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England.

197. Aelfred der Große.
29. October 1).

Mit Recht ziert den kleinen Westsachsenkönig der ehrenvollste Beiname, denn an seiner Stelle hat er so viel vollbracht als Karl der Große für das gesammte Abendland. Er hat sein Reich vor der Wiederkehr wilder Barbarei geschirmt, der christlichen Cultur eine hochberühmte Pflanzstätte aus jähem Verderben gerettet, er hat noch selbstthätiger als jener mit emsiger Hand Zeitgenossen und Nachkommen, der Heimath und der Fremde das Saatkorn edelster Bildung ausgestreut.

Der Sproß eines königlichen Geschlechts, das wie bei den alten Germanen so oft mit Stolz seine Abstammung in ununterbrochener Reihe auf Wodan, den höchsten Gott, zurückleitete, das seit seiner Ankunft auf der britischen Insel eine kleine Herrschaft in immerwährenden Kämpfen stetig erweiterte, das spät erst und unter heftigen Wandlungen den angestammten Göttern entsagte und, während es, voll inbrünstiger Verehrung gegen die Kirche, die Gotteshäuser und ihre Diener in seinem Gebiete schirmte, doch dieses rastlos durch Herbeiziehung der kleinen zusammenbrechenden Nachbarstaaten zu vergrößern fortfuhr der größte und unvergleichlichste der Cerdikingen, verdankte Aelfred schon seinem Ahnherrn Ecgbert die Stellung des vornehmsten Fürsten auf der Insel. Dieser, einst Gastfreund des großen Karl, durfte das Reich, das er unter seinem Scepter vereinte, bereits England heißen; der höchste Würdenträger der Kirche, der Erzbischof von Canterbury gehörte diesem Staate an. Dadurch vornehmlich doch, daß Fürst und Bischof Hand in Hand die ruhmvollen Bestrebungen, die seit 200 Jahren von jenem Brennpunkte der Christianisirung ausgingen, gegen die widerstrebende und andersgläubige Nachbarschaft weiter führten, gelang es, die Eifersucht unter den kleinen angelsächsischen Stämmen und Dynasten zu bewältigen.

1) Auf diesen Tag ist der Name des Aelfred im evang. Kalender verlegt. Ueber das Datum seines Todes, den 28., nach andern Angaben den 26. October vergl. Piper, Die Kalendarien und Martyrologien der Angelsachsen S. 48.

Zu Anfang des neunten Jahrhunderts erschien das Königreich Wesser als der starke Hort jener segensreichen Glaubensschule, aus welcher ein Beda und ein Bonifacius hervorgegangen. Aber noch unter demselben Fürsten ergossen sich in immer dichteren Schwärmen vom Meere her, unbekehrt und ungezähmt, die heidnischen Nordmänner über die Insel. Gerade auf die heiligen Stätten in Nordhumbrien, Ostanglien und Kent fielen sie, gelockt von den Kirchenschäßen und von so mancher werthvollen Schöpfung fest begründeter Gesittung. Die Deutschen, die seit drei Jahrhunderten sich auf der Insel niedergelassen, seit zweien der Lehre Christi treu und eifrig gedient hatten, schwebten in Gefahr, in das alte Heidenthum zurückgerissen zu werden.

Seit 838 saß dann Aethelwulf auf dem Throne, in manchen Stücken dem Vater unähnlich. Schwach ließ er sich von anderen leiten, ließ geistlicher Habsucht und Herrschbegier die Zügel schießen in Zeiten, wo ein tapferes Schwert das vornehmste Bedürfniß für Fürst und Volk gewesen wäre. Denn die Sturmläufe der Wikinger richteten sich immer wüthender bereits von festen Standlagern aus auf das Binnenland. Nur auf das Haus des Königs fällt ein sanfter Schimmer: dort waltet Osburg, die fromme, tugendhafte Gemahlin, aus vornehmem altjütischen Stamme von der Insel Wight, in weiblicher Stille der Pflege ihrer Kinder hingegeben. Nach drei Söhnen und einer Tochter ward im Jahre 849 zu Wantage, einem königlichen Hofgut in der heutigen Grafschaft Berkshire, das jüngste Kind geboren, dessen Name Aelfred noch laut genug an vorchristliche Anschauungen gemahnt. Mit beson= derer Liebe hingen ihm die Aeltern an. Eines Tages las die Mutter in einem Buche sächsischer Gedichte, wie die alte Quelle erzählt, dessen schön gemalter Anfangsbuchstabe die Augen der Kinder fesselte. „Wer zuerst daraus lesen kann, der soll es behalten,“ sagte Osburg. Ihr Aelfred nahm es, ging damit zum Lehrer, dann las er zuerst. Die Mutter, die von ihrem Wesen das Beste auf dieses Kind vererbte, ist wohl bald darauf gestorben. Der Vater aber, voll Zärtlichkeit gegen Aelfred, nimmt ihn allein im Jahre 855 mit sich auf die Pilgerfahrt nach Rom. Dort salbt ihn segnend der Papst und nimmt ihn an Kindesstatt an; unvertilgbare Eindrücke hat der kleine Nachkomme uralter Volkskönige von Rom heimgebracht.

