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Bereits zu Anfang 1753 hatte Wieland, der Champion von Zürich, die Abhandlung von den Schönheiten des Noah" vollendet und eine „Sammlung der Zürcherischen Streitschriften zur Verbesserung des deutschen Geschmacks wider die Gottschedische Schule, von 1741 1744", in 12 Stücken herausgegeben. „Despoten in den Wissenschaften,“ sagt er in der Vorrede, „und offenbare Haffer der Wahrheit müssen und sollen zu Boden getreten werden, oder es ist mit dem Geschmack, der Freiheit zu denken und den nüßlichsten und menschlichsten Wissenschaften geschehen.“ Zugleich erließ er ein „Schreiben von der Würde und Bestimmung eines schönen Geistes", in welchem er mit Fanatismus gegen die Anakreontischen Dichter zu Felde zog, die er noch kurz vorher gegen Bodmer vertheidigt. „Die Nachwelt wird euch hassen; noch nicht geborne Enkel, in deren wächserne Herzen ebenso leicht die Unschuld als wie das Laster sich drückte, werden euch lesen, und jedes Bild, das die Seele beflecket, jede unheil'ge Begier, die ihr zeugt, die wird euch verdammen. Trauriger Ruhm, die Neigungen, die von Gott uns entfernen, mit Ovidischer Kunst in zärtliche Seelen zu gießen! Ruhm, von Teufeln beneidet zu werden würdig, des Mädchens unerfahrenes, leicht schmelzendes Herz zur thierischen Liebe und phantastischen Freuden mit täuschenden Worten zu laden."

So schrieb ein Dichter, den später mit Recht der Vorwurf traf, den Cultus der Amoretten und Grazien auf eine krankhafte Spize getrieben zu haben. Ein aufmerksamer Beobachter hätte indeß schon damals in den Seraphim, denen er huldigte, eine gewisse Verwandtschaft mit jenen bunten Schmetterlingen erkennen müssen. Die altchristlichen Seraphe mit blassem Antlig, langen züchtigen Kleidern und weiten Flügeln waren es nicht, die seiner Phantasie vorschwebten, sondern jene luftigen Engelsgestalten, wie sie Rafael's Sixtinische umflattern. Er suchte eine bunte phantastische Welt, um den Banden der nüchternen Wirklichkeit, die er nicht kannte, zu entschlüpfen.

Zwei Momente sind in den Anakreontischen Versuchen jener Zeit zu sondern. Einmal die Resignation des Privatmanns, der sich darüber tröstet, an einer großen Gemeinschaft keinen Antheil zu haben: es sei weise und angenehm, im Schoß eines lieben engen Kreises sich selbst und seiner Liebe und Freundschaft zu leben, gleich fern dem finstern Sittengesetz des Pietismus wie dem Gewühl verzehrender Leidenschaften. Darauf ungefähr ging auch die Richtung der jüngern Theologen. Beatus ille, qui procul negotiis u. j. w.; das Paradies ist ein bescheidenes Schäferidyl. Das zweite Moment aber war eine phantastisch erregte Sinnlichkeit, der Cultus einer Art von französischer Liebe, wie er dem deutschen Gemüth wenig entspricht. Das Symbol der deutschen Liebespoesie war seit alter Zeit die schwermüthige Nachtigall gewesen, nun sollte die Grille an ihre Stelle treten. Es ist in den ver

liebten Träumen dieser Schule Göz, Uz, Gleim, auch Lessing viel Kaltes und Gemachtes, was mitunter wirklich zu unschönen Einfällen führt: die Poesie ist nicht sinnlich, aber lüstern. Am auffallendsten bei Gleim, der im Leben so höchst solid war, und dessen excentrische Träume von Mädchen, die wie Schneeflocken in der Luft flattern, Bd. 1, S. 598 beschrieben sind. Bei Uz waren die Einfälle noch stärker, wenn er die Vorhänge von den Ehebetten zurückschlug und die Lilienhügel der Mädchen beschrieb nach dem Französischen! „Allzu jung taugt nur zum Spielen! Fleischig sei sie anzufühlen, und gewölbt die weiße Brust. Die Brünette soll vor Allen mir gefallen, sie ist dauerhaft zur Lust.“ Außerdem unternahm Uz einen gefährlichen Feldzug in's Reich der Seraphim.

