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recht als solches darstellt, einen ideal-socialen, wonach sie beide Momente in Einheit zu erhalten strebt. So ergiebt sich denn eine dreifache Gestalt der Dogmatik: die philosophische Dogmatik, die ideale Begründung des ganzen dogmatischen Systems, die positive Dogmatik, die systematische Entfaltung der christlich - kirchlichen Dogmatik im engern Sinne, die angewandte Dogmatik, die Anwendung der christlichdogmatischen Principien auf alle dem Christenthum zugewandten und abgewandten Lebensprincipien in der Menschheit (§ 20). Nach diesem Plane hat Lange die Christliche Dogmatik in drei Bänden (Philosophische Dogmatik 1849. Positive Dogmatik 1851. Angewandte Dogmatik 1852) dargestellt.

Die philosophische Dogmatik behandelt den principiellen Stoff, welchen man gewohnt ist in den Prolegomena behandelt zu sehen (S. 102). Den Inhalt derselben hat Lange selbst in folgende Säße zusammengefaßt: „Die unterste und erste Grundlage ist das menschliche Bewußtsein, das menschliche Geistesleben (1.Abschnitt). Die philoso phische Dogmatik stellt das innere Wesen dieses Geisteslebens dar und zeigt, wie aus der Natur desselben die Religion als eine unveräußerliche Lebensbestimmtheit hervorgeht (2. Abschnitt). Aus der Würdigung des Wesens der Religion ergiebt sich dann weiterhin, daß ihre vereinte und höchste Gestaltung ihr freies aktives Verhalten sei, wie sich dasselbe im Glauben kundgiebt (3. Abschnitt). Sobald aber die objektive Wahrheit des Glaubens gewürdigt wird, wie sie sich durch seinen realen Inhalt unverkennbar bewährt, wird man auf die Anerkennung der göttlichen Offenbarung geführt, denn nur in der Offenbarung bewährt sich die Wahrheit des Glaubens (4. Abschnitt). Die Offenbarung ist nun ihrer Natur nach eine sich entfaltende Wechselwirkung zwischen dem den Menschen bestimmenden göttlichen Geiste und dem Geiste des Menschen, daher muß ihre Vollendung sich als die Vollendung dieser Wechselwirkung darstellen: als das Endwesen des göttlichen und des menschlichen Wesens. Dieß ist das Christenthum (5. Abschnitt). Das Christenthum tritt jedoch nicht nur auf als die Vollendung der Offenbarung, sondern auch als die wesentliche menschliche Geistes - und Gemüthsbildung in ihrer principiellen Gestalt; darum geht es denn auch mit der ganzen Offenbarung in die feststehende Form der allgemeinen Vermitt lung der menschlichen Bildung ein, in die Literatur: es stellt sich dar in

