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der Tiefe toben, es zuletzt gelingen wird, die Unholde zu überwältigen, so daß ein kristallener Himmel sich über die Menschen wölbt, die dann wohl säen und ernten, aber keinen Fluch säen und Böses ernten, sondern mit ihrer Hände Arbeit, den Taten des Geistes Quellen aufsprudeln lassen, deren Wasser Erlösung bringende Fluren letzen.

Wir haben bis jetzt vor allem die zarten, weiblichen Kräfte der Seele Zarathushtras enthüllt, ohne doch das Ganze seiner Persönlichkeit aus dem Auge zu verlieren. Aber unerläßlich ist es, soll sein Wesen nicht überfärbt werden, nun auch die andere Seite desselben klar herauszuheben: den starken, der Hölle trotzenden Machtwillen.

Dieser Machtwille läßt sich nicht scharf absondern vom Erlösungsstreben, aber zuweilen tritt er doch mit solcher Stärke hervor, daß Zarathushtra vor uns aufragt als eine erzene, kampfgestählte Gestalt, die im Kampfe all das Wehleidige und Zarte, das ihr anhaftet, abschüttelt und als ein heldenhafter, aller Gefahr trotzender Streiter dem göttlichen Herrn dient.

In verschiedenen Ausprägungen durchhallt der Machtwille das Werk des Propheten. Als ein scharfsichtiger Geist hat er tiefstes Verständnis für die bewegenden Kräfte der Welt, und wenn er das Weltgeschehen, namentlich auch das Völkergeschehen deutet als einen Kampf des Lichtes mit den Dämonen der Hölle: ist dieser Geist der Finsternis nicht der verkörperte Machtwille, der Machtwille im Sinne des Bösen, der im gesellschaftlichen Leben schrecklichen Ausdruck gewinnt in den Freveltaten der Herrschenden, im Lügengeist, in der Verleumdung? Und wenn es ihm gelingt, in einer großartigen philosophischen Auffassung dem Dasein einen Sinn abzuringen, indem er zwei Grundmächte, das Licht und die Finsternis als Urmächte herausstellt: schwingt er sich damit nicht auf eine Höhe der Betrachtung, von der aus er als ein Herrscher, als ein Eroberer die Reiche der Wirklichkeit unter sich liegen sieht, durchleuchtet von der Kraft seines kühnen Geistes?

Aber nicht begnügt er sich mit dieser Schau. Hinein wagt er sich in den Kampf, der seit Urbeginn der Welt entbrannt, voll Begierde, ein Streiter zu sein auf Seiten jener Macht, von der er glaubt, daß ihr zuletzt der Sieg zufallen werde: der Macht, die der Gottheit bald sanfter, bald brausender Odem durchdringt. Und so kann denn der sonst so zarte, inbrünstig nach Stille, Klarheit und Frieden lechzende Zarathushtra aufwallen im Groll gegen die, die mit ihren Schandtaten die Luft der Erde

verpesten und den Durchbruch des erlösenden Lichtes verhindern. Auch ihn durchstürmt ein Machtwille wie jene, die dem Geiste des Bösen verfallen, aber dieser Machtwille steht im Dienste des Guten, er ist geschwellt vom Odem seines Gottes und möchte dahinbrausen wie ein reinigender Sturm. Der Heldengeist eines Propheten lebt in Zarathushtra, der mit Aufbietung aller Kraft in die Teufelswelt hineinstürmt, um ihre Götzen zu zertrümmern, mit eherner Entschlossenheit, mag er auch zugrundegehen, den übermütigen Prassern und Ausbeutern seine lodernde Wahrheit entgegenschleudert. Als einen Schandgesellen entlarvt er den König seiner Zeit, der sich mit Unrecht mästet und die, welche dem Guten zustreben, aus seiner Wollust heraus schmäht: einen Mörder nennt er ihn des wahrhaften, gütigen Lebens. Pfaffen und Adel bekommen die Schärfe seiner Waffen zu spüren, und eine dionysische Lust durchwallt ihn, gedenkt er der erhabenen Aufgabe, die ihm zuteil geworden: nämlich die Bösen herauszureißen aus dem Abgrund und hinzutragen zum Lichte, auf daß sie unter dessen Anhauch gesunden und ein neues Leben gewinnen.

,,Gott! Mit den Flügeln meines Gebetes

Will ich fernhalten,

Was dir fremd ist

Und gegen dich will.

Von den Mächtigen den Hochmut,

Von den Armen Verzagtheit,

Von meiner Flur

Alles Böse."

Bilder von Schlachtenkampf und Schlachtensieg glänzen vor ihm auf, als Streiter mit wallendem Helmbusch fühlt er sich, in dessen Brust ein Feuer loht, das herausbrechen möchte, um die Feinde zu fressen.

