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vandalischen Herrschaft Africa verließen, nach Sardinien gebracht, von wo sie im achten Jahrhundert durch den Langobardenkönig Liutprand nach Pavia gekommen sein sollen; sein Geist aber, durch seine vielen Schriften überliefert, hatte sich schon längst über die Kirche des Abendlandes ausgebreitet, und die Entwickelung der Kirche in den folgenden Zeiten ist mit ihm in lebendigem Zusammenhang geblieben.

C. Bindemann in Grimmen in Vorpommern.

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Zählt uns das funfzehnte Jahrhundert Reformatoren vor der Reformation auf, so erhob auch schon das Alterthum seine Protestationen vor dem Protestantismus. Denn gegen die Wurzeln und noch häufiger natürlich gegen die Zweige der Werkheiligkeit und Menschensagung treten hie und da in der erwachsenden Kirche erleuchtete Männer auf, deren christliche Einwendungen von der Nachwelt nicht selten besser verstanden werden als von ihnen selbst; theils weil wir den Schaden, dem sie sich entgegenstemmten, in Folge seiner schärferen und mächtigeren Entwicklung deutlicher zu beurtheilen wissen, theils weil überhaupt der Leben wirkende Geist des Herrn dem von ihm Geführten Erkenntnisse einzuflößen pflegt, deren Grund und Zusammenhang dem Gläubigen selbst nicht sofort zum Bewußtsein kommt.

Ein solcher Protestant, und zwar der durch Entschiedenheit ausgezeichnetste, im Treffen des Mittelpunktes fast allein stehende, war der Mönch Jovinian gegen Ende des vierten Jahrhunderts. Zwar manche fromme und einsichtsvolle Männer vor und neben ihm warnten die sie ehrende Kirche vor der immer sichtbarer werdenden Veräußerlichung; andre wegen ihrer Widerseßlichkeit verurtheilte griffen an, was Angriff verdiente. Der Presbyter Vigilantius schrieb ein Buch gegen die Mißbräuche der Kirche seiner Zeit, und tadelte heftig die Märtyrerverehrung, welche er Aschenanbetung schalt, das Umsichgreifen des Mönchthums, die Ueberschäßung der heiligen Orte und den durch den römischen Bischof Siricius zum Gesez erhobenen Cölibat der Geistlichen. Der Mönch

Marcus hob die Gnade Christi gegen die Lohnsucht hervor, und behauptete, gute Werke geschehen nicht um Belohnung zu verdienen, sondern um die empfangene Reinheit zu bewahren. Wie es sich bei Luther im Augustinerkloster wiederholen sollte, erwuchs in redlichen Kämpfen und geistlicher Erfahrung gerade aus dem Mönchthum vielfach eine Gegenwirkung gegen dasselbe. Aber lebhaftere Aufmerksamkeit verdiente und gereizteren Anstoß erregte als irgend eine dieser Warnstimmen die des Jovinian, wenn auch die Zeit noch nicht gekommen war, in welcher man ihr Gehör geben konnte.

Die Quellen seiner Lebensgeschichte fließen leider so spärlich, daß wir des lehrreichen Anblickes seiner innern Entwicklung gänz= lich verlustig gehen. Auch sein Geburtsort und sein Geburtsjahr sind unbekannt. Wir wissen von dem merkwürdigen Manne nicht mehr, als was die drei Hauptbekämpfer seiner Lehre, die heiligen Ambrosius, Hieronymus und Augustinus, gelegentlich beibringen. Sogar diese Lehre selbst kennen wir nur durch die selten wörtlichen Anführungen seiner Gegner.

Nach dem Zeugniß des Hieronymus waren es vornehmlich vier Säße, welche Jovinian der Kirche entgegenhielt: 1) daß ehelicher, Wittwen- und jungfräulicher Stand keine Verschiedenheit vor Gott begründen; 2) daß der mit vollem Glauben in der Taufe Wiedergeborne vom Teufel nicht durch Versuchung gestürzt werden könne; 3) daß auch das Fasten nichts Heiligeres sei, als das Essen mit Danksagung; 4) daß alle diejenigen, welche die Taufgnade bewahren, gleiches Lohnes im Himmel theilhaft werden. Man erkennt an diesen Aussprüchen die Innerlichkeit des Jovinian, sein. Zurücklenken von der äußeren Gestalt der Werke auf die Stellung des Herzens zu Gott, seine enge Verknüpfung des christlichen Lebens mit dem Glauben, seine Abweisung der geistlichen Vielthuerei. Indem er den Wahn bekämpfte, der in dem willkürlichen Aufgeben des von Gott eingeseßten Ehestandes etwas Verdienstliches sah, griff er wie Luther den heimlichen Hochmuth an, welcher sich mit selbsterwähltem Schmucke höher als mit Gehorsam und köstlicher als mit der vor Gott geltenden Gerechtigkeit schmücken will, und sich daher göttliche Berufe schafft, anstatt sie von Gott zu nehmen. Die Wiedergeburt faßte Jovinian so kräftig nach ihrem Wesen, so rein als ein neues Werk Gottes, daß er die Schwankungen eines strauchelnden Glaubens ihr nicht beilegen mochte, und sogar im

