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Haupt sündige, da gebühre dem Geistlichen den Sünder auf den rechten Weg zu weisen mit großer Demuth und unablässiger Fürbitte bei Gott. Es könne mit göttlicher Schrift nicht beigebracht werden, daß Alle müßten Keßer sein, die dem Papste die Füße nicht wollten küssen, oder daß solches ein Artikel des Glaubens wäre. Dem Kaiser als der höchsten Obrigkeit sei man vor Allem Gehorsam schuldig; regiere er nicht recht, so müsse er Gott Rechenschaft darum geben und nicht den armen Menschen. Wer daher unschuldig im ungerechten Bann sei, dessen Vermaledeiung kehre sich vor Gott zur Begnadigung. Die Seele gehöre Gott, Leib und

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So sehen wir, wie aus der Mitte dieser beschaulichen, sonst ganz nach innen gerichteten Gesinnung doch ein Widerstand gegen die ganz äußerlich gewordene verweltlichte Kirche sich erhebt ein Widerstand, der sich auf ein höheres Princip und auf die tägliche Erfahrung stüßte. Ein höheres Princip war es aber, wenn man sich der Sazung des Papstes (der priesterlichen höchsten Autorität) gegenüber auf Christus, die Apostel und Concile und auf ,,göttliche Schrift“ berief; oder wenn man im Gegensahe gegen die Ansprüche priesterlicher Herrschsucht die gleiche religiöse und sittliche Berechtigung des Staates neben der Kirche in Anspruch nahm. Das waren gerade die wichtigsten Pfeiler, auf denen Luther's Werk sich erhob. Jener Widerstand sagten wir stüßte sich aber auch auf die tägliche Erfahrung: auf den empörenden Anblick des sittlichen Verderbens in der Priesterkirche; ein Anblick, der selbst diesen stillen in sich gekehrten Gemüthern strenge erschütternde Worte sittlicher Verurtheilung in den Mund gab. So entwirft das wichtige Büchlein,,Von den neun Felsen" (1352), das vielleicht von Suso herrührt (ein Buch, das „den guten sich zu Gott kehrenden Menschen“ lehren will: welches die rechte Straße sei zu seinem Ursprunge"), ein dunkles Gemälde der Gebrechen der damaligen Christenheit." Es schildert:,,wie sorglich es nun stehe mit allen Menschen bis auf gar wenige, und wie alle christliche Ordnung vergangen und verkehrt sei.“ – „,,Die Päpste seien hievor mit allem Ernste besorgt gewesen, wie sie der Christenheit zu Hülfe kämen; nun aber sei das Licht rechter Ordnung in ihnen erloschen, da sie in Allem nur ihre Ehre und zeitliches Gut suchten. Die Kardinäle von Geiz und Hoffart verblendet, stellten nur darnach, ihren Verwandten zu weltlichen Ehren zu verhelfen oder selbst Papst zu werden. Die Bischöfe minnten und meinten Gut und Ehre und weltliche Gewalt mehr, denn daß sie sorgten um die Seelen, für die Gott sein Blut vergossen. Unter den Lehrern fänden sich so Wenige die auf den Stühlen die Wahrheit sagen dürfen, die Leute warnen und ihr Leben wagen Gott zu Ehren. Die Weltgeistlichen verthäten ihr Gut, das sie von Gottesgaben nehmen, mit Unkeuschheit, Prassen und Hoffart; aller göttliche Ernst sei zumal in ihnen vergangen und vergessen, und dazu sei in ihnen von allem dem

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so wenig inwendiges Empfinden, als ob es sie nicht anginge. In den Klöstern sei überall Krieg und Entzweiung aus Herrschsucht. In den Bettelorden finde man selten einen Beichtvater, der nicht seinen eigenen Nugen suche und den Leuten liebkose. In den Frauenklöstern sei es dazu gekommen, daß, wo ein recht guter Christenmensch unter ihnen sei, der müsse sie fliehen wegen ihrer Worte und bösen Wandels; wer mit ganzem Ernste sich zu der ewigen Wahrheit kehren wolle, dessen spotteten sie und vernichten sein Leben und ihn zumal.“ Blickt der Verfasser jenes Büchleins Von den neun Felsen“ dann auf die Laien, so findet er dieselben Gebrechen: bei Fürsten und Adel Hoffart, Ueppigkeit, Uebermuth, Erpressung; bei Bürgern und Kaufleuten in den Städten Geiz und unruhige Gewinnsucht bei Tag und Nacht, weil jeder dem Andern gleich werden und über ihn kommen wolle mit seinem Gute, statt daß sie sich begnügten mit dem, was für sie und ihre Kinder hinreichte. Von den Handwerkern klagt er, daß sie mit Hoffart hoch über sich klimmen und sich denen gleich stellen wollen, unter denen sie nach Gottes Ordnung stehen sollten. Die Bauern nennt er unwissend aller Gottesfurcht, schalkhaft und hoffärtig, von Grund bösen Herzens und Gemüthes. In den Weibern sei alle göttliche Zucht und frauenhafte Schaam vergangen, so daß sie frevler und kecker zur Sünde seien als die Männer."