,,Ein Sturm in die Welt

Auf jagenden Rossen,

Von Eifer durchglüht

Und getragen von Kraft,

So brausen heran wir.

Wollt ihr mit, seid bereit!"

Dieser Herrschaftswille nun, der Zarathushtras Seele schwellt, soll die schöpferischen Mächte entbinden, die im Laufe der Zeiten den Weg bahnen hinein in die Gefilde der Harmonie: des messianischen Reiches. Der Macht des Bösen wirft sich entgegen die Macht des Guten, und erst wenn im harten Kampfe des Einzelnen mit den unholden Geistern seiner

eigenen Brust und dann auch der übrigen Menschen das Böse niedergerungen ist, wird die Erlösung winken.

RÜCKBLICK

W

ER Goethes Faust und zugleich das Werk Zarathushtras kennt, der wird wohl zugeben können, daß es uns gelungen ist, mit den Mitteln, die uns unsere Methode in die Hand gibt, die Wesenszüge der beiden Schöpfungen klar herauszuheben: als Offenbarung des Urphänomens, aus dessen Grunde alle seelischen Erscheinungen herauswallen. Jedesmal wirkt sich das hier in Sprachwerke eingegossene Leben aus im Sinne einer Systole und Diastole, und in verschiedenen Formen kommt dieser Rhythmus zur Geltung. In das Chaos des Lebens dringt der Machtwille ein, um es zu überwältigen: in beiden Fällen sehen wir gewaltige männliche Energien sich entfalten, aber auch das Weibliche der Seele, das bald als Diastole gegenüber der Systole des Machtwillens, bald innig mit diesem verbunden, bald in der Form der Flucht aus der Wirrung des Lebens sich entfaltet, indem der Gepeinigte hinstrebt zu einer Stätte des Friedens: auch dieses Weibliche dringt in heißen und zarten Sehnsuchtslauten, in innigen, bald aufjubelnden, bald leise den Schauern der Anbetung sich entringenden Weisen an unser Ohr.

Und gehen wir mehr ins Einzelne, so ergibt sich mit aller Deutlichkeit, wie machtvoll das Urphänomen in Goethes Faust und im Werke Zarathushtras sich Ausdruck verschafft. Schwere Seelennöte sind den beiden Dichtungen eingezeichnet: in Fausts Seele brennt der Schmerz, daß es, auch mit Aufbietung aller Kraft, nicht gelingen will, in das Geheimnis des Weltgeschehens einzudringen; Zarathushtra erlebt Zeiten, wo die Welt ihm als ein unheimliches Rätsel erscheint, als ein sinnloses Getriebe, so daß er, der nach Klarheit, nach einem befreienden Wissen Strebende niedergedrückt wird von der Qual schwerer Anfechtungen. Und der Held der Goetheschen Tragödie wie der Iranier verbannen sich gleichsam selbst aus der Gemeinschaft der Menschen. Als hochstrebende Geister geraten sie in die Öde der Einsamkeit, umflattert von den Gespenstern ihrer Seelenpein. Klage stößt Zarathushtra aus, daß kein Vater- und Mutterland ihn schützend umfange, während Faust, von der Verzweiflung angetrieben, selbst den Giftbecher an den Mund setzt. Und auch das soziale Chaos, die wirbelnde Unordnung im Getriebe der Menschen, haucht sie wie erstickender Geruch an. Nach einer durch grausige

Schluchten führenden Irrfahrt entfacht es den Gestaltungswillen des Deutschen, während Zarathushtra von vornherein seinem schmerzenden Druck ausgesetzt ist.

Das Leben aber auch als kosmisches Geschehen wird jedesmal erfaßt in einem wogenden Gemälde gleichsam, in welchem das Licht und die Finsternis miteinander im Streite liegen, und die ewige Lebensmacht, der Mutterschoß alles Hohen, wird von Zarathushtra wie von Goethe Faust gedacht als die formende Kraft, die das Chaos benötigt, um ihre Meisterschaft zu erproben. Und im Menschen, dem Ringenden, tritt dieser Zwiespalt erschreckend zum Vorschein, und zwar als schweres Leid, wenn die Finsternis über ihn hereinbricht, ein Wolkengewölbe die Sterne verdeckt.

