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mächtigen Bäumen stehen bleiben, sein Gemüt beruhigen. Auch werden ihn auf diesem Gedankenwege nicht ein Wiesenfeld < oder zwei bis drei Wiesenfelder, mehr noch: »ein Königreich<, oder etwa noch zwei bis drei Königreiche« beruhigen; mancher vielleicht braucht dazu die vom Ozean umschlossene Erde«. Dann hat er dabei sich beruhigt, sann er dem Großartigen nach.

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Diese ersten Denkversuche seines indischen Volkes faßte Gotamo Buddho, ein jüngerer Zeitgenosse des Thales, in seiner Philosophie zusammen. Er gibt uns, was im Hinblick auf seinen griechischen Zeitgenossen interessant ist, eine recht stattliche Reihe möglicher Ausgangspunkte an. Wenn er auch meist auf rein ethische Erörterungen hinaus will, so benutzt er doch die Ergebnisse der alten Gedankenarbeit seiner Landsleute auf allen Gebieten des Denkens.

Erde, Wasser, Feuer, Luft, Natur Götter, Herr der Zeugung usf.! Ein umfangreiches Programm. Klingt es nicht wie eine Ouvertüre zur griechischen und zu jeder Philosophie überhaupt, wenn es heißt: die unbegrenzte Raumsphäre oder die Nicht-Daseinssphäre, das Erkannte, die Einheit, die Vielheit, das All? Wem fällt da nicht bei jedem Begriff der eine oder andere gleiche griechische ein, den sich dort ein Denker zum Ausgangspunkte wählte? Und jedenfalls erst wählte, als er andere Wege auch schon gegangen oder von Früheren betreten sah und womöglich dabei ihre Mängel entdeckte, - zuweilen Mängel einer ansehnlichen Philosophengruppe, einer Schule!

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So viele, so verschiedene Ausgangspunkte, herausgeboren aus dem einen Triebe, geistig Herr werden zu wollen der Fülle aller Erscheinungen! So viele Ausgangspunkte, und bei einem nach dem andern das Unzulängliche erkannt. Ein jeder für die nachfolgenden Denker zu einer Aufforderung werdend, den Vorgänger zu berichtigen, wenn nicht gar von vorne zu beginnen: das ist das Bild der Anfänge sowohl der griechischen als der indischen Philosophie. Die Verlegenheit besteht für den Ausgangspunkt der Darstellung in der breiten regellosen Schicht des zu verarbeitenden Materials; sie ist oft jahrhundertelang dieselbe, wenigstens kaum merklich geändert. Die Auffassungen über sie weichen denn auch bei den ersten Philosophen anfangs nur darin voneinander ab, wie man sich mit dem ordnenden Gedanken ihrem Durcheinander zweckmäßig nähern soll.

So werden wir eben diesen Philosophen auch nicht gerecht, wenn wir, um hier den ersten griechischen, den Milesier Thales, anzuführen, behaupten: eine genauere Kenntnis der Zusammensetzung des Wassers (H2O) hätte ihn vor der Annahme bewahrt, das > Wasser als Urstoff anzunehmen. Jedenfalls trachtete Thales bei seinem philosophischen Suchen nach einem alle Natur zusammenfassenden Prinzip gar nicht danach, von einem Stoffe auszugehen, für den ein Naturforscher die Bürgschaft übernommen hätte, er sei nicht zusammengesetzt. Sein Denken und bereits das vieler seiner Vorgänger brauchte einen Stoff, der alles in sich barg. Entdeckt war derselbe auch längst vor ihm! Wiederum versteht noch das Mittelalter unter dem elementaren Urstoff hauptsächlich eine Einheit, die möglichst viel zusammenfaßt. Der Hin

weis des Aristoteles auf den Samen ist auch nur eine herausgegriffene Möglichkeit unter vielen andern; ein Versuch, für die Annahme des Thales, Wasser sei der Urstoff, einen Grund zu finden. Daß jedoch frühere Philosophen mit einer Begriffsbenennung etwas ganz anderes meinten, daß der Sprachgebrauch zu Zeiten der Erklärer des Aristoteles und nachweislich auch schon zu seinen eigenen solche Benennungen für etwas anderes anwandte, haben Aristoteles und nach ihm andere unbeachtet gelassen. Es darf aber da am wenigsten unbeachtet bleiben, wo noch in einer Bezeichnung ein ganzes philosophisches Glaubensbekenntnis für die eingehaltene Richtung niedergelegt ist, z. B. eine siderische und nicht eine chemische Auffassungsweise vorherrscht, oder wo Begriffe wie Stoicheion und Gnomon noch viel mehr im ursprünglichen als im abstrakten Sinne Anwendung finden.

