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bracht hat." "Der Unglaube ist die älteste, stärkste und neben dem Aberglauben die einzige natürliche Religion." In Golgatha und Scheblimini beschreibt Hamann den nachtheiligen Einfluß, welchen dieser künstliche Unglaube auf den ganzen Organismus der Erkenntnißkräfte hat. Durch die geschminkte Weltweisheit einer verpesteten Menschenfreundin ist die unserer Natur tief eingeprägte Liebe des Wunderbaren und Spannader aller poetischen und historischen Kräfte in einen skeptischen und kritischen Unglauben aller Wunder und Geheimnisse erschlafft. Eine gewaltthätige Entkleidung wirklicher Gegenstände zu nackten Begriffen und bloß denkbaren Merkmalen, zu reinen Erscheinungen und Phänomenen; eine willkürliche eigenmächtige Transsubstantiation abstracter Zeichen und Formeln, ätherischer Theorien und Visionen, durch die Verklärung eines neuen künstlichen Sensoriums; die dramatische Schöpfung, der Magnetismus und die speciosa dehinc miracula einer täuschenden Fee, haben den genium seculi dergestalt desorganisirt, daß er seiner zehn innern Sinne und äußerlichen Werkzeuge nicht mehr mächtig ist.“

Gegen das Ende des Golgatha und Scheblimini stellt er folgende Betrachtungen an, die über das Vorstehende weiteres Licht verbreiten: „Glaube und Zweifel wirken auf das Erkenntnißvermögen des Menschen; wie Furcht und Hoffnung auf seinen Begehrungstrieb. Wahrheit und unwahrheit find Werkzeuge für den Verstand: (wahre und unwahre) Vorstellung des Guten und Bösen sind Werkzeuge für den Willen. Alles unser Wissen ist Stückwerk und alle menschlichen Vernunftgründe bestehen entweder aus Glauben an Wahrheit und Zweifel an Unwahrheit oder aus Glauben an unwahrheit und Zweifel an Wahrheit. Wenn der Verstand aber an Lügen glaubt und Geschmack findet, an Wahrheiten zweifelt und sie als eine lose Speise mit Ekel verschmäht: so ist das Licht in uns Finsterniß, das Salz in uns fein Gewürz mehr Religion reine Kirchenparade Philo

sophie leeres Wortgepränge, verjährte Meinungen ohne Sinn, überjährte Rechte ohne Kraft! Zweifelsucht an Wahrheit und Leichtgläubigkeit des Selbstbetrugs sind daher eben so unzertrennliche Symptome wie Frost und Hiße.

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Doch ist Hamann nicht der Meinung, daß dem Skepticismus nicht sein volles Recht widerfahren müsse. Er bemerkt im Gegentheil: „Skepticismus und Dogmatismus kann eben so füglich bei uns neben einander stehen als Erkenntniß und Unwissenheit, Zweifel mit beiden, die avτidéoεis tηs yεvdoἀντιθέσεις τῆς ψευδω vúμov yvάoɛws1) mit der Plerophorie des Urtheils und Willens, das Unkraut mit dem Weizen, der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten mit dem regelmäßigen Laufe der Natur.“

Wiewohl Hamann oft der Schwärmerei bezüchtigt ist, so sind wohl wenige so weit davon entfernt gewesen wie er. Er tröstete sich bei solchen Gelegenheiten mit Paulus, dem Festus zurief: du rasest! als er ihm mit aller Besonnenheit die Wahrheit verkündete. Dagegen hatte er gegen Swedenborg, diesen „schwedischen Koboldseher," eine entschiedene Abneigung. Auch das ganze Heer der Schwärmer, das wohl seine philosophische Neugierde reizte, zog ihn nicht an, stieß ihn vielmehr entschieden ab. In einem bessern Sinn des Worts hielt er ein wenig Schwärmerei unter Umständen sogar für heilsam. Er meint, etwas von diesem Sauerteig gehöre dazu, die Seele zu einem philosophischen Heroismus in Gährung zu sehen.“ Ueber den Verdacht der Schwärmerei, in den damals jeder fiel, der nicht dem flachen Zeitgeiste huldigte, spottet er. Was im jüdischen Lande Beelzebub gelästert wurde, schreibt er an Lindner, wird jezt sinnreicher mit dem Geiste der Sch wärmerei verglichen, welcher der oberste Widersacher unserer kleinen Weltweisen, Kunstrichter und Schulfüchse ist.“

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In Golgatha und Scheblimini heißt es daher: „Das Selbstlob fleischlicher Vernunftaugen ist eine höchst schädliche

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1) 2. Tim. 6, 20.

Fliege. Jene blinden Leiter, welche auch behaupteten: Wir sind sehend, blieben verstockte Schwärmer und Liebhaber ihrer schwarzen Finsterniß. Das Licht und Recht des Geistes und Herzens liegt nicht im Geblüte guter Willensmeinung noch im reinen Sinn des Buchstabens, noch im Conventions-Fuße menschengefälligen Beifalls und Zeugnisses."

c) Kopf und Herz. Freiheit. Selbsterkenntniß. Selbstliebe und Nächstenliebe. Moralischer Pharisäismus. Aufklärung. Erkenntniß Gottes. Dinge einer andern Welt. Unsterblichkeit der Seele. Vorsehung Gottes.

Bei Hamann sind Kopf und Herz in einer unzertrennlichen Verbindung; nur wo beide gesund sind, ist der Mensch im Stande, etwas Großes zu leisten. Wo aber das Herz dem Kopfe nicht gewachsen ist, wie dies bei Law der Fall war, da entstehen die unheilvollsten und verderblichsten Menschen, Bösewichter im Superlativ. Das menschliche Herz war also für Hamann ein wichtiger Gegenstand der Beobachtung und des Nachdenkens.

