Juden ansieht, der keine Charaktereigenschaft seiner Nation besitzt, hat nicht das Typische, was zu einer Theaterfigur gehört: Lessing's Wendung war in der That ebenso wohlfeil als unpoetisch; es ist eine Anekdote, aber keine dramatische Situation. - Als Antwort veröffentlichte Leffing 16. Oct. 1754 die Zuschriften zweier Israeliten, die in die heftigste Aufregung über den Göttinger Recensenten geriethen: Man fahre fort uns zu unterdrücken, man lasse uns mitten unter freien und glückseligen Bürgern eingeschränkt leben, ja man sete uns ferner dem Spott und der Verachtung aller Welt aus: nur die Tugend, den einzigen Trost bedrängter Seelen, die einzige Zuflucht der Verlassenen, suche man uns nicht gänzlich abzusprechen."

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Der eine dieser Correspondenten war Dr. Gumpert, den wir schon früher (Bd. 1, S. 607) in Briefwechsel mit Gottsched angetroffen haben — er war damals Secretär bei Maupertuis, heirathete später eine reiche Jüdin und entsagte den Wissenschaften; der andere der später unter dem Namen Mendelssohn berühmt gewordene Moses, geb. 6. Sept. 1729 zu Dessau. -Sein Vater, ein armer Elementarlehrer und Schreiber von Thorarollen, hatte ihn früh in's Hebräische und in den Talmud eingeführt; dagegen hatte ihm der Oberrabbiner Fränkel mit dem Maimonides bekannt gemacht, aus dem er seine ersten speculativen Begriffe schöpfte, und in den er sich so vertiefte, daß er einen verwachsenen Körper bekam. Zum Schacher bestimmt,

*) Vgl. auch Lessing Bd. 5, S. 59.

fühlte sich Moses durch diese Geschäfte sehr erniedrigt, und wanderte 1743 auf gut Glück nach Berlin, wohin ihm sein Lehrer Fränkel († 4. April 1762, 55 J. alt) vorausgegangen war. Dort lebte er in großer Dürftigkeit, hauptsächlich vom Copiren.

Unter den Berliner Juden regte sich bereits eine große Sehnsucht nach deutscher Bildung, die aber von den polnischen Rabbinern als Keßerei verfolgt wurde. Ein gewisser Israel Samosz, den Anfechtungen der Leßteren entgangen, unterrichtete Moses im Euklid nach einer hebräischen Ueberseßung ; ein Dr. Kisch aus Prag unterstüßte ihn im Studium des Lateinischen, dessen Elemente er aus Locke's Werk de intellectu zu erlernen begann, indem er jedes Wort aufschlug und den Zusammenhang zu errathen suchte; Gumpert führte ihn 1748 bei den Lehrern des Joachimsthals ein (Beausobre) und gab ihm die ersten Anleitungen zur Leibniz-Wolffischen Philosophie, während er in Reinbeck's Betrachtungen über die Augsburgische Confession" die Beweise für das Dasein Gottes studirte. 1750 nahm ihn der reiche Seidenfabrikant Bernhard zum Unterricht seiner Kinder in's Haus, während er zugleich durch eine hebräische Wochenschrift Aufklärung unter seinen Glaubensgenossen zu verbreiten suchte. Seine erste Bekanntschaft mit Leffing fällt in den Anfang des Jahres 1754,. und war durch das Schachspiel vermittelt; ohnehin hatte Lessing eine entschiedene Vorliebe für alle absonderlichen Erscheinungen, und wie gegen Cardanus den Mohamedaner, so vertheidigte er gegen das gemeine Vorurtheil den jüdischen Philosophen.

