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Als Karl der Große nach den Vorbereitungen für eine längere, auf Italien berechnete Abwesenheit im Sommer 800 die Seeküsten seines Reichs bereiste, kam er auch nach Tours und besuchte Alcuin, mit welchem er sich dabei in den wichtigsten Erwägungen ergangen haben muß. Sein Aufenthalt verlängerte sich dort, weil seine ihn begleitende Gemahlin Luitgarde daselbst erkrankte und starb. Die dem Könige nachgesandten Briefe Alcuins, die wir noch besigen, trösten ihn mit inniger Theilnahme über den schmerzlichen Verlust. Noch einmal ladet der König ihn von Mainz aus zur Begleitung auf der weiteren Reise ein, aber Alcuin lehnt es beharrlich ab. In Italien verfuhr Karl bei der Beschüßung der päpstlichen Würde und bei der Bestrafung der Frevler offenbar ganz nach den darüber eingezogenen Ansichten seines Freundes. Was aber dort in der Kirche am ersten Weihnachtsfeiertage geschah, überraschte ohne Zweifel Alcuin nicht. Die jugendlich feurige Sehnsucht, mit welcher er der Rückkehr des Kaisers entgegensah, spricht nur zu deutlich dafür, welchen innerlichen Antheil er an dieser Sache genommen. Auch war unter seinen zur Weihnachtsfeier bestimmten und nach Rom voraus gesandten Geschenken eine Bibel mit der Inschrift, daß sie zum Ruhme der „Kaiserlichen“ Würde dienen solle. Mit prophetischem Blicke hatte er die Zeit vorher geschaut, wo die päpstliche Macht das wurde, was sie nach seinen Begriffen sein sollte, zugleich aber dadurch, daß diese Kaiserwürde persönlich in Rom vom Papste verliehen wurde, unbewußt den Grund legen helfen zu jener völligen Vermischung und Abhängigkeit, die später eintrat. Diese erklärt es uns denn auch, wie der sonst dem geistlichen Wirken still hingegebene Mann so oft rathend und schlichtend in die politischen Händel hat hinein gezogen werden können. Davon zeugt wieder der sofortige Besuch des zurückgekehrten Kaisers in der einsamen Abtei, wo er ihn ohne Zweifel zum legten Male sah; davon der ganze Briefwechsel, den er fast ununterbrochen mit ihm unterhielt. Aber eben dieselbe Vermischung bewirkte auch bald einmal einen Zwiespalt, der beinahe eine Lockerung, wenn nicht gar eine Lösung, des ganzen schönen Verhältnisses hätte herbeiführen können. Es war nämlich ein Geistlicher in Orleans wegen gewisser Vergehungen von seinem Bischofe zu einer Gefängnißstrafe verurtheilt worden, aber aus seiner Haft entflohen und hatte im Asyl des Klosters zu Tours Schuß gesucht. Der Bischof hatte sich darauf vom Kaiser Vollmacht zur Anwen

dung von Gewaltmaßregeln geben lassen und drang mit bewaffneten Leuten in die Kirche ein. Aber die Mönche eilten herbei, das Heiligthum und Asyl ihres Klosters zu schüßen, und die Leute des Bischofs entgingen der Wuth des herbeigeeilten Volks nur dadurch, daß die Mönche sie aus ihren Händen rissen und ins Kloster brachten. Sobald als Acuin dieses Alles erfuhr, mißbilligte er es nicht, sondern nahm sich mit dem größten Eifer seines Klosters an, ja als der Kaiser einen eigenen Sendboten schickte, der die Schuldigen streng bestrafte und die Auslieferung des Geistlichen forderte, versagte er den Gehorsam. Der Kaiser aber ließ in einem harten Schreiben den Abt und die ganze Brüderschaft seinen Unwillen empfinden, indem er zwar zunächst nur die Zuchtlosigkeit der Mönche verurtheilte, mittelbar aber dadurch den Abt um so empfindlicher in demjenigen angriff und beschuldigte, was so recht sein eifrigstes Bemühen und sein schönster Ruhm immer gewesen war. Und er verschmerzte diesen tiefen Kummer nicht wieder; einer Krankheit, die er sich dadurch zuzog, erlag er am 19. Mai 804.

Dem Segen seines Lebens folgte auch im Tode noch die allgemeinste Liebe und Verehrung nach. Schaaren von Menschen drängten sich zu seiner Leiche, als wäre sie mit wunderthätiger Kraft begabt. Sie wurde feierlich in der Kirche des heiligen Martinus zu Tours beigeseßt. In der Nacht, wo er starb, wollte man einen so hellen Lichtglanz über dieser Kirche gesehen haben, daß es schien, als ob sie in Flammen stände, als ob der Himmel sich geöffnet habe, um die scheidende Seele des frommen Mannes aufzunehmen. Ein Einsiedler in Italien wollte in derselben Stunde einen himmlischen Chor von Heiligen gesehen haben, in deren Mitte Alcuin, glänzend geschmückt, seinen triumphirenden Einzug in den Himmel gehalten. Friedr. Lübker in Parchim, später in Flensburg †.

