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in meinem Herzen nimmer zufrieden sein... „Fünfzehn Jahre bin ich ein Mönch gewesen, habe täglich Messe gelesen und den Psalter gebetet, daß ich ihn auch auswendig wußte... Und nie konnte ich's dahin bringen mit allen meinen Messen, Beten, Wachen, daß ich hätte können sagen: nun bin ich's gewiß, daß Gott mir gnädig sei. ,,Im Papstthum ist's kein Wunder gewesen, daß man sich vor dem Sakrament gescheuet und entsezet hat... Denn da hat man dies liebliche tröstliche Sakrament mit Gallen, Essig und Wermuth verderbet... hat uns gelehret, wir müssen so gar rein sein, daß auch nicht ein Stäublein täglicher Sünde in uns bleibe... Solches konnt ich an mir nicht ersehen; darum erschrack ich vor dem Sakrament. Und solch Schrecken, so ich im Papstthum gelernet habe, und dessen ich ge= wohnet bin, hanget mir noch heutiges Tages an, so ich doch mit Fröhlichkeit dazu kommen sollte. ,,Wenn ich zum Sakrament gehen wollte, hatte ich die Gedanken: wer doch nur eine einzige Stunde nach der Beichte rein bleiben könnte! auf daß ich das Sakrament würdiglich empfahen möchte! „Darum war das meine Weise und Gewohnheit, wenn ich meine Zeit ausgebetet oder Messe gehalten hatte, daß ich allwege am Ende mit solchen Worten schloß: Mein Lieber Herr Jesu, ich komme zu Dir und bitte Dich, Du wollest Alles, so ich in meinem Orden thue und leide, Dir gefallen lassen und annehmen zu einer Vergleichung für meine Sünde. — „Ich hatte mir einundzwanzig Heilige erwählt, las jeden Tag Messe, und rief dabei immer drei derselben an, so daß ich die Woche herum kam; und vornämlich betete ich die heilige Jungfrau an, als deren Frauenherz leichter gerührt wäre, den Sohn zu verföhnen. So find wir, die gerne wollten recht leben, geängstet durch des Papstes Gebot, der durch seine Mönche so viel unzähliger Stricke der Gewissen gemacht.“

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Wie den Mönchs- und Priesterstand, so betrachtete er die Autorität des Papstes und der römischen Kirche damals noch mit tiefer Ehrfurcht ganz von der idealen Seite, mit Gefühlen unbedingtester Unterwerfung, wie sie nur das Mittelalter in seinen feurigsten Gläubigen gekannt hatte. Leicht hätte er in jener Stimmung zum fanatischen Kezer-Richter, zum eifernden Verfolger wie Saulus ausarten können, wenn die Gelegenheit sich dazu geboten hätte. „Ist irgend einer gewesen so lautet sein eigenes Zeugniß wahrlich so bin ich es, der vor dem Wiederaufgange des evangelischen Lichtes die päpstlichen Geseze und der Väter Traditionen innigst verehrte, dafür eiferte mit großem Ernste, sie und daß man sie hielte, für ein Heiligthum achtete, dafür brannte und sie als zur Seligkeit nothwendig vertheidigte. „So groß war des Papstes Ansehen bei mir, daß ich meinete: nur im geringsten Artikel von ihm abweichen, wäre eine Sünde ewiger Verdammniß würdig, und diese gottlose Meinung verursachte, daß ich den Huß für einen so verfluchten Kezer hielt, daß ich's für eine schwere Sünde hielt, auch nur an ihn zu denken, und daß ich des Papstes Anschen zu vertheidigen, selbst Feuer hätte anzünden mögen, den Kezer zu verbrennen, und hätte geglaubt, Gott den größten Gehorsam damit zu erweisen.“ Er habe damals, so

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erzählt er, aufrichtig den Papst angebetet; zu jener Zeit hätte er denjenigen mit den Zähnen zerrissen, der ihn zu dem Glauben hätte überreden wollen, den er jegt bekenne. —,,Wenn mir Jemand versichert er an einer andern Stelle zu der Zeit, da ich auch war ein frommer heiliger Mönch, alle Tage Messe hielt, und wußte nichts anderes denn ich ginge auf der rechten Bahn stracks gen Himmel — gesagt hätte: daß alle solche Heiligkeit nichts wäre, und ich ein Feind des Kreuzes Christi wäre... so hätte ich auch flugs zum wenigsten Steine und Holz helfen zutragen, solchen Stephanum zu Tode zu werfen, ja als den ärgsten Kezer mit Feuer zu tilgen."

