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trachtung. Der folgende Monolog, den er einer seiner Figuren in den Mund legt, erinnert stark an den Horazischen Wucherer: 3hr, die ihr unselig die Einfalt der Natur verließet, ein mannigfaltigeres Glück zu suchen; ihr Thoren, die ihr die Sitten der lachenden Unschuld Grobheit, und das wenige Bedürf niß, das die Natur aus reichen Quellen stillt, verächtliche Armuth nennt, baut immer Gewebe von Glück, die jeder Wind euch zerreißt! 3hr geht durch Labyrinthe zum Glück; ewig mühsam, ewig unzufrieden irrt ihr da; ihr glaubt die oberste Stufe des Glücks erstiegen zu haben, ihr taumelt in seinen schmeichelnden Arm und träumt; ihr erwacht; träumend betäubte euch das lächelnde Gesicht der Harpye, wie im Götterglanz; ihr saht nicht die schwarzen ledernen Flügel, von denen sie euch jezt Ekel und Entseßen zuweht, und den garstigen Rücken. Ihr, die ihr Länder beherrscht, die ihr mit übermüthigem Blick die Gegend von den Thürmen der Paläste durchwandert und stolz denkt, dies Alles ist mein: wem quillt die süße Lust aus der stillen Gegend, aus den fruchtbaren Feldern, aus der ganzen schönen Natur? wem rauschen die Quellen Vergnügen? euch, ihr Herrscher, oder dem armen Hirten, der im Grase ruht, von seiner Heerde umirrt? Er ruht da und athmet Entzücken; zufrieden, unwissend, daß er arm ist: und wär' er Herr der ganzen Gegend, brächte sie dem Zufriedenen denn mehr Vergnügen? Die schöne Natur ist ihm eine ewige Quelle von reinem Vergnügen; kein Stolz, keine Herrschsucht, kein Ergeiz macht ihn mit seinem Glück unzufrieden; das ruhige Gemüth und das redliche Herz streun immer Bergnügen vor ihm her, wie die Morgensonne vor dir her die bethaute Gegend mit Glanz überstreut. O ihr Bäche, an euren Ufern will ich jetzt ruh'u!" u. s. w.

Das erinnert nun freilich an Rousseau, aber was den französischen Philosophen zu einem feurigen Kampf gegen die Wirklichkeit begeistert, giebt dem schweizer Poeten nur den Muth zur Flucht aus dem wirklichen Leben in ein ideales Land, wo alle Hirtinnen schmachten und alle Schäferknaben ohne Mißklang die Flöte blasen; in das schimmernde Fabelland der Nymphen und Najaden. Geßner ist nicht Rousseau's, sondern Gellert's Geistesverwandter.

Die hohe Obrigkeit im sittenstrengen Zürich war doch einigermaßen bedenklich: sie fand solche Liebesgeschichten wenig erbaulich und die Einmischung heidnischer Gottheiten ziemlich anstößig. Der Kreis der schönen Seelen dagegen nahm den jungen Dichter als Ebenbürtigen auf, und Bodmer rief triumphirend: Die Deutschen werden daran eine große Sdee von unsern Zürichern bekommen, gleich als ob die Luft hier poetisch wäre!" 3m großen Publicum erfolgte die Anerkennung langsamer; eigentlich erst auf dem Umwege der Franzosen, als die Idyllen (1756) durch Huber in's Französische überseßt waren, und Paris in dem manierirten Nachahmer seines eignen Rococo den

größten deutschen Dichter feierte. Lessing ließ wenigstens die correcte Sprache gelten; am wärmsten sprach sich Wieland aus: „Geßner ist mir sehr lieb; er ist ein Esprit im besten Sinn, ein Liebling der Natur und der feinsten Grazie. Ich liebe sein Genie und sein Herz.“

Um diese Zeit machte Wieland noch zwei Bekanntschaften, die für seine künftige Entwickelung von Wichtigkeit wurden: Zimmermann und Iselin.

