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eigentliches Lebenselement. Alle seine Schriften, ihr Inhalt mag sein, welcher er will, find davon durchdrungen.

In späterer Zeit hat die sogenannte wissenschaftliche Kritik sich dieses Gegenstandes zu bemächtigen gesucht. Sie hat dabei einen eigenthümlichen Weg eingeschlagen. Um ein genaueres, tiefer eingehendes Ver= ständniß Hamann's scheint es ihr eben nicht zu thun gewesen zu sein. Sie glaubte vermuthlich, diese Schwierigkeit umgehen zu können, weil sie dadurch den großen Vortheil erlangte, einzelne aus dem Zusammenhang geriffene Stellen nach Willkür deuteln und drehen und dann ihre küh= nen Schlüsse daraus ziehen zu können. Hegel selbst, der große Meister dieser Methode, hat sich herabgelassen, in den Jahrbüchern für wissen= schaftliche Kritik Hamann's Schriften weitläufig zu besprechen und zu recenfiren.1) Da man jezt mehr darüber aus ist, die Schriften selbst näher kennen zu lernen, so dürfte diese Recension nur noch für die ex= clusivsten Anhänger des großen Philosophen einiges Interesse haben, wenn man sie nicht als Beitrag zur Charakteristik Hegel's, wozu sie allerdings, wenn auch nicht zur Vermehrung seines Ruhmes, dienen kann, betrachten will.

Da nun durch derartige Bestrebungen in die Beurtheilung Hamann's und seiner Schriften eine große Verwirrung der Begriffe sich allmählich eingeschlichen hat, und es nicht Jedermanns Ding ist, die Sophistereien, die verschiedentlich gegen ihn angewandt sind, zu durchschauen, die schiefen, hämischen, auf halbwahre Thatsachen gebauten Urtheile als solche zu erkennen, die vielen dabei vorkommenden innern Widersprüche sich klar zu machen, und die kecken, ganz unmotivirten Be= hauptungen und plumpen Ausfälle in ihrer nackten Gehaltlosigkeit zur Anschauung zu bringen; so ist es schon bei dem „Leben und Schriften Hamann's I. bis III. das Bestreben des Unterzeichneten gewesen, den Argumenten der höhern Kritik die Logik der Thatsachen gegenüber

1) Diese Recension findet sich daselbst Jahrgang 1828 Nr. 77–80 und Nr. 107-114 incl. auch in seinen Werken XVII. 38 ff. Hier ist indeß ein Abschnitt weggelassen, wodurch sich der Herausgeber um das Andenken Hegel's ein wesentliches Verdienst erworben hat.

zu stellen oder, wie Hamann sich ausdrückt, „ihre verhaßte Evidenz und erstickte Energie dem allgemeinen Wortstrom der Speculation ent= gegen zu seßen." Das ist auch zugleich ein Hauptzweck der vorliegenden Schrift.

Da diese als eine Fortsetzung der Biographie zu betrachten ist, bei deren Erscheinen hie und da über Abfassung solcher Darstellungen Ansichten eigenthümlicher Art zu Tage getreten sind; so dürften einige Be= merkungen über die von dem Biographen namentlich im Gegensatz zu dem Geschichtschreiber zu beobachtenden Grundsäße nicht ganz über= flüssig erscheinen. Es läßt sich freilich nicht läugnen, daß beide Arten der Darstellung sowohl in ihrer Ausführung als ihrem Zweck viel Ge= meinsames haben. Darüber ist indessen nicht der sie von einander unterscheidende Charakter zu übersehen. Es verhält sich damit ähnlich wie bei den redenden und bildenden Künsten. Auch bei ihnen walten ungeachtet großer geschwisterlicher Verwandtschaft große von dem Künstler, wenn er dem gerechten Tadel der Kenner entgehen will, nicht außer Acht zu las= sende Verschiedenheiten ob. Möchte doch auch ein Lessing die Grenzscheide zwischen Historie und Biographie festzustellen, mit eben dem Glücke versuchen, womit er in seinem Laocoon den Künsten ihren entsprechenden Wirkungskreis angewiesen hat.

