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ist der jüdische Antisemitismus! Mehr oder weniger wird auch der beschnittene preußische Assessor, Amtsrichter, Amtsgerichtsrat sich gewöhnen, sein Volk mit milde getrübten antisemitischen Angen anzusehen. Denn der jüdische Antisemitismus fängt nicht erst an, wenn man wie Friedrich Julius Stahl zur Kreuzzeitungspartei gehört, dort hört er auf; er fängt für den Juden schon an, sobald sein jüdischer Stolz abnimmt, sobald er anfängt, sich seines Judentums im Kreise seiner juristischen Kollegen zu genieren"! Und nur der Jude darf sich bewußt sein, wahrhaft frei von antisemitischem Gifte zu sein, der mit höchstem Stolze allüberall bekennt: Civis Judaeus sum! Der zionistische Jurist wird, wenn er als Student Vollzionist, vielleicht sogar Mitglied der Hasmonaea war, als Referendar in der Regel Rachmoneszionist werden, als Assessor Karrièrenzionist, der den Zionismus als Mittel für seinen politischen Ehrgeiz betrachtet, als Amtsrichter Azionist und als Amtsgerichtsrat Antizionist. Im übrigen keine Regel ohne Ausnahme!

Die Gefahr, der der Justizbeamte ausgesetzt ist, dem jüdischen Volke entfremdet zu werden, droht in geringerem Grade auch dem Rechtsanwalt. Die Gefahr der Assimilation ist auch für ihn durch das ,,milieu" seiner Stellung groß! Um so größer und wärmer muß aber auch die Anerkennung sein, die wir den wenigen, allzu wenigen zionistischen Rechtsanwälten, mögen sie auch vielleicht in erster Linie nur einem philanthropischen Zionismus huldigen, schuldig sind.

Die Gefahr der Volksentfremdung, der totalen Entjudung ist am größesten beim jüdischen Offizier. Daß in Italien der General Ottolenghi Kriegsminister wurde, daß in Frankreich ein General Sée bei der Erstürmung von Sebastopol sich auszeichnete, daß in England sogar ein Ausnahmejude, Oberst Goldsmith, zionistische Neigungen hatte, darf uns die Erkenntnis nicht trüben, daß der jüdische Offizier als Typus den polaren Gegensatz zum Vollzionisten bezeichnet, daß die Sehnsucht nach Jerusalem, die beim Vollzionisten den höchsten Pegelstand zeigt, beim jüdischen Offizier den tiefsten zeigen

muß, wenn nicht überhaupt seine Zionsliebe ein völlig ausgetrocknetes Bachbett geworden ist.

Daß auch hier der Konflikt zwischen religiösen Pflichten und Beamtenpflichten viel schmerzhafter werden muß und eine Lösung gänzlich ausschließt, sei nur nebenbei bemerkt, da ich hier, wie schon oben bemerkt, nicht als Theologe, sondern als staatsrechtlich prüfender Politiker rede und alle transcendentalen Betrachtungen tunlichst ausscheide.

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Dem naheliegenden Einwand, daß unser staatsbürgerlicher Stolz und auch unsere staatsbürgerliche Stellung leide durch unseren freiwilligen, aus volksbürgerlichen Gründen gebotenen Verzicht auf das Staatsbeamtentum, will ich hier kurz begegnen, kurz, da die erschöpfende Erörterung dieses interessanten Punktes allein eine besondere Rede erfordert kurz, aber wie ich hoffe, doch klar! Klärend und beruhigend mag die juristische Parallele der vertragsmäßigen Beschränkung gesetzlicher Rechte wirken. Unser gesetzliches Recht der Gleichberechtigung nach außen, unser Anspruch, gleich allen anderen Staatsbürgern als durchaus qualifiziert zum Richter, Amtsgerichtsrat u. s. w. bis zum Oberlandesgerichtspräsidenten, nicht minder zum Offizier bis zum kommandierenden General betrachtet und behandelt zu werden, bleibt unberührt! Das gesetzliche Recht selbst werden wir nach außen furchtlos und fest wie bisher verteidigen und es würde freudig zu begrüßen sein, wenn vielleicht einmal in Berlin in einer großen zionistischen Versammlung einer der dortigen,,Führer" den Justizminister Schönstedt in würdiger Form angreifen bezw. anfragen würde, mit welcher staatsrechtlichen Berechtigung er eigentlich die Juden im Justiz-Avancement zurücksetze. Allein die Ausübung dieses gesetzlichen Rechts ist aus innerjüdischen Gründen gewissermaßen durch einen ,,contrat social" zwischen dem einzelnen Zionsjuden und dem Volke suspendiert. Das Recht ist wie die Juristen sagen, quoad jus unangetastet, aber quoad exercitium, der Ausübung nach, ruht es. Es ist, wie wenn etwa ein Sohn seinem Vater versprochen hat, sein Erbe dereinst nicht zu gewissen politischen Zwecken kapitalistisch zu verwenden, — eine Eigentumsbeschränkung, die niemand berechtigen würde, ihm das

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Volleigentum abzusprechen, oder (um ein noch ähnlicheres Beispiel zu konstruieren): wie wenn ein Vater, der mit seinem ältesten Sohne als Offizier üble Erfahrungen gemacht, nun sich auf dem Sterbebett feierlich von seinen noch knabenhaften Söhnen versprechen läßt, daß sie nicht die Offizierlaufbahn einschlagen werden. Niemand wird diesen Jünglingen später die rechtliche Qualifikation zum Offiziersdienst absprechen können! Was in diesem Falle der Vater, das ist für uns Zionsjuden unser Volk, dem wir feierlich das Gelübde der Entsagung vom Staatsbeamtentum ablegen!

