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Abweichender Lesarten sind nur wenige zu bemerken. Im Manuscript der projectirten Prachtausgabe der Gedichte ist der Zusak zur Ueberschrift „Ballade" ausgestrichen. Ebendaselbst hat Schiller eigenhändig in Str. 12, V. 3 „Von Theseus Stadt" in Von Kekrops Stadt," und in Str. 15, V. 4 „um den Sünder" in „um den Frevler" verändert. Im Musenalmanach für 1789 beginnt Str. 1, V. 7 „So wandert er" (statt So wandert' er") und in Str. 8, V. 3 steht bei Neptunus (statt Poseidons) Feste."

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57. Hero und Leander.

1801.

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Die in der ersten Ausgabe dieses Commmentars ausgesprochene Vermuthung, daß unsere Ballade um die Mitte Juni 1801 entstanden sei, hat sich seitdem durch Schiller's Notizenbuch bestätigt. Hiernach wurde sie am 17. Juni beendigt und am 19. an Cotta als Beitrag zum Taschenbuch für Damen abgefandt. Am 28. schrieb Schiller an Göthe: „Das kalte Wetter vor vierzehn Tagen hat meine Gesundheit angegriffen und meinem Fleiß geschadet. Für Cotta habe ich indeß doch eine Ballabe Leander und Hero wirklich zu Stande gebracht." Göthe antwortete Auf Hero und Leander bin ich recht neugierig —" und dies begreift sich um so leichter, als er selbst vor Jahren (im Mai 1796) eine poetische Bearbeitung der betreffenden Sage beabsichtigt hatte.

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Schiller war vermuthlich schon längst durch Ovid's Heroiden und Virgil's Georgita (III, 258 ff.) auf den Stoff aufmerksam geworden. Die Ovid'schen Heroiden Hero an Le ander und Leander an Hero sind nach der Weise dieses Dichters breit, üppig, voller Wißeleien, aber auch reich an schönen Ein

zelnheiten. Vielleicht sind sie nicht ganz ohne Einfluß auf den Ton der Darstellung in unserer Ballade geblieben. Ohne Zweifel kannte Schiller aber auch das aus dem vierten oder fünften Jahrhundert n. Chr. stammende ausführliche griechische Gedicht des Musäos über Hero und Leander, von dem damals schon ein paar deutsche Uebersezungen erschienen waren. Musäos beginnt, wie unser Dichter, mit der Schilderung des Schauplazes der Handlung, mit dem Unterschiede jedoch, daß Jener überhaupt die Reize der Gegend von Sestos und Abydos malt, während Schiller gleich das besonders hervorhebt, was nahen Bezug auf die Grundidee des Stücks, den Gegensaß der Elementarkräfte und der Macht der Liebe hat. Weiterhin erzählt Musäos, wie Hero, eine Priesterin der Aphrodite, und Leander bei der Feier des Festes der Aphrodite und des Adonis einen Liebesbund geschlossen, und der Jüngling der Geliebten versprochen habe, von seiner Geburtsstadt Abydos her Nachts durch den Hellespontos zu ihrem Felsenthurm an der Küste von Sestos zu schwimmen; nur möge sie, ihm als Leitstern in der dunkeln Nacht, eine Leuchte auf den Thurm stecken. Hero versprach, seinen Wunsch zu erfüllen. So schwamm denn Leander oft hinüber, während Hero die Leuchte hielt. Aber ihr Liebesglück sollte nicht lange dauern. Der Winter kam, die Stürme brausten, daß selbst die Schiffe sich nicht aus dem schüßenden Hafen herauswagten. Leander vertraute sich dennoch der stürmenden Fluth an. Vergebens flehte er zu Aphrodite, Poseidon und Boreas; die Moiren waren stärker als Eros. Ein Windstoß löschte die Leuchte, und Leander versant im Meere. Als Hero ihren Geliebten von den Wellen an den Fuß ihres Thurms gespielt und von den Klippen zerrissen sah, schwang sie sich zu ihm in die Tiefe hinab und starb.*)

*) Die ganze Erzählung schlägt so sehr in den Lon der Liebesromane und den Geschmack des Mittelalters und der Nenzeit hinein, daß es wohl begreiflich ist, warum

Obgleich Schiller in dem Gange der Erzählung nichts Wesent= liches änderte, ist doch seine Darstellung des Gegenstandes eine ganz eigenthümliche geworden, indem er durchweg den Stoff mit der hineingelegten Grundidee imprägnirte. Der Grundgedanke ist auch in dieser Ballade tief aus des Dichters Brust geschöpft. Es begegnet uns hier wieder eine besondere Erscheinungsart des großen Gegensates, der zwischen den unbegränzten Forderungen des Menschengeistes und Menschenherzens und der schrankenlosen Gewalt der Naturnothwendigkeit besteht. Hier bringt Schiller speciell die Macht der Liebe mit der Macht der blinden Elemente in Contrast, und zeigt die Abhängigkeit und auch wieder die Unabhängigkeit jener von dieser. Die Liebe, wie große Kräfte sie auch dem Menschen leiht, erliegt physisch doch den Elementen; aber in demselben Augenblick, wo Hero sich dieses rettungslosen Erliegens bewußt wird, wo sie „kalt, verzweifelnd in die öde Tiefe starrt" (Str. 24), gewahrt sie auch den Weg, auf welchem sie der Unterwürfigkeit unter jene rauhen, gefühllosen Mächte entfliehen kann: Und ein edles Feuer röthet ihr erbleichtes Angesicht." Es ist das Feuer, womit sie das stolze und freudige Gefühl ihrer geistigen Unabhängigkeit durchströmt. Auf die Pflichtverletzung, welche Hero als Priesterin beging, hat Schiller fein Gewicht gelegt, und noch weniger auf ihre von Hinrich's betonte Verschuldung gegen die Pietät durch die Anklage des Vaters in Strophe 11. Wenn in unserm Stücke von Bewußtsein der Schuld, des Unrechts bei Hero die Rede sein kann. der Stoff seithem so vielfach behandelt worden. In England wurde er durch Marlow's und Chapman's Bearbeitung populär; in's Spanische übertrug thn Boskan; in zahlreichen altfranzösischen, spanischen, italienischen, niederländischen, slandinavischen und beutschen Volksliedern kehrt er mit mancherlei Mobificationen wieder. Eine mittelhochdeutsche Bearbeitung der Sage í. in v. d. Hagen Gesammtabenteuer Nr. XV, 1, S. 313 ff. Hans Sachs dichtete „Die unglüchafft Lieb Leandri mit Frau Ehron." Alringer's Gedicht „Hero und Leander" ist in epischer Manter gehalten. Dramatisch wurde der Stoff von Love de Vega und von Grillparzer behandelt.

