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seinem Großmeister

der Teufel die Seele, der Bischof das Geld, die armen dummen Menschen eine augenblickliche Ergözung. ,,Nach meinem Dafürhalten schrieb ein Gesandter der deutschen Ordensritter vernehme ich nicht anders, denn daß die Kirchen und die Geistlichkeit viel zu reich sind; es ist ein Uebel, daß sie mehr haben als die heiligen Apostel hatten; es wird nicht besser werden als wenn man das, was von Alters die Könige und Fürsten den Kirchen gegeben haben, von ihnen wieder nimmt." Also die unverholene Ansicht, daß der Reichthum des Klerus und der Kirche nur ein unter gewissen moralischen Voraussetzungen anvertrautes Gut, und demnach auch zurück zu fordern sei zu besserer Verwendung, sobald jene Voraussetzungen durch die Wirklichkeit widerlegt würden.

In einem wo möglich noch stärkeren Widerspruch gegen seine ideale Bestimmung stand das Mönchthum, das statt der Selbstverleugnung, der Demuth und Brüderlichkeit, zu der es sich hatte erheben wollen, nun vielfach der Weltluft, und zwar oft in ihren grellsten Gestalten fröhnte. Das Klosterleben, wie es nun gewöhnlich aufgefaßt wurde, war zum Wohlleben in Müßiggang und Sinnenlust geworden; meist unter heuchlerischer Hülle, doch nicht selten auch ohne diese in unverhüllter Dreistigkeit. Einer der angesehensten Volkslehrer in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, Geiler von Kaisersberg, Prediger in Straßburg (1478-1516) erklärt geradezu: Aus dem Klosterleben sei lauter Gaukelwerk geworden; Frauenund Männerklöster seien Häuser der Verführung; wie manche fromme Frau sei schon zu ihrem Verderben in's Kloster gegangen! Ja, er scheut sich nicht vor dem harten Ausdrucke der Warnung:,,Wenn Du einen solchen Mönch siehst, so zeichne Dich mit dem heiligen Kreuze; ist er schwarz, so ist er der Teufel, ist er weiß, so ist er seine Mutter, ist er grau, so hat er Theil an beiden." - Mit dem derben Worte des ernsten deutschen Predigers stimmt das Zeugniß des römischen Historikers Infessura vollkommen überein; als Zeitgenosse Alerander's VI versichert er: leider wisse jedermann in Rom, daß die Klöster bereits zu Höhlen des sittlichen Verderbens geworden.

Eine so furchtbare und allgemeine Entartung der Geistlichkeit in allen ihren Rangstufen mußte natürlich die unseligste Rückwirkung auf den Laienstand ausüben. Derselbe Geiler von Kaisersberg, dessen Wort wir so eben anführten, nennt mit rücksichtsloser Schärfe die Prälaten als Ursache und Ursprung der Zerstörung des ganzen Erdreichs:,,die armen Schäflein, die ihnen nachgehen, verführen sie; wer sich an diese faule Stüße lehne, der falle; nur Christus, die Apostel und andere Heilige seien die rechten Säulen, an die man sich lehnen könne." Um die zerstörende Macht des bösen Beispiels der Geistlichkeit in seiner volksthümlichen Art recht anschaulich zu machen, erinnert er an den Bauern, der einen hohen Baum erklommen, während an seine Füße sich ein Anderer festklammerte, der wieder einen Zweiten und dieser einen Dritten auf die nämliche Weise mit sich emporzog; so hängen sie Alle an dem Ersten, bis dieser in leichtsinniger Zerstreuung sich die Hände reiben will, und somit

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sich und seinen Anhang in demselben Augenblicke hinunterstürzt. Unter jenem Bauern klärt Geiler verstehe er den Prälaten, der den Wipfel des Baums, d. i. die Höhe des christlichen Lebens, ersteigen und seine Untergebenen durch sein thatkräftiges Beispiel zur Nachfolge bewegen follte; sobald er aber Hand und Herz vom Baume des Lebens zurückziehe, so verschulde er den sittlichen Abfall des ganzen ihm anhangenden Volkes.

