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b.

Aristoteles selber leitet seine Seelentheorie immer wieder auf die ersten Betätigungen dessen, was als Seele zu bezeichnen ist, zurück. So nähert er sie den Elementen, wenn er die Frage aufwirft 1): >Was ist denn dasjenige, wodurch die nach entgegengesetzten Richtungen strebenden Elemente Feuer und Erde zusammengehalten werden? Sie müssen ja auseinandergerissen werden, wenn nicht etwas daist, wodurch dies verhindert wird; ist aber so etwas da, so ist dies eben die Seele, d. h. die Ursache des Wachstums und der Ernährung.« »Das Wasser ist Nahrung für das Feuer.<<

Doch nicht allein auf diesem Wege kann man dem Aristoteles nachweisen, daß er seinen Seelenbegriff dort, wo er von den primitiven Seelenfähigkeiten spricht, noch nicht ganz von seinen Anschauungen über die Elemente meint trennen zu müssen, und daß er nur zeigen will, wie diese Seele aus solcher Umgebung, aus solchem Stadium heraus sich als das bewegende, formende Prinzip von Stufe zu Stufe weiter fortentwickeln muß und nicht auf der untersten Stufe schon für alle übrigen verallgemeinert werden darf.

Auch bei der Widerlegung der Hippon schen Ansicht von der Seele ist Aristoteles der Kulturhöhe, auf der ein Buddho2), ein Moses, auf der die alten Ionier standen, nahe geblieben. Er legt nämlich Hippons Ansicht in ähnlicher Weise aus wie die des Thales. Er meint: Der Grund für Hippons u. a. Ansicht, die Seele als Wasser zu bestimmen, scheine darin zu liegen, »daß sie auf den Samen bei der Zeugung reflektierten, welcher bei allem feucht ist; es liegt hierin auch ein Beweis gegen die Behauptung, daß die Seele Blut sei3), denn der Same ist nicht Blut; unter dem Samen verstehen jene die ursprüngliche Seele«.

1) De anima, Buch II, Kap. IV.

2) Hier ist der Gedankengang klar folgender: Ohne Nahrung verschwindet das Leben. Durch Aufnahme der ursprünglichsten, einfachsten Nahrung dagegen bleibt die Seele; z. B., wenn man jemandem auch nur das belebende Element des Wassers auf irgendeine Weise zuführt. Buddhos Reden I, S. 389 heißt es: >Wenn du dich, Würdiger, gänzlich der Nahrung enthalten willst, so werden wir dir himmlischen Tau durch die Poren einflößen«.

3) Die Moses-Auffassung: »Blut«flüssigkeit >Lebens saft.

=

[Ein Mittelglied für diese ganze Gedankenfolge bildet: Buddho I, 420: Blut sagt man

für Muttermilch«.]

Die Seele dem Blute gleichzusetzen, die Seele im Blute zu sehen, vermag Aristoteles nicht. Dennoch trägt er, wenn man sich so ausdrücken will, das ganze Material zusammen, um zu diesem Schlusse zu gelangen. Das wäre jedoch derselbe Schluß, auf den die vergleichende Methode (ägyptischer Osiris, phönizischer Adonis 1), Moses, Buddho) hinweist: Wasser gleich Blut; Blut gleich Seele!

nun

Daß der Begriff Seele, definiert als Ursache der Ernährung, nach Aristoteles auf das Wasser angewandt werden darf, also Wasser als Seele gedacht werden kann, wenn auch nur im Rahmen dieser Definition, ist schon gesagt worden. Doch wenn Hippo den Samen die ursprüngliche Seele nennt, so heißt dies > ursprünglich doch auch nichts anderes als, was Aristoteles von dem Samen als ursprüngliche Anlage sagt. Dieser Same jedoch muß, soll er normal funktionieren, als Anlage feucht sein; feucht, solange er sich in naturgemäßen Verhältnissen befindet (Naturgeschichte der Tiere I, 1). Quell dieser Feuchtigkeit ist das Wasser. Frucht aber entsteht, Weiterentwicklung findet statt, wenn aus der flüssigen Anlage das Feste niederschlägt, jedoch ohne daß nun das Feste ganz ohne Flüssiges besteht. Dieser Schritt weiter, Niederschlag vom Schlammartigen zum Festeren, ist der gleiche beim Samen mit seinen Fasern wie beim Blut. Der Same besteht aus Erde und Wasser. Das Blut ebenfalls 2). Wasser jedoch ist, schlammartig gedacht, das Ursprüngliche. Hier also weicht Aristoteles von Hippon ab und bahnt seine Loslösung von Thales an; jede einzelne seiner Behauptungen wird, für sich genommen, eine Gegenbehauptung gegen jene Älteren. Als Ganzes ist jedoch selbst bei Aristoteles noch dieser sagen wir »Völkergedanke« vom Ursprunge aus dem Feuchtwarmen nachweisbar. Dieser Völkergedanke, der eine so wichtige Rolle spielt, und an dem die Griechen lange mit unermüdlichem Fleiße gearbeitet haben, er begegnet uns in der beispielsweise erwähnten Philosophie des Empedokles wieder. Dort auf einer eigenartigen Stufe angelangt. Denn von ihm wird die elementar gedachte Blutentstehung mit der menschlichen Denkkraft so in Verbindung gebracht: Aus den Elementen ist alles zusammengefügt

