ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

auf sein Wort gefällten Gößenbaum der Gallier entgegenstellte und mit gebietendem Worte den heidnischen Gebräuchen ein Ende machte, hat auch dem größten Helden der evangelischen Kirche, dem größten deutschen Manne nicht umsonst seinen Namen geliehen und mit Recht behält Martin seinen Tag und sein Gedächtniß auch im Kalender des evangelischen Volkes.

Das Fest des Heiligen aber wurde in der römisch-katholischen Kirche doppelt gefeiert. Der „,warme Martinus“ war am 4. Juli, da er Bischof und da (461) sein Gebein in die neuerbaute erste Martins-Kirche in Tours übertragen wurde. Der ,,kalte Martinus" war am 11. November, seinem Begräbnißtag. Dieser, und nicht wie sonst bei den Heiligen der Todestag, wurde zum Fest, weil am 11. November ein altes Heidenfest war, das nun verchristlicht werden sollte. Im römischen Gallien fiel der 11. November als Tag des Winter-Anfangs auf die Weinlese des Aesculap, des Heilgottes und Beschüßers des heilsamen Mostes, der ohne Vorsicht getrunken, so leicht berauscht. Das heidnische Aesculapfest wurde nun zum Freudenfest des Heiligen, der so viele Wunder-Heilungen gethan hat. Es gieng den strengen, vom Bischof Perpetuus in Tours verordneten Adventsfasten voraus und gab kirchliche Weihe zu nochmaligem fröhlichen Weinmost-Genusse vor der Fastenzeit. Die Trunkenheit, wozu der Freudentag gern führte, hieß in Frankreich das Uebel des h. Martin und der christliche Aesculap, der auch dieses Uebel heilen mußte, wurde der Schußherr der reuigen Trunkenbolde. Erst später hat man den auch im evangelischen Deutschland theilweise noch gebräuchlichen St. Martinswein auf jenen, vom Kaiser Maximus dem Heiligen kredenzten Wein bezogen. Ebenso hat erst die spätere Sage die,,Martins-Gans“ davon abgeleitet, daß eine Gans den Heiligen bei seiner Bischofswahl in seinem Versteck verrathen habe und dafür jeßt gebraten und gegessen werden solle. Die Gans war bei den Römern der geheiligte Vogel der Proserpina, der Göttin der Unterwelt und des düstern Novembers, Sinnbild der Finsterniß und zugleich der Weisheit, die im Finstern wacht und sieht. Der Vogel, der zu Ehren der heidnischen Göttin genossen wurde, sollte nun am christlichen Festtage des ersten Bekenners im römischen Abendlande zum Zeichen des Sieges über das Heidenthum gebraten werden. In Deutschland aber wurde auf den 11. November, den Tag des h. Martin,

eines der drei großen altgermanischen Jahresfeste verlegt, an welchem das Herbstopfer zum Empfang des Winters und zum Dank für den eingebrachten Jahressegen dem Sturm-Gotte Wuotan dargebracht wurde. Am Wuotansfeste wurden Pferde geopfert und verschmaußt. Der Gott kriegerischer Wuth mußte sein Fest für den christlichen Kriegsmann hergeben, der ja auch vom römischen KriegsGotte Mars seinen Namen hat. Das Pferdeopfer wurde natürlich ganz verboten, anstatt des Pferdefleischessens begnügte man sich mit dem heiligen Vogel Wuotans, mit der uraltwerdenden, tapfern, viele hundert Meilen durchziehenden Gans, die um den Tag Martini ihre reifsten Leckerbissen bietet. An das Wuotansroß erinnert nur noch das,, Martinshorn", das die Form eines gebackenen Hufeisens hat. Also steht christliche Volkssitte auf heidnischer Wurzel! H. Merz in Schwäbisch Hall, jezt in Stuttgart.

137.

Fritigil, Königin der Markomannen.