Kein Wunder, wenn solche Eindrücke auch in diesem Gemüthe den Gedanken an nahen Untergang oder an eine drohende thierische Barbarei wecken: „Sollte Gott die Welt der Sünden wegen untergehen lassen wie zu Noah's Zeiten, so müßte er es alle Tage, alle Stunden thun!" Als Vorzeichen solcher Gerichte erschienen ihm die schweren Heimsuchungen, die damals (nun gerade vor fünf Jahrhunderten, 1347 und 1348) auf Europa lasteten: der zerrüttende Zwiespalt von Staat und Kirche und die furchtbare Krankheit, die unter dem Namen der schwarze Tod" Unzählige hinraffte. ,,Gott hat die Leute gar freundlich und minniglich gewarnt in diesen lezten Zeiten; aber es half gar wenig, man hat sein vergeffen." Er fürchtet daher: Gott könnte es dahin kommen lassen, daß in allgemeiner Barbarei Einer den Andern ermordete; denn schon wolle Jeder über den Andern kommen, Sünde halte man nicht mehr für Sünde; ja, in vielen hundert Jahren seien die Menschen nicht mehr so böse gewesen wie jest."

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Auch Tauler stimmt in Warnung und Besorgniß mit ihm überein: Alle Menschen nehmet mit Ernst und bebender Furcht wahr und merket den großen Zorn und die lange verschuldigten Plagen der Gerechtigkeit Gottes, die in diesen Jahren schwer auf die Welt fallen, schwerer denn seit vierhundert Jahren! Und ist sehr zu fürchten, daß sie noch unbegreiflicher, unüberwindlicher und schwerer fallen werden!“

Als die bedeutendsten Vertreter jener innerlichen und beschaulichen (mystischen) Richtung wurden neben Suso und Tauler noch der Verfasser der deutschen Theologie und Thomas von Kempen genannt.

Das Büchlein „die deutsche Theologie“ ist unbestreitbar als eine der merkwürdigsten geistigen Vorarbeiten der Reformation anzusehen, wie es denn auch in Luther's Seele den tiefsten Eindruck hervorbrachte. „Man liest - so schreibt er in der Vorrede zu dieser von ihm 1518 herausgegebenen Schrift - daß St. Paulus, geringer und verächtlicher Person, doch gewaltige und tapfere Briefe schrieb, und er selber von sich rühmet, daß seine Rede nicht mit erschmückten und verblümten Worten gezieret, doch voller Reichthums aller Kunst der Weisheit erfunden. Auch so man Gottes Wunder ansicht, ist klar, daß allezeit zu seinen Worten nicht erwählet sind prächtige und scheinbare Prediger, sondern als geschrieben steht: durch den Mund der Unberedten und Säugling hast du auf's beste verkündet dein Lob............. Das sag' ich darum, daß ich verwarnet haben will einen Jeglichen, der dies Büchlein liest, daß er seinen Schaden nicht verwirke, und sich ärgere in dem schlechten Deutsch oder ungefränßten ungekränzten Worten. Denn dies edle Büchlein, als arm und ungeschmückt es ist in Worten und menschlicher Weisheit, also und vielmehr reicher und überköstlich ist es in Kunst und göttlicher Weisheit. Und daß ich nach meinem alten Narren rühme, ist mir nächst der Biblien und St. Augustin nicht vorkommen ein Buch, daraus ich mehr erlernet hab und will, was Gott, Christus, Mensch und alle Ding sein. Und befinde nun allererst, daß wahr sei das etlich Hochgelehrten von uns Wittenbergischen Theologen schimpflich reden, als wollten wir neu Ding vornehmen, gleich als wären nicht vorhin und anderwo auch Leut gewesen. Ja freilich sind sie gewesen. Aber Gottes Zorn, durch unsre Sünd verwirket, hat uns nicht lassen würdig sein dieselben zu sehen oder hören. Denn am Tag ist, daß in den Universitäten eine lange Zeit solches nicht gehandelt, dahin gebracht ist, daß das heilig Wort Gottes nicht allein unter der Bank gelegen, sondern von Staub und Motten nahezu verweset. Lese dies Büchlein wer da will, und sage dann, ob die Theologie bei uns neu oder alt sei, denn dieses Buch ist ja nicht neu? Werden aber vielleicht wie vormals sagen: wir seien deutsche Theologen. Das lassen wir so sein. Ich dank Gott, daß ich in deutscher Zunge meinen Gott also höre und finde, als ich und sie mit mir bisher nicht gefunden haben weder in lateinischer, griechischer noch hebräischer Zunge. Gott gebe, daß dieser Büchlein mehr an Tag kommen, so werden wir finden, daß die deutschen Theologen ohne Zweifel die besten Theologen seien. Amen!" Ueber den Verfasser lesen wir in alten Ausgaben die Bemerkung: Dies Büchlein hat der allmächtig ewig Gott ausgesprochen durch einen weisen, verständigen, wahrhaften, gerechten Menschen, seinen Freund, der da vor Zeiten gewesen ist ein deutscher Herr, ein Priester und ein Custos in der deutschen Herren Haus zu Frankfurt, und lehret manchen