Macaulay1) sagt: „Die Geschichtschreiber scheinen eine aristocratische Verachtung gegen Memoiren-Schreiber zu hegen. Sie glauben, daß es für Männer, welche die Revolutionen von Völkern schreiben, unter ihrer Würde ist, bei Einzelheiten zu verweilen, welche den Zauber der Biographie ausmachen. Sie haben sich einen Coder conventioneller Anstän= digkeit zurecht gemacht, der eben so albern ist wie der, welcher der Fluch des französischen Dramas war. Die charakteristischsten und interessantesten Umstände werden ausgelassen, weil, wie man sagt, sie zu gewöhnlich für die Erhabenheit der Geschichtschreibung sind. Die Erhabenheit der Geschichtschreibung scheint uns der Erhabenheit des armen König's von Spanien zu gleichen, welcher als Märtyrer der Ceremonie starb,

1) Der in Bezug genommene Aufsaß ist mir nur in der Ueberseßung zu Gesicht gekommen.

weil die bestimmten Würdenträger nicht da waren, ihm Beistand zu Leisten."1)

Wenn Macaulah hier die Thorheit gewisser Historiker verspottet, so ist auf der andern Seite auch nicht zu verkennen, daß sich manche Geschichtschreiber dadurch einen Mißgriff zu Schulden kommen lassen, daß bei ihnen das biographische Element zu sehr vorherrscht, und so der Leichtigkeit, den Gang der Begebenheiten im Großen und Ganzen aufzufassen, Eintrag geschieht. Es liegt ihnen mehr an der Unterhaltung als Belehrung des Lesers. Beide Klippen müssen also von dem Ge= schichtschreiber vermieden werden.

Es fragt sich nun, was ist die Hauptaufgabe des Biographen? und wir antworten getrost Individualisirung. Beschäftigt sich die Geschichte mit der Menschheit oder einem Theil derselben, so richtet die Biographie ihr Hauptaugenmerk auf die einzelne Persönlichkeit, mag dieselbe nun in das Allgemeine mitverflochten sein oder sich in voller Ab= geschiedenheit von demselben entwickelt haben. Daher gehört jede Einzel= heit, fie mag an und für sich noch so unbedeutend sein, wenn sie nur zu schärferer Charakteristik dient, in die Biographie; dagegen müssen alle noch so wichtigen Weltbegebenheiten, wenn sie auf das Individuum feinen Bezug haben, daraus entfernt bleiben. Auch nicht, um etwanige Lücken auszufüllen, sind sie herbeizuziehen, weil sie dem Charakterbilde schaden oder von der Hauptsache ablenken.

Humboldt rühmt in einem Briefe an Varnhagen: „Das Buch, welches Sie mir geliehen haben, ist ein köstliches Buch, wie alles köst= lich genannt werden muß, was die Individualität bezeichnet" und Goethe sagt: „Das Individuum geht verloren, das Andenken desselben ver= schwindet, und doch ist ihm und andern daran gelegen, daß es erhalten werde."

Jeder ist sich selbst nur ein Individuum und kann sich auch eigentlich nur für's Individuelle interessiren. Das Allgemeine findet sich

1) Man vergleiche hiemit Schopenhauer's Ansicht über Biographie und vornehmlich Autobiographie in Welt als Wille und Vorstellung I. 216."

von selbst, drängt sich auf, erhält sich, vermehrt sich. Wir benußen's, aber wir lieben es nicht."

Wir lieben nur das Individuelle, daher die große Freude an Vorträgen, Bekenntnissen, Memoiren, Briefen und Anecdoten abgeschic= dener, selbst unbedeutender Menschen."

Um aber das Individuum scharf in's Licht treten zu lassen, kann der Biograph des Details nicht entbehren. Daher gesteht Goethe, daß ihn an einer Biographie am meisten das Detail interessire. Die Ver= wendung desselben ist jedoch nach den verschiedenen Individuen eine durchaus verschiedene. Manche Physiognomie und manchen Charakter hat Mutter Natur mit so markirten Zügen gezeichnet, daß nur ein Pfuscher ihre Aehnlichkeit verfehlen kann. Andere Persönlichkeiten erschweren dage= gen dem Zeichner seine Aufgabe durch die Fülle, Feinheit und zarte Nuancirung charakteristischer Züge und das wunderbare Ineinanderfließen derselben. Der Biograph läuft in diesem leßten Fall Gefahr, von Lesern, denen es an Tact fehlt, und die für die Lösung einer solchen Aufgabe kein Verständniß haben, der Mikrologie beschuldigt zu werden. Um solche wenigstens vor einem übereilten Urtheile zu warnen, empfehlen wir ihnen folgende Worte Leffing's zur Beherzigung: „Mit seiner Erlaubniß ! „Man muß auch in der gelehrten Welt hübsch leben und leben lassen. Was uns nicht dient, dient einem andern. Was wir weder für wich,,tig, noch für anmuthig halten, hält ein anderer dafür. Vieles für klein ,,und unerheblich erklären, heißt öfter die Schwäche seines Gesichts be= „kennen als den Werth der Dinge schäßen. Ja, nicht selten geschieht es, ,,daß der Gelehrte, der unartig genug ist, einen andern einen Mikrologen zu nennen, selbst der erbärmlichste Mikrolog ist; aber freilich nur ,,in seinem Fache. Außer diesem ist ihm alles klein, nicht weil er es ,,wirklich als klein sieht, sondern weil er es gar nicht sieht, weil es „gänzlich außer dem Sehwinkel seiner Augen liegt. Seine Augen mögen „so scharf sein, als sie wollen: es fehlt ihnen zu guten Augen doch noch ,,eine große Eigenschaft. Sie stehen ihm eben so unbeweglich im Kopfe, „als dieser ihm unbeweglich auf dem Rumpfe steht. Daher kann er nichts „sehen, als wovor er gerade mit dem ganzen, vollen Körper gepflanzt ist.

„Von den flüchtigen Seitenblicken, welche zur Ucberschauung eines großen Ganzen so nothwendig sind, weiß er nichts. Es gehören Maschinen „dazu, den schwerfälligen Mann nach einer andern Gegend zu wenden, „und wenn man ihn nun endlich gewandt hat, so ist ihm die vorige schon wieder aus dem Gedächtniß."

Doch uns beschäftigt hier nicht so sehr Hamann's Persönlichkeit überhaupt als vielmehr seine Gedankenwelt, seine Autorschaft" im weitesten Sinne, das heißt nicht nur, so weit er sie für den Druck be= stimmt hat, sondern seine ganze geistige Hinterlassenschaft, fie möge nun in den Druckschriften, Briefen oder anderweiten Aufzeichnungen niedergelegt sein.

Hamann äußert einmal gegen Jacobi, als er von seinen Freunden aufgefordert wurde, seine zerstreuten Schriften zu sammeln: Ich ver= stehe mich selbst nicht und begreife nicht, wie es möglich ist, diese Mist= haufen Aber den Samen von allem, was ich im Sinne habe, finde ich allenthalben." Sollte es mir gelungen sein, diesen Samen aus der mitunter harten Schale hervorgehoben und an's Licht gestellt zu haben, so wird mir dafür hoffentlich der Dank aller Freunde Hamann's und seiner Schriften nicht entstehen. Es ist allerdings betrübt, daß er diesen edlen Samen auf den großen Misthaufen seiner Zeit ausstreuen mußte, und daß derselbe nur hie und da einen fruchtbaren Boden fand, wo er gedeihen konnte.

Man hat es bedauert, daß Hamann seine Ansichten nicht_im_shste= matischen Zusammenhange vorgetragen hat, und ihn sogar deswegen einen unsystematischen Kopf genannt. Es ist freilich nicht jedem gegeben, ihm in seinen kühnen Combinationen und dem Adlerfluge seiner Gedan= ken zu folgen. Er läßt uns oft die Dinge aus zu hoher Vogelperspec= tive erblicken, bei der dann der Weit- und Scharffehende den schönsten Ueberblick gewinnt, während der Mhops weder Wald noch Bäume sieht. Daß dieser nun den Fehler nicht in seinen eignen Augen sucht, daran ist leider die menschliche Schwachheit Schuld.

Es herrscht eine merkwürdige Consequenz in dem Gedankengange Hamann's von dem Anfange seiner Autorschaft bis zu dem Schluß der=

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