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und er läßt ihn laufen, ohne nach dem Grunde der Warnung zu fragen. Das geschieht nicht etwa, um Cäsar als Verächter des ihm Drohenden erscheinen zu lassen, denn später äußert er den Wunsch, nur fette Leute um sich zu haben, die nicht gefährlich seien wie der mit hohlen Augen blickende CASSIUS, vor dem er sich fürchte, wobei er freilich trotzdem sich beruhigend versichert, daß Furcht ihm fremd sei. Weiterhin (II, 2) schrecken ihn die Träume der Calpurnia, sodaß seiner Behauptung nicht zu trauen ist, er gebe auf Wunderzeichen nichts. Muthig erscheint er, als er trotz der Bitten seiner geängstigten Gattin darauf beharrt, auszugehen, und prahlt dabei, die Gefahren schwänden, wenn sie seine Stirn sähen, die sie für gefährlicher, als sich selbst erachteten. Als er endlich dennoch nachgegeben hat und hat verkünden lassen, daß er nicht in den Senat kommen werde, ändert. er seine Entschließung demungeachtet auf anderseitiges Bitten, geht in den Senat und bramarbasirt dort, indem er sich für den einzigen unbesiegbaren Menschen erklärt. (III, 1.) — Zu dieser Zweiseitigkeit in der Kennzeichnung Cäsar's ist SHAKESPEARE dadurch gedrängt worden, daß einerseits dessen Größe hervorzuheben war, um die Bedeutung der That des Brutus verständlich zu machen, andererseits seine Persönlichkeit herabzudrücken war, damit er nicht tiefere Theilnahme in Anspruch nehme, als Brutus, der doch die Hauptperson sein sollte.

Meine Ansicht war nun und ist noch, daß das Herunterziehen Cäsar's GOETHE widerwärtig war und er nur dadurch bewogen werden konnte, einen > Cäsar« nach SHAKESPEARE zu schreiben.

Von anderer Seite greift mich V. D. HELLEN an, indem er seiner angeführten Schrift (S. 216) mir darin widerspricht, daß > Egmont den »Cäsar abgelöst habe. In dieser Hinsicht begnüge ich mich mit JACOBY'S Zustimmung. (S. 248 f.) Entschieden entgegentreten muß ich indessen seiner weiteren Meinung, daß die Persönlichkeit des Brutus in GOETHE den

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Sieg über Cäsar davongetragen habe. Scheingrund hierfür ist die verherrlichende Darstellung, die GOETHE ersterem in LAVATER'S Physiognomischen Fragmenten hat angedeihen lassen, wogegen die Charakterisirung Cäsar's kürzer abgethan ist. Wenn GOETHE'S wahre Ansicht nach der Zahl der Zeilen bestimmt werden soll, hat V. D. HELLEN recht, aber anders steht es, wenn man den Inhalt wägt. GOETHE würdigte das Schätzenswerthe auch in Menschen, denen er sonst abhold war und demnach in Brutus die scharf ausgeprägte Selbstigkeit, die er auch in Prometheus und Faust (» Ebenbild der Gottheit«) verklärte; als Künstler entzückte ihn, sie in dem Bildniß in den »Physiognomischen Fragmenten<< aus den Gesichtszügen eines wirklichen Menschen herauslesen zu können. Bei Cäsar's Bildniß wohl verstanden: in dessen Bildniß empörte ihn dagegen, daß in diesen >> verzerrten Resten« das Wesen des ersten unter den Menschen«, der »Inbegriff aller menschlichen Größe« nicht zu erkennen war. Die hier herausgehobenen Ausdrücke überbieten in schrankenloser Bewunderung und Hochstellung Cäsar's alles, was er vorher, allerdings mit mehr Worten, über Brutus sagte. Also von einer Verdrängung Cäsar's durch Brutus ist nicht die Spur in diesen Bildnißerläuterungen, im Gegentheil beschäftigte GOETHE sich noch ein paar Jahre mit Cäsar, wie das die von mir angeführten Aussagen von Leuten bezeugen, die jedenfalls GOETHE'S Ansichten genauer kannten, als V. D. HELLEN. Ja, noch viel später lag ihm der Zwiespalt zwischen Brutus und Cäsar im Sinn, wobei er letzterem den Vorzug einräumte. Dies beweist die Zahme Xenie:

Und wenn man auch den Tyrannen ersticht,

Ist immer noch viel zu verlieren;

Sie gönnten Cäsarn das Reich nicht

Und wußten's nicht zu regieren.