Um einen Einblick zu gewinnen in das Innere Luthers, wurden hier eine Reihe von Selbstbekenntnissen zusammengestellt, die ganz dazu geeignet sind, jedem die reichsten Aufschlüsse zu gewähren, der auf dem Gebiete des innern Lebens kein Fremdling ist. Wir sehen ihn noch ganz unter der Herrschaft der geistigen Mächte, gegen die er sich später so mächtig erhob, und deren Sturz er theilweise herbeiführte. Mönch, Priester, scholastischer Romanist mit ganzer Seele, rang er sich nur allmälig und mit aufreibender Anstrengung aus diesen Fesseln des tieferen religiösen Bewußtseins los. Mit leidenschaftlicher Energie hatte er sich den innerlich schon abgestorbenen Entwickelungsformen der Kirche, dem mönchischen und hierarchischen Geiste in die Arme geworfen; und eben durch ihn sollte diese gesammte Lebensanschauung in ihrem. tiefsten Mittelpunkte angegriffen und überwunden werden. Er begann sein Werk nicht mit der Verneinung des Bestehenden, nicht mit der Verwerfung der geltenden religiösen Sagung; ganz im Gegentheile begann er mit der demüthigsten Unterwerfung unter fie, mit dem feurigsten Drange sich dieselbe ganz anzucignen. Und auch dann, als ihn nach den schwersten Verwickelungen innere Erfahrung und wachsende Erkenntniß endlich zur Verwerfung jener Sagungen genöthigt hatten, auch dann erhob er sich zu dieser Verneinung nur durch die Macht einer noch innigeren und stärkeren Bejahung. Hätte der Angstschrei des Gewissens, der Wahrheitsdurst des Geistes ihm Ruhe gelassen, hätten sie ihn nicht Tag und Nacht, obwohl lange Zeit mißverstanden, vom trüben abgestandenen Wasser zu lebendigen Quellen hingewiesen, so wäre Martin Luther ohne Zweifel einer der eifrigsten Mönche und Priester des sechzehnten Jahrhunderts geblieben.

Wenn er in späterer Zeit sein Klosterleben als „verlorene Jahre“ bezeichnet, wenn er beklagt, er sei dort,,um der Seelen Heil und Seligkeit und um des Leibes Gesundheit“ gekommen, so war dies nur die eine Seite der Sache, nicht die erschöpfende Würdigung der Bedeutung jener Jahre. Es war ein leicht verständliches Grauen, das ihn auf einem höheren und freieren Standpunkte beim Rückblicke auf die dumpfen und düstern Zustände einer nun überwundenen Lebensperiode befiel; ein Gefühl wie man es beim Uebergange aus erstickender Kerkerluft in die belebenden Lüfte des Gebirges empfinden mag.

Sonst aber erkannte er es mit völliger Klarheit, daß auch jene schweren ihn leiblich

und geistig zerrüttenden Jahre in das Ganze seines Lebens und seiner Führung nothwendig gehörten. Er verdanke es seinen Anfechtungen, so äußerte er sich mehrmals in späterer Zeit daß er immer tiefer und tiefer habe forschen müssen; ohne Erfahrung und Uebung lerne man die heilige Schrift nicht verstehen; Anfechtung ist die Ritterschaft der Christen. Nicht solche sichere vermessene Geister wähle Gott zu seinem Werke auf Erden, sondern solche Leute, die zuvor wohl durch die Rolle gezogen, versucht und gebrochen sind." Und mit den schönsten Dichterworten eines Kindesherzens weiß er den tiefen göttlichen Sinn seiner Lebensführungen zu deuten:,,Wenn Gott uns versuchet, lässet er mancherlei Hindernisse vorfallen, daß wir ihm nicht stracks unter Augen sehen; gleich als wenn einer kurzweilig mit einem Würmlein spielt, und ihm, wo es auf der Erde kreucht, etwa ein Rüthlein oder Sträuchlein vorwirft, daß es nicht könne fortkriechen dahin es gern wollte, sondern muß sich mancherlei Weise hin- und herwenden, und an allen Orten versuchen, wie es doch endlich davonkommen möchte. Aber dies Spiel göttlicher Gnade und seines Wohlgefallens verstehen wir von Anfange nicht, und die Wohlthaten und Gnade selbst, so uns begegnet und vor Augen gestellt wird, deuten wir zu unserm Schrecken und Verderben.“