190. Rhabanus Maurus.
4. Februar.

Zu den Quellen, aus welchen die Ströme geistigen Lebens in ferner deutscher Vorzeit geflossen sind, gehört vor allen auch die Abtei Fulda. Hier wirkte in Segen Rhabanus Maurus, von hier streute er den fruchtreichen Samen der Bildung weithin über die umherliegenden Länder aus. Geboren um 775 in Mainz, gehört

er dem fränkischen Stamme der deutschen Nation an, und Britannien kann ihn nur in dem Sinne sich aneignen, insofern der gelehrte und geistvolle Britte Alcuin, der aus der weltberühmten Abtei York an den Hof Karls des Großen gezogen und von diesem für seine Zeit selbst hochgebildeten Fürsten mit der Oberaufsicht aller von ihm angelegten Schulen betraut ward, in Rhaban einen seiner trefflichsten Schüler aufzuweisen hat. Sein Vater, Ruthard, soll ein reicher Mann von bedeutendem Einflusse gewesen sein und eine Zeit lang im Kriege unter den fränkischen Königen gedient haben. Die Mutter, Aldegundis, eine sehr geachtete Frau, erzog ihren Sohn von früh an zur Gottesfurcht und wirkte durch Wort und That auf sein lenksames, weiches Gemüth bedeutend ein. Seine Eltern schickten ihn frühzeitig in das Benedictiner-Kloster nach Fulda und bestimmten ihn dem Mönchsstande. Vielleicht stand die damals noch dort dargebotene Nahrung nicht in Verhältniß zu den geistigen Bedürfnissen des lernbegierigen Knaben. Nachdem er 801 Diakonus geworden war, wußte er es dahin zu bringen, daß er mit noch einem Anderen auf die berühmteste Schule des fränkischen Reichs, die Akademie zu Tours, geschickt wurde, um dort die freien Künfte zu erlernen, richtiger wohl, um die höhere Weihe einer edlen Bildung daselbst durch Alcuin zu empfangen. Vielleicht schwebte auch die Absicht bei dieser Sendung vor, in diesen beiden jungen Männern zwei tüchtige Lehrer für die Klosterschule in Fulda heranzubilden und diese nach dem Muster jener Akademic umzugestalten. Lange kann er den Unterricht des großen Meisters nicht genossen haben, aber lebenslänglich bewahrte er ihm ein innig dankbares Gedächtniß. Seiner Aufforderung, ein lateinisches Gedicht zum Preise des heiligen Kreuzes abzufassen, kam er einige Jahre später nach. Als er aber aus Tours zurückkehrte (804), wurde er der Schule in Fulda vorgesezt und diese damit zu neuem Leben erweckt. Der Ruf von seiner Gelehrsamkeit und der Blüthe Der Schule drang bald in die Ferne; Alles strömte herzu, um hier eine wissenschaftliche Bildung zu genießen. Hoffnungsvolle Jünglinge wurden hier zu tüchtigen Lehrern vorbereitet, bewährte Lehrer von hier zur Leitung von Schulen berufen. Walafried Strabo, Otfried und viele andere hochgefeierte Männer gingen aus seiner Anstalt hervor. Rhaban galt allgemein als trefflicher Leiter und Lehrer (Rector), als gewissenhafter, in der heiligen Schrift überaus bewanderter Mann, der seinen ganzen Eifer auf die Uebung des

göttlichen Gesezes, auf die Erforschung der Wahrheit und die strengste Zucht wendete, der sein unablässiges Bestreben den Fortschritten seiner Schüler widmete, und neben seiner Milde und treuen Liebe gegen seine Zöglinge den Ruhm einer besonderen Geschicklichkeit davontrug, womit er einen Jeden nach seinem Alter und seiner geistigen Individualität zu behandeln wußte. Sein Unterricht umfaßte die freien Künste, die Auslegung der heiligen Schrift und die Erklärung einzelner, meist römischer, Classiker, unter denen, wie fast im ganzen Mittelalter, Virgil besonders hochgehalten war. Auch scheint es, daß er die Kunde des Griechischen lebhaft gefördert habe; wenigstens hat schwerlich irgend einer vor ihm in Deutschland ein gleiches Verdienst der Kenntniß dieser Sprache und ihrer Ausbreitung gehabt. Er wußte wohl, welches reiche Pfund die Wissenschaft für den evangelischen Glauben, dessen Kräftigung und Verbreitung beizutragen vermag; er sagt geradezu an einer Stelle seiner Werke: Das, was die Philosophen, namentlich die platonischen, in ihren Schriften Wahres und unserem Glauben Angemessenes gesagt haben, ist nicht nur nicht zu verabscheuen, sondern von ihnen als unrechtmäßigen Besißern sogar hinwegzunehmen. Eben darin zeigte sich zugleich die Echtheit seiner deutschen Natur, daß er durch Verbreitung gediegener Kenntnisse, durch Belebung des Bibelstudiums und Pflege der Muttersprache das evangelische Leben wahrhaft förderte.