der heiligen Schrift (6. Abschnitt). Weil es aber das höchste Geistesleben nicht etwa ausschließlich als ein akademisches Schulleben, sondern nur als concretes Menschenleben in der höchsten Gemeinschaft bildender Kraft darstellen kann, so giebt es sich ebenfalls einen substanziellen Ausdruck in der christlichen Kirche und der kirchlichen Tradition (7. Abschnitt), der Form seiner Vermittelung mit der Welt. In dem Bewußtsein der Kirche gestaltet es sich dann dem heterogenen Bewußtsein der Welt gegenüber sofort zum Dogma (8. Abschnitt). Weiterhin wird es sogar genöthigt, dem bestimmten und beharrlichen Widerspruch des weltlichen oder mehr oder minder verweltlichten Bewußtseins, das der Kirche Geseze vorschreiben will, einen gleich bestimmten Ausdruck gegenüberzustellen, das Symbol (9. Abschnitt). Die Kirche kann jedoch unmöglich auf dem symbolischen Standpunkte stehen bleiben, da die Symbole ihre Ueberzeugung nur in der formulirten geseßlichen Gestalt ihres gespannten polemischen Bewußtseins aussprechen und mannigfach selber mit einander in Widerspruch gerathen können: sie muß vielmehr immer den Geist, das Leben, die Einheit und die weitere Entwi delung der Symbole zu bewahren suchen, und diese Aufgabe löst fie in der wissenschaftlichen positiven kirchlichen Dogmatik. Hiermit sind die Momente bezeichnet, welche das Hervorgehen der positiven Dogmatik aus dem menschlichen Geistesleben vermitteln und die genetische Folge derselben ist festgestellt“ (S. 106 ff.).— Die positive Dogmatik, welche das Dogma, wie es in der Schrift niedergelegt ist, sich geschichtlich entwickelt hat und zu den Fragen der Zeit steht, positiv begründet, gliedert sich von dem christologischen Principe aus in drei Theile, nämlich die ideale, die reale und die universale Christologie. Die ideale Christologie stellt die idealen Grundlagen des historischen Gottmenschen dar, nämlich Gott in seiner Beziehung zum Menschen (anthropologische Theologie), den Menschen in seiner Beziehung zu Gott (theologische Anthropologie) und die Wechselwirkung, worin sich beide auf einander beziehen (theanthropische Christologie). Die reale Christologie betrachtet das Leben, die Person und das Erlösungswerk Christi. Die universale Christologie behandelt das Eingehen des individuellen Lebens Christi in die Welt im heiligen Geiste, welcher den einzelnen Menschen zum Christen, die Gesellschaft zur Kirche, die Welt zum Weltende verklärt.

Schon aus dieser Anlage ist der Charakter dieser Dogmatik ersichtlich. Johann Peter Lange, ein Schüler von Nizsch, ist gewiß nicht der bedeutendste unter den vermittelnden Theologen der Union, aber in seiner Eigenthümlichkeit höchst charakteristisch für seine Richtung. Das gegenwärtige Zeitalter hat das Erbe einer außerordentlichen Geistesentwickelung in Poesie, Philosophie, Theologie angetreten. Dieses Erbe mag Persönlichkeiten von vielseitiger Empfänglichkeit, die in keiner einzelnen Sphäre je etwas Bedeutendes geleistet hätten, einen Reichthum zuführen, der ihnen in einer an originalen Kräften armen Zeit eine weit über ihre eigentliche Kraft hinausgehende Bedeutung geben kann. Wir finden uns bei Lange angezogen von spekulativen Motiven und Gedanken, von einer Fülle aus allen Feldern des Geistes mit bienenartigem Geschick zusammengetragner Süßigkeiten, freuen uns statt verbrauchter Kompendienphrasen saftige, poetische, concrete Ausführungen zu finden, sind überrascht von feinsinnigen Kombinationen und in die blaue Ferne gehenden Durchsichten, finden uns angeregt von dieser wundersamen Gabe alles Feste in Fluß zu seßen, alle Gegensäße auszu gleichen, und wenn uns immer von Neuem gezeigt wird, wie Gott und Mensch, Kirche und Staat, Christenthum und Humanität, Glaube und Wissen, christliche und natürliche Sittlichkeit u.s. w. so leicht und schön zusammengehen, steigt uns wohl der Gedanke auf, ob wir nicht, und mit uns auch die Apostel, Väter, Reformatoren, wie eine große Anzahl ernfter Christen der Gegenwart, das Christenthum etwas zu enge gefaßt haben. Allein bei etwas näherer Betrachtung will sich dieser Reichthum und diese Kraft nicht recht bewähren. So anziehend, ja berauschend für den Dogmatiker der Gedanke ist, daß die Dogmen die Urbilder des Lebens, die dogmatische Arbeit die menschliche par excellence, die dogmatische Entwickelung das Grundthema der Weltgeschichte sei u.s.w., so wird er bei vernüchterter Betrachtung sich sagen müssen, daß, wenn man die Begriffe in dieser Art ausweiten und vernebeln will, es dem Juristen, dem Mediciner, dem Aesthetiker u.s. w. nicht schwer fallen dürfte sich eine ähnliche Bedeutung zu erwerben. Nicht nur jedes Ding, sondern auch jeder Begriff ist eine Monade, welche das Universum vorstellt. Ist es nun die Aufgabe der wahren Wissenschaft das Ganze im Einzelnen, das Einzelne im Ganzen zu erkennen, so versteht es sich von selbst, daß sie den Punkt nicht verrücken darf, den das Einzelne im Ganzen

