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seelischen Lebensquellen völlig versiegen, aber die keine durch seelische Ursprünglichkeit sich auszeichnende Werke mehr zu schaffen vermag. Freilich gilt dies nicht für Juda. Als eine fern gelegene babylonische Provinz hinkt es gewiß der Kultur des großen Reiches nach, um aber dann, als hier schon die langen Schatten des Abends sich ausbreiteten, in großen kulturellen Siegesstaaten sich unvergänglichen Ruhm zu erwerben. In durchaus selbständiger Weise verarbeitet Juda das babylonische Kulturgut, ja, es gelingt diesem Volk dort, wo die babylonische Mutterkultur aufgehört, machtvoll vorwärts drängend und mit lodernder Kraft deren Werk fortführend, der Entwicklung neue Glieder anzufügen. Wir haben das Gefühl, daß die babylonische Entwicklung in ihren höchsten Leistungen jenem Zustand entspricht, wo die „Neuzeit“ sich aus dem „Mittelalter" herausringt, während die jüdische sich vor uns ausbreitet im hellen Lichte einer auch durch selbstherrliche Persönlichkeiten gekennzeichneten Kultur. Der in Babylon erreichte Entwicklungsgrad entspricht, um einen Vergleich zu wagen, der Zeit, die auf jüdischem Kulturgebiet voranging dem Auftreten der großen Propheten, während die Zeit der Propheten gleichzusetzen wäre etwa der Reformation, indem sie, anknüpfend an überliefertes Kulturgut, den Bann des Mittelalters sprengt, in Strömen neuer seelischer Energien die Fesseln der Tradition zerbricht.

Schon in sumerischer Zeit ist, wie die erhaltenen Dokumente zeigen, der Geist der Heldenzeit überwunden. Die Götter haben die Rüstung des Kriegsfürsten abgelegt, und wenn die Semiten in das sumerische Kulturgebiet einbrachen als rauhe Kriegerscharen, deren Gott die rohe Kraft war, so haben sie sich rasch in den Geist des unterjochten Volkes eingelebt, mehrend das vorhandene kulturelle Erbe, wovon erhabene Geistesdenkmale uns heute noch Kunde geben.

Die Zeit Chammurabis bedeutet wohl den Gipfel der kulturellen Entwicklung Babylons, und die hier sich offenbarende Kultur liegt völlig außerhalb des Bereiches der Heldenzeit, wo eine von kriegerischen Leidenschaften erfüllte Aristokratie den Ton angibt. Bürgerlicher Geist, möchte man fast sagen, herrscht nun vor und bestimmt die Farbe der kulturellen Leistungen; freilich bildet den Träger der Entwicklung ein Bürgertum mehr von der Art der bürgerlichen Schicht unseres ausgehenden Mittelalters als ein solches kapitalistischer Prägung: um eine priesterlich-bürgerliche Aristokratie handelt es sich, die noch ganz jen10 Muckle, Jüdische Kultur

seits der die Seele versengenden rationalistischen Luft einer späteren Zeit lebt und noch von urwüchsigen seelischen Kräften geschwellt ist. In seiner Weltanschauung hat das babylonische Volk seinem Herrscherwillen einen wahrhaft kühnen Ausdruck verliehen. Wie in Indien handelt es sich auch hier darum, das Chaos des Weltgeschehens zu überwinden, um zu einer Harmonie zu gelangen, die den von der Unruhe und Wirrnis gepeinigten Menschengeist besänftigt. Aber wie verschieden sind die Wege, die zum Ziele führen! Der Inder flüchtet sich, vom Getöse der Welt erschreckt, in sein Inneres, wo Raum und Zeit versinken und die Erscheinungen einmünden in die beseligende Stille des Ureinen; der Babylonier dagegen, der härter ist, nimmt den Kampf mit dem Chaos auf, um ihm den Siegel seines Willens aufzudrücken. So führt seine Bahn hinein in die Weiten der Außenwelt; etwas Imperatorisches ist dem Babylonier eigen. Mag auch der Inder dort, wo die Seele die Kraft aufbringt, die Welt als gotterfüllten Kosmos zu begreifen, sich als Herrscher über ein gewaltiges Reich erachten, das die Kraft seines vom Gefühl beschwingten Denkens zur Harmonie verklärt: das Lebens- und Herrschaftsgefühl des Babyloniers ist viel aktiver: ihm ist ein leidenschaftlich der verworrenen Welt zudrängender Wille eingesenkt, dessen Lebenselement gerade jenes Gebiet des Werdens mit seinen Gegensätzen bildet, aus dem der Inder sich herauslöst, um zum Tor des ewigen Friedens zu gelangen.