Viehoff, Schiller's Gedichte. II.

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so ist es höchstens der Gedanke, daß sie und Leander zu vertrauensvoll auf die Elemente gerechnet, daß sie ihre physische Abhängigkeit von denselben nicht genug anerkannt haben.

Die Naturgewalten aber stellt der Dichter in einem schauerlichen Lichte dar. Sie sind nicht etwa bloß rücksichtslos und blind, sondern sogar verrätherisch und schadenfroh. Der Gott des Meeres ist mit seinem Raub zufrieden (Str. 26), er zieht freudig fort, und wenn es dann weiter heißt, daß er aus seiner unerschöpften Urne den ewig fließenden Strom gieße, so ist damit auf das ewig dauernde Naturleben, dem schnellverblühten Dasein des einzelnen Menschen gegenüber, hingedeutet.

Fassen wir so die Grundidee auf, so erklärt sich auch die Behandlung des Einzelnen. Wir begreifen dann sogleich, warum Schiller sich nicht, wie Musäos, auf eine detaillirte Schilderung des Entstehens des Liebesverhältnisses eingelassen, und warum er dagegen so ausführlich in der Schilderung der Macht der Liebe, so wie des Verhaltens der Meerfluth ist, warum er uns ferner die Idee so lebendig zu erhalten sucht, daß der Liebenden Glück eine Frucht war, die sie am Rande des Verderbens brachen. Aus der Verkennung der Grundidee ist gewiß größtentheils der Tadel hervorgegangen, den die Kritik über dieses Stück im Uebermaß hat ergehen lassen. Manches ist für Breite und Ueberfülle erklärt worden, was wesentlich zur Sache gehört. Wenn sich hier und da eine Schwäche findet, so ist sie vielleicht auf pathologische Einflüsse zurückzuführen, wie die im Eingange mitgetheilte Briefstelle (Brief vom 28. Juni) nicht unwahrscheinlich macht. Im Ganzen aber bekundet auch diese Ballade, wie die frühern, den tiefen Geist und die vorzügliche Darstellungskraft unsers Dichters.

Str. 1 beginnt, wie im Kampf mit dem Drachen, mit einer Fragewendung, die uns dort gleich mitten in die Handlung versett, hier den Schauplatz der Handlung lebhaft vergegen

wärtigt. Vier feste Schlösser" (V. 2) beherrschen die Dardanellenstraße. Die am Südeingange einander gegenüberliegenden zwei neuen wurden unter Muhamed IV. gegen die Venetianer gebaut. Dann folgen an einem schmalern Theile der Meerenge die beiden alten Schlösser, die Muhamed II. gleich nach der Eroberung Konstantinopels anlegte. Im Dardanellenkanal gehen starke Strömungen von N. nach S.; daher: „Wo der Hellespont die Wellen brausend u. f. w." (V. 4-7). In V. 9 ist angenommen, daß Aften einst auch an dieser Stelle mit Europa zusammengehangen habe und durch die Fluthen des ägeischen Meers von ihm losgerissen worden sei. Der Gegensay in V. 9 f. führt geschickt und rasch zum Gegenstand der nächsten Strophen über.

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Str. 2. Rührte" (V. 2), ein mildernder Ausdruck für traf, verlegte; vgl. Str. 18, V. 2 und die Klage der Ceres, Str. 2, V. 10, wo „gerührt" für ergriffen, bezwungen fteht. Die Nominative Hero und Er in V. 4 f. können sich nicht an den vorigen Satz anschließen, wo Hero und Leander im Genitiv stehen; die Säße in V. 4 ff. find daher als elliptische aufzufaffen. „Hebe“ (V. 4), Tochter des Zeus und der Here, Göttin der Jugend und Mundschenkin im Olymp vor Ganymed's Raub, später Gattin des Herakles, wurde als höchst liebreizendes, blumenbekränztes Mädchen in rosengeschmücktem Kleide dargestellt. Wie in V. 5 f., erscheint auch in Ovid's Heroide 19 Leander als Jäger. Das Verhältniß der Liebenden in V. 7 f. erinnert an Romeo und Julie, die auch die süße Frucht am Abgrund der Gefahr brachen. Warum Schiller nicht das Hinderniß benußen konnte, welches in Hero's priesterlichem Stande lag, folgt aus dem in der Einleitung Gesagten. Er mußte, um die Grundidee rein zu halten, die Erinnerung an ein Vergehen gegen Aphrodite vermeiden, weil sonst der Untergang der Liebenden als eine Strafe für dieses Vergehen hätte erscheinen können,

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