Anfang 1753 (27. Jan. von Lessing mit Lob angezeigt) schrieb er den„Sieg des Liebesgottes; eine Nachahmung des Pope'schen Lockenraubes": eine Schöne von gutem Ton weiß zwei Liebhaber, einen gesetzten Mann und einen dreisten Stutzer, künstlich in Hoffnung zu erhalten, ohne daß ihr Herz Antheil nimmt: aber Amor beschließt sie zu besiegen, und der zudringliche windige Liebhaber erhält vermöge seines modischen Aufzugs das Bekenntniß ihrer Liebe. In dieser Satire erscheint ein Dichter nach dem neuesten Geschmack. Zuerst liest er der Lesbia ein Lied vor: „Bis an den kalten Mond entfliegt in seiner Ode der Unsinn, dickumwölkt und scheckig nach der Mode; " dann erzählt er von einem Epos, das er entworfen; noch fehle ihm zwar die Handlung: doch eines Cherubs Bild zu künftigen Gesichten sei völlig ausgemalt; mit Allem, was ihm fehle, werde ihn Milton versorgen, nur einen Sturm wolle er vom Virgil borgen; welcher Held aber bei ihm die krause See durchstreiche, wisse er noch nicht; vielleicht werde es ein Patriarch sein. Auf diese Satire folgten vier halb prosaische, halb poetische Briefe. Der vierte derselben (1754), an Christ gerichtet, zeigt den Verfasser durch einen Traum in den Tempel des Geschmacks versetzt, wo er u. A. Opig, Canit, Haller, Hagedorn, Schlegel, Gellert, Gleim antrifft. Die Einen waren auf gebahntem und anmuthigem Wege dorthin gelangt, durch eines der beiden Tempelthore eingedrungen, „räucherten insgemein den ehrwürdigsten Dichtern Griechenland's, Rom's und Frankreich's, und besangen ihr Lob wenigstens in einem verständlichen Deutsch und unter dem Getöne des Reims." Andere dagegen, die einen sehr rauhen, unlustigen Pfad gewählt, „verschwendeten all ihren Weihrauch bei einer dem Homer gegenüberstehenden britischen Statue (Milton's) von schwarzem Marmor; sie sangen ihr zu Ehren uranische Lobgefänge voll Olymp und zugleich voll mizraimischer Finsterniß.“ „Kann ein verblendet Volk die Thorheit höher treiben? Der nicht wie Briten denkt, will als ein Brite schreiben; der Deutsche will ein Brite fein und kauft ein englisch Kleid auf einem Trödel ein. Der Aufwand

ift gering: ein schwülstiges Geschwätze, das der Vernunft vergißt wie aller Sprachgefeße, manch Schulwort, manch verwegner Schwung und schwärmende Begeisterung macht schon ein ziemlich Kleid nach Londons neustem Schnitte: — dem Kleide fehlt nur Eins, der Brite!"