Zimmermann war 8. Dec. 1728 zu Brugg im Canton Bern geboren, Sohn eines dortigen Rathsherrn. Die Mutter war aus der franzö sischen Schweiz. der Knabe drückte sich in beiden Sprachen gleich geläufig aus, schriftlich war ihm das Französische bequemer. Bis zum 14. 3. im elterlichen Hause erzogen, wurde er dann nach Bern geschickt, um dort die alten Sprachen, Mathematik, Naturlehre, Philosophie und schöne Wissenschaften zu treiben. 1747 bezog er die Universität Göttingen, wo er unter Haller's Leitung, der sich wie ein Vater seiner annahm, mit Anstrengung aller Kräfte Medicin studirte; nebenbei legte er sich mit Eifer auf die englische Literatur. Nachdem er 1751 durch eine physiologische Abhandlung über den Nervenreiz die Doctorwürde erworben, machte er eine längere Reise nach Holland und Paris, und kehrte dann 1752 nach Bern zurück, wo bald darauf auch Haller eintraf. Zimmermann heirathete eine Verwandte desselben, und nahm 1754 eine Physikatsstelle in seiner Vaterstadt Brugg an.

Zimmermann hielt es für eine Ehrenpflicht, den Ruhm seines großen Lehrers, der nach seiner Meinung in Bern nicht genug anerkannt wurde, auszubreiten, und schrieb 1755 „das Leben Haller's“ (17. Mai 1755 von Lessing mit großem Lobe angezeigt), sehr zum Verdruß des Gefeierten selbst, der durch die boshaften Angriffe auf seine Gegner in neue Streitigkeiten verwickelt zu werden fürchtete. Einige Stellen der Vorrede werfen auf die Art des Verfassers ein interessantes Streiflicht.

„Worin soll denn unsere Nation ihre Ehre suchen? Unsere Siege sind vergessen; das Blut unserer heutigen Krieger raucht auf den Altären ihrer Anführer, die zu dem Siege den Namen, wie jene das Leben hergeben. Der Ruhm eines Bernoulli, eines Euler wird bleiben, wenn man nicht mehr weiß, daß Schweizer gestritten haben.“

„Ich bin zur Poesie nicht geschickt, und ich werde der Welt niemals als ein Dichter bekannt werden, aber meine eigne Seele würde ich hassen, wenn sie nicht eine rechte Dichterseele wäre. Ich habe von meiner ersten Jugend an eine gewisse Erweckung, einen entzückenden Schauer, ein neues Leben, das in das Leben gegossen schien, empfunden, wenn ich einen besondern Vorwurf, der für mich etwas Reizendes hatte, betrachtete; diese Neigung empfinde ich mehrmals bei dem Studiren, sie belebt meine Freundschaft, sie

erweckt mein Herz zum Mitleid, und preßt mir unter dem Moos einer elenden Hütte, bei dem nahen Anblick des trauervollen Looses eines kranken Tagelöhners die gleichen Thränen aus, die für eine Gauffin, für eine Dumenil geflossen sind, die für die himmlische Clarissa in Fluthen sich ergoffen haben. Die Natur, die in den Werken des Geschmacks, in der Wissenschaft des Schönen und Guten der wahre Leitstern ist, lehrt mich also, meine Reden, meine Schreibart müssen in einem unveränderlichen Verhältniß mit meinen Empfindungen stehn: sie soll sich mit edlern Vorwürfen erheben; wie könnte ich ohne Rührung, in einer niedern Schreibart, das Vergnügen aus den Wissenschaften anpreisen? Wir trachten in allen Dingen nach einem gewissen Grad der Vollkommenheit, den kein Sterblicher erreichen wird; unsere Seelen kleben an dem Staub, und ihre Kräfte sind endlich; aber es ist etwas in uns, das mit einer unwiderstehlichen Macht diese Bande zerreißt, den Geist mit entwickelten Kräften erhebt und seine Neigungen nach jener eingebildeten Vollkommenheit lenkt, die von seinem wahren Vermögen ebensosehr entfernt ist, als die Pracht der Venus von Medici, des Apoll von Belvedere, des farnesischen Herkules von den erhabenen Vorstellungen von Schönheit und Vollkommenheit, womit die Seelen der Urheber dieser unnachahmbaren Werke der Kunst mußten durchdrungen sein. In dieser verdoppelten Reizbarkeit der Seele liegt die Quelle der größten Laster und der schönsten Tugenden, der Ursprung der Rührungen des erhabensten Geistes und des größten Thoren, der von jenem blos durch die lebhaftern Empfindungen einzelner Vorwürfe verschieden ist: sie ist das wahre Gefühl, die allerdeutlichste Empfindung, der eigentliche Beweis für die Unsterblichkeit der Seele."