Auch hier war ihm die Bibel die hauptsächlichste Erkenntnißquelle. „Freilich, schreibt er seinem Freunde Lindner, ist unser Herz der größte Betrüger, und wehe dem, der sich auf selbiges verläßt. Diesem gebornen Lügner zum Troß bleibt aber Gott doch treu. Unser Herz mag uns wie ein eigennüßiger Laban so oft täuschen, als es will, so ist er größer als unser Herz. Unser Herz mag uns verdammen und schelten, wie es will, ist es denn Gott, daß es uns richten kann?" „Ist denn die Bibel ein Pasquill, fragt er ein andermal denselben Freund, die das menschliche Herz als unergründlich böse beschreibt, und ist diese Wahrheit eine Satyre auf das menschliche Geschlecht?"

Die Selbsterkenntniß ist daher die nothwendigste aber auch schwerste Aufgabe des Menschen, wie schon die Aufschrift des Delphischen Orakels verkündigt. Nur mit wachendem Geiste sind

wir zu dieser Erkenntniß fähig. Aber wann befinden wir uns in diesem Zustande? Hamann sagt: „Den Begriffen des Klopstock zufolge besteht das physische Wachen in demjenigen Zustande eines Menschen, da er sich seiner selbst bewußt ist; dies ist aber der wahre Seelenschlaf. Unser Geist ist nur alsdann wachend anzusehn, wenn er sich Gottes bewußt, ihn denkt und empfindet; und die Allgegenwart Gottes in und um sich erkennt, wie die Seele eines Wachenden ihre Herrschaft über den Leib und der Leib die Eindrücke eines geistigen Willens ausdrückt. Ein Mensch, der in Gott lebt, wird sich daher zu einem natürlichen Menschen verhalten, wie ein wachender zu einem schnarchenden in tiefem Schlaf zu einem träumenden einem mondsüchtigen." "Der Mondsüchtige ist vollends das Bild eines praktischen, geschäftigen Mannes, der mit aller Vorfichtigkeit, Ueberlegung und Zusammenhang redet, handelt, gefährliche Unternehmungen mit mehr Sicherheit ausführt, als er mit offenen Augen thun könnte und thun würde.“

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„Die erste Ursache aller Dinge, von der wir so unmittelbar abhangen, muß daher unumgänglich zu Hülfe genommen werden, wenn wir unser eigen selbst, unsere Natur, Bestimmung und Einschränkung einsehn wollen. Nächst dieser ersten Ursache gehört dazu eine Kenntniß aller der Mittelwesen, die mit uns in Verbindung stehen, und die durch ihre Wirkung unsere hervorbringen helfen oder zu ändern, im Stande sind. Alle diese Betrachtungen zusammen genommen, können wir den Zustand. der menschlichen Natur auf der Welt nennen. Es ist die Frage nicht allein, wenn ich mein eigen Selbst ergründen will, zu wissen, was ist der Mensch? sondern auch, was der Stand desselben? Bist du frei oder ein Sclave? Bist du ein Unmündiger?" u. f. w.

„Um die Erkenntniß unser selbst zu erleichtern, ist in jedem Nächsten mein eigen selbst als in einem Spiegel sichtbar. Wie das Bild meines Gesichtes im Wasser wiederscheint, so ist mein Ich in jedem Nebenmenschen zurückgeworfen. Um mir die

ses Ich so lieb als mein eignes zu machen, hat die Vorsehung so viele Vortheile und Annehmlichkeiten in der Gesellschaft der Menschen zu vereinigen gesucht."

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Gott und mein Nächster gehören also zu meiner Selbsterkenntniß und Selbstliebe. Was für ein Geseß, was für ein entzückender Gesetzgeber, der uns befiehlt, ihn selbst mit ganzem Herzen zu lieben und unsern Nächsten als uns selbst! Dies ist die wahre und einzige Selbstliebe des Menschen, die höchste Weisheit der Selbsterkenntniß eines Christen, der nicht nur Gott als das höchste, wohlthätigste, einzig und allein gute und vollkommene Wesen liebt, sondern überdem weiß, daß dieser Gott selbst sein Nächster und seines Nebenmenschen Nächster im strengsten Verstande geworden ist; damit wir alle mögliche Ursache hätten, Gott und unsern Nächsten zu lieben."

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Diese ächte Selbst- und Nächstenliebe ist Hamann's Grundprincip der Moral. So wie alle unsere Erkenntnißkräfte die Selbsterkenntniß zum Gegenstande haben, so unsere Neigungen und Begierden die Selbstliebe. Das erste ist unsere Weisheit, das lettere unsere Tugend. So lange es dem Menschen nicht möglich ist, sich selbst zu kennen, so lange bleibt es eine Unmöglichkeit für ihn, sich selbst zu lieben. Die Wahrheit kann uns daher allein frei machen; dies ist die Lehre der himmlischen Weisheit, die deswegen in die Welt kam, uns Selbsterkenntniß und Selbstliebe zu lehren.“ „Diese ist der Grundtrieb aller unserer Wirksamkeit.“ „Selbsterkenntniß und Selbstliebe ist das wahre Maß unserer Menschenkenntniß und Menschenliebe." Sie war Hamann indeß himmelweit verschieden von der Eigenliebe, wie sie namentlich in Mendelssohn's Jerusalem gepredigt wurde, und wogegen Hamann ernstlich zu Felde zog. Das „metaphysische Gesetz königlicher Selbst- und Eigenliebe" wollte er nicht als zum Recht der Natur gehörend, angesehn haben. „Ausschließliche Selbstliebe und Neid sind das Erbe und Gewerbe eines jüdischen Naturalismus dem kö

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