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den Glanz der falschen Christen ab, gegen die sich eben die heiligen Männer, wie Augustin, Benedict, Norbert und Bernhard bewaffnen mußten. Während die legten Zeitalter dem Kampfe mit dem Antichrist und dem seligen Triumphe bestimmt sind, nimmt Anselm für seine Zeit das Geheimniß des fünften Siegels in Anspruch - da die Heiligen ruhn von ihrem Märtyrerthum, aber Angesichts der unendlichen Leiden der streitenden Kirche zum Herrn schreien, warum er im Gericht verziehe, zu rächen ihr Blut an Denen, die auf der Erde wohnen! So sieht auch er auf eine größere, in schwerem Kampf zu gewinnende Zukunft hinaus. Dem Nicetas, der für die Beilegung der Streitigkeiten zwischen Griechen und Lateinern ein allgemeines Concil gewünscht hat, freudig beifallend ruft er: „O daß ich dieß erlebte und bei einem so heiligen Concilium gegenwärtig sein dürfte, wo Petrus das Haupt der Apostel in der Person seines Stellvertreters, des römischen Papstes, mit der ganzen versammelten Kirche, die Gott ihm anvertraut hat, sizet und der heilige Geist, von dem wir gehandelt, über Alle herabsteigt und alle Wahrheit bis ans Ende der Welt lehrt, und Alle Eins macht in Christo mit Petrus und im Glauben Petri.“ Rom also möchte er hinübernehmen in die neue Zeit, aber nur ein solches Rom, das mit Christo eins geworden, an dem die Wahrheit des heiligen Geistes lauter und voll sich bewährt hat! Könnte das Mittelalter unserer Lande einen besseren Vertreter in der allgemeinen Kirche haben?! Siegfried Hirsch in Berlin t.

Frankreich und England; 11. und 12. Jahrhundert.

218. Fulbert, Bischof von Chartres.
10. April.

Der Bischof Fulbert von Chartres ist in der Kirchengeschichte nicht nur als Gründer einer blühenden Schule bekannt, sondern auch als einer der eifrigsten Verbreiter der Verehrung der heiligen Jungfrau.

Wie groß auch in diesem Bezuge sein Frrthum war, so ist es doch erlaubt sein Andenken hier zu erneuen. Die evangelische Kirche freut sich das Gute anzuerkennen, das von frommen Männern aller Zeiten gewirkt worden ist, wenn auch in Einzelnem Verkehrtes, das heißt Menschliches, daran klebt. Die Zeiten sind vorüber, wo man aus blindem Unverstand das gesammte Mittelalter nur als Periode der Finsterniß, der Rohheit, des Aberglaubens betrachtete; auch während dieser Jahrhunderte hat sich Gottes Geist nicht unbezeugt gelassen; er hat, bald mehr bald weniger sichtbar fortgewirkt, um den Samen christlichen Glaubens und Lebens zu bewahren und bessere Zeiten vorzubereiten. Der neueren protestantischen Geschichtsforschung gebührt das Verdienst, zur richtigen Würdigung dieser uns so fern liegenden und in manchen Stücken unsern Anschauungen so fremden Vergangenheit das Meiste beigetragen zu haben. Wir können evangelische Christen sein, ohne schlechthin zu verwerfen, was im Mittelalter Großes in der Kirche gethan worden ist, ohne das Bestreben der Männer zu verkennen, die, obschon in mancherlei Frrthum befangen, sich dennoch als Diener Gottes erwiesen haben. Darum geben wir auch, in der Reihe der in diesem Buch erscheinenden Zeugen, eine Stelle dem Bischof Fulbert von Chartres, denn er war einer der Besten seiner Zeit.

Das geistige Leben, das unter Karl dem Großen und seinem Sohne Ludwig dem Frommen so schön aufgeblüht war, war bald wieder erstorben. Unter den Stürmen und Kriegen des zehnten Jahrhunderts schien alle höhere Bildung verloren gegangen zu

Piper, Zeugen der Wahrheit. II.