Doch jene Reise hatte für das bereits schwer bedrängte Reich

auch arges Unheil im Gefolge. Es war thöricht von Aethelwulf, statt daheim für die Erhaltung der Herrschaft und des Christenglaubens sich anzustrengen, viele Monate hindurch fern an den Gräbern der Heiligen anzubeten und mit königlicher Freigebigkeit fromme Stiftungen zu errichten. Auf dem Heimwege, wo er im Frankenreiche bei Karl dem Kahlen einkehrte, nahm er dessen Tochter Judith zur Gemahlin. Feierlich, noch dazu in der Fremde, wurde sie gekrönt, wie es bis dahin bei den Westsachsen nicht Brauch gewesen. Darüber erhob sich noch vor der Landung des Vaters der älteste Sohn Aethelbald, den jener als Statthalter zurückgelassen hatte. Daß dessen Partei die stärkere blieb, erhellt aus der Theilung, durch welche der böse Handel geschlichtet wurde. Dem Sohne fiel, vornehmlich auch mit Rücksicht auf die Dänennoth, der Kern des Reichs zu; der Vater mußte sich mit Kent begnügen, was bisher nur zur Ausstattung des Thronfolgers bestimmt gewesen. Er ist dann am 13. Januar 858 gestorben, bekümmert und gottergeben, aber ein elender Fürst. Gleich darauf hat der rauhe Sohn frevelnd gar die Stiefmutter zu seiner Gemahlin gemacht. Als auch er jedoch schon 860 ohne Kinder starb, folgte ihm der nächste Bruder Aethelbert in allen Gebieten wider die frühere Thronregel, wozu freilich die immer schlimmere Bedrängniß durch die bereits seßhaft werdenden Nordmänner der Anlaß gewesen sein mag.

Aelfred, mit seinem Ertheil ausgestattet, trat mittlerweile in das Jünglingsalter. Den Leib stärkte er auf der Jagd und in der Waffenübung; sein reger Geist aber hatte Mühe auch nur das Nothdürftigste sich anzueignen in Tagen, wo unter jener furchtbaren Geißel bereits der leßte Rest der trefflichen Schulen von Wearmouth und Canterbury dahinging. Nur kümmerlich vermochte er sich die elementaren Fertigkeiten anzueignen. Auch als im Jahre 866 der dritte Bruder Aethelred den Thron bestieg, trat Aclfred nicht die abgezweigte Herrschaft in Kent an, sondern blich dem Könige treu und ergeben als nächst berechtigter Aetheling zur Seite. Denn eben jezt brach das Unwetter mit erneuter Wuth vom Meere herein. Gewaltige Flotten, von riesigen Gestalten geführt, warfen ihre Mannschaften auf die ganze Ostküste der Insel. Davor gingen die lezten selbständigen Fürstenthümer in Northumbrien und Ostanglien zu Grunde, die Kirchen und Klöster verschwanden in jenen Strichen, während ihre Insassen fast Nichts

als das nackte Leben, selten ein Buch und jedenfalls nur geringe Wissenschaft auf der Flucht in das Innere retteten.

In höchster Noth rief der König Burchred von Mercien, welcher Aethelwulfs Tochter zur Frau genommen, nun die Hilfe seiner Schwäger an. Möglich, daß auch hierüber verhandelt wurde auf der Hochzeit, welche Aelfred im Jahre 868 in Mercien mit Ealhswith, der Tochter eines angesehenen Ealdormanns jenes Reichs, feierte. Zwar war der Fürstensohn dort mitten in den Festlichkeiten plöglich von einer tückischen Krankheit befallen worden, die Zeit Lebens an ihm zehren sollte, da gegen ihre unheimlichen Ueberraschungen keine Kunst der Aerzte Rath wußte. Aber mit schöner Willensstärke überwand er unsägliche Schmerzen und raffte sich auf, um neben seinem Bruder dem Könige das Nachbarland schüßen zu helfen. Bald jedoch drangen die wilden Feinde auch weit die Themse hinauf in das Herz von Wesser, so daß die Beiden Alles aufbieten mußten, um nur die eigene Herrschaft zu retten. An mehreren heißen Tagen, vorzüglich zu Aescesdune zu Anfang des Jahres 871 seßten sie sich heldenmüthig zur Wehr. Troßdem blieb die Erhaltung ihres Reichs höchst zweifelhaft, als auch König Aethelred am 23. April 871 starb.