1) Siehe S. 157.

2) Aristoteles, Teile der Tiere. III. Buch, Kap. 5.

und angepaßt und mit ihnen denken, freuen und ärgern sie sich. >Nachdem aber die Erde in den vollkommenen Hafen der Aphrodite vor Anker gegangen, begegnete sie diesen ziemlich im gleichen Verhältnis (dem Hephaistos, dem Wasser und der hellleuchtenden Luft), mag sie nun ein wenig stärker oder der Mehrzahl gegenüber schwächer gewesen sein. Daraus entstand das Blut und die sonstigen Arten von Fleisch. In den Fluten des Blutes, das ihm entgegenspringt, nährt sich das Herz, wo ja gerade das Vorzügliche sitzt, was bei den Menschen Denkkraft heißt. Denn das um das Herz wallende Blut ist den Menschen die Denk kraft.

Das wird uns nun weiterhin nicht verwunderlich erscheinen, wenn wir sehen, wie der ursprüngliche Völkerglauben sich zurechtlegt, daß Leben und Denkkraft in den Urstoff gekommen und wie, rein anthropomorphistisch vorgestellt, ein vernunftbegabtes Wesen ins Wasser stürzen muß, um diesem von seiner Lebenskraft mitzuteilen! Ein unzählig oft berichtetes Vorkommnis, das wir S. 193 f. betrachten werden. Auch diese Vorstellung geht wieder auf sichtbares Anschauungsmaterial zurück. »Der die befruchtete Natur zu neuem Leben erweckende Frühlingssonnengott Tammuz oder Adonis färbt sterbend die Fluten des nach ihm benannten Wassers mit seinem Blute.

nämlich

Der eine Stunde südlich von Gebal aus einer tiefen romantischen Gebirgsschlucht strömende Fluß > färbt sich >im Frühjahr bei der Schneeschmelze<< > durch den eisenhaltigen Boden seines Geländes rot< 1).

C.

Leben und Verstand aber aufs engste mit dem Stoffe verbunden, ja geradezu von ihm abhängig zu denken, ist eine dem Griechen ganz geläufige Vorstellung. >Nach dem jeweiligen körperlichen Verhältnis wächst den Menschen der Verstand 2); wie sich die Sonne nach Heraklit von Dünsten nährt, wie die menschliche Seele nach Diogenes von Apollonia durch Einatmen der Luft wächst und die Menschen nach Demokrit täglich frische Gedanken haben, so ist nach Aristoteles das Feuchtwarme das

1) Landau, Die Phönizier. Leipzig 1903. S. 11.

2) Empedokles, πρὸς παρεὸν γὰρ μἥτις ἀέξεται ἀνθρώποισιν.

Archiv für Psychologie. V.

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Lebensprinzip. Dieses bleibt in durchgängiger Übereinstimmung mit den erwähnten und mit andern griechischen Denkern, ob nun vom Entstehen oder Vergehen höchst entwickelter Tiere die Rede ist oder vom Tode des Menschen gesprochen wird, — auch bei ihm stets in in engster Berührung mit den Elementen. Wird die Lunge erdig, heißt es im XVII. Kapitel seiner Schrift über das Atmen, so hört das Prinzip des Lebens auf. Das Prinzip des Lebens ist nun in nichts anderem zu sehen, als darin, daß die Seele sich selber zu ernähren sucht. Sie kann das - wie alles Feuchte, Wasser, Same, Blut, nur durch Teilnahme am Warmen.

