ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

stopheles wagt er sich wieder ins Leben hinein, und gelingt es ihm auch zuweilen, diesen bösen Geist von sich abzuschütteln: immer wieder gerät er in die Netze des verruchten Dämons.

Mächtig wallt Faust, nachdem erneut der Lebensmut ihn beflügelt und Mephistopheles seine Dienste angeboten hat, im Gefühl seiner Heldenstärke auf. Er bietet die Wette, daß es dem finsteren Dämon des Chaos nicht gelingen werde, ihn von der Bahn seiner hohen Bestimmung abzulenken, daß es sein letzter Tag sein möge, wenn er sich der trägen, schändlichen Ruhe hingeben oder im rohen Genuß seine Befriedigung finden werde. Aber auskosten will er das Leben in seinen Höhen und Tiefen:

,,Und was der ganzen Menschheit zugeteilt ist,

Will ich in meinem innern Selbst genießen,

Mit meinem Geist das Höchst' und Tiefste greifen,

Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen häufen,

Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,

Und, wie sie selbst, am End' auch ich zerscheitern.“

Auch seine glühende Sinnlichkeit will Faust austoben lassen, die ganze Fülle der Menschheit soll ihn durchströmen, auf daß er seine Macht und Majestät erprobe, ja verruchten Sinnes fordert er sein Schicksal heraus: möge er am Ende auch zerbrechen: seine Unbändigkeit weicht vor keiner Gefahr zurück.

So beginnt denn der wilde Lauf, der Faust als Siegespreis die Krone der Menschheit einbringen soll. In der Gestalt des Mephistopheles gewinnt die Maßlosigkeit und Leidenschaft des Machtwillens plastischen Ausdruck: er ist die Kraft, die Faust immer wieder aufstachelt, ins wilde Leben hineinzustürmen, unersättlich immer einem Neuen zuzustreben, die Macht, die ihn von den beglänzten, vom Frieden bedeckten Höhen ins Chaos hinabführt. Und so geschieht denn bald das Furchtbare: Faust erlebt, nachdem das himmlische Glück der Liebe ihn beseligt, auch den ganzen Jammer der Liebe: in der Gretchentragödie hat Goethe dem Weltelend, das auf die höchsten Wonnen folgt, und das nun auch Faust an der Seele frißt, ein erhaben-schauerliches Denkmal gesetzt.

Wiederum findet Faust, nachdem schreckliche Finsternis sein Glück verschlungen, den Zugang zum Leben, aber wiederum stellt sich Mephistopheles ein. Faust kommt an den Kaiserhof, und hier eröffnet sich ihm das soziale und politische Leben, und wenn er auch nicht tätig eingreift,

um seinen Herrscherwillen zu offenbaren: eine tiefe Bedeutung hat doch die Vorführung des sozialen Chaos insofern, als nun der düstere Hintergrund gewonnen ist, von dem sich zuletzt strahlend das Lebenswerk des Helden abhebt: die Gründung eines Reiches der Eintracht und des Glückes, das den Menschen eine wahre Heimat bereiten soll.

Man hat mit Recht betont, daß es Goethe nicht gelungen ist, in den langen Akten des zweiten Teiles Fausts Herrschaftsstreben so zu offenbaren, wie man es gemäß dem leidenschaftlichen Begehren seines Helden erwarten könnte. Dafür aber hat Goethe allegorisch das Machtstreben des abendländischen Menschen und seine schauerliche und erhabene Bedeutung geschildert: die Auflösung des Reiches, die Faust mit ansieht, sie ist die Folge der Selbstsucht der Herrschenden, die, mißachtend die Bedürfnisse des Ganzen, sich dem Luxus hingeben und nun hoffen, durch Ausgabe von Papiergeld dem Übel abhelfen zu können. Wir erleben es, wie jugendfrische Völker in das durch die Selbstsucht der Herrschenden unterhöhlte Land einbrechen, wie die Revolution auflodert, und wir erraten es, daß Goethe hier bestimmte Vorgänge der abendländischen Geschichte im Auge hat.

Auch in den Helenaszenen werden Vorgänge zur Anschauung gebracht, die begriffen werden können als Ausprägung eines freilich nun zur Harmonie führenden Machtwillens. Das Ideal des abendländischen Menschen, das Leben mit der Schönheit zu vermählen, wird hier feierlich verkündet, und wiederum sehen wir, daß ein Kampf vonnöten ist, soll das Grauen des Daseins, in dessen Chaos Gespenster geistern, verdrängt werden durch die Weihestrahlen der Schönheit, in denen besänftigende Klänge auf- und niederschweben. „Die grausen Nachtgeburten drängt der Schönheitsfreund Phõbus hinweg in Höhlen oder bändigt sie." Freilich, hier ist der Machtwille besonnen: er stürmt nicht fessellos in grenzenlose Fernen, bedächtig vielmehr sucht er das Chaos zu formen, daß ihm entquelle,,die Gestalt aller Gestalten“, „die Königin der Seele“. Von dieser hoheitsvollen Meisterschaft, mit der das Chaos überwunden wird, hebt sich grell ab das Ungestüm, mit dem sich Euphorion seinem leidenschaftlichen Machtwillen überläßt. Mag Goethe wirklich die Gestalt Byrons, des ungebändigten Briten, vorgeschwebt haben? Wohlan, wie viel von dem Ungebändigten des Machtwillens auch Faustens ist in Euphorion lebendig, und wie meisterhaft hat es Goethe wiederum ver

standen, die ungemessene, Tod und Teufel höhnende Willensentfaltung des abendländischen Menschen zu schildern!

Zu eng ist Euphorion die Welt, als daß er hier frei atmen könnte: mit dem Sturm möchte er dahinbrausen, in die Wogen des Meeres sich werfen, auf daß seiner Unersättlichkeit Genüge geleistet werde. Die höchsten Berge möchte er erklimmen, um mit seinem Blick unermeßliche Weiten zu umspannen. Verhaßt ist ihm der Friede. Übermut und Gefahr, den Krieg heiligt er. Und so stürzt er denn in die Tiefe, ein Opfer seiner Leidenschaft des Machtstrebens, der das Schwerste gerade recht ist, um die Heldenstärke an ihm zu erproben.

Trauernd besingt der Chor dieses so jammervoll endende Heldenleben, und von diesem hebt sich ab als eine hoheitsvolle Erscheinung Helena, der Fausts Liebe sich zugewandt. Aber wie bezeichnend ist es, daß auch Helena wieder versinkt. In neue Lebensgebiete stürmt Faust hinein, und wiederum ist er beherrscht von der Glut eines in die Weiten hineindrängenden Machtwillens: vom Herrschaftswillen des Eroberers, dessen Blick in die Fernen der Erde schweift, um sie sich untertan zu machen, auf daß sie zur Heimat werden eines mit Freiheit gekrönten Volkes. Prachtvoll wird hier der imperialistische Herrschaftswille des abendländischen Geistes sichtbar, der Wille, die Natur zu unterjochen, auf daß die Königsmacht des Menschen sich bewähre, seine Freiheit und Würde sichtbar werde in Hochtaten. Zur Verzweiflung wird Faust getrieben, indem er mit ansehen muß, wie tobende Wellen den Menschen hindern, fruchtbare Landgebiete für seine Zwecke zu nützen, triumphierend aber schwingt er sich auf zu dem Entschluß, der ungebändigten Gewalt des Meeres Trotz zu bieten, seinem zerstörenden Chaos seinen Siegeswillen entgegenzusetzen.

,,Da herrschet Well' auf Welle kraftbegeistet,
Zieht sich zurück, und es ist nichts geleistet,
Was zur Verzweiflung mich beängstigen könnte!
Zwecklose Kraft unbändiger Elemente!

Da wagt mein Geist, sich selbst zu überfliegen;

Hier möcht' ich kämpfen, dies möcht' ich besiegen."

Er macht sich daran, das gefräßige, verwüstende Element zurückzudrängen und stellt sich so als Befehlshaber an die Spitze von Arbeiterscharen, um das Werk in Angriff zu nehmen und ,,im Befehlen Seligkeit zu empfinden". Ein großes Reich möchte er gründen, und wir wissen, wie er selbst nicht davor zurückschreckt, in Bezirke des Friedens einzu

brechen, um die träge Ruhe, die ihn, den leidenschaftlich nach großen Taten lechzenden Menschen, peinigt, zu verscheuchen: Philemon und Baucis, die das idyllische Dasein verkörpern, gehen zugrunde. Mit „,allgewaltigem Willen" möchte er alle Hindernisse hinwegräumen, die seinen Großtaten entgegenstehen, und wie ein Hochgesang der Freiheit dringt an sein Ohr das Dröhnen der Hämmer, der Lärm der Arbeit. ,,Wie das Geklirr der Spaten mich ergetzt!

Es ist die Menge, die mir frönet,

Die Erde mit sich selbst versöhnet,
Den Wellen ihre Grenzen setzt,

Das Meer mit strengem Band umzieht."