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Der Anblick jener tiefen Verjunkenheit der geistlichen Lehrer des Volkes hatte die natürliche Folge, daß dieses hier dem herbsten Unglauben, dort dem dumpfsten Aberglauben anheimfiel. Der Unglaube machte sich bei den Gebildeteren als kühle Abgeschloffenheit des Verstandes geltend oder als selbstbewußte Freigebung des ungezügelten Sinnengenusses; von dieser Seite hörte man wohl (wie z. B. von dem Vater des Capito) die Behauptung aussprechen: nur ein Dummkopf oder ein Heuchler könne noch ein Geistlicher werden. Der Aberglaube war dann vorzugsweise das Loos der ärmeren und ungebildeten Klassen; durch abgeschmackte Predigten, durch falsche Wunder, durch einen widerwärtigen Reliquienhandel, durch Gründung immer neuer Gnaden - Orte wurde er ohne Unterlaß ausgebeutet und gesteigert. Beide geistige Verirrungen, der Unglaube wie der Aberglaube, mündeten aber mit gleich starker Strömung in einer Entsittlichung aus, die von Jahr zu Jahr so grauenhaft zunahm, daß sie den edleren Geistern der Zeit die bittersten oft verzweifelnden Klagen auspreßte. Selbst ein Geiler, der sonst wohl sich an der Aussicht zu erquicken suchte, Gott werde bald zur Erneuerung der verdorbenen Religion einen Mann erwecken," hatte oft wieder mit völlig hoffnungslosen Stimmungen zu kämpfen: „Du sprichst, mag man nicht eine allgemeine Reformation machen? Ich spreche: nein; es ist auch keine Hoffnung, daß es besser werde um die Christenheit." -War es da ein Wunder, wenn sich wie immer an der Schwelle großer Umwälzungen in vielen ernsten Gemüthern der Gedanke festseßte: das Ende der Tage und das Weltgericht sei nahe? oder wenn Andere eine Sündfluth erwarteten?

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Schon seit Jahrhunderten hatte sich gegen diesen immer stärker hervortretenden Verfall der herrschenden Kirche ein Widerstand der Gesinnung gebildet, der in zahlreichen Kreisen nicht nur bis zum völligen Bruch mit der von ihrer Bestimmung abgefallenen äußern Kirche fortschritt, sondern selbst mit den Grund-Ideen der christlichen Offenbarung in Widerspruch gerieth. Der heftige Drang nach Abstreifung aller kirchlichen Sagung und nach Durchbrechung aller religiösen Schranken flüchtete sich in den Pantheismus; jenseit des hierarchischen Zwanges und der Umzäunung der geschichtlichen Offenbarung glaubte man den freien Athem erst wieder in jenen Ansichten zu finden, die den Menschen als von Natur göttlich, der Offenbarung und Erlösung nicht bedürftig darstellten. Damit war der ganze geschichtliche Grund, auf welchem nicht nur die römische Kirche, sondern das kirchliche Christenthum sich aufgebaut hatte,

mit einem einzigen Anlaufe übersprungen. Dies war die Lehre, zu welcher sich ein Theil der späteren Begharden und die Brüder des freien Geistes in ihren geheimen Zusammenkünften bekannten. Die praktische Anwendung dieser Ansichten offenbarte sich in dem Streben: den ursprünglichen Stand der Natur, die erste paradiesische Unschuld und die unbedingte Gleichheit Aller durch Aufhebung aller Unterschiede wiederherzustellen. Alle Trennung der Menschen durch Familie, Eigenthum, Gemeinwesen, Kirche sollte in der göttlichen Einheit des uranfänglichen Naturstandes untergehen; der Mensch brauche nur seine angeborene Göttlichkeit zu begreifen und seine angeborene Natur fragelos walten zu lassen, so werde die Rückkehr der paradiesischen Freiheit, Unschuld und Gleichheit von selbst eintreten. Dürfen wir eine moderne. Bezeichnung anwenden, so finden wir in dieser Richtung unverkennbar den pantheistischen Communismus des untergehenden Mittelalters. Sein Hauptsiz in Deutschland war Köln gewesen, wo auch Meister Ekkart (in innerer Verwandtschaft wenn nicht des sittlichen Lebens, doch der religiösen Anschauung) lehrte; dort waren ihre geheimen Zusammenkünfte und die sittlichen Verirrungen, die oft im Dunkel ihrer Verborgenheit ausbrachen, endlich (1325) ausgekundschaftet und mit Hinrichtungen bestraft worden. Von da an waren die Brüder des freien Geistes überall wo sie entdeckt wurden, am Rhein, an der Elbe und der Oftsee, der strengsten Verfolgung der Kirche ausgeseht. Auch bei ihrem spätern Auftreten in der Reformation, im vorigen Jahrhunderte und in unserer Zeit hat diese Richtung immer denselben Grundcharakter bewahrt wie damals: die gänzliche Verkennung der tiefsten Gefeße der Persönlichkeit, der menschlichen wie der göttlichen, und im engen Zusammenhange damit die roheste Verkennung der einfachsten und unentbehrlichsten Bedingungen aller höheren menschlichen Gemeinschaft und Bildung: die Verkennung der innern Freiheit und der sittlichen Liebe.