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In einer andern Schrift aus jener Zeit schreibt er ganz im Sinne Haller's Die Vorurtheile der Jugend und Auferziehung, diese grausamen. Tyrannen der Vernunft, lehren uns einen Europäer einem Grokesen, einen Schweizer einem Spanier vorziehn: und wie sehr sind wir doch gegründet, uns oft die Leute am meisten mißfallen zu lassen, die wir am genauesten kennen!" Das stand in der Vorrede zu einem Gedicht über das Erdbeben von Lissabon: wie tief dies Ereigniß in den Gemüthern der damaligen Jugend den Glauben an die Weltregierung erschütterte, weiß man aus „Wahrheit und Dichtung".

Zimmermann ist recht ein Typus jener Periode, deren Puls sich unruhig und ungestüm bewegte, die von einem unbestimmten Thatendrang verzehrt wurde, ohne die entsprechende Kraft. Eine lebhafte Einbildungskraft, die es nicht zum Schaffen bringt, und daher Unzufriedenheit zurückläßt; sehr feine Empfindungen und rasche Gedanken; ein heftiger Trieb nach allseitiger Erkenntniß, durch eine reiche, aber ziemlich wüste Lectüre genährt; ein krank

hafter Ehrgeiz, durch Ueberspannung des Nervensystems geschärft*); fortwährender Wechsel zwischen Selbstüberschäßung und Kleinmuth; peinliche Empfind lichkeit für alle kleine Bitterkeiten des Lebens; eine Hypochondrie, die bei dem einsamen Leben in Brugg in's Unermeßliche wuchs, und zu Zeiten wie ein Tämon des Menschenhaffes über ihn kam. Ein ausgezeichneter und glücklicher Arzt, konnte er nur sich selber nicht helfen. Angeregt durch Rousseau hatte er sich schon damals auf „Betrachtungen über die Einsamkeit“ gelegt, die er mit finsterer Grübelei sein Lebenlang fortsette: die Paradoxie in seinen Gedanken und Ausdrücken weist auf das eifrige Studium der neuern Franzosen hin. Mit Wieland wurde er durch Bodmer und Breitinger bekannt, und es entspann sich bald zwischen beiden eine lebhafte Correspondenz: erst durch diese wurde Wieland's Esprit geweckt, und seine scharfe Beobachtungsgabe auf die Wirklichkeit gerichtet. Nicht minder fruchtbar war 3selin's Umgang.

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Iselin, geb. 17. März 1728 zu Basel, Sohn eines Kaufmanns daselbst, war in früher Jugend ausschließlich von der Mutter erzogen, und hatte dann in Göttingen die Rechte studirt, wo er von Mosheim und Haller sehr begünstigt wurde und Zimmermann's Freundschaft erwarb. Nach seiner Rückfehr 1749 bewarb er sich um ein Lehramt, und ging, da er dasselbe nicht erhielt, 1751 als Dr. jur. nach Paris, wo er durch Vermittelung der Frau v. Graffigny in engen Verkehr mit Rousseau, Buffon u. A. kam. Dann setzte er in Basel seine staatsrechtlichen Studien mit großem Eifer fort, wurde 1754 Mitglied des Großen Naths, und in demselben Jahr auf einer Reise nach Zürich mit Bodmer, Breitinger, Geßner, Hirzel, Wieland u. s. w. bekannt. 1750 hatte er einen Band Gedichte veröffentlicht. Größern Eindruck machten 1755 seine „philosophischen und patriotischen Träume eines Menschenfreundes". Wie Rousseau stellt er das Ideal der Wirklichkeit schroff gegenüber. 3m Lande der Ideen fand ich nichts als Ordnung, Richtigkeit, Tugend, Gerechtigkeit, Erhabenheit; im Lande der Wirklichkeit nichts als Unordnung, Verwirrung, Falschheit, Scheintugend und betrügerische Größe." Er beginnt mit der psychologischen Entwickelung der menschlichen Triebe, und schildert dann den „Naturzustand“, von welchem erst später die Menschen aus Habgier und Ehrgeiz abgewichen seien. Er findet die Hoffnung auf Besserung nicht in republikanischen Formen im Allgemeinen, sondern in einem auf Erbgüter gegründeten Patriciat. Gegen das Vorwiegen der „Handelschaft“, und gegen die großen Städte, in welchen alle Einfalt des Lebens zu Grunde gehe,