In Eisenach war dem hungernden Schüler die Güte der Frau Kotta hülfreich entgegengekommen; in Erfurt trat dem nach Gerechtigkeit und Frieden hungernden Mönche die milde Gestalt des Doctor Staupig rettend entgegen, und bereitete einen neuen Wendepunkt in seinem innern und äußern Leben vor. Aus Luthers Worten selber wissen wir es, daß durch Staupiß zuerst „das Licht des Evangelium im Dunkel seines Herzens aufgegangen.“

Im Kloster unter seinen gewöhnlichen Umgebungen fand er die Hülfe, das innere Entgegenkommen nicht, dessen er so sehr bedurfte; es fehlte das tiefere Verständniß für seine innern Leiden, wie er selbst klagt: In den hohen Anfechtungen, darin ich gewesen, die meinen Leib gar verzehrten, daß ich nicht wohl Athem hatte, daß ich mich oft verwundert habe, ob ich auch noch ein Bißlein Gehirn in meinem Haupt hätte, konnte mich schier kein Mensch trösten; denn wem ich's nur klagte, der sprach: ich weiß nichts von dieser Anfechtung; daß ich drauf sagte: bin ich's denn allein, der ich den Geist der Traurigkeit leiden muß?" Nur vereinzelte Trostesworte sind uns noch aufbehalten, mit denen ihn einige seiner Klosterbrüder wahrscheinlich im Geiste ihres Vorgesetzten, des General-Vikars Staupig in seiner Schwermuth aufrichteten. „Weißt Du nicht, sagte ihm sein Präceptor, daß unser Herr selbst uns geboten hat, zu hoffen und zu glauben?" — Bei der Beichte rief ihm ein Bruder zu:,,Du bist ein Thor; Gott zürnet nicht mit Dir, Du zürnst mit ihm; hab Du nur keinen Zorn gegen ihn; er hat viel weniger Zorn gegen Dich!" Oder ein ander Mal wies ihn ein alter Bruder, dem er beichtete, nachdrücklich auf den Artikel des apostolischen

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Glaubensbekenntnisses von Vergebung der Sünden hin, und führte ihm Stellen aus den Predigten des heiligen Bernhard an, die es ihm eindringlich an das Herz legen sollten, daß auch ihm die Sündenvergebung gelte, und in der Absolution verkündigt werde.

Den entscheidenden Eindruck auf Luthers Seele machte aber, nach dessen eigenem Zeugnisse, erst das väterliche Wort des General-Vikars Johannes Staupiß. In jenem merkwürdigen Briefe an Staupig (von 1518), worin Luther eine kurze Uebersicht seiner innern Geschichte bis zum Ablaßstreite giebt, versichert er, es sei für ihn wie eine Stimme aus dem Himmel gewesen, als Staupig ihn belehrte: die wahre Buße fange mit der Liebe der Gerechtigkeit und Gottes an, wogegen die scholastischen „Gewissenshenker“ lehrten, daß sie damit schließe. Dies Wort habe in ihm gehaftet wie der Pfeil eines Starken, und in der Schrift habe er dann bei sorgfältiger Vergleichung die volle Bestätigung desselben gefunden; so daß ihm nun in der Schrift nichts süßer und lieblicher geklungen als das Wort Buße, das ihm doch vorher das bitterste gewesen bei seiner nur eingebildeten und erzwungenen Liebe Gottes.,,Denn so werden die Vorschriften Gottes uns süße, wenn wir sie nicht blos in Büchern, sondern in den Wunden unsers theuersten Heilandes lesen und verstehen.“ Er legt also hier unverkennbar den größten Nachdruck auf den Gedanken, daß ihm die lebendige Erkenntniß von Christus als dem Weltheilande erst durch ein tieferes Verständniß der Buße aufgeschlossen worden, und daß er den ersten Schlüssel dieses Verständnisses dem Worte seines väterlichen Freundes Staupig verdanke.

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In der milden Persönlichkeit des Ordens - Vikars näherte sich der geängsteten Seele Luthers nun der Geist Augustins und der deutschen Mystik, ein Ausfluß Paulinischer und Johanneischer Vermittelung des Christenthums, eine Religion des liebenden Herzens und der erprobten innern Erfahrung. Aber nicht gleich von Anfange an vermochte Staupiß den innern Zustand des Geängsteten zu durchschauen; als ihm dieser seine,,rechten Knoten“ beichtete, verstand er ihn nicht; für Luther war dies wie ein Donnerschlag: „Da ward ich als eine todte Leiche." Bei Tische ermunterte er ihn dann wohl: Ihr seid so traurig, Bruder Martin... Ich habe solche Anfechtung nie erfahren; so viel ich aber verstehe, ist sie Dir nöthiger als Essen und Trinken. Gott schickt sie Dir nicht vergebens zu. Es würde nichts Gutes aus Dir ohne sie.“ Er meinte (bemerkt Luther hiezu) ich wäre gelehrt und würde stolz und hoffärtig werden, wenn ich nicht Anfechtung hätte. Und als ihm Luther klagte, wie sehr er bei der Prozession vor dem Sakramente erschrocken sei, das Staupit getragen, erwiederte ihm dieser:,,Ei, Euere Gedanken sind nicht Christus; denn Christus schreckt nicht, sondern tröstet nur!"