In dunkler Stunde ging nun die Weihe des Papstes an Aelfred in Erfüllung, aber auch vertragsmäßig bestieg er den Thron, denn zwei unmündige Kinder seines Vorgängers mußten, wie damals noch so oft der Fall war, vor dem erwachsenen Dheim zurückstehn. Allein der Fürst bekam weder Freude noch Segen seines Königthums zu kosten. Gleich den Qualen, welche sein Fleisch züchtigten, drohte auch das allgemeine Verderben Land und Leute zu verschlingen, besonders als nun auch die wankende Herrschaft in Mercien unterging. Jahrelang rang Aelfred in einem Verzweiflungskampfe mit Ausdauer und Geschick, aber die Mittel zur Vertheidigung schwanden doch zusehends, während von allen Seiten der Feind immer fester Fuß faßte. Was halfen dagegen vereinzelte Erfolge zu Lande und auf dem Wasser oder heilig beschworene Verträge? Schon legte das Volk todesmüde die Waffen nieder und unterwarf sich dem Joche der heidnischen Sieger. Nur hier und da in der Wildniß oder auf natürlichen Vesten hielt sich wohl noch eine tapfere Schaar mit dem Vorsaß dem Feinde die lezte Habe, das Leben, so theuer als möglich zu verkaufen.

Eine dunkle Angabe deutet auf inneren Zwist der Westsachsen

als vornehmsten Grund des Einsturzes. Wohl möglich, daß der Gegensaß wälscher und deutscher Zunge oder Antipathien der Geschlechter die Bevölkerung, die bisher so wacker ausgehalten, zerrissen haben. Noch dunkler lauten gewisse Beschuldigungen gegen Aelfred selber. Die Mönche von Abingdon wünschen ihm das Loos des Judas wegen der Gewaltthaten, die er ihrem Kloster zugefügt habe. Ein Schreiben des Papstes Johann VIII., vermuthlich aus dem Jahre 877, beschuldigt gar den König und seine Landsleute, in der allgemeinen Verwilderung der Sitten die cheliche Zucht gebrochen zu haben. In alter Erzählung begegnen wir der Auffassung, daß Aelfred durch seine Aufführung viel Schuld an dem Unheil trage; nach waliser Quellen büßt er dafür in der Zelle eines Anachoreten. Allein, wie dem auch gewesen sein mag, bald hernach geht doch von ihm vornehmlich der Anstoß zur rettenden That, zur Befreiung aus. Er hat, das wissen wir sicher, das Schwert nicht aus der Hand gelegt und die 'Hoffnung niemals fahren lassen.

So warf er sich denn zu Anfang des Jahres 878 nach Westen in den wasserreichen Gau der Sumorsäten. Zu Aethelney, auf einer inselartigen, durch Sumpfland fast unzugänglichen Berghöhe, die durch einige Nachhilfe in eine Festung umgeschaffen wurde, barg er nicht nur Weib und Kinder und was sie an Eigenthum mitführen gekonnt, sondern streifte auch von dort mit einer kleinen Schaar edler und beherzter Genossen in kühnen Ausfällen weit hinaus, um den plündernden Horden ihren Raub abzujagen und in mancher Hütte die Erinnerung wach zu rufen, daß der König noch am Leben sei. Kein Wunder, wenn Volkssage und Legende um dieses Beginnen ihr buntestes Gewebe gesponnen haben; ein viel treueres Zeugniß jedoch als die Mährchen von den Wagnissen des verkleideten Königs bleibt das merkwürdige Juwel, das, an der Stelle gefunden, wo die Rettungsburg Aethelney stand, heute noch in Orford aufbewahrt wird. In goldenem Filigran und in den unverkennbaren Zügen der Zeit trägt es die Inschrift: Aelfred mec heht gewyrcan (Aelfred hieß mich machen).

Mit dem Frühling rückte schon eine stärkere Mannschaft aus; am Saume eines Waldes flatterte wieder das alte Banner; aus den nächsten Gauen eilten von neuem Muthe beseelt die Männer herbei, bereit ihrem Fürsten zu folgen. Im Mai schlug dieser bei Aethandune einen großen heidnischen Haufen, welcher der Begei

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