Er fuhr fort in seinem einsamen Waldkloster die Schäße der schon früher auf des Kaisers Verlangen begonnenen reichen Büchersammlung beständig zu vermehren; sie wurde bald eine Fundgrube des, nach den damaligen Verhältnissen zwar beschränkten, aber um so bedeutungsvolleren literarischen Gemeinguts. Die Pflege der Muttersprache betrieb er theils selbst mit großem Eifer, theils empfahl er sie Andern, auch für den gottesdienstlichen Gebrauch. In seinen Werken findet sich eine Zusammenstellung der ihm bekannten Alphabete, darunter auch s. g. markomannische Buchstaben, in welchen man deutsche Runen wieder zu erkennen glaubt. Aus den mündlichen Erklärungen der Schriftwerke, bei denen sich der Lehrer wenigstens theilweise der Muttersprache bediente, ist wahrscheinlich jenes noch erhaltene lateinisch-deutsche Glossar über die Bibel entstanden, das als wichtiges Denkmal der althochdeutschen Sprache des 9. Jahrhunderts vorzüglich geschäßt wird. Die kernige Kraft und frische Fülle, die sich in der gereimten Evangelienbear

beitung seines Schülers, des Mönchs Otfried zu Weißenburg, findet, wirft zugleich ihren Glanz auf die reich fließende Quelle von Rhabans Schule zurück. Kein Wunder daher, wenn grade aus dem Kloster zu Fulda große Schäße unserer ältesten deutschen Literatur an's Tageslicht gefördert worden sind; viele andere hat die wüste Zeit des dreißigjährigen Kriegs zerstreut.

Aber auch über diesen stillen Garten kamen zerstörende Stürme. Der Starrfinn eines Abtes, der Alles ändern wollte, den Brüdern die wissenschaftlichen Hülfsmittel entzog und knechtische Arbeiten auferlegte, zog eine Auswanderung der meisten Mönche nach sich. Rhaban blieb, so lange er irgend konnte; doch hat auch er wohl für eine Weile die Anstalt verlassen und ist vielleicht, nach einer Andeutung zu schließen, während dessen in's gelobte Land gepilgert. Nach Abseßung jenes Abts kehrte Friede und Eintracht wieder, und eine fünfjährige neue Ruhe sicherte der Schule ihren blühenden Zustand unter Rhabans Leitung, bis er 822 selbst zum Abte gewählt ward. Damit wandte er sich aber nicht etwa von dem Werke der Jugendbildung ab, sondern nahm vielmehr immerfort an dem Unterrichte unmittelbaren Antheil. So oft er der weltlichen Sorgen ledig war, unterwies er in der heiligen Schrift oder ließ seine entworfenen Commentare aufzeichnen. Er pflegte die Schule wie sein Kleinod, sorgte mit dem unverdrossensten Eifer für ihre Wohlfahrt und sah ihren Ruhm immer fröhlicher aufblühen. Aber schöner noch als die Gelehrsamkeit der Mönche strahlte der Ruf ihrer Makellosigkeit und ihres sittlich unbescholtenen Wandels; und dieser Ruf drang über den Rhein und die Alpen: aus weiter Ferne strömte man nach Fulda zusammen, Fürsten und vornehme Bürger vertrauten ihre Söhne seiner Aufsicht an, man schäßte sich glücklich seinen vertrauten Umgang zu gewinnen. Ganze Colonieen von Schülern zogen von hier aus nach andern Orten hin, wo sie neue Stätten des Lichts und der Wahrheit gründeten.

Aber so weit auch sein Ruf drang und so groß der Umfang seiner Wirksamkeit wurde, im Innern des Klosters, wo das rührige Leben eines Bienenschwarms herrschte, nahm die strenge Zucht und Ordnung niemals ab, und seine stillen Tugenden erhielten ihm bei Allen die ehrfurchtsvolle Achtung ungeschmälert, erwarben ihm nah und fern den Ruf der Heiligkeit. Sein Kloster war zugleich der Siz der Wohlthätigkeit und barmherzigen Liebe.

Ein neuer Sturm erfolgte, als Lothar 842 der Uebermacht

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