Nun sehe man, wie der Machtwille dem verworrenen Leben die Stirne bietet, auf daß ein Glanz von Klarheit über es dahinflute: die den Menschen verherrlichende Form es bändige. Faust, der Philosoph, vertieft sich in alle Wissenschaften, um den Schlüssel zu finden, der das geheimnisvolle Tor, das ihm den Weg zu den Urkräften des Daseins versperrt, öffne, und zuletzt, als sich erfolglos erwies sein Mühen, ergibt er sich der Magie, im Wahn, daß sie ihm die Kraft verleihe, die schaurige Öde der Verworrenheit mit Siegerschritten zu durchmessen. Zarathushtra baut eine von quellenden Kräften belebte Mythologie auf, nach der sich ihm das Weltgeschehen darbietet als das Ringen zweier Urmächte, eine Mythologie, die seinem Herrscherwillen die Weihe verleiht, indem er sich siegesbewußt einreiht in die Heerscharen des Lichtes, die im Glanze stehen der Gottheit.

In der leidenschaftlichen Liebe zum Leben, die jedem der Helden eigen ist, begegnet uns eine weitere Auswirkung des Machtwillens: die Sonne und die prangende Erde jubeln in beiden Dichtungen aus der Seele von Menschen heraus, die sich hingezogen fühlen zum Leben, zum Leben der Natur sowohl wie der Menschen, um hier ihrer Herrscherwürde froh zu werden. Und wie wird im Schlusse des zweiten Teiles des Faust die königliche Tat gepriesen, der es gelingt, die Dämonen der Unordnung, die das gesellschaftliche Leben aufwühlen und Not verbreiten, zu bezwingen! Ist aber Zarathushtras Werk nicht ein Hochgesang auf den starken, willensmächtigen Menschen, der dem gesellschaftlichen Chaos entgegenstürmt mit dem ehernen Sinn des Helden, der nicht rastet und ruht, bis die Fluren aufjubeln im Vollendungsglück? Und wenn Zara

8 Muckle, Jüdische Kultur

thushtra, prophetischen Eifers voll, eindringt auf die mit Blindheit geschlagenen Menschen, um ihnen die Binde abzureißen und die Hoheit eines heroischen Lebens, die göttliche Pracht der guten Tat anzupreisen: etwas wie prophetische Weihe umwallt auch Faust, den Eroberer, der nicht allein die Elemente der Zerstörung zurückdrängen will, um fruchtbares, segenbringendes Land zu gewinnen, sondern auch durch seine mit Mühen und Not erkämpfte Tat ein Panier aufpflanzen und werben will, daß sie Nacheiferung finde.

Nun beachte man weiterhin, wie sich der beiden Gestalten das Erlösungsstreben bemächtigt. Die Unruhe eines von den Gewalten der Finsternis bedrängten Lebens wogt in ihnen, und so streben sie hin zu einer Atmosphäre, wo die erschütternden Willensgewalten verstummen und Harmonie sie umwallt. Faust findet zeitweilig Erlösung von seiner Erdenpein in der Natur, wo ihn die Stimmen des Ewigen umschweben. Zarathushtra fällt vor den Wundern der Natur staunend nieder, anbetend die Gottheit, die gütige Lebensmacht, die paradiesische Herrlichkeit vor ihm ausbreitet. Und wenn der Iranier inmitten des Chaos seiner Zeit Freiheitsgesänge anstimmt, wenn er, auf hoher Warte stehend, triumphierend hineinweist in die Heilszeit, die keine Vergewaltigung der Schwachen, kein Unrecht, keine Lüge und Verleumdung kennt, sondern ein Geschlecht umschließt, das in Taten der Liebe mit der Glorie des Glückes sich schmückt: gilt das Erobererwerk Faustens nicht ebenfalls einem Geschlecht, das seinen Frieden findet im „Gemeindrang"? Und wenn Goethe das Unsterbliche seines Helden in himmlische, harmoniedurchleuchtete Gefilde aufschweben läßt, wo alles Kämpfen einen Abschluß findet: ist diese Form der Erlösungssehnsucht nicht auch Zarathushtra eigen, ihm, der hienieden schon in Zeiten der Entrücktheit, vom Hauch der Stille getragen, in den göttlichen Wesensgrund versinkt, von der Seligkeit der Vollendung erfüllt? Kennt nicht auch Zarathushtra ein Leben über den Sternen, dem der Stachel der Erdenunrast genommen, ein Leben also, das dahinwallt im ewigen Wohllaut der Harmonie? Doch ist mit dieser zusammenschauenden Deutung unsere Aufgabe mitnichten erschöpft. Wir haben lediglich übereinstimmende Züge herausgehoben, um die Entfaltung des Urphänomens deutlich zur Anschauung zu bringen. Aber Aufgabe der Geschichtsschreibung, wie wir sie auffassen, ist es, nicht allein die in allen Erscheinungen waltenden gleichen Grundkräfte freizulegen, sondern auch die Besonderheit ihrer Entfaltung

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