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tobten Welt hineinzwingt, sei gebrochen und der Weltgeist, der Makrokosmos, eröffne heiliges Reich!

,,Ha! welche Wonne fließt in diesem Blick

Auf einmal mir durch alle Sinnen!

Ich fühle junges, heil'ges Lebensglück

Neuglühend mir durch Nerv' und Adern rinnen.
War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb,

Die mir das innre Toben stillen,

Das arme Herz mit Freuden füllen,

Und mit geheimnisvollem Trieb

Die Kräfte der Natur rings um mich her enthüllen?

Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!

Ich schau' in diesen reinen Zügen

Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.
Jetzt erst erkenn' ich, was der Weise spricht:
Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;

Dein Sinn ist zu, dein Herz ist tot!

Auf, bade, Schüler, unverdrossen

Die ird'sche Brust im Morgenrot."

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Anbetend möchte er niedersinken vor der Majestät des Ewigen, um in seinem Glanze verklärt zu werden, und immer wieder wird namentlich im ersten Teil des Dramas die Sehnsucht laut, sich einem Hohen, Reinen, Erhabenen hinzugeben, um Frieden und Seligkeit zu erlangen.

Die Natur vor allem wird empfunden als das Reich der Gottheit, wo der Kampf der Kräfte verstummt und der vom Leben umhergewirbelte Mensch eingeht in die Weihe der Vollendung. Die Nacht mit ihrer Stille durchhaucht die gemarterte Seele mit himmlischem Harfengetön: und mächtig sehnt sich Faust aus seinem Elend heraus, angelockt vom milden, tröstenden Schein des Mondes, in dem er sich beseligt auflösen möchte.

„O sähst du, voller Mondenschein,
Zum letztenmal auf meine Pein,
Die ich so manche Mitternacht
An diesem Pult herangewacht:

Dann, über Büchern und Papier,
Trübsel'ger Freund, erschienst du mir!
Ach! könnt' ich doch auf Bergeshöh'n
In deinem lieben Lichte gehn,

Um Bergeshöhle mit Geistern schweben,
Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,
Von allem Wissensqualm entladen
In deinem Tau gesund mich baden!"

Der sinkenden Sonne mit ihrer Purpurglut: er möchte ihr nachstreben, um, schwebend im ewigen Abendstrahl, erlöst von aller Not, die Welt unter sich liegen zu sehen. Das Licht der Sonne: es wird ihm zum Sinnbild des ewigen Lichtes, und für immer möchte er eingehen in seine Herrlichkeit: aufschwebend mit der Lerche und dem Adler, fortfliegend mit dem Kranich, um zur erlösenden Heimat zu gelangen.

In unvergleichlicher Weise hat es Goethe verstanden, neben den männlichen Kräften in Fausts Brust auch die weiblichen in den Weihelauten der Dichtung zu offenbaren. Als den großen Liebenden hat er seinen Helden geschildert, der sich immer wieder aus der rauhen Welt des Kampfes heraussehnt, um in milder, von göttlichem Geist durchhauchter Luft zu verschweben, um am Herzen des Ewigen auszuruhen und Trost und Seligkeit einzusaugen. Die Gottheit ist Faust,,der Allumfasser, der Allerhalter", und ihre Hoheit wird ihm gewaltig offenbar eben in der Natur, zu der ihn ein „,unbegreiflich, holdes Sehnen" hinaustreibt, der Natur, die seine Liebe verklärt zu einem paradiesischen Reich: seinem Königreich.

Diese so in Schauern frommer Glücksgefühle genossene Natur ist gleichsam der Gegenpol des Reichs, in dem Mephistopheles herrscht. Der Abglanz der Gottheit ist über sie gebreitet, und in brüderlicher Liebe ist Faust mit ihren Erscheinungen verbunden, deren Wunder ihn stimmen zur Anbetung der geheimnisvollen, erhabenen, göttlichen Lebensmacht, die in ihnen webt.

In Himmelsglanz und Klarheit möchte Faust eingehen, um die drückende Schwere des Lebens loszuwerden, und als er sich entschlossen hat, seinem elenden Leben ein Ende zu bereiten, da taucht wohl das Schreckbild des Abgrundes auf, der ihn für immer verschlingen könnte, aber doch wird das Grausen zurückgedrängt von dem Glauben, daß, sobald des Lebens Faden durchschnitten, ein neues, weihevolles Dasein ihn umfange: ein Dasein in Götterwonne, eine Sphäre reiner Tätigkeit, hoch hinausgerückt über den Dunst und Lärm der Welt.

