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feiten mit den Kaisern und ihren Statthaltern verwickelt. Denn diese, welche die morgenländische Kirche in schmählicher Weise knechteten, wollten ähnlich auch die abendländische beherrschen. Gregor dagegen, und man kann ihm dies nur zum Verdienste anrechnen, war darauf aus, die Kirche gegen die Eingriffe der Despoten zu schirmen und ihre Freiheit zu sichern. Allerdings sah er sich hierbei öfter veranlaßt, die Rolle eines Diplomaten zu spielen; seine Briefe an die Kaiser und ihre Vertrauten enthalten oft mehr des Schmeichelnden, als einem Bischofe geziemt. Doch fehlt es auch nicht an offenen und mannhaften Erklärungen und man darf nicht vergessen, daß seine Lage eine sehr schwierige war. Dabei bekundete er wieder seinen klaren Blick. Es entging ihm nicht, daß die Macht des Kaisers, die ihn vielfach belästigte, doch nicht hinreichend sei, um Rom wirksam zu schüßen, sondern in Italien mehr und mehr den Fuß verliere. Er erkannte, wie im Abendlande das Reich der selbst von den Langobarden gefürchteten Franken mächtig aufstrebte, und so sezte er sich, da die Franken den orthodoxen Glauben angenommen hatten, mit ihnen in Verbindung. Dies und die Unterstellung Britanniens unter Rom war ein Ereigniß von der größten Bedeutung, grundlegend für die ganze Geschichte des Mittelalters. Man hat nun wohl Gregor wegen seiner Bemühungen für die Machtstellung Roms schwere Vorwürfe gemacht; und gewiß ist nicht Alles, was er dafür that, zu billigen; aber man ist im Tadeln doch zu weit gegangen. Persönliche Herrschsucht kann man ihm nicht vorwerfen; er war aufrichtig und von Herzen demüthig. Und was er für Rom beanspruchte, galt in seinen Augen, und nicht blos in den seinigen, sondern in den Augen der meisten abendländischen Christen als gutes Recht der römischen Kirche. Dies bestehende Recht wollte er zur Anerkennung bringen, und sprach dabei oft genug aus, daß es ihm keineswegs in den Sinn komme, die Rechte Anderer zu kränken.

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Doch mit alledem sah er seine Aufgabe noch nicht erfüllt. Er wußte, daß es dem Priester vor Allem zukomme, das Volk zu lehren. Darum verlangte er von den Bischöfen, daß sie predigen sollten, und ließ sich selbst das Predigen angelegen sein, soweit seine vielen Geschäfte und seine geschwächte Gesundheit es erlaubten. Noch mehrere Sammlungen seiner Homilien sind uns erhalten, und zei'gen, wie er in einfacher und praktisch erbaulicher Weise die Schrift auslegte. Er hatte nicht nur große Liebe zum Worte Gottes, son

dern auch hohe Achtung vor ihm und dachte noch nicht daran, ihm die kirchliche Ueberlieferung gleich zu stellen oder gar überzuordnen. Aber seine, d. h. die damals herrschende Weise der Schriftauslegung war eine falsche und ließ ihn in mancherlei Irrthümer gerathen, oder vielmehr schüßte ihn nicht davor. Man war nämlich überzeugt, daß es neben dem einfachen Wortsinne noch einen mehrfachen, nicht gleich beim ersten Blicke findbaren tieferen Sinn der Schrift gebe. So beugte man sich denn nicht unter das einfache, flare Wort, sondern hielt sich nur allzuoft für berechtigt, eigene Weisheit den Worten der Schrift unter und in sie einzulegen. Ein Muster dieser Schriftbehandlung ist das berühmteste Buch Gregors, eine Auslegung des Buches Hiob, seines Inhaltes wegen gewöhnlich Moralia genannt. Dies Werk bietet für das Verständniß des biblischen Buches soviel wie nichts, enthält dagegen eine Fülle von nicht werthlosen moralischen Betrachtungen, welche es den Zeitgenossen und der Folgezeit so lieb und nußbar machten.

Wie Gregor mit Eifer das Predigtwesen hob, so wandte er auch dem geistlichen Gefange seine Aufmerksamkeit zu. Er sorgte für die Vereinfachung des seit den Zeiten des Ambrosius kunstvoll ausgearteten, nahm ihm den regelmäßigen Rhythmus und entzog ihn der Gemeinde. Ebenso wird ihm die Einführung von vier neuen Kirchentönen wie von einer festen Musikschrift zugeschrieben. Doch läßt sich nicht mehr mit Gewißheit ausmachen, was von dem Gregorianischen Gesange und dem damit Zusammengehörigen auf Gregor selbst_zurückzuführen ist. Gleichermaßen ist sicher, daß auch die liturgischen Schriften Gregors schon auf Arbeiten Früherer beruhen, wie daß wir sie jezt nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt haben.