Wenn die Brüder des freien Geistes auf eine radicale Umwälzung der Kirche und der gesellschaftlichen Ordnung ohne Erfolg in phantastischer Weise hinstrebten, so erhob sich neben und nach ihnen eine viel stärkere Gesinnung in weiteren Kreisen, die mit Besonnenheit den Angriff gegen die bestehenden Mißbräuche innerhalb des geschichtlichen Bewußtseins auf dem gemeinsamen christlichen und kirchlichen Boden führte. Die leitenden Gesichtspunkte auf dieser Seite waren Reformen in Verfassung und Disciplin der Kirche; die Hülfe sollte also vorzugsweise von Verbesserungen und Fortschritten in den Formen und Institutionen ausgehen. Die unbedingte monarchische Gewalt in der Kirche war durch das Schisma (die gegenseitige Bekämpfung mehrerer gleichzeitiger Päpste) so in sich zerfallen, daß die Frage nach dem rechtmäßigen Ursprunge der obersten Autorität sich von selbst aufdrängte. Nicht in den Päpsten allein hieß es nun sondern in den Bischöfen, in den allgemeinen Kirchenversammlungen, mit oder auch ohne den Papst, ist die wahre Quelle der geistlichen Gewalt,

der kirchlichen Souveränetät zu suchen. Mit andern Worten: die kirchliche Aristokratie stellte sich neben die geistliche Monarchie oder sogar in entscheidenden Augenblicken über dieselbe, indem sie die höchste geseßgebende und richterliche Autorität in den Schoß einer stellvertretenden Versammlung aller christlichen Nationen legte.

Aus diesem Geiste gingen in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts die großen Concile von Pisa, Constanz und Basel hervor, von denen Europa die endliche Erfüllung der lange gehegten Wünsche erwartete: Reformation an Haupt und Gliedern, Ausrottung der unzähligen schreienden Mißbräuche in der kirchlichen Regierung und Verwaltung. Es fehlte nicht an Geistern, die den Entwurf zu den umfassendsten Umgestaltungen in sich trugen und gelegentlich aussprachen, es fehlte nicht am Muthe von der außerordentlichen durch die Stimme der Völker angewiesenen Macht einen kühnen Gebrauch zu machen. Päpste wurden mit zweifelloser Zuversicht abgesezt und eingescht fast wie Präsidenten eines republikanischen Kirchenstaates, und die Grundgedanken einer für alle Zukunft zu Recht bestehenden repräsentativen Verfassung feierlich zum Beschlusse erhoben. Und dennoch mißlang, was diese vom Geiste der Zeit, ja von der Züstimmung der ganzen christlich gebildeten Welt getragenen Versammlungen erstrebten. Die ersehnte und beschlossene Reformation von oben herab scheiterte sowohl an den innern Widersprüchen dieser Repräsentativ - Regierung ohne feste gesicherte Organisation als an dem Widerstande und der schlauen Politik des päpstlichen Hoses, und endlich an der theilweisen Bethörung der politischen Mächte und dem Wankelmuthe der Völker. Ein halbes Jahrhundert der größten Anstrengungen, der hoffnungsvollsten Anläufe sollte so hatte es den Anschein nur in Erschöpfung und Gleichgültigkeit verkümmern.