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Ebensogut hätte er von den christlichen Gewändern der seraphischen Poeten sagen können: es fehlt ihnen nur der Christ! Bodmer - der nebenbei in diesen Zeiten als Gelehrter das verdienstvolle Werk unternahm, die alten schwäbischen Dichter, z. B. den Parcival, dem Volk bekannt zu machen war als Poet durch seine Schnellfingrigkeit in einen immer tieferen Schlendrian gerathen. Nachdem er eine Anzahl christlicher Epopöen verfaßt, machte er jetzt auch christliche Dramen: den keuschen Joseph u. s. w., eine verschlechterte Auflage der Schuldramen von Chr. Weise. Auf sein Andrängen versuchte sich auch Wieland, gegen die Stimme seines bessern Genius, an einer Patriarchade: „der geprüfte Abraham", in Hexametern. Ueber diese schlechte Stilübung im Klopstock-Bodmer'schen Geschmack fällte ein scharfsinniger Kritiker, dem wir hier zum erstenmal begegnen, Hamann, einige Jahre darauf ein treffendes Urtheil: „Wenn ein Moschus mit soviel Anstand ein mythologisch Mährchen zu erzählen weiß, woran liegt es doch, daß ein Wieland den geprüften Abraham nicht mit eben der Sittsamkeit, sondern soviel Ariostische Episoden, alkoranische und talmudische Zierrathen, die nichts als das Vorurtheil der Mode und der einmal angegebene Ton rechtfertigen kann? Hat man die Erdichtungen nöthig, wo die Geschichte reich genug ist? und soll man Dinge nachahmen, die schon dadurch um ihre ganze Anmuth gekommen, daß sie Jedermann nachahmt? ... Ich halte mich beim geprüften Abraham so weitläufig auf, weil es sich der Mühe lohnt, einen solchen Verfasser zu beurtheilen. Nichts als eine blinde Gefälligkeit gegen die herrschenden Sitten unserer jeßigen Dichtkunst, oder eine durch Gewohnheit erlangte Fertigkeit, die unser Urtheil parteiisch macht und unsere Sinne bezaubert — und der Trieb zu gähnen, weil wir Andre gähnen sehn, können dergleichen Gaukeleien so ansteckend machen, daß die besten Köpfe davon hingeriffen werden. Geben die Beiwörter, welche den Parasiten gleich sich bei jedem Hauptwort zu Gast bitten, nicht dem Ohr eine weit ärgere Monotonie, als die man dem Geklapper der Reime zugeschrieben? Wird nicht die geistige Maschinerie gröber angebracht, als das Spiel der Knechte bei den alten, und der Scapin bei den neuern Römern?"

Noch närrischer geberdet sich Wieland in den „Briefen von Verstorbenen an hinterlassene Freunde", gleichfalls in Hexametern, die vielleicht am besten durch den Anfang des einen charakterisirt werden: „Dir den mindesten Vorwand zum Zweifel zu nehmen, ob dein Bruder es sei, den diese Zeilen dir zeigen, will ich beschreiben, was dir am gestrigen Abend begegnet" u. s. w.

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kurz:

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Endlich ist mir vergönnt, was ich so lange mir wünschte, Laura, mit dir zu reden" u. f. w. „Mitten in Seligkeiten, die mir mit Engeln gemein sind,“ u. s. w. „Freund, der Vorhang ist weg, die Nacht ist vom Tage verschlungen, dein Theagenes sieht! Die Wahrheit, unter den Menschen kaum im Bilde bekannt, die himmlische Göttin der Schönheit, giebt sich mir willig zu sehn; ich schaue die ew'gen Ideen" u. s. w. — In einem Brief beschreibt Theotima von Myriaden verklärter Melinden umgeben einen unter den unzähligen Sternen der Milchstraße sich befindenden Planeten, der von unschuldigen Menschen bewohnt wird, und erzählt die Geschichte der Schöpfung, der Versuchung und des Sieges der ersten Stammeltern dieser glückseligen Geschöpfe; „eins von den Meisterstücken," schreibt Leffing 25. Dec. 1753, „mit denen uns die Schweiz beschenken will, die sich lange genug mit trocknen Regeln beschäftigt hat, und nunmehr auch die Muster dazu geben will. Es ist aus der Feder des Hrn. Wieland, eines so fruchtbaren Geistes, daß die Vielheit seiner poetischen Geburten beinahe ein Vorurtheil wider ihren innern Werth sein könnte. Es sind neun Briefe, alle voller Seligkeiten, Tugend und Freundschaft, so daß uns schon der Inhalt mit aller Achtung davon zu reden bewegen muß. Ueberall herrscht darin die feinste der feinsten Empfindungen, und die Nachrichten, die uns vom Himmel mitgetheilt werden, sind neu und curiös. Wem die Briefe selbst ein wenig zu lang vorkommen sollten, der mag überlegen, daß die Gelegenheiten aus jenem in dieses Leben jeziger Zeit sehr rar sind, und man also den Mangel des öftern Schreibens durch viel Schreiben ersetzen muß.“ Selbst in der Schweiz wollte man nicht glauben, daß man im Himmel so unnatürlich rede, und Wafer ließ seiner satirischen Laune freien Spielraum. Es ist zu bemerken, daß Meta Moller damals etwas Aehnliches dichtete. Wieland hatte allerdings eine Entschuldigung, aber es war keine gute: indem er zarten Seelen die Würde und Unsterblichkeit der Seele einprägen wollte, sollten sie zugleich der fernen Geliebten ein Zeugniß sein, wie er gleichsam als ein der Welt Abgestorbener nur den höhern Welten lebe. - Wenig ahute er, was ihm von dieser Seite bevorstand.