1. April.

Wer heute durch die deutschen Lande reist, kann sie von einer fernen Grenze bis zur andern in wenigen Tagen leicht durchmessen, wohin immer seine Bahn ihn führt, da gleiten volkreiche Städte, Dörfer und grünende Felder an seinem Auge vorüber, und überall schirmen ihn Gesez und Sicherheit. Hell und segensreich geht die Sonne auf über dem fruchtbaren und sorglich bestellten Ackerlande, es durchkreuzen sich breite Heerstraßen, Handel und Verkehr ziehen in langen Wagenreihen geschäftig darauf einher, den Strom hinab werden belastete Schiffe getragen, und Alles fließt zuleßt in die Stadt, wo sich tausend eifrige und betriebsame Hände rühren, das empfangene Gut zu mehren. Wer das Alles sieht, der mag leicht meinen, ein so gesichertes, heiter blickendes Leben müsse zu allen Zeiten da gewesen sein. Denn wo der Mensch eine große Kraft viel kleine leiten und beherrschen sieht, da meint er ohne sie könne es nimmer gehen, und darum müsse es niemals anders gewesen sein. Aber alles was durch Menschen geschieht, geht aus von kleinen Anfängen und muß werden, wachsen und gedeihen, dazu find viele Hände und eine lange Zeit nöthig. Denn Einer säet, ein Anderer pflanzt, und ein Dritter begießt, aber nur Einer kann das Gedeihen geben von Oben herab.

Wie es heutiges Tages ist, war es auch bei uns nicht immer; ganz anders sah es aus vor funfzehnhundert Jahren, als jenes Licht des Geistes noch nicht aufgegangen war über den deutschen Landen, das Alles erleuchten soll, was auf Erden lebt. Damals war es auch hier wie im Anfange wüste und leer. Es gab keine Städte, wenige Dörfer und einzelne Höfe, und dürftig bestellte Felder. Wo jezt die Heerstraßen einander begegnen, war damals nicht Weg noch Steg zu finden, denn ein dichter undurchdringlicher Wald zog sich hin über das ganze Land, er hieß der Hercynische. Bei den Schweizergebirgen begann er und folgte dem Laufe der Donau, bis hinab in jene Gegend, wo sie sich in das Meer ergießt. Sechszig Tage brauchte man um ihn zu durchziehen in der ganzen Länge, und neun Tagereisen hatte er in der Breite. Dunkle Bäume erfüllten die Thäler, auf den Gipfeln der Berge erhoben sie sich bis in die Wolken hinein, und am Rande schroffer Felsenklippen ragten sie weit hinaus über jähen und schwindelnden Abgründen. Ueber Gestein und Baumwurzeln stürzten die Springquellen, nur einzelne Strahlen der Sonne drangen durch das Dickicht, und graue Nebel hingen zusammengeballt an den Spizen der Berge und wehrten ihr den Eingang. Wenige Wanderer gab es, die den Wald ganz durchmessen hatten, und in seinem Innern kannte ihn Keiner. Denn die weitschattenden Eichen und finstern Föhren, das wildverwachsene und verschlungene Gestrüpp barg in seinen Tiefen die Geheimnisse der Natur, und da waren Stellen wohin noch keines Menschen Fuß gekommen. Das Rennthier nur durchzog jene Gründe und das Elenthier, durch die krachenden Zweige des Gebüsches brach stampfend der wilde Auerochs, und fernab in den Waldhöhlen hatten die Bären ihre Lagerstätten. Auf den Felsenhöhen und in den Wipfeln der höchsten Bäume horstete das Raubgefieder, und mit gellendem Geschrei umkreiste es flatternd die gefallene Beute.

In diesen Wäldern und an ihrem Saume hausten zahlreiche deutsche Völker. Rauh und gehärtet durch den kalten Himmel, boten sie den Stürmen Troß, und lebten in stetem Kampfe mit den wilden Thieren oder unter einander. Nur Jagd und Krieg erfreute sie, wenig kümmerten sie sich um Pflugschaar und Ernte, und je weiter sich die öde Haide ausdehnte, um so sicherer glaubten sie zu sein, und hielten es für ihren Ruhm, wenn kein anderes Volk es wagte, sich in ihrer Nachbarschaft friedlich anzusiedeln. Unter

diesen Völkern waren auch die kriegsgewaltigen Markomannen, die wohnten in dem heutigen Böhmen, wie in einer Veste von hohen Waldgebirgen eingeschlossen, und nur im Süden zogen sie sich hinab bis an die Donau. Diese war die Grenze der freien deutschen Völker, und die Länder jenseits des Flusses gehörten zum großen Römischen Reiche. Unaufhörlich fielen die Markomannen ein in das Gebiet des Kaisers und verwüsteten Alles, und niemals hörte der erbitterte Kampf auf.

Da geschah es fast vierhundert Jahre nach der Geburt Christi, daß bei ihnen ein König herrschte, der hatte eine Frau Namens Fritigil, die war mildern Gemüthes als die harten deutschen Weiber. Zu der kam einst aus Italien ein Mann, der erzählte ihr Vieles und Wunderbares von dem was er auf Reisen und in fernen Landen gesehen und gehört hatte. Er berichtete auch von den hohen Kirchen im Lande der Römer, von Christi Namen, der dort heilig sei, von seinen Lehren, und den frommen Männern, die das Wort Gottes verkündeten. Denn nach langem Kampfe hatten die Römer erkannt, daß Gottes Reich mehr sei als das ihre von dieser Welt, und die Kaiser hatten die Lehre Christi angenommen, die sie früher blutig verfolgten. Jener Mann erzählte der Königin auch von Ambrosius, dem Bischofe von Mailand. Ambrosius galt für eine Säule und ein unüberwindliches Bollwerk der Kirche. Von seinen Lippen floß die begeisterte Gott erfüllte Rede wie ein brausender Strom, dem kein Herz zu widerstehen vermochte, und der mächtige Kaiser Theodosius selber hatte sich vor ihm gebeugt. Wie der Name des Ambrosius gefeiert war in allen Landen des Reichs, so kam die Kunde von seinem Lehren jezt auch zu der Königin der Marko

mannen.

Da wurde Fritigils Herz ergriffen von einer tiefen Sehnsucht mehr zu hören von den Verkündigungen Christi. Auf das Wort jenes Mannes ließ sie ab von den heidnischen Göttern, die in Bäumen und Wäldern wohnen sollten, und wandte sich zu dem Gotte, der im Geiste und der Wahrheit angebetet wird. Dann sandte sie Männer mit reichen Geschenken nach Mailand zu Ambrosius, die sollten ihm sagen, wie auch sie seinen Namen vernommen habe, und sich sehne, daß er sie auf den Weg des Heils führe. Der Bischof schrieb ihr darauf einen Brief, der war aufgeseßt in der Weise eines Katechismus, darin sprach er von dem Leben Christi, wie er leiden mußte und eingehen zur Herrlichkeit des Vaters, damit Alle das

ewige Leben hätten. Zugleich bat er sie, ihr Volk möge von nun an Frieden halten mit den Römern. Da Fritigil den Brief gelesen hatte, folgte sie den Worten, und begann den blutigen Kämpfen zu wehren und beschwor ihren Mann Ruhe zu halten, und dieser that wie sie verlangte. Was Ambrosius ihr geschrieben hatte, schloß sie tief in ihr Herz und überdachte es Tag und Nacht, und es trieb sie das Angesicht des Mannes zu schauen, der ihr Worte des ewigen Lebens verkündet hatte.

Darauf erhob sie sich mit ihrem Gefolge und reiste durch die hohen Alpenländer und fürchtete nicht jene Wildnissen, und zog fort bis nach Mailand. Als sie eingetreten war in die Thore der Stadt, fragte sie nach Ambrosius. Da sagten ihr die Leute: „Sein Antlig wirst du nimmer schauen, denn Gott hat ihn abberufen zu seinem Frieden." Als sie das hörte, weinte sie und war tief betrübt, daß ihr der Herr diesen Wunsch nicht gewährt hatte. Aber ob sie auch den großen Lehrer der Kirche nimmer von Angesicht sah, so war sie doch eins mit ihm und kannte ihn in jenem Geiste, der sie herbeigeführt hatte aus der Ferne, und in ihrem Herzen nahm sie den Schaß des Lebens mit sich fort.

Das war ein erster Sonnenstrahl, der in jene finstern Wälder der alten Deutschen fiel. Wie aber der Wind ein fruchtbares Samenkorn auf die steilen Felsen führt, wo nur eine Hand voll Erde liegt, oder auf hohes Gemäuer, und die Wurzeln klammern sich fest in den Spalten und Fugen und umschlingen das öde Gestein, bis der Keim sich entfaltet, Halme, Blätter und Zweige fröhlich grünen und zum Himmel aufsprießen; so kam jenes Wort des Glaubens zuerst zu den Markomannen. Und ob es gleich nichts weiter von Fritigils Leben zu berichten giebt, auch ihm wird seine Frucht nicht gefehlt haben.

R. Köpke in Berlin †.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »