Faust, mit einem Bund Schlüssel und einer Lampe, vor einem elfernen Mich faßt ein långst entwohnter Schauer, Und ihr Verbrechen war ein guter Wahn! Du fürchtest sie wieder zu sehen! Fort! Dein Zagen zögert den Tod heran. Er ergreift das Schloß. Es singt inwendig, Meine Mutter, die Hur, Die mich umgebracht hat! Mein Vater, der Schelm, Mein Schwesterlein klein Hub auf die Bein, An einem kühlen Ort; Da ward ich ein schönes Waldvögelein ; Fliege fort, fllege fort! Faust aufschließend. Sie ahnet nicht, daß der Geliebte lauscht, Die Ketten klirren hört, das Stroh, das rauscht. Er tritt ein. Goethe's Werke. XII. Bd. 15 Margarete sich auf dem Lager verbergend. Weh! Weh! Sie kommen. Bittrer Tod! Faust lelse. Still! Still! ich komme dich zu befreien. Margarete sich vor ihn hinwätzend. Bist du ein Mensch, so fühle meine Noth. Faust. Du wirst die Wächter aus dem Schlafe schreien! Er faßt die Ketten, sie aufzuschließen. Margarete auf den Knieen. Wer hat dir Henker diese Macht Ueber mich gegeben! Du holst mich schon um Mitternacht. Erbarme dich und laß mich leben! It's morgen früh nicht zeitig genung? Sie steht auf. Bin ich doch noch so jung, so jung! Und soll schon sterben! Schön war ich auch, und das war mein Verderben. Nah' war der Freund, nun ist er weit; Zerrissen liegt der Kranz, die Blumen zerstreut. Faffe mich nicht so gewaltsam an! Schone mich! Was hab' ich dir gethan? Laß mich nicht vergebens flehen, Hab' ich dich doch mein Tage nicht gesehen! Faust. Werd' ich den Jammer überstehen! Margarete. Ich bin nun ganz in deiner Macht. Sie nahmen mir's um mich zu frånken Sie fingen Lieder auf mich! Es ist bös von den Leuten! Wer heißt sie's deuten? Faust wirft sich nieder. Ein Liebender liegt dir zu Füßen Die Jammerknechtschaft aufzuschließen. Margarete wirft sich zu ihm. O laß uns knien die Heil'gen anzurufen! Sieh! unter diesen Stufen, Unter der Schwelle Stedet die Hölle! Der Böse, Mit furchtbarem Grimme, Macht ein Getöse! Faust laut. Gretchen! Gretchen! Margarete aufmerksam. Das war des Freundes Stimme! Sie springt auf. Die Ketten fallen ab. Wo ist er? Ich hab' ihn rufen hören. An seinen Hals will ich fliegen, Er rief Gretchen! Er stand auf der Schwelle. Mitten durch's Heulen und Klappen der Hölle, Durch den grimmigen, teuflischen Hohn, Erkannt' ich den süßen, den liebenden Ton. Ich bin's! Faust. Margarete. Du bist's! O sag' es noch einmal! Ihn fassend. Er ist's! Er ist's! Wohin ist alle Qual? Du bist's! Kommst mich zu retten! Schon ist die Straße wieder da, Auf der ich dich zum erstenmale sah. und der heitere Garten, Wo ich und Marthe deiner warten. Faust fortstrebend. Komm mit! Komm mit! Margarete. weile! Weil' ich doch so gern wo du weilest. Wenn du nicht eilest, Werden wir's theuer büßen müssen. Margarete. Wie? du kannst nicht mehr küssen? Mein Freund, so kurz von mir entfernt, Und hast's Küssen verlernt? Warum wird mir an deinem Halse so bang? und du mich küßtest als wolltest du mich ersticken. Küsse mich! Sonst füss ich dich! Sie umfaßt ihn. O weh! deine Lippen sind kalt, Sind stumm. Wo ist dein Lieben Geblieben? Wer brachte mich drum? Sie wendet sich von ihm. Faust. Komm! Folge mir! Liebchen, fasse Muth! Margarete zu ihm gewendet. Ich bin's! Komm mit! Faust. Margarete. Du machst die Fesseln los, Nimmst wieder mich in deinen Schoos. Wie kommt es, daß du dich vor mir nicht scheust? Und weißt du denn, mein Freund, wen du befreist? |