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lieblichen Unterschied göttlicher Wahrheit, und besonders wie man erkennen möge die wahrhaftigen gerechten Gottesfreunde und auch die ungerechten falschen freien Geister, die der heiligen Kirche gar schädlich sind.“

Man sieht, Luther begrüßt jenes Büchlein von der deutschen Theologie als eine der reinsten Stimmen christlicher Wahrheit, als eine Quelle von Erkenntnissen, die nach der Bibel und Augustin ihm das meiste Licht über die göttlichen Dinge gewährten. Und in der That ist diese merkwürdige Schrift ein ebenso reiner als kühner tiefsinniger Versuch, das Christenthum aus der Erstarrung der Sagungen in die freie Bewegung des Geistes, in die innersten Erlebnisse des Herzens hinüber zu retten. Der deutsche religiöse Tiefsinn streift hier schon mit schonender, aber sicherer Hand die Hüllen und Fesseln ab, die ihm bisher den Einblick in die Tiefen des göttlichen Lebens und Erkennens verwehrten. Aus dem Windeln- und Wiegenzustand des gebundenen äußeren Glaubens erhebt sich die freie innere Religion, das ewige geistige Christenthum des Weltheilandes; aus dem Gefängnisse der phantastischen Anschauungen heiliger Geschichten und mechanischer Befolgung todter Geseze kehrt die Religion des göttlichen Nazareners in ihre Heimath zurück, in's Heiligthum des Gewissens und des Herzens.

Dies ist die höhere Bedeutung der deutschen Theologie," und nur darum konnte sie in der innern Entwicklung des deutschen Reformators eine so bedeutende Stelle einnehmen. Ihren Grundcharakter der innerlichen Religion, des Selbsterfahrens und Selbsterlebens, also des persönlichen Glaubens, spricht sie mehrmals unzweideutig aus:,,Wenn nun das Vollkommene kommt, so verschmähet man das Unvollkommene und Stückwerk. Wann kommt's aber? Alsdann, sage ich, wenn es erkannt, empfunden und geschmeckt wird in der Seele, sofern als einer Kreatur möglich ist.“ Und noch bestimmter, im bewußten Gegensage gegen einen todten historischen Glauben: „Auch alle die Werke und Wunder, die Gott je gethan hat, oder immer wirken mag in und durch alle Kreaturen, oder auch Gott selber mit aller seiner Güte, so fern es außer mir ist und geschieht, so macht es mich nicht selig, sondern soviel es in mir ist und geschieht, und erkannt und lieb gehabt, empfunden und geschmeckt wird.“ Sünde und Erlösung, die Geschichte Adams und Christus, Fall und Wiederherstellung des göttlichen Ebenbildes in der menschlichen Natur werden als die fortdauernde innere Geschichte der Menschheit gedeutet: ,,Schrift, Glaube und Wahrheit sprechen, die Sünde sei nichts Anderes, denn daß sich die Kreatur abwendet von dem unwandelbaren Gute zu dem wandelbaren; daß sie sich kehret von dem Vollkommenen zum Unvollkommenen und allermeist zu sich selbst.“ ,,Mein Fall muß gebessert werden ebener Maßen wie Adams Fall und von demselben... Gott nahm menschliche Natur oder Menschheit an sich und ward vermenschet, und der Mensch ward vergottet; also geschah die Besserung... Und soll es geschehen, daß mein Fall gebessert werde, so muß auch Gott in mir vermenschet werden, also daß Gott an sich nehme alles das so in mir ist, von innen