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sein; eine Zeit der Barbarei war eingetreten, aus der nur spärlich einzelne strebsamere Männer hervorragen, die trog ihrer unvollkommenen Gelehrsamkeit einen hellen Gegensaz bilden zur allgemeinen Verwilderung und Unwissenheit. Zu Ende dieses Jahrhunderts war das Gefühl der Zerrüttung aller Zustände so tief in die Gemüther eingedrungen, daß man, nach den seit Christo verflossenen tausend Jahren, mit Schrecken dem Ende der Welt entgegensah. Gerade zu dieser Zeit aber entwickelte sich aus der Dunkelheit ein neues Licht; Fulbert war einer der thätigsten Verbreiter desselben.

Von seinem Leben ist leider nur wenig bekannt; man weiß weder wann noch wo er geboren war; nach Einigen stammte er aus Italien; wahrscheinlicher ist es, daß er der Provinz Aquitanien angehörte; seine freundlichen Beziehungen zu Herzog Wilhelm V., den er sogar seinen Herrn nennt, scheinen es zu beweisen. Jedenfalls war er von niedriger Herkunft, in einem seiner Gedichte sagt er, er sei arm, ohne Hülfe von Reichthum oder angesehener Familie zur bischöflichen Würde gelangt. Seine Bildung erhielt er zu Reims, unter dem berühmten, vielgereisten, in allem Wissen bewanderten Gerbert, dem nachmaligen Papste Silvester II. Gerbert war der erste der in Frankreich das neue geistige Leben erweckte, in Italien und Spanien hatte er dazu die Keime gesammelt. Unter ihm lernte Fulbert Alles, was man sich damals von Gelehrsamkeit aneignen konnte, nicht nur Grammatik, Rhetorik und Dialektik, die die Grundlagen der Bildung waren, sondern Theologie, besonders aus den lateinischen Kirchenvätern, und daneben Astronomie und Medizin, welche lettere er lange Zeit als Arzt ausübte. Nach vollendeten Studien ging er nach Chartres, wo er als Echolasticus oder Schulherr unter die Canoniker der Kathedrale aufgenommen ward. Als solcher eröffnete er um 990 eine Schule, in der er die nemlichen Fächer lehrte, die er unter Gerbert betrieben hatte. Sein Unterricht war einfach, ohne Spitfindigkeit. In der Theologie ging er noch nicht über das Hergebrachte hinaus; die Hauptsache war ihm die Richtung auf das Praktische, zur Bildung des frommen Lebens. Er wollte nicht, daß man über die göttlichen Geheimnisse grübelte; das Unsichtbare, sagte er, soll nicht mit dem Maaße des Sichtbaren gemessen werden; das Himmlische ist dem Verstande unerreichbar, man muß es glauben und anbeten, und nicht darüber disputiren.

Seine Schule erwarb sich bald den größten Ruf; aus allen Gegenden Frankreichs, aus den Niederlanden, vom Rheine her, strömten Zöglinge herbei; es genügte, daß wieder ein bedeutender Lehrer aufgestanden war, um das Wissensbedürfniß zu wecken und zahlreiche Jünglinge um ihn zu sammeln. Die Schule von Chartres war die erste, der die Bewunderung der Zeitgenossen den ehrenden Namen Akademie beilegte. Mehrere der Schüler Fulberts haben theologische und andere Schriften hinterlassen, an sich von geringem Werth, aber Zeugnisse des neuerwachenden Strebens. Der ausgezeichnetste unter ihnen war Berengar von Tours; an Geist seinem Lehrer überlegen, schlug er zuerst eine freiere, von dem traditionellen System sich abwendende Richtung ein, die ihn über das Dogma vom Abendmahl in schwere Streitigkeiten verwickelte.