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Diese tollen Versuche gaben auch einem ledernen Gegner leichtes Spiel, und der alte Dictator des Geschmacks in Leipzig fand es an der Zeit, sich wieder zu regen. Gottsched's Einfluß war in einzelnen Kreisen noch im mer nicht unbedeutend: von Jahr zu Jahr sammelte er die mittelmäßigen Auffäße seiner Anhänger in der „Gesellschaft der freien Künste“, schrieb Lehrbücher, z. B. einen Auszug aus dem Batteur zum Gebrauch für seine Vorlejungen; die ehemals so berühmten Acta Eruditorum gingen nach O. Mende's Tod 1754 in die Hände eines eifrigen Gottschedianers, Prof. Bel,

über, der sie freilich ganz verkümmern ließ; und es fehlte auch nicht an Klopffechtern, die gegen die Neuerer zu Felde zogen. Der unermüdlichste war der gekrönte Poet, v. Schönaich. „Nur Dero Nachsicht ist schuld, daß das Otterngezücht so zugenommen!" schrieb er an Gottsched, als er ihm seinen Plan mittheilte, die „neologischen“ Ausdrücke der jungen Schule in einem satirischen Wörterbuch zusammenzustellen. Juni 1754 war das Werk fertig, 471 Seiten stark; es hieß: „die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder neologisches Wörterbuch, als ein sicherer Kunstgriff, in 24 Stunden ein geistvoller Dichter und Redner zu werden, und sich über alle schaale und hirnlose Reimer zu schwingen. Alles aus den Accenten der heiligen Männer und Barden des jezigen überreichlich begeisterten Jahrhunderts zusammengetragen, und den größten Wortschöpfern unter denselben aus dunkler Ferne geheiliget von einigen demüthigen Verehrern der sehraffischen Dichtkunst. Dem Geistschöpfer, dem Seher, dem neuen Evangelisten, dem Träumer, dem göttlichen St. Klopstocken, dem Theologen, wie auch dem Sündfluthenbarden, dem Patriarchendichter, dem rabbinischen Mährchenerzähler, dem Vater der mizraimischen und heiligen Dichtkunst, widmen diese Sammlung neuer Accente die Sammler." Auch Haller, Wieland, Gellert u. s. w. wurden des Lohensteinianismus angeklagt; die Spöttereien gegen Klopstock waren mitunter nicht schlecht. Aber Gottsched selbst erschrak, als er die unfläthigen Späße las, namentlich da Lessing in seiner Anzeige 15. Aug. 1754 darauf hindeutete, es sei wohl unter Gottsched's Einfluß geschrieben. Schönaich tröstete seinen Meister, er solle sich vor Lessing nicht fürchten: hätte das Buch erst zur Correctur vorgelegt werden sollen, es wäre nicht halb so spaßhaft ge= worden.

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Unbeirrt durch diese Angriffe fuhr Klopstock in seinem Schaffen fort. 10. Juni 1754 heirathete er (30 3. alt) seine Meta in Hamburg, und reiste gleich darauf nach Quedlinburg, um die junge Frau seinen Eltern vorzustellen. Mein Leben,“ schreibt er an Gleim, „war bisher nur ein Traum. Zezt erst, da Meta ganz mein ist, erkenne ich den Werth des irdischen Lebens und preise den Gott der Himmel, der mir die Gefühle gab, in diesem irdischen Leben ihn verherrlichen zu dürfen. Die Glorie des irdischen Daseins ist mir geworden, die Siegespalme ist in meiner Hand. Ich singe dir Jubellieder, Jehovah!"

Um dieselbe Zeit hatte Gleim der Liebe entsagt. 15. März 1753 hatte er sich in Blankenburg mit Sophie Mayer, der Tochter eines Bergraths, verlobt: „achtzehn Jahr alt," schreibt er an Uz, „eine Brünette, wie Sie sich eine gewünscht haben, besser als die Doris, die meine hundert Lieder besingen; besser als das Mädchen, das meine Einbildungskraft geschaffen hat,

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