Widerwillen gegen die mechanische, abschwächende Berechnung der Sündengrade alle Sünde als solche gleich nannte. Obgleich wir über diesen zweiten Punkt seiner Lehre am wenigsten klare und aus- . führliche Nachricht haben, so giebt uns doch die Stelle im ersten Briefe des Johannes Kap. 3 V. 9 einen Wink, wie Jovinian über die Freiheit der Kinder Gottes gedacht haben mag. Er wies dieselben mehr an die freudige Zuversicht des Glaubens, als an eine ängstliche Ascese. Wir begegnen auch hier derjenigen Richtung der Reformation, welche die sittliche Kraft des Christen vielmehr in die Gewißheit als in die Ungewißheit des Heiles seßt. Eine ähnliche Stellung nahm Jovinian durch seinen dritten Saß ein. In dem vierten endlich ist er zwar zu weit gegangen, wenn er übersah, daß, so wenig auf Erden die Verschiedenheit der geistlichen Gaben und Wirkungskreise eine verschiedene Christlichkeit der Person bedingt, ebensowenig auch die Gleichheit des dereinstigen Seligkeitslohnes die Mannigfaltigkeit seiner Gestalt ausschließt. Man denke an das Gleichniß von dem Seßen über zehn und fünf Städte Ev. Luc. 19. Allein darin hatte Jovinian doch Recht, daß er in einer zahllosen Menge von Zeugnissen der heiligen Schrift die durchgängige Scheidung in zwei Klassen, Gerettete und Verlorne, nachwies, und daß er jenem Verdiensttreiben, welches Gott nach Recht ein Uebriges abgewinnen will, kräftig widersprach, überhaupt einen reineren Begriff des himmlischen Lohnes aufstellte. Das innere Leben selbst war ihm Lohn. Aehnlich wie der schon genannte Marcus behauptete er: Nicht aus Furcht vor Strafe noch um eine höhere Stufe des Verdienstes zu erwerben lebe ich gottgefällig, sondern weil ich die Seligkeit schon habe und das neue Leben nicht wieder verlieren will. Erinnert uns nicht dies alles auch ohne Wortübereinstimmung an die Kernlehren der Reformation von der Rechtfertigung allein durch den Glauben, von dem kindlichen Gehorsam, von guten Werken, von der Seligkeit? Auch in einem andern Punkte näherte sich ihnen der mehr als elfhundert Jahre frühere Mönch. Je mehr er das Christenthum in seiner Innerlichkeit erkannte, um so befähigter mußte er sein, den Zeitgenossen durch geistigere Vorstellungen über das Wesen der Kirche voranzugehen. Zwar fand er vermöge seiner Richtung auf das praktische Glaubensleben des Einzelnen weniger Veranlassung, hierüber seine Gedanken weiter auszuführen, ähnlich wie Luther dies den Nachfolgern überließ. Jedoch findet sich folgende schöne Stelle mit Bezugnahme auf Ev. Joh. 17

V. 21:,,Wie Ein Gott, Vater, Sohn und Geist, so auch Ein Volk der Gläubigen, als liebe Kinder theilhaft der göttlichen Natur. Braut, Schwester, Mutter, und welche andre Namen du aufstellst: es ist immer der einen Kirche Sammlung, welche nie ohne Bräutigam, Bruder, Kind ist; Einen Glauben hat sie, und wird durch Verschiedenheit der Lehrsäße nicht entweiht, noch durch Keßereien verlegt; sie bleibt Jungfrau. Wohin das Lamm geht, folgt sie ihm nach. Sie allein kennt das Lied Christi." Ein andermal sagt er: „Wir wissen, daß die Kirche durch Hoffnung, Glaube, Liebe eine unbesiegliche und nicht zu erobernde ist; in ihr ist kein Unreiner, jeder wird von Gott gelehrt, mit Gewalt einbrechen oder mit List einschleichen kann Niemand." Erwähnt werden mag noch, daß Jovinian auch der damals bereits zur Geltung gekommenen Ansicht widersprochen zu haben scheint, daß Maria nicht nur, was zuzugeben sei, als Jungfrau empfangen, sondern auch als solche auf übernatürlichem Wege und nicht wie andere Weiber geboren habe.