Moses war von kleiner Statur, sehr hager, verwachsen; seine Gesichtsfarbe braun und kränklich, sein Haar schwarz und kraus, seine Nase groß, seine Stirn gewölbt. Früh leidend, war er früh an Entbehrung gewöhnt. Sein Charakter zeigte jene Mischung von spitzer Schärfe und nervöser Empfindlichkeit, wie man sie bei gebildeten Juden nicht selten trifft. Er hatte eine starke Anlage zur Satire, aber er unterdrückte manchen wißigen Einfall, um nicht anzustoßen. Ein gewandter Dialektiker, der nichts Unbewiesenes gelten ließ, war er schonend gegen jedes unschädliche Vorurtheil. Seiner Religion schon aus sittlichen Gründen ergeben, verstand er doch sehr wohl, alle Besonderheiten daraus zu entfernen, und dem Ideal allgemeiner Humanität nachzustreben. Lesfing's Vertrauen gewann er bald, als ehrenwerther Charakter, solider Arbeiter und schlagfertiger Dialektiker; er vergalt es durch innige Hingebung. damals noch sehr jung, gleichalterig, von ehrlichem Streben erfüllt; die Unterschiede stellten sich erst später heraus. Ohnehin ergänzten sie sich in ihren Arbeiten: Moses war ganz in Metaphysik vertieft, und Lessing bei seinem allseitigen Interesse ließ sich gern auch in dies Gebiet verlocken, so fern es ihm damals noch lag.

Mit Ramler stand Leffing schon damals auf gutem Fuß, beide der Horazischen leichtsinnigen Lebensweisheit ergeben; beide von Sulzer, dem Vorfechter des Züricher Geschmacks in Berlin, als Liebes- und Weinpoeten scheel angefehn. Sulzer mußte das Herzeleid erleben, daß Ramler selbst an das Schachspiel! die Kraft der Poesie verschwendete, und schrieb in seinem Verdruß an Bodmer: „Wenn ich die heutigen Tibulle und Anakreone bewegen müßte, ihre Gaben besser als zu Possen anzuwenden, so würde ich ihnen blos zeigen, was Bodmer, Klopstock und Wieland geschrieben haben. Welches Vergnügen, ja welche Glückseligkeit würde es für mich sein, ein Zeuge und Vertrauter Ihrer Arbeiten zu sein. Wenn Sie die Bäume rauschen hören, die Ihr Kloset mit Stille beschatten, so denken Sie, daß mein Geist kommt, Sie zu besuchen, und Zeuge der hohen Unterredung zu sein, die die gottseligen Musen mit Ihnen halten, die mit abgewandten Angesichtern vor den Zimmern unserer Bacchus und Venuspriester vorbeieilen. Es ist doch gut, daß Sie mit wenigen der allgemeinen Verachtung, in welche die Poeten und Poesie fast nothwendig kommen mußten, einen Damm vorseßen. Deutschland wird elend mit poetischem Unflath überschwemmt. Ich bedauere recht sehr, daß ich nicht soviel Muße noch Geschick habe, als ich wünsche, um den kleinen Dichterchen lehrreiche Vermahnungen zu geben."

Ebenso äußerte sich Haller: „Ich bin nicht ohne Gefühl für die leichten Schwünge des lächelnden Anakreon. . . nun aber, da diese fröhliche Sette alle ernsthafte Dichterei verdrängen will, sehe ich lieber, daß ich nicht zu der selben gehöre. So reizend diese Dichterei sein mag, so kann ich mir den Schaden nicht verhehlen, den sie thut. Unser Jahrhundert ist gesellschaftlicher als alle vorhergehenden. Die beiden Geschlechter sehn einander mit der größten Freiheit; überall breitet sich der Geschmack zum Tanz, zu Schauspielen, zu Lustbarkeiten aus. In dieser den Vergnügungen so gänzlich ergebenen Welt ist die reizende Dichtkunst nicht an ihrem Ort, die den herrschenden Trieben noch mehr Zunder reicht. Je reichlicher sich der Mensch in dem angenehmen. Trank der Wollust berauscht, je weniger Geschmack findet er an den ernsthaften Forderungen der Pflicht. Kann ernste Arbeit von Menschen erwartet werden, deren Seelen mit den flatternden Bildern füßer Empfindungen ganz eingenommen, ewig nach dem Genusse lechzen ?“

Am besten geißelte Kästner mit leichtem Scherz die leichte Spielerei: „Gedankenleere Prosa in ungereimten Zeilen, in Dreiquerfingerzeilen, von Mädchen und von Weine, von Weine und von Mädchen, von Trinken und von Küssen, von Küssen und von Trinken, und wieder Wein und Mädchen, und wieder Kuß und Trinken, und nichts als Wein und Mädchen, und nichts als Kuß und Trinken, das heißen unsere Zeiten Anakreontisch dichten."

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