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und außen, also daß nichts überall in mir sei, das Gott widerstrebe oder sein Wort in mir hindere."

,,Von Rechtswegen und in der Wahrheit sollte in dem Menschen Nichts sein, das sich Etwas anmaßete oder liebte oder meinete, ausgenommen Gott und die Gottheit allein, d. i. das ewige einige vollkommene Gut. Kürzlich: mag der Mensch dazu kommen, daß er seinem Gott das sei, was dem Menschen seine Hand ist, so lasse er sich genügen.“ - Diesem Ziele können wir uns auf einem stufenweise emporsteigenden Wege nähern, indem wir von der Erkenntniß und Liebe des Geschaffenen in seinen reinsten und edelsten Erscheinungen allmälig aufsteigen zum Unerschaffenen und Vollkommenen: „Wenn man sich also in den Kreaturen an das Beste hält so man erkennen mag, und nicht hinter sich gehet, so kommt man zu einem Besseren und noch Besseren, so lange bis der Mensch erkennet und schmecket, daß das Ewige, Einige, Vollkommene ohne Maß und Zahl über alles geschaffene Gut ist."

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Zu jener Höhe des innern Lebens in Gott, zu jener Vollendung der geistigen Religion im Menschen giebt es aber nur einen Weg: die Gemeinschaft mit Christus. Wer zu ,,der obersten Wahrheit“ nicht auf dem rechten Wege und durch die rechte Thüre d. i. durch Christus kommen will, oder wähnet, er sei ohne ihn dazu gekommen, der geräth in „eine thörichte ungeordnete Freiheit und Unachtsamkeit.“ „Zu dieser wahren Erkenntniß oder zu Christi Leben kommt Niemand mit viel Fragen oder vom Hörensagen oder mit Lesen, Studiren, mit großen hohen Künsten und Meisterschaften oder mit hoher natürlicher Vernunft... Dies bezeuget Christus selbst, denn er spricht: wer mir folgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!... Dies meinet er also: wer nicht alle Dinge läffet und verlieret, der mag mich in Wahrheit nimmer erkennen noch zu meinem Leben kommen. Und wäre dies durch Menschenmund nie geredet, so redet es doch die Wahrheit in sich selbst, denn es ist in der Wahrheit also." ,,Niemand mag erleuchtet werden, er sei denn zuvor gereiniget, geläutert und erlediget; auch mag Niemand mit Gott vereinigt werden, er sei denn zuvor erleuchtet. Es sind also diese drei Wege: Reinigung, Erleuchtung, Vereinigung."

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,,Wenn man redet vom alten und neuen Menschen, soll man merken: der alte Menschh ist Adam und Ungehorsam, Selbstheit und Ichheit; aber der neue Mensch ist Christus und der Gehorsam." „Zu dem wahren Gehorsam war und ist der Mensch erschaffen, und ist denselben Gott schuldig; und dieser Gehorsam ist in Adam untergegangen und gestorben, und ist in Christo aufgestanden und lebendig worden... Ja die Menschheit Christi war und stand also von sich selber ab und von allen Dingen als je keine Kreatur, und war nichts anderes denn ein Haus und Wohnung Gottes und alles dessen, was da Gott zugehöret.“ ,,Wer in dem Gehorsam und im neuen Menschen lebet, der ist Christi Bruder und Gottes Kind... Wer im Ungehorsam ist, der ist in Sünden, und die Sünde wird nimmer gebüßet noch gebessert denn mit einem Wiederkehren in den Gehorsam... und kommt der Mensch wieder in

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