Diese Spaltung der Rechtsstellung in eine äussere und innere Seite läßt sich durch noch zahlreiche ähnliche Erscheinungen aus den verschiedenen Gebieten des Rechtslebens illustrieren, die hier (zur Vermeidung fachwissenschaftlicher Schwerfälligkeit) nur kurz fixiert werden sollen. Der katholische Priester ist kirchenrechtlich zur Ehelosigkeit gezwungen, aber staatsrechtlich in seiner Heiratsqualifikation mit nichten verkürzt. Der gesetzestreue Jude darf am Sabbath keine Rechtsgeschäfte abschließen; aber zivilrechtlich ist seine Geschäftsfähigkeit auch am Sabbath dieselbe, wie die aller anderen Staatsbürger. Den Mitgliedern des hohen Adels ist es durch den Codex der Standessitte durchaus verwehrt, Kaufmann zu werden; aber keine handelsgesetzliche, Bestimmung verbietet die Etablierung und Eintragung einer Firma: „von Ratibor, Trachenberg & Co." Den Menoniten ist es durch ihr Religionsgesetz verboten, preußische Offiziere zu werden; aber militärrechtlich sind sie allen anderen Staatsbürgern gleichberechtigt. Den Sozialdemokraten galt es bis 1903 als „Parteigesetz“ (und zwar bei dem jammervollen Dreiklassensystem wahrlich nicht ohne Grund), sich an den preußischen Landtagswahlen nicht zu beteiligen; aber wahlrechtlich blieb ihre Rechtsstellung die gleiche wie die aller anderen Wähler. (Ganz analog die Rechtsstellung mancher ernster Glieder der Landeskirchen, die, unzufrieden mit dem protestantischen Kirchenrecht, ihr Wahlrecht grundsätzlich nicht ausüben.) Der Verzicht auf die Ausübung eines staatsbürgerlichen Rechts aus religiösen, sozialen, politischen o. ä.

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Gründen läßt die Substanz des Rechtes an sich gänzlich unverändert. Und darum bleibt auch der Voll-Juden staatsbürgerliche Gleichberechtigung durch gewisse wenige, aus volksbürgerlichen Rücksichten freiwillig auferlegte Selbstbeschränkungen unberührt und wird von ihnen nach außen ebenso stolz gewahrt werden, wie Herr Professor Geiger die seinige wahrt - vielleicht noch stolzer sogar.*)

In allen diesen Kollisionsfällen kann für das Volk Gottes ein klassisch kurzes Wort als Norm gelten, welches in alter Zeit ein gewaltiger jüdischer Mann als Richtschnur für ähnliche Fälle, Fragen und Gewissenskämpfe empfahl und mit dem ich hiermit den Hauptteil meiner Rede beschließe: „Gebet dem Kaiser, was dem Kaiser gebührt, und Gott, was Gott gebührt!"

*) Vgl. z. B. die beiden radikal,,emanzipationsrechtlichen" Aufsätze des Anhangs.

Schluss.

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Dürfen wir Zionsjuden nicht Offiziere der europäischen Staaten werden, so müssen wir uns um so stolzer, aber auch gewissenhafter und verantwortungsbewußter fühlen als jüdische Volksoffiziere! Wir Zionisten sind die politischen Offiziere der Juden! Wir müssen, wenn die vom himmlischen Höchstkommandierenden bestimmte Zeit kommt (und sie kann. relativ rasch kommen, „plötzlich" im Sinne des b'ithau achischenu 60. Cap. des Jesaia) sofort réveille blasen lassen, auf daß unser im Halbschlummer träumendes Volk völlig erwacht, aufsteht und seinen Dienst antritt! Das volle Erwachen" ist die nationale Renaissance des Volkes, das „Aufstehen" die Restauration unseres Staates, der „Dienst" ist die religiöse Reformation in Jerusalem und von Jerusalem aus für die ganze Menschheit! In diesen drei Stufen: Renaissance, Restauration, Reformation, wird sich die geschichtliche Entwickelung unseres Volkes in den nächsten Jahrzehnten vollziehen. Soll das Endziel erreicht werden, so muß die Sammlung aller Volkskräfte der Anfang sein! Und aus dieser politischen Notwendigkeit folgt die Pflicht der Sparsamkeit bei der Abgabe jüdischer Volkskräfte an die europäischen Staaten; aus ihr folgt die tiefe, vielfach unter bitteren Schmerzen und kreissenden Herzenswehen geborene Erkenntnis, daß im Konflikt zwischen jüdischem Volksbürgertum und europäischem Staatsbürgertum die jüdischen Pflichten die stärkeren, die höheren Pflichten sein müssen, daß wir zuerst als jüdische Volksbürger denken, fühlen und handeln müssen, und erst dann als europäische Staatsbürger! Wird diese Erkenntnis zur Kraft des alljüdischen Bekenntnisses erstarken und in den stolzen

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