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Auch mochte er manchmal Bücher deswegen flüchtiger durchgehn, weil er einen bestimmten Zweck, wozu sie ihm dienen sollten, dabei im Auge hatte. Da sein strebender Geist das ganze Gebiet der Literatur zu umfassen suchte, so verschmähte er es nicht, sich mit Schriften bekannt zu machen, die einer untergeordneten Sphäre angehören, namentlich Romanen und anderen belletristischen Erzeugnissen, wiewohl auch unter diesen sich Werke ächter Kunst finden. So desultorisch sein Verfahren auch mitunter schien, war dasselbe dennoch nach einem großartigen, nicht jedem sofort einleuchtenden Plan geordnet. Die aus dem verschiedenartigsten Material gewonnenen Resultate wurden ohne mühsame Meditation in das Fach seines Wissens eingereiht, dem sie angehörten. Hamann wußte es sehr wohl zu schätzen, wie viel wir für die Erweiterung unserer Erkenntniß oft dem Zufall, wenn man es so nennen kann, zum Dank verpflichtet sind." Le Hazard, ce Génie tutélaire, à qui nos Sages et leurs Antipodes doivent infinement plus qu'aux Dictionaires et aux Systèmes du jour, wie er an de Lattre schreibt.

„Leider! heißt es in den hierophantischen Briefen, scheint Zufall in das wirkliche Wachsthum menschlicher Einsichten weit mehr Einfluß zu haben, als die bestgesinnten oder überlegtesten Entwürfe." Einige Proben seiner Lecture mögen zur Erläuterung dienen:

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Statt des heiligen Cyrilli habe ich diese Woche nichts als Mémoires critiques et historiques über militairische Alterthümer in vier Theilen in groß Quarto gelesen, nicht ohne Erbauung troß meiner tiefen Unwissenheit der Sachen, weil ich in meinem ganzen Leben weder Neugierde noch Geduld gehabt, kaum eine Wachtparade, geschweige eine Revüe anzusehn.“

An Jacobi schreibt er: „Da ich zu Hause kam, brachte mir Buchhändler Wagner das ausführliche Lehrgebäude der Religion. Mit der ersten Zeile der Vorrede stößt mir ein Geruch

von Bahrdt in die Nase, an dem ich mich satt und überdrüssig gelesen habe. Diesen Morgen fahre ich im Bette damit fort. Ich lese noch aufmerksam, ungläubig und mit einem ganz besondern Gemisch des Wohlgefallens und Mißtrauens, und kann nicht eher als bei S. 212 mich mit Gewalt losreißen. Mit diesem Wunder der Conformität mit dem Irrlehrer Bahrdt stand ich auf."

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Möchte beinahe das Buch kaufen, wenigstens mit gutem Gewissen es empfehlen, weil mir der Mann mit Licht und Leben von der Liebe redet."

„Ich fiel wie ein hungriger Wolf auf dieses arabische Feenmährchen (den Thurm von Samarah) und hätte beinahe das Mittagseffen darüber vergessen. Ich glaubte, darin einen Pendant zur Geschichte des goldenen Hahns zu finden, überredete Franz, es zu behalten, las es zur Warnung des alten Magus in Norden und wurde überzeugt, daß sich alle Zeichendeuter menschlicher Gesichter und Handlungen, Anschläge und ihrer Beweggründe an dem tragischen Ausgange spiegeln

können."

„Ich wünschte sehr, daß ein guter, freigebiger Freund mir den goldenen Hahn und den Thurm von Samarah, in Einem Bändchen gebunden, schlecht und recht verehren möchte, zum Andenken der bunten Randglossen und gewisser besonderer Anfichten und Ahnungen, womit ich zur Schande eines ästhetis schen und metaphysischen Urtheils es verschlungen und geschmeckt habe."

Hamann macht kein Hehl daraus, daß er seine Unzufriedenheit mit der gelehrten Welt seiner Zeit und insonderheit mit einigen Gelehrten, welche ein handlungsvoller Schriftsteller summa papaverum capita nennt, in seinen fliegenden Blättern behaupten wolle. Dies giebt denselben mitunter einen etwas herben Anstrich, der indeß nicht ihm, sondern seinen Geg nern zur Last fällt.