Und wieder in der » Classischen Walpurgisnacht« sagt ERICHTO

in den Pharsalischen Feldern:

Keiner gönnt das Reich

Dem andern; dem gönnt's keiner, der's mit Kraft erwarb Und kräftig herrscht.

Hier träumte Magnus früher Größe Blüthentag,

Dem schwanken Zunglein lauschend wachte Casar dort,
Das wird sich messen. Weiß die Welt doch wem's gelang,
Nach alledem unterliegt es keinem Zweifel, daß v. D.
HELLEN'S Behauptung GOETHE habe seinen Cäsar völlig
aufgegeben, weil er sich wie SHAKESPEARE überzeugt habe,
Brutus müßte neben Casar im Drama die Hauptperson sein

unbegründet und völlig unhaltbar ist. Ob seine andere Behauptung, daß GOETHE seinen ersten Plan wonach er, wie ich annehme, seine ganze öffentliche Laufbahn, ähnlich wie die des Götz von Berlichingen, darstellen wollte eine Stütze in dem Gespräche mit dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen im Februar 1775 (GOETHE'S Gespräche X, 241) findet, wonach das Trauerspiel »Cäsar's Tod« heißen sollte, lasse ich dahingestellt *); >bewiesen ist aber diese Behauptung auch nicht, wie der Herausgeber des Fragments Cäsare in der Weimarer GOETHE-Ausgabe (XXXVIII, 257) bereitwillig annimmt,

In den Goethe-Forschungen

Neue Folge habe ich

dargelegt, wie GOETHE durch die seinem Dichten eigene Grundlage productiver Kritik zu seinem Cäsare im Gegensatz zu dem SHAKESPEARE'S geführt worden sei, Das findet V. D. HELLEN eine erstaunliche Behauptung, Daraus geht hervor, daß fleißige Arbeit über eine einzelne Thätigkeit GOETHE'S noch nicht zum Verständniß des Dichters im all

*) Bei dieser Gelegenheit entdecke ich, dass das unter den Nachträgen des VIII, Bandes der Gespräche stehende Gespräch 1549 anderweit unter den Nachträgen des X, Bandes als Nr. 1588 abgedruckt ist, welches Versehen ich zu entschuldigen bitte,

gemeinen befähigt. Vermuthlich denkt V. D. HELLEN jetzt, nach einem Jahrzehnt, anders über GOETHE'S productive Kritik. Aber sein früher Geschriebenes bleibt und zwingt mich, die unveränderte Fortdauer meiner Ueberzeugung von jener productiven Kritik zu bezeugen, wie ich denn seither noch wiederholt Veranlassung gehabt habe, sie hervorzuheben.

2. DAS ENTSTEHEN DER ELPENOR

DICHTUNG.

Is ist, als ob man sich dem Teufel, der nicht wieder losläßt, verschrieben hätte, wenn man irgend einem wissenschaftlichen Stoffe seinen Fleiß zugewandt hat; so lange noch dunkle Punkte darin wahrnehmbar sind, wird man nicht zur Ruhe kommen und immer wieder Anlauf nehmen, um Dunkelheiten zu zerstreuen und Gewißheit zu erlangen. Ein solcher Stoff ist mir u. a. GOETHE'S Elpenordichtung, der ich seit meiner ersten Veröffentlichung über sie im Jahre 1860 wiederholt Arbeiten gewidmet habe. Galt es mir bisher, vorzüglich den leitenden Gedanken, die Durchführung des Planes des allein erhaltenen Bruchstückes und die Quellen der Dichtung zu ermitteln, so blieb bisher die Frage nach deren ersten Anfängen unerörtert: ich begnügte mich mit anderen seit RIEMER mit dem Datum des 11. August 1781, an welchem Tage GOETHE im Tagebuche eintrug und unterstrich: Elpenor angefangen. Kommen einem aber diese Worte öfters vor die Augen, so schwindet allmählich jeder Zweifel, dass etwa der erste Keim der Dichtung, daß das erste Erfassen des Gedankens daran gemeint sein könnte. Es ist sicher, daß unter jenem Tagebucheintrag der Beginn des Niederschreibens zu verstehen.

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