Den Kern der babylonischen Weltanschauung stellt das System der Entsprechungen dar, das besagt, daß die Erde sowohl wie der Himmel kosmisch geordnet sind, und daß jedes irdische Geschehen ein Abbild in einem himmlischen Geschehen besitzt. Auch der Mensch wird als Mikrokosmos, als Abbild der Gottheit, betrachtet.

Damit wird nun das Weltgeschehen verklärt, in dem der Buddhismus nichts als einen sinnlosen Wirrwarr von Prozessen sieht, während es den indischen Philosophen, die es zu überwinden suchen, indem sie den Geist der Gottheit hineinschauen, vor allem beseligende Ruhe ist. Gemäß dem astralen Charakter dieser religiös-philosophischen Lehre fällt auf jede irdische Erscheinung ein himmlisches Licht, und wie die Welt der Götter, so ist auch die Erde von Harmonie durchtönt. Nicht allein im Sein, sondern auch im Geschehen, in der Veränderung der Erscheinungen, wirkt sich der Geist der Harmonie aus.

Es gibt sich der Babylonier dem ungeheuren Eindruck von Raum und Zeit, dem der Inder nicht standzuhalten vermag, wonnevoll hin.

Sein Sinn dringt in gewaltige Räume und Zeitfernen ein, und sie will er beherrschen, auf daß das Ungeheure ihn nicht erdrücke.

Wie aber vollzieht sich die Eroberung der unermeßlichen Gebiete von Raum und Zeit? Es werden einmal Erscheinungen des irdischen Lebens, die man zu beherrschen vermag, in die himmlischen Gebiete verlegt, und so gelingt es, diese sich untertan zu machen. Da tritt uns denn ein Lebensgefühl entgegen, das tiefe Verwandtschaft besitzt mit dem Erobererwillen des Abendländers. Zwar kennen die Babylonier die Idee des unendlichen Raumes nicht. Aber die mächtige Ausdehnung des Himmelsraumes ist ihnen eine Selbstverständlichkeit. Von mehreren himmlischen Sphären ist die Rede, und in sie wagt sich kühn der Geist hinein, um ihre Geheimnisse zu erforschen. Ein Gelüst nach den Fernen, dem Grenzenlosen ist der babylonischen Seele Unterschied von der indischen eigen, und so dienen denn irdische Erscheinungen, in denen die Urgewalt des Raumes zum Ausdruck kommt, dazu, das Himmelsbild auszumalen und begreiflich zu machen.

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Da entspricht dem irdischen Meere der himmlische Ozean, und in seinem Bilde sucht man die gewaltige Räumlichkeit des Reichs der Götter zu erfassen. Da ist die Rede von vier himmlischen Winden, in deren Wehen und Toben die raumüberwindende Majestät der Götter sich kundgibt; dann von ungeheuren Wegen am Himmel, auf denen die Sonne und Sterne ihre Bahn beschreiben. Es bildet sich in Anlehnung an astronomische Beobachtungen die Vorstellung des Weltberges heraus, der gigantisch in das unermeßliche Himmelsgewölbe hinaufsteigt, und gerade in diesem Bilde findet das Berauschende der den Raum bemeisternden Kraft eine deutliche Sprache: aus dem Himmelsozean heben sich seine gewaltigen Massen heraus, und stufenförmig strebt er in die Höhe, ein Sinnbild des Menschengeistes, der sich verwegen hineinschwingt in den gewaltigen Weltenraum, um ihn zu durchforschen. Wie deutlich tritt das Imperialistische, Allbewältigende des babylonischen Geistes zum Vorschein, wenn von einem Gott gesagt wird, „daß er in seiner Macht die Erde regiert, den weiten Raum machtvoll beherrscht."

Das babylonische Weltbild ist mithin mächtig vom Strome des Geschehens durchflutet, und nun erschließen sich uns die philosophischen Spekulationen als Äußerungen des gleichen Geistes, der im Bereiche des sozialen Lebens so Großes vollbracht: eines Herrschaftswillens, der die Weiten des Raumes zu überwinden sucht, um sich erobernd ins Grenzen

lose hineinzuwagen. Die babylonische Politik steht ganz im Dienste dieses unendlichen Herrschaftsstrebens.