Hören wir ihn, wie er sich darüber am Schlusse seiner „Wolken" rechtfertigt:

Das Salz der Gelehrsamkeit ist ein gut Ding; wo aber das Salz dumm wird, womit wird man mürgen? Momit fonft als mit δεr ΜΩΡΙΑ τοῦ κηρύγ patos mit thōrichter Predigt 1. Cor. 1, 21.

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a) Hamann's Fehler am Sprachorgan. Umfang des Begriffs „Sprache" nach Hamann. Rede und Schrift. Vernunft und Sprache identisch. Wandelbarkeit der Sprache. Ueberseßungen zu vergleichen, Hamann's Lieblingsbeschäftigung.

ist merkwürdig, daß der Mensch in hohem Grade mit einem Talent begabt sein kann, dessen Ausübung durch einen Fehler seiner körperlichen Organisation ganz oder theilweise vereitelt oder gehemmt wird, so daß die Natur gleichsam mit sich selbst in Widerspruch zu sein scheint. Die Erfahrung hat gelehrt, daß ausgezeichnete Musiker des Gehörs beraubt worden sind. Große Dichter haben den Verlust ihres Augenlichts zu beklagen gehabt. Waltet hierbei der Zufall, oder treibt die Natur ihr grausames Spiel mit dem armen Menschengeschlecht, dem sie mit einer Hand Gaben verleiht, die sie ihm mit der andern schadenfroh wieder entreißt? Gewiß nicht. Sollte die Vorsehung, ohne deren Willen kein Sperling vom Dache fällt, über die höchsten Gaben, welche die Natur verleihen kann, nicht ihre tiefen, unergründlichen Liebesabsichten haben bei dieser anscheinend widersinnigen Verfahrungsweise? Weder dem Reichbegabten noch dem

durch seine Vorzüge zu beglückenden Menschengeschlecht kann dadurch ein wahrer Nachtheil erwachsen; vielmehr wird ohne Zweifel wenn auch auf Umwegen, die wir nicht zu durchschauen vermögen, beiden dieses zum Besten dienen. Haben uns nicht Dichter und Musiker in diesem Zustande Meisterwerke geliefert, die Menschen entzücken werden, so lange noch die Erde ihren Lauf um die Sonne vollenden wird? Auch Hamann, der Philologe, der so tiefe Blicke in das dem Menschen vor dem Thiere ertheilte Adelsdiplom, in die Sprache, gethan hat, war durch die Natur an ihrem lebendigsten Organ gehindert. Aber auch hier lassen sich Ursachen ahnen, die diesen Mangel sowohl für uns als ihn zum Vortheil gewandt haben. Seine ganze Energie würde sich schwerlich so entschieden der Sprachforschung zugewandt haben, wenn der leichtere mündliche Gebrauch ihm ganz ungehindert von statten gegangen wäre.

Hamann nennt sich selbst vorzugsweise den Philologen, wohl nicht so sehr, weil er auf dem Titel einer seiner bedeutendsten Schriften als solcher hervortritt, als vielmehr, weil er hierin seinen Hauptberuf fand. Er verband übrigens mit diesem Worte einen sehr viel weitern Begriff, als man gewöhnlich damit zu verbinden pflegt,1) nicht nur, indem er das Wort Sprache in einem weit ausgedehnteren Verstande nimmt, sondern auch indem er das Wort Philologe nach seiner griechischen Bedeutung in einem dreifachen Sinne anwendet 1) im sprachlichen, wo λόγος λoyos Wort bedeutet, 2) im religiösen, wie es Joh. 1 gebraucht wird und 3) im philosophischen, wo es Vernunft heißt. Er spricht übrigens von seinen Sprachkenntnissen keineswegs in einem hohen Tone." Ungeachtet, schreibt er, ich von Jugend auf nicht habe Wörter behalten können, so habe ich mich doch ziemlich spät auf todte Sprachen gelegt." Im zweiten hellenistischen Briefe bemerkt er seinem gelehrten Correspondenten:

„Ich will sehr damit zufrieden sein, wenn ich nur mein

1) Vergl. Hamann's Leben und Schriften I. 361 ff.

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