Im Jahr 1007 ward Fulbert, großentheils auf Betreiben des Königs Robert von Frankreich, mit dem er zu Reims studirt hatte, zum Bischof von Chartres erwählt. Schon vorher hatte ihm Herzog Wilhelm von Aquitanien, der sich oft seines Raths bediente, die Würde und Pfründe als Schahmeister der S. Hilarienkirche von Poitiers verschafft. Bei Fürsten, Bischöfen, Aebten, stand er in wohlverdientem Ansehn; man nannte ihn das Orakel Frankreichs, den Socrates seiner Zeit. Von allen Seiten ergingen Fragen an ihn; die Briefe, in denen er sie beantwortete, gehören zu den interessantesten Documenten der Geschichte des Anfangs des cilsten Jahrhunderts. 1008 wohnte er einer von König Robert berufenen Synode bei, wo ihm die anwesenden Prälaten ungewohnte Ehre erwiesen. Als 1020 seine Kathedrale durch eine Feuersbrunst zerstört ward, sandten ihm, zum Wiederaufbau, nicht nur Wilhelm von Aquitanien und andre französische Fürsten, sondern selbst König Knud von England und Dänemark, reiche Gaben zu. Von dem bischöflichen Amt hatte er reinere Begriffe als viele seiner Zeitgenossen. Es war bereits nichts seltenes, Bischöfe, mit dem Schwerdt an der Seite, an der Spiße ihrer Vasallen Krieg führen zu sehen. In den trüben Zeiten des neunten und zehnten Jahrhunderts, wo Frankreich und Deutschland den Verheerungen heidnischer Völker preisgegeben waren, konnte es den Bischöfen nicht verargt werden, wenn sie für die Vertheidigung der ihnen anvertrauten Gemeinden sorgten; jezt aber war dies nicht mehr der Fall; ohne Noth, um weltlicher Interessen willen, aus bloßer Lust am Kriegshandwerk, zogen viele Bischöfe zu Feld. Fulbert tadelte

kräftig dies Verkennen des geistlichen Berufs; solche Leute, sagte er, kann ich nicht Bischöfe nennen, um dem ehrwürdigen Namen nicht Schmach anzuthun, dem Beispiele Christi gemäß sollten sie nur durch Geduld und Sanftmuth über die Feinde siegen. Als man ihm, zur Rechtfertigung des Mißbrauchs, das Ansehn eines bedeutenden Mannes entgegenhielt, antwortete er mit den Worten des Paulus, daß auch kein Engel vom Himmel ein anderes Evangelium verkündigen könne.

Dieser hohen Ansicht von dem geistlichen Amte gemäß verwaltete Fulbert seinen bischöflichen Beruf; streng gegen Unordnung und Sünde, strafte er, ohne Rücksicht auf Rang, die Laster Hoher und Niedriger; den Bischöfen der ersten Jahrhunderte ähnlich, war er ein Vertheidiger des Rechts gegen rohe Gewalt, ein Beschüßer des armen, von vielfacher Noth gedrückten Volks. In seiner ächt christlichen Liebe bewahrte er noch die Grundsäße der ältern Kirchenväter über den Gebrauch des Kirchenguts; die Geistlichen sollen wissen, schrieb er einmal an einen Freund, daß das Besißthum der Kirche nicht ihnen, sondern den Armen gehört, sie sind nur die Verwalter desselben, und dürfen es nicht zu persönlichen Zwecken eigenmächtig verwenden; es ist fromm und gerecht, es für Darbende und Gefangene zu bewahren. In Fällen dringender Noth gestat tete er die Veräußerung des Kirchenschmuckes, selbst den Verkauf der heiligen Gefäße ließ er zu, nur sollten diese nicht an Laien, die sie entweihen könnten, sondern an andere Kirchen abgegeben

werden.

Als Bischof sette Fulbert die Lehrthätigkeit an seiner Schule nicht aus; er wirkte an derselben bis an sein Ende unermüdlich fort. Auch schrieb er, theils um von Auswärts kommende Fragen zu beantworten, theils ohne Zweifel für seine Schule, einige theologische Traktate, die zwar von Kenntniß der Kirchenväter und frommem Geiste zeugen, aber troß des einfachen Haltens an der traditionellen Lehre, durch unklares Auffassen derselben oft dunkel find. Die Trinität, die Taufe, das Abendmahl behandelte er in längern Briefen an Freunde; eine Abhandlung über das zwölfte Kapitel der Apostelgeschichte, die vielleicht einen Theil eines größern Werkes ausmachte, verfaßte er wohl für seine Schüler; ist diese Vermuthung annehmbar, so wäre es ein merkwürdiger Beweis, daß damals noch eine freilich wegen Unkenntniß des Griechischen und Hebräischen sehr mangelhafte Erklärung der Bibel zum theo

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