Daß unter den Ausgangspunkten, von denen aus die Welt begriffen werden soll, auch die unbegrenzte Raumsphäre zwischen > Wasser bei Thales und Luft bei Anaximenes als Versuch anzutreffen ist, bringt uns jenem naiven Bezirke um so näher, der sich unter > Wasser noch alles mögliche dachte.

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Zahlreich genug sind die Beispiele, daß einige wenige Stoffe die typischen Repräsentanten für alle andern werden und bleiben.

Ist darin unser gewöhnliches Denken etwa dem jener älteren griechischen Philosophen weit voraus? Jenen Naturphilosophen lagen die Elemente Wasser, Feuer so nahe, sie lebten auf so vertrautem Fuße mit ihnen wie wir mit den Erscheinungen der

Elektrizität. Wenn nun selbst im verflossenen Jahrhundert jede neue naturwissenschaftliche Entdeckung, noch halb Hypothese, noch unausgereift, doch sofort mit staunenswertem Eifer und übergroßer Geschwindigkeit (Zelle, elektrische Schwingungen, erdmagnetische Erscheinungen u. a. m.) als Ausgangspunkte für neue Welt- und Lebensauffassungen benutzt wurde, so zeigt dies überraschend genug die Größe der psychologischen Verwandtschaft zwischen dem Denken unserer Fortgeschrittensten und dem jener griechischen Naturphilosophen vor zweiundeinhalb Jahrtausenden.

Bei dieser noch heute währenden auffälligen Abhängigkeit philosophischen Fortschrittes von naturwissenschaftlichen Neuerrungenschaften müssen wir auch aufhören, uns darüber zu verwundern, daß das Mittelalter, welches mit seinen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen so gut wie gar nicht vom Flecke gekommen ist, in seiner Philosophie so sehr an der Elementenlehre haften blieb.

Die Zeitgeschicke haben aus den Systemen jener ältesten griechischen Philosophien Stücke herausgebrochen; ihre feinen Gewebe sind zerstört. Doch brauchen wir selbst da, wo die Fäden zerschnitten sind und wo eine Erklärung fehlt, warum dieser und jener Ausspruch getan, der so vereinzelt bei den Vorsokratikern zu finden ist, daß ihr geistiges Gebaren stellenweise einen so unmethodischen Eindruck hinterläßt, diese Verluste nicht allzu tragisch zu nehmen. Wir treffen wenigstens von ihren naturphilosophischen Prämissen eine Anzahl auch bei andern Völkern wieder. Das darf uns hin und wieder einigen Ersatz hoffen lassen, und zwar Ersatz auf dem gleichen Wege, auf dem uns manches bereits in einer geschichtlichen Zeit lebende Naturvolk zuweilen noch Einblicke in die Rätsel der Stein-, der Bronze-, der ersten Eisenzeit gewährt. Zur Vervollständigung unserer Kenntnisse dürfen wir die Methode nicht verschmähen, die gerade die exakten Wissenschaften, die Naturwissenschaften, mit so viel Nutzen bei ihren Erkenntnisfortschritten angewandt haben. Wir brauchen uns ja nicht zu Rekonstruktionen ganzer Systeme verleiten zu lassen. Wir benutzen jedoch die bezeichnete Methode zur richtigen Wertschätzung manches fertigen Systems. Insonderheit zur Wertschätzung solchen Systems, das in seiner Entstehungsgeschichte unerklärlich bliebe, solange wir nicht die Möglichkeiten in Erwägung ziehen können, daß sein Verfasser auf vor ihm gemachte

Voraussetzungen zurückgeht; auf Voraussetzungen, die für uns in der Form freilich, wie er sie kannte, verloren gegangen sind, die wir aber in andern gut erhaltenen und zudem auf der gleichen Gedankenstufe wie der Autor stehenden, uns bekannten Philosophien wiederfinden.

Ging z. B. die Weiterentwicklung bei den zum Vergleich herangezogenen Völkern von ganz denselben oder doch äußerst ähnlichen, die gleichen Naturvorgänge behandelnden Mythen aus, so zeigt sich erstens bei der Behandlung von Urstoffproblemen, zweitens in der Art und Weise des Beibehaltens und erst sehr allmählichen Verschwindens anthropomorphistischer Vorstellungen weitgehende Verwandtschaft. Wir stoßen hier also auf psychologisch erklärliche Entwicklungsgänge, die im großen und ganzen gleichartig auf verschiedenem Boden verlaufen.

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Wo diese sich nachweisen lassen, haben wir zwar keine Methode zur positiven Vervollständigung des lückenhaften Materials gewonnen, das die älteste griechische Philosophie aufweist, doch dürfen wir die erhaltenen Reste uns ähnlich entstanden denken wie gleiche Sätze in vollständigen oder vollständigeren Systemen, auch wenn diese von Weisen anderer Völker herstammen. wären träge, wollten wir nicht solche Reste, solche Inselgruppen einmal als Spitzen versunkener Gebirgszüge betrachten; sollten wir uns nicht ebenso einmal auch das Aussehen noch vorhandener Gebirgszüge so vorstellen, wie es sein würde, wenn die unteren Schichten von den Meeresfluten bedeckt wären? Wir wissen, weshalb wir solche Annahmen machen, und wir wissen, daß es Annahmen bleiben. Darum sind sie nichts weniger als gefahrdrohend für die Genauigkeit wissenschaftlicher Forschung.

Kapitel II.

Vom völkerspychologischen Gesichtspunkte aus lassen sich also noch in mancher Hinsicht die Darstellungen altgriechischer Philosophie ergänzen. Überall da, wo es gilt, Philosophen als Menschen ihrer Zeit und ihrer Umgebung zu begreifen. Das wird aber oftmals und nicht zum wenigsten bei der altgriechischen Philosophie - so wichtig, daß wir darum alles, was an kulturgeschichtlichem Material noch auf uns gekommen, unbedingt

nebeneinander halten müssen. An Stelle mancher bloßen Vermutung kann Gewißheit treten. In neuem Glanze sehen wir die alte Weisheit erstrahlen. In Fülle und Leben. Reich an Geist und offenen Sinnes für die Natur die Weisheitsverkünder. Voll reiner Freude an der Poesie. Von dem allem hebt sich als ein unverdorbener, edler Kern ein kräftiger Ansatz zu wahrer Wissenschaft ab, gänzlich verschieden von aller dürren Lehrhaftigkeit.

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Der gewöhnlichen Darstellung nach erscheint wohl diese erste milesische Philosophie gerade nicht sehr anziehend. Ein jeder ihrer Vertreter, heißt es, legte sich die Frage vor: Woraus ist die Welt entstanden?«, worauf denn Thales die Antwort gab: »Aus Wasser<; Anaximander: »Aus dem Unendlichen <, möglicherweise meinte er auch, der Urstoff sei unermeßlich, unerschöpflich«, und nach ihm Anaximenes, alles sei aus Luft entstanden«.

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Schon wenn man daneben die reichlicher fließenden Quellen beachtet, wie sie Diels in seinen » Fragmenten der Vorsokratiker<< so trefflich neu erschlossen hat, erkennt man, daß jene älteste Weisheit doch nicht gar so trocken gewesen. Es ist vielmehr allen Unbilden der Jahrtausende zum Trotz noch mancher schwer ins Gewicht fallende Satz auf uns gekommen. Wieviel auch abgebröckelt worden, etliche feste Säulen haben standgehalten. Sind oft auch gerade an solchen Stellen Stücke herausgebrochen, wo sich besondere Schönheiten vermuten ließen, so beklagen wir dies und fühlen denen nach, welche die Frage aufgeworfen: Gibt es da keine Hilfe mehr?

Wollen wir es einem Nietzsche verargen, wenn er sich hier an ein Rekonstruieren gemacht hat? Nein; doch mit einer Einschränkung. Wir begehren zu wissen, ob von ihm das tatsächlich vorhandene Material genügend ausgenutzt wurde, bevor seine Rekonstruktion begann. Die Forderung ist jedem Rekonstruktionsversuche gegenüber gerechtfertigt. Legen wir bei Nietzsche diesen Maßstab an, so finden wir, daß er von der mit dem Rekonstruieren naturgemäß gegebenen Freiheit einen zu weit gehenden Gebrauch gemacht hat. So benutzt er bei Thales die eine glaubwürdige Mitteilung, alles sei aus dem Wasser entstanden, als Anlaß, genügend zu einer Rekonstruktion, die sich um weitere Notizen, um das ganze thaletische Zeitalter nicht kümmert. Er

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