Als er einst dem General - Vikar schriftlich seine Klagen ausschüttete: „, meine Sünde, Sünde, Sünde!" antwortete ihm Staupiß:,,Du willt ohne Sünde sein, und hast doch keine rechte Sünde... Du mußt ein Register haben, darin rechtschaffene Sünden stehn,

soll Christus Dir helfen, mußt nicht mit solchem Humpelwerk und Puppenfünden umgehen, und aus jeglichem Bombart eine Sünde machen. ,,Du willt ein erdichteter Sünder sein, und einen erdichteten Christum zum Heiland haben. Beherzige, daß Christus ein wahrer Erlöser und Du ein wahrer Sünder bist." Auch über seine Zweifel und Speculationen wegen der Vorherbestimmung und der Frage, ob und warum man sich als von Gott angenommen oder verworfen anzusehen habe? wies Staupiß ihn zurecht: In den Wunden Christi wird die Verschung (Vorherbestimmung) verstanden und gefunden, sonst nirgend; denn es stehet geschrieben: Den sollt ihr hören! Der Vater ist zu hoch; darum sagt er: Ich will einen Weg geben, darauf man zu mir kommen möge, nämlich Christum, an den glaubet und dem hanget an; so wird sich's zu seiner Zeit wohl finden, wer ich bin. Denn Gott ist unbegreiflich und wir können's nicht verstehen noch ausdenken, was er sei, vielweniger wie er gesinnt ist; er wird auch nicht begriffen, und will kurzum ungefaffet sein außer Christus... Darum bilde Dir Chriftum wohl ein, so ist die Verschung wohl im Werk, und bist allbereits versehen." - Wir sehen, es ist dies ganz und gar die Sprache der ErfahrungsTheologie, der Religion des Herzens, die den in Geistesqualen sich zerarbeitenden Luther von seinen hohen Speculationen" in die Einfalt des Evangeliums zurückführen wollte; es ist die Sprache jener unscheinbaren, aber unüberwindlichen Frömmigkeit, die den ihr innerlich fremden oder entfremdeten Fragen der Theorie die Thatsachen der Praxis, die Erlebnisse des liebenden und thätigen Glaubens entgegenstellt. Noch 1542 schrieb Luther in Bezug hierauf an den Grafen Albrecht zu Mansfeld: Wo Euer Gnaden in diesen Gedanken und Anfechtungen steckten, so wäre es mir von Herzen leid, denn ich etwa auch drinnen gestecket, und wo mir Doctor Staupig oder vielmehr Gott durch D. Staupit nicht heraus geholfen hätte, so wäre ich drinnen ersoffen und längst in der Hölle. Denn solche teuflische Gedanken machen zuleßt, wo es blöde Herzen sind, verzweifelte Leute, die an der Gnade Gottes verzagen, oder sind sie kühn und muthig, werden sie Gottesverächter und Feinde, sagen: laß hergehen, ich will thun was ich will, ist's doch verloren!" - Wie gern führt er noch später solche Worte seines väterlichen Freundes an, die ihn besonders trösteten: „D. Staupig pflegte zu sagen: Das Gesez Gottes spricht zu dem Menschen: es ist ein großer Berg, du sollt hinüber! So sagt denn das Fleisch und die Vermessenheit: ich will hinüber! Darauf spricht das Gewissen: Du kannst nicht! So will icy's lassen! antwortet dem die Verzweiflung. Also machet das Gefeß im Menschen entweder Vermessenheit oder Verzweiflung." — Oder er erinnert an den tiefen Eindruck, den das Bekenntniß des demüthigen Mannes auf ihn machte: „Ich habe unserm Herr Gott mehr denn tausend Mal gelobt, ich wollte fromm werden, habe es aber nie gehalten, weiß auch, daß ich's nie halten werde. Darum will ich)'s mir nicht vornehmen fromm zu sein; denn ich sehe wohl, ich kann's nicht halten; ich will nimmer lügen... will ihn bitten um ein selig Stündlein. Wo mir Gott nicht gnädig sein

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