Schon im dritten Jahrtausend v. Chr. stürmen einzelne Herrscher über die Grenzen des Reiches hinaus und unterwerfen große Gebiete, um diese womöglich auszuweiten zu einem Weltreich: König NaramSim nennt sich prunkend „König der vier Weltgegenden", damit verratend, worauf sein Sinn gerichtet war. Mag das erste Weltreich auch bald wieder zusammengesunken sein: immer wieder versuchen babylonische Könige ihr Szepter über die Welt zu schwingen, und welch großes Werk Chammurabi (2123-2081) gelang, der sich mit gröBerem Recht als Naram-Sim König der vier Weltgegenden nennen konnte, ist ja bekannt. Über gewaltige, bis zum Mittelmeer sich erstreckende Ländergebiete herrschte er, und sein Streben war es, sein Reich zu einem wohltönenden Kosmos zu gestalten. Patriarchalisch suchte er die Gegensätze zu schlichten, König der Gerechtigkeit und des Friedens wollte er sein, auf daß sein Reich aufblühe und auf den Säulen der Harmonie ruhe. Gerade sein Wirken nimmt sich als eine machtvolle Kundgebung des babylonischen Geistes aus, dieses in die Weiten der Welt dringenden Geistes, und es ist kein Zufall, daß die babylonische Weltanschauung zu seiner Zeit ihren feinsten und höchsten Ausdruck empfangen. Und ihre Atmosphäre verlieh dem Imperator die Kraft, alle die Großtaten zu vollbringen, die seinen Namen mit Glanz umwoben haben, und wenn auch Chammurabis Weltreich wieder zerbröckelte: im assyrischen Reich feierte der Machtwille dieser Kultur nochmals Triumphe, freilich mehr in zivilisatorischen Formen.

Auch das babylonische Wirtschaftsleben steht im Dienste der Weltund Raumbeherrschung, und auch es kann so in engste Verbindung gebracht werden mit dem Geiste, aus dem die Weltanschauung herausgeboren worden. Bedeuten die gewaltigen Bewässerungsanlagen, ohne die das Land eine von den Gluten der Sonne versengte Steppe geblieben wäre, nicht einen Sieg des Machtwillens eines Volkes, das mehr als jedes andere Volk der vorchristlichen Zeit die Natur sich untertan gemacht, um sie in den Dienst menschlicher Zwecke zu stellen? Die ganze babylonische Kultur ist undenkbar ohne die großen Leistungen auf dem Gebiete der Technik, und wenn ein weitverzweigtes Kanalnetz das Land zu einem fruchtbaren Gefilde verwandelte: die Kanäle selbst bildeten neben den Flüssen auch Verkehrswege, und sie drangen bis

in die entferntesten Teile des Landes und schufen damit, raumüberwindend, eine Einheit, wie sie die vor dem heutigen Kapitalismus liegende Zeit nicht wieder gesehen hat. Zu diesem Schiffsverkehr gesellte sich nun noch ein Handel, der, auch wenn er verhältnismäßig kleine Mengen umsetzte, in entlegene Fernen führte: von Indien, ja, von noch weiter östlich liegenden Gebieten gelangten die Waren ins Euphrattal, und von hier aus, soweit sie nicht abgesetzt worden, nach Syrien und ans Mittelmeer. Dieser Fernhandel vollzog sich zum Teil auf Karawanenstraßen, zum Teil zur See, und gerade auch er zeigt, wie in Babylon der Blick in die Weiten der Welt gerichtet war, wie Städte, Völker und Reiche, so weit sie auch auseinanderlagen, durch die Kraft des Menschen einander nahegerückt wurden.

War aber das Wirtschaftsleben in babylonischer Zeit schon vom Geist des Kapitalismus erfaßt? Jenem Geist, der die Schranken des Ortes durchbricht und hineindrängt in Weiten und Fernen, die, mögen sie auch noch so entlegen sein, aufgesucht werden, auf daß der Machtwille Genüge finde? Die Grundherrschaft, also eine unkapitalistische, mittelalterliche Wirtschaftsform, bildete wohl immer das Fundament des babylonischen Wirtschaftslebens, aber ein Handel hatte sich entfaltet, der zweifellos es läßt sich dies schon auf Grund einer Kenntnis des babylonischen Geistes, wie er sich in der Weltanschauung äußert, behaupten bereits kapitalistische Färbung besaß. Zudem legt dies die hohe Entwicklung des Geldverkehrs und des Kreditwesens nahe, dann die Entfaltung des Rechtes (Codex Chammurabi), das eine feste Grundlage für den wirtschaftlichen Verkehr schuf, und dessen raumbeherrschende Macht dadurch zum Ausdruck brachte, daß der Ausländer dem Babylonier gesetzlich gleichgestellt wurde.

Und sollen wir nicht auch in den gewaltigen Straßen, die für Ninive, die Hauptstadt des assyrischen Reiches, und für Babylon zur Zeit Nebukadnezars bezeugt sind, Denkmale eines den Raum überwältigenden Machtwillens sehen? Und sind nicht auch die großen Parks mit ihren ausländischen Tieren und Pflanzen gleicherweise Zeugnisse eines in die Ferne gerichteten Geistes, der die Fremde sich zur Heimat umzuschaffen sucht?

In stärkstem Maße ist die babylonische Seele vom Drang nach der Ferne beherrscht, indem sie eben im Kampfe sich behaupten möchte und so den Widerstand braucht und aufsucht, I'm ihn zu überwinden, und gerade auch in religiösen Erlebnissen verleugnet sie nicht diese

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