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*) „Mein armer Zimmermann!" sagte seine erste Frau im Sterben, wer wird dich nun verstehn! “ Und die zweite äußerte nach seinem Tode: „was würde das für ein Mann gewesen sein, wenn seine Nerven ihn niemals beherrscht hätten!”

spricht er sich ebenso lebhaft als Rousseau aus, gegen ihu tritt er für die Wissenschaft in die Schranken und erklärt die öffentliche Erziehung für eine Pflicht des Staats; das Wichtigste aber scheint ihm die Verbesserung der Sitten. Im folgenden Jahr erhielt er die Stelle eines Rathschreibers, die er bis an seinen Tod bekleidete. Beförderung des Wohlstandes seiner Mitbürger, der Landwirthschaft, gemeinnütziger Einrichtungen und Gesetze waren die Gegenstände seiner nie rastenden Thätigkeit. - Wieland gewann durch seinen Umgang einen Einblick in den philosophischen Zusammenhang der Geschichte und die Neigung, darüber zu raisonniren.

Indem Wieland sich nach allen Seiten umjah, Anhänger für die gute Sache zu werben, fiel ihm auch Lessing ein, der eben wieder von Schönaich in einem eignen Heldengedicht (Gnissel: sehr wider den Willen Gottsched's, der vielmehr seinem allzueifrigen Jünger ernstlich abgerathen hatte) in der schmußigsten Weise angegriffen war, und dafür Gottsched 11. Jan. 1755 als großen Duns auf eine Art verhöhnt hatte, die sich auch schwer rechtfertigen ließ. Als Gleim sich Jan. 1755 zu einem längern Besuch nach Berlin begab, schickte ihm Wieland eine „Dunciade“ gegen Gottsched ein, und forderte ihn auf, Lessing zu gewinnen: in der That zeigte sie dieser an, zugleich aber auch die Gedichte von Uz, gegen den Wieland viel schärfer zu Felde gezogen war.

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In derselben Zeit gab nämlich Wieland die Empfindungen eines Christen" heraus, das schwülstigste Machwerk jener empfindseligen Periode, in welcher Klopstock's seraphische Sprache auf das Unschönste verwässert wurde: man sieht, wie er sich abquält, große Gedanken und tiefe Empfindungen zu ha ben, und wie es ihm nicht gelingt, auch nur den einfachsten Naturlaut hervorzubringen. Und dabei hat es die Eigenschaften aller Wieland'schen Schriften: es findet kein Ende. Das Schlimmste war die Zueignung an Sack, der als Oberhofprediger in Berlin einen vertheidigten Glauben der Christen" herausgegeben und den „geprüften Abraham“ freundlich aufgenommen hatte. In dieser denuncirte Wieland schwärmende Anbeter des Bacchus und der Venus, die man nach der inbrünstigen Andacht, womit sie diese elenden Gögen anbeten und lobpreisen, für eine Bande Epicurischer Heiden halten sollte, die sich zusammenverschworen haben, Alles was heilig und feierlich ist, lächerlich zu machen, und die wenigen Empfindungen von Gott, die im Herzen der leichtsinnigen Jugend schlummern, völlig austilgen;" er forderte ihn auf, „die Unordnung und das Aergerniß zu rügen, welches diese leichtsinnigen Witzlinge anrichten;" und machte ihn weil dieses Ungeziefer, welches so tief unter Ihrem Gesichtskreise kriecht, Ihnen vielleicht nicht einmal bekannt ist“ hauptsächlich auf Uz' Gedichte aufmerksam.

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