Es führt mithin die Frömmigkeit Fausts hinweg vom wilden Wellenspiel des Lebens, aber sie kann ihn auch wieder stärken, wenn der Schmerz ihn zu zerbrechen droht, kann ihn überreden, sich wieder dem Leben zuzuwenden, in ihm weckend die Frohgefühle dessen, den der Mut beflügelt. Als er daran ist, das Giftgefäß an seinen Mund zu setzen, da

besänftigen die heiligen Stimmen des Ostergesanges und der Osterglocken sein zerstörtes Gemüt und strömen Trost in seinen Busen: der Klang,,,von Jugend auf gewöhnt", ruft ihn zurück ins Leben.

„O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder!

Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!"

Hier sehen wir, wie zur sanften Stimmung der von Himmelstönen durchwehten Frömmigkeit sich der Lebenswille gesellt, der den Abgeschiedenen, in der Einsamkeit sich düsteren Sinnes Vergrabenden wieder zum Lichte der Sonne leitet, hinein in die Welt mit ihrem bunten Treiben, und so führt uns denn Goethe, nachdem er uns eben noch in Fausts unheimliche Seelenschmerzen hat blicken lassen, hinein in die Bezirke der Menschen: in eine sonnenüberglänzte, mit frohen Menschen erfüllte Frühlingslandschaft, die Fausts Brust ausweitet, daß er jubelnd ausruft:,,Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein."

Und nachdem Faust, tief erschüttert durch Gretchens, aber auch sein eigenes Schicksal, wie von Donnergewalten niedergeworfen worden; als er, müde niedergesunken, Schlaf sucht, um die grausigen Vorgänge, die sein Herz zerreißen, zu vergessen: da ist es die Natur, das Königreich der Gottheit, die seine Seele reinigt, ihm Ruhe und Frieden einhaucht. Elfen umschweben ihn im Dämmerschein und träufeln Balsam auf seine gepeinigte Seele, und als die Sonne den Bann der Nacht durchbricht und in gewaltigen Fluten des Lichtes den Triumph ihrer Herrlichkeit verkündet, da erhebt sich Faust wie ein Neugeborener: neue Lust durchdringt ihn, dem Leben ist er wieder zugetan, und,,zum höchsten Dasein will er immerfort streben".

Zur Natur als der erlösenden, tröstenden Macht gesellt sich die Liebe. Gewiß, unheimliche Lebensmächte haben Faust, nachdem ihn das Schicksal mit Gretchen zusammengeführt, in den Strudel der furchtbarsten Seelennot hineingerissen, aber welches Glück wurde ihm zuteil, solange noch Mephistopheles nicht in das heilige Land der süßesten Wonnen eingedrungen war! Als er zuerst die Gestalt Gretchens im Zauberspiegel sieht: da ist er wie gebannt: in seine unruhige, von Leidenschaften aufgewühlte Seele fällt ein Strahl aus himmlischen Höhen: die Pforte des Paradieses scheint sich ihm aufzutun, wo die Erdennot verbannt und himmlische Verklärung alles vergoldet. Alles Leid, das ihn bisher gepeinigt, die ganze furchtbare Not, die ihn beinahe überredete, seinem elenden Dasein ein Ende zu bereiten, ist vergessen, und

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mit mächtiger Sehnsucht greift er nach der zaubermächtigen Erscheinung, um mit ihr ins Lichtreich des ewigen Glückes aufzuschweben. ,,Was seh' ich? Welch ein himmlisch Bild

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Und als der holde Traum Wirklichkeit wird, als er Gretchens ärmliches Zimmer betritt, da wähnt er, in ein Heiligtum gelangt zu sein, das jenseits aller Erdennot in elysischen Gefilden von himmlischen Händen aufgebaut worden.

,,Willkommen, süßer Dämmerschein,

Der du dies Heiligtum durchwebst!

Ergreif mein Herz, du süße Liebespein,

Die du vom Tau der Hoffnung schmachtend lebst!

Wie atmet rings Gefühl der Stille,

Der Ordnung, der Zufriedenheit!