Diese ganze Wirksamkeit zeigt uns Gregor als einen Mann des Lebens, nicht der Wissenschaft. Ueber den Theologen können wir uns, wie schon oben bemerkt, kurz fassen. Gregors Theologie ist durchaus keine selbstständige. Vorwiegend schließt er sich an Augustin an und seine Abweichungen von diesem stehen wieder in Einklang mit der die damalige Kirche überhaupt beherrschenden theologischen Anschauung. Er sprach nur klar und bestimmt aus, was die Mehrzahl der Andern auch dachte, und dadurch, daß seine von seinem Namen getragenen Schriften bei der Nachwelt zu so hohem Ansehn gelangten, kam es dazu, daß diese oder jene Lehrfäße, die bei Ihm zuerst zu lesen waren, als von ihm stammend angesehen wurden. So gilt er als der Urheber der Frrlehre vom

Fegfeuer; so wird ihm besonders die Ausbildung der schriftwidrigen Meßopferlehre beigemessen. Doch wird man wohl nur sagen können, daß Gregor hierin auf den Schultern seiner Zeit stand und auch in diesen Einzelheiten ihre theologischen Irrthümer theilte, wie er im Ganzen in ihren Anschauungen lebte. Er faßte als einer der wenigen Schriftsteller zu dieser Zeit der Barbarei die theologische Anschauungsweise der Kirche auf der Stufe ihrer damaligen Entwicklung und Verirrung zusammen. Dadurch ward er, als man später wieder anfing zu lernen und bewußt an die Vergangenheit anzuknüpfen, der Mann, auf den man zuerst und mit Vorliebe zurückging. Er galt im Mittelalter als der lezte der Kirchenväter. Uns Evangelischen aber ist er, eben weil jene Stufe der Entwickelung schon eine Verirrung war, als Lehrer und als Theologe von geringer Bedeutung. Wir schauen über diese seine schwache Seite hinweg, und gedenken dessen, was Gott Großes durch ihn seiner Kirche erwies. Er war ein Mann, wie ihn die Kirche seiner Zeit brauchte, und weil er das leistete, was die Zeit von ihm forderte, ist ihm nicht mit Unrecht der Beiname des Großen beigelegt worden.

Haben wir so sein Lebensbild uns vorgeführt, so wollen wir auch noch die Worte hören, mit denen sein Biograph uns die Gestalt seines Leibes beschreibt. Er hatte eine schlanke Figur, ein längliches Gesicht, einen blonden, nicht starken Bart, der um das Kinn herumging, einen kahlen Scheitel; nur auf der Stirn saßen zwei kleine, dünne, schwärzliche Locken, und von beiden Seiten des Kopfes hing sein Haar bis zu den Ohren herab. Er hatte eine hohe Stirn, lange, dünne Augenbrauen, kleine Augen mit röthlicher Pupille, eine Habichtsnase, unten ein wenig breit, rothe große Lippen, ein hervorragendes Kinn, eine schwarzgelbliche Gesichtsfarbe, die später erdfahl ward, einen milden Blick, schöne Hände und runde Finger.

Das war Gregor, seines Namens auf dem römischen Stuhle der Erste. Er starb am 12. März 604 und ward beerdigt in einer Halle der Kirche des Apostels Petrus.

G. L. Plitt in Erlangen.

152. Remigius, Bischof von Reims.

1. October.

Die römische Kirche verehrt unter ihren Heiligen einen Mann, dem wir zwar, so wenig als andern, diesen hohen Titel beizulegen vermögen, der aber dennoch würdig ist im Andenken des christlichen Volkes zu leben. Es ist Remigius, der Bischof von Reims. Aus dunkler Zeit ragt er hervor, reichbegabt und fromm, und von Gott ausersehn eine That zu vollbringen, die eine neue Epoche in der Weltgeschichte begründet. An dem Wendepunkt der Zeiten, wo das alte römische Reich für immer zu Grunde geht, ist er es, der durch die Taufe des mächtigen Königs der salischen Franken, den Eintritt der Germanen in römische und christliche Sitte und somit den Sieg des katholischen Glaubens im Abendland über Heiden und Häretiker bewirkt. Von seinen Lebensverhältnissen ist zwar im Ganzen nur wenig bekannt, und zudem ist dieses Wenige mit Legenden und Sagen durchflochten, allein gehörig gesondert, reicht es doch hin, um uns einigermaßen das Bild des Mannes zu entwerfen.

Remigius war von gallo-römischer Abkunft, seine Eltern, Aemilius und Cilinia, von vornehmem Geschlecht, werden als gottesfürchtige Leute geschildert, dem gelehrten Bischof und Dichter Sidonius Apollinaris befreundet. Im Distrikte von Laon bewohnten sie, wie die meisten damaligen gallischen Großen, ohne Zweifel eine Villa, wo Remigius, um das Jahr 435, geboren wurde. Ein älterer Bruder, Principius, wurde Bischof von Soissons; ob er noch einen zweiten gehabt, den heiligen Lupus, oder ob dieser, des Principius Nachfolger als Bischof auch dessen Sohn war, geht aus den Urkunden nicht deutlich hervor. Später hat die Sage die Geburt des berühmt gewordenen Mannes mit Wundern umgeben: seine zukünftige Stellung und Bedeutung soll der schwangern Mutter durch einen Mönch, Montanus, geweissagt worden sein. Als seine Amme wird Balsamia genannt, zu Reims als Sainte-nourrice in einer eigenen Kirche verehrt. Wahrscheinlich erhielt er seine Bildung zu Reims selbst, wo er seine Jugend in stiller, den Studien gewidmeter Zurückgezogenheit verlebte, bis zum Tode des Bischofs Bennadius, um 457. Obgleich erst 22 Jahre alt, wurde er vom Volke als kirchliches Haupt ausgerufen; nach einer damals noch nicht abgeschafften Sitte, erklärte die Gemeinde, er sei der wür

digste, seiner Frömmigkeit und Gelehrsamkeit wegen solle er, und kein andrer, Bischof sein. Er weigerte sich zwar, das hohe Amt anzunehmen, denn er hatte das von frühern Kirchenversammlungen bestimmte Alter noch nicht um geweiht zu werden; allein die Volksstimme nöthigte ihn und seßte seine Wahl durch. Um die Uebertretung der kirchlichen Ordnung zu rechtfertigen, läßt auch hier die Sage ein Wunder dazwischentreten: ein himmlischer Lichtstrahl fiel auf des Jünglings Haupt und weihte ihn, vor aller Augen, auf übernatürliche Weise. Sidonius Apollinaris und der Geschichtschreiber Gregorius von Tours rühmen die Beredtsamkeit und eindringliche Kraft seiner Predigten, so wie die Tugenden, durch die er sich die Liebe des Volkes erhielt. Auch Wunder werden ihm zugeschrieben, Heilungen von Besessenen und Blinden, Stillung einer Feuersbrunst durch sein bloßes Gebet, und andre Wirkungen mehr, wie der phantastische Volksglaube des Mittelalters sie denen andichtete, in welchen er besondre Werkzeuge Gottes erkannte.

Wahrer und wichtiger als diese fabelhaften Züge, die von dem Bilde des Mannes entfernt werden müssen, wenn man es sich mit einiger Treue vorstellen will, sind seine Verhältnisse zu dem Könige der Franken. Seit 486 hatten leßtere beinahe das ganze noch römische Gallien erobert. Nachdem der Feldherr Syagrius von Chlodwig bei Soissons geschlagen worden war und so die römische Macht ihr Ende erreicht hatte, war auch Reims, die Hauptstadt der das zweite Belgien genannten Provinz, in die Hände der Franken gefallen. Es war seit alter Zeit ein durch Größe und Reichthum berühmter Ort; christliche Kirchen standen bereits in seinen Mauern; von den Römern hatte er bürgerliche Ordnung und Municipal-Verwaltung ererbt. Wie auch anderswo, war der Bischof der Vertheidiger, defensor, der Bürger und ihrer, in jener Zeit vielfach beeinträchtigten Interessen. Als nun die Eroberer die Kirchen plünderten und die Einwohner bedrängten, trat ihnen Remigius muthig entgegen; als christliches Gemeindehaupt nahm er Freiheit und Recht gegen die heidnische rohe Gewalt in Schuß. Es ist zwar nur eine hierauf bezügliche Thatsache bekannt, aus der sich jedoch schließen läßt, wie wenig dem Bischof der Barbarenhäuptling Furcht einflößte. Da er nicht Alles, was aus den Kirchen war weggeschleppt worden, wieder zurückbekommen konnte, drang er wenigstens auf die Erstattung eines besonders kostbaren Gefäßes. Chlodwig verweigerte es nicht; bei der Theilung der Beute verlangte er es als seinen An

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