Wirft damit nun der streng logisch denkende Naturforscher Physisches und Psychisches bunt durcheinander? Nein. Ihm bedeutet eben beim Tiere wie beim Menschen die aus den Elementen zusammengesetzte Nahrung etwas ganz Besonderes. Sie ermöglicht mehr und bringt mehr zuwege; nicht nur, daß sich das bestehende Geschöpf selbst erhält, so wie es schon vorhanden ist 1). Die Nahrung bringt die Wirksamkeit hervor2); sie ist das, was die Zeugung, was den neuen beseelten Körper möglich macht. Diese Nahrungsaufnahme vollzieht sich jedoch nicht allein mit dem Magen, sondern auch da, wo die Sinne Wahrnehmungsstoff gebrauchen, den ihnen wiederum Feuer, Erde und die übrigen Elemente, von welchen es eine Wahrnehmung gibt, zutragen, so daß sie entweder hinsichtlich ihrer selbst oder hinsichtlich ihrer Attribute in den Sinnen enthalten sind 3).

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> Denn mit unserem Erdstoffe erblicken wir die Erde, mit unserem Wasser das Wasser, mit unserer Luft die göttliche Luft, mit unserm Feuer endlich das göttliche Feuer«, sagt wieder schon sein Vorläufer Empedokles, für den von allem, was da entstanden, Abflüsse vorhanden sind. So ist auch Demokrit zu verstehen, der vermutet, daß die Ähnlichkeit der Dinge eine gewisse Vereinigungskraft besäße, und sich wünscht, glückbedeutender Bilder teilhaftig zu werden 4).

Aristoteles kämpft also keineswegs getrennt von den Vorstellungen dieser Früheren, sondern vielleicht ihnen noch

1) Aristoteles, De anima. II, Kap. 4.

2) Ebenda. Schluß von Kap. 4.

3) Ebenda. II, Kap. 5.

4) εὐλόγχων τυχεῖν εἰδώλων.

mehr verwandt, als er wahrhaben will sozusagen für die ganze Wissenschaft den Kampf durch zwischen dem durch die Natur des Denkens uns aufgezwungenen Prinzip der Vereinheitlichung und der Notwendigkeit, gerade vom naturwissenschaftlichen Gesichtspunkte aus allen Einzeltatsachen gerecht zu werden. Nur greift er nicht weit genug geschichtlich zurück. So mußte er denn auch verkennen, daß Platos Ideenlehre dasselbe wollte und im letzten Grunde auf den naturwissenschaftlichen Beobachtungen seiner Vorläufer beruhte, und so hat Aristoteles auch die Entwicklung der Theorie vom beseelten Urstoff nicht weit genug zurückverfolgt. Die obigen Beispiele zeigen hinreichend, wie die ihm noch geläufige Gedankenverbindung vom Entstehen und Ernähren sich nicht aus chemischen, sondern aus > geschauten<< siderischen Vermischungen ergab, d. h. wie das Entstehen und Vergehen mit dem Auf- und Niedergang der Gestirne bei den Ältesten zusammenzubringen ist.

Das Auf und Nieder, Geburt und Tod, erfolgt nach der Zeitordnung 1), sagt Anaximander. Chronos verschlingt seine Kinder.

>Woraus ihnen die Geburt, dahin geht nach Schicksalsfügungen auch ihr Sterben<; chronologisch, wie Winter aus Sommer wird, und der Sommer abstirbt, eingehend in die Winterszeit. Auch dieser ältesten philosophischen Ausdrucksweise ist Aristoteles nicht gebührend nachgegangen. Es sei denn mit folgender Ausnahme: Sein Seelenbegriff wird zum Begriffsschema, zu einem ganzen System, das sich auf höheren Stufen immer feiner realisiert findet. Sein Seelenbegriff ist die große Vereinigung der Gegensätze, ist das, ohne welches alles auseinanderfiele. Heraklitisches Feuer. Platonische Idee! Auf der untersten Stufe aber, da, wo bei Aristoteles diese Seele die Elemente zusammenknüpft, ist sie selber noch elementartig. Da ist auch bei ihm noch die Brücke geschlagen von der ethischen Region, in der die Seele auf ihrer höchsten Stufe steht, bis zum Urelement, wo aus dem Schlamme sich Wasser und Erde absondern. Da schämt sich Aristoteles nicht, den Thales als seinen Kollegen anzuerkennen, ob auch Jahrhunderte zwischen ihnen liegen, ob auch für Aristoteles der Grund verloren gegangen, der für einen Thales im Wasser Seele sein ließ. Für diesen Kampf nun, der sich bei Aristoteles nicht

1) κατὰ τὴν τοῦ χρόνου τάξιν.

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