Welch' ein Aufsehen, als Jovinian mit solchen der damaligen Kirche schon fremden und gehässigen Säßen in Rom selbst auftrat! Nicht wenige fielen ihm zu. Jungfrauen, welche sich dem ledigen Stande zugesagt hatten, auch einige von gereifteren Jahren, traten in die Ehe. Jovinian selbst enthielt sich derselben zwar, jedoch unter ausdrücklicher Verwahrung, daß er nicht etwas Verdienstliches für die Zukunft sondern nur etwas Vorsichtiges für die gegenwärtige Zeit zu thun gemeint sei, indem er der Warnung des Apostel Paulus gemäß (I. Kor. 7, 28) sich mit den Beschwerden und Anfechtungen des zeitlichen Lebens verschonen wolle. Ueberhaupt benahm er sich nicht als stürmender Zelot. Am kirchlichen Gottesdienste nahm er fortdauernd Theil. Er wirkte durch das Wort ruhiger Ueberzeugung. Eben deshalb nannten ihn seine Gegner einen Wolf in Schafskleidern, klagten über den heimlich um sich fressenden Krebs und fanden hierin ein Zeichen, daß man es mit einem Antichrist zu thun habe. Wie groß die Zahl derer war, auf welche seine Beweisführungen Eindruck machten, darf man daraus schließen, daß Hieronymus gegen dieselben auf die Ehre der Minorität Anspruch erhob und dem Umsichgreifen der gefürchteten Grundsäße den Einwand entgegenstellte, Jovinian habe nicht sowohl Schüler gewonnen als Sünder aus dem Versteck hervorgelockt. Allerdings waren die Zügel der Hierarchie schon fest genug, um alle Priester

von Beistimmung, wenigstens von Beitritt, abzuhalten. Noch straffer zog sie der oben erwähnte Bischof Siricius, als er auf Antrieb einiger Eiferer im J. 390 eine Synode berief, welche den Jovinian nach Verdammung seiner Lehre und unter Verdächtigung seines sittlichen Charakters nebst acht Genossen aus der Kirchengemeinschaft stieß.. Er wendete sich nach Mailand, vielleicht in der Hoffnung, dort bei dem Kaiser Theodosius Schuß suchen zu können. Schnell fertigte Siricius drei Priester mit einem Schreiben an den Erzbischof Ambrosius ab, um diesen von allem Geschehenen in Kenntniß zu sehen und zu gleichem Verfahren aufzufordern. Sein Brief sprach so, wie es von einem Manne seiner Ansicht und Stellung zu erwarten war. Er warf z. B. dem Jovinian vor, keine Hoffnung der Zukunft zu haben. So mißdeutete er jene Abweisung der Lohnsucht. Er äußerte sich mit einer Bitterkeit, welche ganz erklärlich ist, wo nicht mit gutem Gewissen eine Grundlehre des Christenthums gegegen Kezer sondern mit Selbstverblendung ein Irrthum gegen Wahrheitszeugen in Schuß genommen werden soll. Oft sind“, so schrieb er,,,Keßer aufgestanden; aber nie haben solche Hunde das Ganze der Kirche angebellt. Denn jene befeindeten nur einzelne Lehrsäße; aber mit der Enthaltsamkeit des Fastens und des Cölibates werden zugleich das alte und das neue Testament zerrissen." Ambrofius ging von gleicher Anschauungsweise aus auf gleiche Ausdrucksweise ein. Sein schriftlicher Bericht an den Siricius über die auch in Mailand geschehene Verurtheilung der schlimmen Leute, sich vornehmlich über Fasten und Cölibat verbreitend, nennt ihre Säße ein wüstes Feldgeheul. Merkwürdig ist aber bei beiden Männern wie bei den nach ihnen auftretenden eine Spur des sich heimlich regenden Gewissens für unbefriedigte Wahrheit. Sie fühlen nämlich offenbar das Bedürfniß, sich gegen den beunruhigenden Vorwurf zu verwahren, daß sie die Ehe herabseßen. Und doch thun sie es!

Noch mehr war dies der Fall bei einem kampfgeübten Fechter, den man nun gegen die gefährlichen Behauptungen in die Schranken rief. Mit reichster wenn auch nicht tiefster Gelehrsamkeit ausgerüstet, durch seine Kenntniß der heiligen Schrift in den Grundsprachen wohl verdient, für die Kirche aufrichtig eifernd, aber leidenschaftlich, mit schonungslosem oft flachem Wiß um die Wahl seiner Waffen und um den nüchternen Bestand seiner Gründe wenig verlegen, war der berühmte Hieronymus völlig dazu ange

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