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DER GEIST DER JÜDISCHEN KULTUR

,,Im jüdischen Alten Testament, dem Buche von der göttlichen Gerechtigkeit, gibt es Menschen, Dinge und Reden in einem so großen Stile, daß das griechische und indische Schriftentum ihm nichts zur Seite zu stellen hat. Man steht mit Schrecken und Ehrfurcht vor diesen ungeheuren Überbleibseln dessen, was der Mensch einstmals war, und wird dabei über das alte Asien und sein vorgeschobenes Halbinselchen Europa, das durchaus gegen Asien den Fortschritt des Menschen bedeuten möchte, seine traurigen Gedanken haben."

Nietzsche,,,Jenseits von Gut und Böse“

DIE HELDENZEIT

DIE KULTUR IN DER WÜSTE

Machtstreben

OETHE macht in der Geschichte der Farbenlehre, diesem Werk, das

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erfüllt ist von tiefsinnigen Anschauungen, über die Bibel die folgende wichtige Bemerkung: ,,Jene große Verehrung, welche der Bibel von vielen Völkern und Geschlechtern der Erde gewidmet worden, verdankt sie ihrem inneren Wert. Sie ist nicht etwa nur ein Volksbuch, sondern das Buch der Völker, weil sie die Schicksale eines Volkes zum Symbol aller übrigen aufstellt, die Geschichte desselben an die Entstehung der Welt anknüpft und durch eine Stufenreihe irdischer und geistiger Entwicklung, notwendiger und zufälliger Ereignisse, bis in die entferntesten Regionen der äußersten Ewigkeiten hinausführt.“

Wir dürfen sagen, daß uns, unabhängig von Goethe, in einer guten Stunde die gleiche Erkenntnis aufgegangen ist, so daß zu verstehen ist, wie dankbar wir des großen Meisters Wort entgegengenommen haben.

Nur allgemein umschreibt Goethe die symbolische Bedeutung der jüdischen Kultur, und so wollen wir denn versuchen, diese etwas schärfer zu erfassen. Da ist es denn geboten, vorzudringen bis zu jenem geheimnisvollen Grunde, aus dem die geschichtlichen Erscheinungen in nicht zu enträtselndem Vorgang quellen: zu jenem Urphänomen, das aus allen seelischen Erscheinungen herausleuchtet: bald mit mächtiger, überwältigender Kraft, daß wir wähnen, den Hauch des Göttlichen zu spüren, bald trübe, daß es dem Beschauer schwer fallen kann, seine Wirksamkeit noch zu erkennen. Auch die jüdische Kultur empfängt ihre Gestalt durch die beiden Grundmächte, die im Urphänomen verankert sind: durch das Machtstreben, die Gier, das Leben zu bemeistern und zu beherrschen, dann, da immer wieder das Chaos sich der Seele

bemächtigt, durch das Verlangen, in die lichten Auen einer Harmonie zu gelangen, wo alles Drängen und Ringen verbannt und Freude und Friede, der Zauberhauch der Erlösung den Menschen umweht.

In einer wahrhaft großartigen Weise hat der Genius des winzigen Volkes Juda in diesem Doppelsinn des Macht- und Erlösungsstrebens sich offenbart, und da bei allen Völkern das Urphänomen in diesen beiden Richtungen sich äußert, so gewinnen wir von Juda aus leicht einen Zugang zu der Höhe einer Betrachtung, von der aus das unermeßliche Reich der Geschichte mit seinem so verworrenen, die Seele peinigenden Treiben sich abklärt, so daß es mit den Augen des Geistes zu fassen, sein Rhythmus dem lauschenden Ohre vernehmbar wird. Nicht, daß wir sagen wollten, die Kenntnis der jüdischen Kultur vermöge uns allein die Kraft zu verleihen, das Dickicht der Geschichte zu lichten. Aber beim jüdischen Volke treten die Grundkräfte, die aus dem Urphänomen herauswallen, mit solcher Stärke heraus, daß eben hier sein geheimnisvolles Wirken und Walten mit ungeheurer Macht sich darbietet.

Auch in der indischen Kultur ist der Drang, die Welt zu beherrschen, so seltsam es auch auf den ersten Blick erscheinen mag, noch lebendig. Wohl weist die indische Philosophie, ebenso der Buddhismus, die Seele immer hin auf ein Letztes, zu einem Urgrund, wo jenseits von Raum und Zeit die Zelte des Friedens aufgeschlagen, aber wenn auch das höchste Ziel dieser Kultur darin besteht, daß der Mensch versinke in den Tiefen des ewigen Seins: immer wieder richtet sich der Sinn wenigstens der Philosophen auch auf die Welt, die Natur vor allem, die, mögen auch einmal verheerende Stürme brausen und Tod und Verderben walten, empfunden wird als ein Reich der Harmonie voll des Odems der Gottheit, die in majestätischer Ruhe ihre Werke wirkt. Ja, der Buddhismus schweift selbst hinein in die Fernen der Vergangenheit und Zukunft und ringt dem von chaotischen Mächten durchstürmten Dasein insofern einen gewissen Sinn ab, als nach seiner Auffassung immer neue Buddhas entstehen, um die in eine wilde Welt hineingeschleuderten Menschen zu erlösen, ihnen den Weg des Heils zu weisen.

Doch bringt dieses Herrschaftsstreben den Inder nicht leicht in die Gefahr, in das Chaos des Weltgeschehens hineingezogen zu werden Machtvoll ist hier das Herrschaftsstreben in rätselhafter Weise durchglüht vom Erlösungsdrang, und so bleibt der Inder verschont von dem

Schicksal, das so vielen anderen Kulturen bereitet ist: von dem Schicksal, daß der Mensch so tief ins Chaos gerät, daß dessen Wogen über seinem Kopfe zusammenschlagen. Gewiß, auch dem Inder sind, wie wir gesehen haben, Erschütterungen und Kämpfe nicht erspart: doch die Sturmgewalten, wie sie in der jüdischen und abendländischen Kultur losbrechen, die Leidenschaften, die hier die Seele aufwühlen, die Spannung, die hier waltet: von all dem bleibt der Inder bewahrt. Mit größerer Sicherheit als die Juden und der Abendländer geht er seines Weges: mag auch die Welt dröhnen und toben, mag auch einmal der Gischt des Chaos ihn berühren: nie verlischt völlig der Leitstern über seinem Haupte, der Bote des Glückes und der Erlösung.

Juda ist ein anderes Schicksal bereitet. Ein unbändiger Machtwille rast in der Seele dieses Volkes, und so gerät es in schreckliche Wirrungen und Nöte, die die Sehnsucht wecken nach Freiheit und Erlösung. Und wenn es auch einmal scheint betrachten wir die Kultur dieses Volkes als ein Ganzes - daß sich öffne die Pforte des Paradieses: immer wieder bricht der in das wilde Weltgetriebe hineinführende Herrschaftsdrang dämonisch durch, und so verstummen nie, durchmessen wir die geschichtliche Entwicklung, die flehentlichen Sehnsuchtsrufe der Verlassenen, die Ausschau halten nach einem Retter in der Not. Und einen erhaben-schauerlichen Anblick bietet es dar, dieses ewige Ringen eines Volkes mit einem unheimlichen Schicksal, an dessen Ketten es zerrt, um sich im Lichte der Freiheit ergehen zu können. Und in immer neuen Formen gewinnt die Erlösungssehnsucht Ausdruck, immer verwandelt sich das Bild des Messias, auf den dieses Volk wartet und dem es so oft die Ehrenpforte schmückt, während in Indien immer das gleiche Sternbild mit mildem Schein den Pfad erhellt.

Nicht allein in der prophetischen und urchristlichen Zeit offenbart sich das Urphänomen der jüdischen Kultur in deutlich geprägten Erscheinungen, schon in der freilich nur schwer zu erschließenden Vorzeit der Entwicklung dringt uns seine Leuchte entgegen.

Die hebräischen Stämme, Juda, Simeon, Levi, Benjamin und wie sie alle heißen, zelteten, bevor sie in Kanaan, in das so oft gepriesene gelobte Land etwa nach der Mitte des zweiten Jahrtausends v. Chr. eindrangen, in der arabischen Wüste. Leidenschaftlich waren sie dem Leben zugetan, und harte Kämpfe galt es zu bestehen, um sich in der Wüste durchzuschlagen. Bald sind die Triften, auf denen das Vieh weidet, erschöpft, und so sind diese Nomaden gezwungen, wollen sie

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