Doch war gleichzeitig noch von anderer Seite her der Weg zur Rettung gesichert worden; nicht durch den Streit über die Verfassung und über die zweifelhaften Gränzen der Gewalt zwischen dem Kirchenfürsten und dem kirchlichen Parlamente; auch nicht blos vermittelst der bevorzugten obern Klassen und Stände der Geistlichkeit, sondern durch einzelne hervorragende überzeugungsmächtige Persönlichkeiten. Mit der hinreißenden Macht des begeisterten Wortes wenden sie sich an alle Christen ohne Unterschied des Standes, an Geistliche und Laien, Gelehrte und Ungelehrte; Strenge des sittlichen Lebens und Vereinfachung der äußern Kirche nach dem Maßstabe der ältesten Christengemeine und der Schrift waren die beiden Hebel, womit sie die Reinigung und Erneuerung des Christenthums zu erreichen hofften.

Männer wie Wifliff in Orford, Huß und Hieronymus in Prag, Johann von Wesel in Erfurt und am Rhein (in Mainz und Worms) wie Savonarola in Florenz waren die bedeutendsten Geister dieser Richtung. Fast Alle wurden sie das Opfer ihres Kampfes, nur

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der Engländer Wikliff starb (1384) unangefochten in der Zurückgezogenheit seines Pfarrdorfes, obwohl die englische Hierarchie auf dem Concile zu London seine Lehre verdammt und ihn von der Universität verdrängt hatte. Huß und Hieronymus dagegen erlitten im Anfange, wie Savonarola am Ende des Jahrhunderts den Märtyrer - Tod an den Ufern des Rheins und des Arno, und Johann von Wesel starb, ein geknickter Greis, im klöfterlichen Gefängniß. In ihre Verfolgung und Verurtheilung hatte die päpstliche und die repräsentative Priesterherrschaft, der römische Hof und die Kirchenversammlung zu Constanz sich übereinstimmend getheilt. Aber es war durch jene Opfer ein Feuer entzündet, das keine äußere Macht zu löschen vermochte: der Widerstand gegen die Verderbnisse der Kirche hatte einen festen und unüberwindlichen Grund gefunden, in der Autorität der Schrift als der ursprünglichen Offenbarungs - Urkunde, sodann im lebendigen Wort und im Blute der hingeopferten Wahrheits - Zeugen. Das aber ist zu allen Zeiten die geheimnißvolle unversiegbare Geburtsstätte jedes höheren Lebens in der Geschichte: Glaube und Opfer in unzertrennlicher Einheit, die göttliche Gewißheit der Ueberzeugung und ihre heilige Besiegelung in der Opfertreue bis zum Tode die Verklärung des Gedankens und des Schmerzes in der ewigen Liebe.

Bisher war die Rede von den großen Reformations - Versuchen des fünfzehnten Jahrhunderts, wie sie hier von einer organischen Umbildung der kirchlichen Institutionen, dort von bedeutenden reformatorischen Persönlichkeiten ausgehen wollten, wobei es sich immer vorzugsweise um eine praktische Umgestaltung des äußeren kirchlichen Lebens, der Verfassung, Zucht und Sitte handelte. Nun aber wenden wir uns zu den stilleren Reform - Bestrebungen, welche minder eine äußere als zunächst eine innere geistige Umgestaltung im Auge hatten. Dort wurde (obwohl sich dies nie zu scharf trennen läßt) eine Wiedergeburt der Formen und der äußern Praris, hier dagegen in erster Linie eine Wiedergeburt des Geistes in Gefühl und Erkenntniß erzielt: dort eine überwiegend praktische, hier eine überwiegend theoretische Reformation. Daß die Reform - Bewegung von diesen beiden Seiten aus fast gleich mächtig und gleichzeitig angestrebt wurde: darin ist gerade das bedeutendste Zeugniß für die Ursprünglichkeit und innere Nothwendigkeit dieser Bestrebungen enthalten. Denn im Großen tragen nur diejenigen Umwandelungen eine Lebensdauer für Jahrhunderte in sich, welche reich und tief genug sind, um die beiden Pole des menschlichen Wesens, den nach außen und den nach innen gekehrten, anzuziehen, und so den Bedürfnissen des thätigen wie des beschauenden Geistes befriedigend entgegen zu kommen.

Jene mehr innerlichen Reformations - Bestrebungen hatten damals ihren tiefsten Grund in zwei der bedeutendsten geistigen Ereignisse des fünfzehnten Jahrhunderts: darin nämlich, daß der ächte Geist des Christenthums aus seiner Entstellung und Vermummung,

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