In dieser Armut welche Fülle!

In diesem Kerker welche Seligkeit!"

Ein Götterhauch geht von allem aus, was das geliebte Wesen berührt hat, hinschmelzen möchte Faust vor Seligkeit, zu Füßen würde er sich der Geliebten werfen, würde sie plötzlich erscheinen.

Diese Liebe Fausts ist von religiösen Hochgefühlen durchschauert. Mit der ganzen Inbrunst, mit der der Fromme sich seinem Gott hingibt, umfängt er das angebetete Wesen, himmlische Züge verleiht er ihm: es ist seine Madonna. Mit den höchsten Worten verleiht er seiner Liebesglut Ausdruck:,,unendlich, ewig, ewig“ nennt er sie. Und der Gedanke, daß je die erreichte Seligkeit von ihm weichen könnte: mit Dolchstößen martert er ihn, so gräßlich wie den Frommen der Gedanke martert, daß sein Gott sich von ihm abwenden könnte.

In eine ganz andere Atmosphäre der Erlösung gelangt Faust, indem er den Bund mit Helena schließt. Es ist vor allem die Kunst im Sinne der griechischen Harmonie, die Goethe, hinblickend auf die Zauber

gestalt der hohen Frau, preist, die Kunst, die dem Leben das Siegel der Vollendung aufdrückt, indem sie die grausen, unholden Mächte bezwingt und den Menschen in Gefilde leitet, wo das Chaos verbannt, wo es zum herrlichtönenden Kosmos verwandelt wird. Wir haben gesehen, daß auch die Schönheit sich nicht wie mit einem Zauberschlag auf den Menschen senkt, daß auch sie, indem grauenvolle Mächte sich ihm entgegenstellen, erstritten werden muß. Aber der Machtwille, der die Schönheit entbindet, hat nichts an sich von der dämonischen Leidenschaft des fessellos ins Leben Hineinstürmenden; er ist gebändigt: mit weisem Bedacht bearbeitet er den ungefügen Marmor, auf daß hoheitsvoll ihm die entzückende Form entquelle. Und diese Form entbindet im Menschen, dem sie schaffenden oder sie beschauenden, nicht die tiefen, bis zur mystischen Verzückung führenden Schauer der Liebesleidenschaft mag auch, solange sie noch nicht die Fessel des Chaos gelockert, die Sehnsucht des aus seiner Unruhe ihr Zustrebenden bis zum Wahnsinn aufglühen Ruhe, lösende, sanft beglückende Harmonie strōmt sie aus. Goethe hat im Vorspiel zum Faust die Macht des Dichters vor allem im Sinne dieser Harmonie ausstrahlenden Zauberkraft herrlich gefeiert, den Dichter, der die Herzen bewegt und die Elemente besiegt durch den „Einklang, der aus dem Busen dringt", der „das Einzelne zur allgemeinen Weihe ruft, wo es in herrlichen Akkorden schlägt"; der „,den Olymp sichert, die Götter vereinet", und die Helenaszenen sind voll von Weihesprüchen, die der hoheitsvollen, besänftigenden Sonne des Südens gelten: der Schönheit.

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Im Reiche der Helena hat Mephistopheles keine Stätte. Wohl führte der Weg „durch Graus und Wog und Welle der Einsamkeiten her zum festen Strand", aber wo Helena gebietet, da ist das Chaos versunken, und der Gang durch Schrecken hat Faust, indem er ins Wunderland der Schönheit gelangte,,,seligsten Gewinn" gebracht. Erlöst ist er von der Pein dunkler Nächte, dem Ungestüm gefährlicher Leidenschaften, dem Drang hinein in die Ferne mit ihren Aufregungen, Wüsten und Finsternissen, und ein bisher unbekanntes, Vollendungsruhe auslösendes Glück durchströmt ihn, als er die wunderbare, von milder Sonne umleuchtete Gestalt gewahr wird. Nun ist Helena an Stelle Gretchens getreten. Und wie ehedem das Bild der Geliebten wie eine überirdische Erscheinung vor seinen Augen schwette, so wähnt er, daß nun erst die holdeste Blüte des Lebens sich ihm erschlossen. Ja, als eine Schaumgestalt erscheint ihm neben Helena die Geliebte seiner Jugend.

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