Freilich, der Tod reißt ihm die funkelnde Herrscherkrone, mit der er sich schon bedeckt sieht, vom Haupte. Aber bis zum letzten Augenblick lebt er der Hoffnung auf endgültigen Sieg. Mag ihn auch, nun, wo er blind geworden, die Nacht umgeben: seine Gedanken weilen bei seinem Werk, das als ein Siegesdenkmal seines Herrscherwillens die Zeiten überdauern soll.

Die leidenschaftliche Liebe zum Leben, aufwallend in einem dem Höchsten geltenden, zähe mit dem Chaos ringenden Machtwillen, hat nirgends in der abendländischen Dichtung solch großartige Darstellung gefunden wie in Goethes Faust.

Erlösungssehnsucht

Goethes Faust gilt allgemein als ein Erlösungsdrama, wobei das Problem der Erlösung so aufgefaßt wird, daß der Held, nachdem er leidenschaftlich das Leben durchstürmt, am Ende seiner Laufbahn für immer ins Land der Freiheit gelangt. Gewiß, Goethe führt uns am Schluß des Dramas vor, wie Faust daran ist, den Bau der Freiheit aufzutürmen, und zudem läßt er seinen Helden eingehen in die Gefilde himmlischen Friedens. Aber es heißt das Wesen Fausts und damit der abendländischen Seele verkennen, zu glauben, daß die tröstenden und beglückenden Sterne Faust erst am Ende seines Lebens in die Seele leuchten. Nein, in einer unvergleichlichen Weise kommt in Goethes Werk zum Ausdruck das, was wir die Systole und Diastole des Lebens nennen: ein immer wiederkehrender Rhythmus beherrscht dieses Drama, wonach bald der Machtwille sich mit den chaotischen Fluten des Daseins mißt, um sie einzudämmen, bald die Erlösungssehnsucht dem Geiste Schwingen

verleiht, auf daß der Mensch hin zu Fluren gelange, wo die Harmonie waltet. Gewiß gelingt es ihm nicht immer, den Druck der Erdenschwere und Erdennot abzuwälzen, unerhört bleibt zuweilen Fausts Flehen. Aber es fallen auch wieder die Ketten von ihm ab, so daß er, durchhaucht von Seligkeitsgefühlen, heiligen Boden betritt. Und wenn dieser wieder weicht und erneut die dämonischen Kräfte des Lebens ihn umstürmen: aufs neue erwacht der Drang, das Leid des Werdens abzuschütteln, um unter einem reinen Himmel das Glück des Friedens zu finden. Je stärker Faust von solcher Sehnsucht nach Harmonie ergriffen wird, desto mehr wird Mephistopheles zurückgedrängt. Wenn einmal die schwarzen, von Blitzen durchzuckten Wolken sich verzogen haben und reines Blau in seine Seele hineinleuchtet: da ist Mephistopheles über wunden: die wilden Elemente des Chaos hat eine göttliche Gewalt, der sich Faust liebeatmend hingibt, gebändigt.

Wiederum müssen wir darauf verzichten, im einzelnen zu verfolgen, wie Fausts Seele unter dem Anhauch balsamischer Klänge der Harmonie die Wonnen der Erlösung durchschauern. Nur die wichtigsten Inseln des Friedens mögen aus dem stürmischen Meer, als welches sich des Helden Leben darbietet, auftauchen.

Wir sagten, der gewaltige Wissensdrang Fausts sei eingegeben von einem dämonischen Machtwillen: dem Willen, das Ungetüm der rätselhaften Welt mit der Kraft des Geistes zu überwältigen, auf daß es von Klarheit erfüllt werde und so vor dem Menschen sich ausbreite als ein Reich, das ihm untertan. In diesen Machtwillen strömt aber ein das Bestreben, durch eine Lösung der Welträtsel befreit zu werden von der peinigenden Unruhe des Forschens, von dem beklemmenden Anblick der Verworrenheit. In die Tiefen der Gottheit möchte Faust hinabsteigen, um hier der Melodie der Lebensquelle zu lauschen und gleichsam ihre beseligenden Laute in seine Seele einströmen zu lassen, daß sie eins werde mit dem allerhaltenden, in Harmonien sich aushauchenden Ewigen.

In verschiedenen Formen tritt nun dieses Streben nach Erlösung hervor: einmal als philosophisches Erkenntnisstreben, dann in der Form des Naturgefühles, wobei freilich keine scharfe Trennung vorgenommen werden darf. So wundervolle, unvergeßliche Verse sind Goethes großem, selbst mächtig nach Erlösung verlangendem Herzen entquollen, daß man zögert, sie zu umschreiben.

Welche Harmonie durchströmt Faust, als er wähnt, der Bann, der den Menschen in die Finsternis einer von dämonischen Kräften durch

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »