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1.

Vom rechten Glauben abgetrennt,
Bleibt auch die Lieb' ohn' Fundament.

Tholud, Stunden der Andacht. Ste Aufl.

1

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1.

Wohl bist du Gottes Sohn,

Doch ach nur der verlorne!

Apostg. 17, 28. In ihm leben und weben und sind wir; als auch etliche Poeten bei euch gesagt ha, ben: wir sind seines Geschlechts.

Ich bin göttlichen Geschlechts, denn — in ihm leben, weben und sind wir. Ob nicht etwas von einem solchen Gefühle, dem Gefühle, daß Gott uns nicht der ferne, sondern ein naher Gott ist, in jedem Menschen leben wird, den nicht entweder die Bildung verkünftelt hat, oder ein Leben in der Sünde zerrüttet? Es muß etwas in uns seyn, wodurch wir mit dem Urquell aller Wahrheit, Güte und Schönheit zusammenhängen: wie könnten wir uns sonst des Wahren, Guten und Schönen erfreuen? Je einfacher und unschuldiger der Mensch ist, desto lebhafter hat er die Empfindung, daß er mit Gott verwandt ist, wenn gleich ihm in die Art und Weise dieses Zusammenhanges mit Gott die klare Einsicht fehlt. Auch muß dieses Gefühl uns erstaunend tief in's Herz gepflanzt seyn, da wir es festhalten, während so viel Elend und so viel Sünde in der Welt es Lügen zu strafen scheint. Ich konnte es mir nie ableugnen: Es wohnt in der lehmernen Hütte 1) ein Geist, der eigentlich in einer andern Welt sein Vaterland hat, und der Weg in diese andre Welt ist auch nicht versperrt. Es fliegen noch Engel von dort hernieder, die uns Botschaft bringen. Gott ist nicht ein Gott der ferne ist, sondern der nahe ist seinen Geschöpfen 2); das alles habe ich mir gesagt. Und dennoch, wenn ich das Elend des Menschenlebens, wenn ich die Wandelbarkeit und Schwäche des menschlichen Herzens, wenn ich die Schwärze der Bosheit bedenke, deren der Mensch fähig ist, möchte ich mich viel weniger über die

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wundern, die, ohne durch das Wort Gottes erleuchtet zu seyn, daran zweifeln, daß der Mensch göttlichen Geschlechts ist, als über die, die daran glauben. «Der Mensch vom Weibe geboren lebt furze Zeit und ist voll Unruhe; gehet auf wie eine Blume und fällt ab, flichet wie ein Schatten und bleibet nicht!») Wie ist in diesem uralten Worte auf so tief menschliche Weise die Empfindung ausgesprochen, die einem, wenn man das Menschenleben von außen ansicht, wohl näher liegt, als der Ausruf: «wir sind göttlichen Geschlechts! » Oder wie Dr. Luther das menschliche Herz beschreibt: «Ein menschliches Herz ist wie ein Echiff auf dem Meere, welches die Sturmwinde von den vier Oertern der Welt treiben. Hier stößt her Furcht und Sorge vor künftigem Unfall; dort fährt Grämen her und Traurigkeit vor gegenwärtigem Uebel; hier wähnt Hoffnung und Vermessenheit von zukünftigem Glücke; dort bläst her Freude und Sicherheit in gegenwärtigen Gütern. » Wer löst mir dieses Räthsel, daß dieser flüchtige Sohn der Stunde, dieser Knecht jeder Lust, göttlichen Geschlechts seyn soll? Eo mag wohl mancher ausrufen, dem das Wort Gottes noch nicht die Leuchte seiner Füße geworden ist.

Gott sei Dank, ich kenne die einfache Lösung. Der Mensch ist der Sohn Gottes, aber er ist der verlorne Sohn, der nunmehr im Lande der Fremde weilen muß und sich von Träbern nähren.

Ich stamm' fürwahr von Gott, bin nicht gemeiner Leute ;
Doch warum geht der Blick zur Erd', und nicht in's Weite?,
Gott lebt und webt in mir, wie wär' ich denn geringe;
Doch werd' ich täglich Sklav auch der geringsten Dinge!
Wer löst das Räthsel mir, wer ist der Auserkorne?
,,Mein Kind, du bist der Sohn, doch bist du der verlorne!"

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Ja, auch hier hat die heilige Schrift, wie so vielfach sonst, das Widersprechende zusammen geschlossen und giebt den entgegengeschten Gefühlen in der menschlichen Brust beiden Recht. Bin ich nun der verlorne Sohn, so muß ich jest zuerst darauf bedacht seyn, den elenden Zustand, in dem ich mich befinde, recht zu erkennen; ich darf mich darüber nicht verblenden durch 1) iob 14, 1, 2.

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die Erinnerung an den ursprünglichen Adel meiner Natur. Höchstens kann diese Erinnerung ja nur dazu dienen, meine Sehnsucht zu entflammen. Wie lassen sich die meisten durch einen thörichten Stolz verleiten, die Armuth und das entwürdigende Elend, das um uns her ist, abzuleugnen! Sie sind wie Menschen, deren Ohr ein Mißton zerschneidet, die sich aber bereden, es sei ein Wohllaut, und die so am Ende ihr Gehör abstumpfen. Wie dort der ungerechte Haushalter 1), schämen sie fich zu betteln, und darum betrügen sie lieber, wenigstens sich selbst. Nein, ich will es anerkennen, daß ich im Lande der Fremde bin und Träbern esse. Meine Schnsucht richtet sich mächtig auf nach dem Lande der geistigen Freiheit, meinem wahren Vaterlande, denn

Unmöglich kann, wer seine Heimath kennet,

Die Kette küssen, die davon ihn trennet.

Ich bin göttlichen Geschlechts! das rufe auch ich aus; aber indem ich es ausrufe, treten mir die Thränen in die Augen, denn ich sehe, wie das Göttliche in uns wider feine Natur gehemmt ist, und es sollte walten. Der Mensch ist das verlorne Schaf, das einst, als es unter dem Hirtenftabe des guten Hirten weidete, Eonnenschein und grüne Weide die Fülle hatte, das aber jezt in den Wüsten und zwischen den Dornen umherirrt; der Mensch ist die verlorne Münze, auf welcher das Bild eines großen Monardhen ausgeprägt ist, die aber in den Staub getreten, wurde und kaum noch die erhabnen Züge kenntlich sehen läßt 2). Und dennoch ist das unsterbliche Leben aus Gott in mir vom Tode wohl beherrscht, aber nicht vernichtet; noch lebt unter dem Todesschlaf ein Auferstehungskeim und treibt und ringt der Sonne entgegen. Ich weiß es, daß die Sünde in mir die Macht hat, aber ich weiß auch, daß dem Guten in mir das Recht gebührt. Ich habe gelesen, wie im Lande Japan ein weltlicher und ein geistli= cher Kaiser ist, von denen jener alle Macht hat, aber diesem alle Jahre huldigen muß. Das ist das Verhältniß meines sündlichen Adam und des Bildes Gottes, das ja auch noch nach dem Falle im Menschen nicht ausgelöscht ist 3).

Eo sehnet sich denn der verlorne Sohn mit Allem, was in ihm ist, nach jenem urbildlichen, vollkommenen Sohne, über 1) Luc. 16, 3. - 2) Luc. 15, 8. 3) Jac. 3, 9.

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