einnimmt. Dogma ist eine Glaubenslehre, aber nicht ein Princip der Geisteswelt, und die Kirche, der sie angehört, ist eine Gemeinschaft, aber nicht die menschliche Gemeinschaft überhaupt. Unvermögend aber die Begriffe in ihrer logischen Bestimmtheit klar zu fassen, nach den Gesegen der Gedankenfolge zu verbinden, aus sichern Säßen mit kritischer Um- und Vorsicht andere zu folgern u. s. w., arbeitet Lange in sprung, haften, flüchtigen, unbegründeten Kombinationen einem spekulativen Zuge nach Einheit in die Hände, welcher Alles verklären will, in der That aber Alles übertüncht. Das Streben Lange's der positiven Dogmatif einen philosophischen Unterbau zu geben verdient alle Anerkennung. In einem so richtigen als tiefen Griffe geht Lange von der Einheit des Bewußtseins aus, entfaltet aus den drei Momenten desselben die Grundkräfte der Seele, faßt sie in den Begriff der Persönlichkeit zusammen, um aus derselben den Uebergang zur göttlichen Persönlichkeit zu gewinnen. So entsteht der Begriff der Religion als der Wechselge, meinschaft des Menschen mit Gott. Diesen allgemeinen Begriff leitet er nun durch die Begriffe des Glaubens und der Offenbarung zum specifischen Begriffe des Christenthums fort, dessen Mittelpunkt die absolute Gemeinschaft des Menschen mit Gott im Gottmenschen ist, um diesen concreten Begriff in der positiven Dogmatik wieder in drei Momente zu zerlegen. So spekulativ aber diese Konstruktion angelegt ist, so durchaus unbefriedigend ist die Ausführung, die nie beweist, sondern immer versichert, Wahres, Halbwahres und Unwahres wunderbar verbindet, mit ihren Alles verklärenden Synthesen aber den Geist in ein Traumleben wiegt, das nicht blos in wissenschaftlicher, sondern auch in christlicher Beziehung erschlaffend wirkt. In einem Gedichte oder auch in einer Rede kann z. B. der Gedanke, daß die Heilkräfte, welche Gott in die Natur gelegt hat, ein Zeugniß für die Unsterblichkeit der Seele sind, eine gute Wirkung thun: aber als Beweis für die Unsterblichkeit der Seele ist er unbrauchbar (I. S. 239). Ein Dogmatiker der Alles in Fluß seßt, gleich den Schülern des Heraklit, welche Plato die Fließenden nennt, wird seinen Lesern selbst als ein Flüssiger erscheinen, auf dessen Aufstellungen nicht viel zu bauen ist. Auf der Welle ist Alles Welle, sagt der Dichter.

Ebrard führte seine Christliche Dogmatik (2 Bb. 1851.1852) als die erste seit sechzig Jahren ein, welche einen Theologen reformirten

Bekenntnisses zum Verfasser habe. Und doch hatte vor ihm Schweizer eine reformirte Dogmatik geschrieben und auf den Namen Christliche Dogmatik haben doch die Werke der reformirten Theologen Schleiermacher und Lange auch Anspruch. Ist doch auch Ebrard nicht streng reformirt (gegen die Prädestinationslehre und für eine von Calvin nicht unwesentlich abweichende Abendmahlslehre), und hebt gegenüber den konfessionellen Lutheranern seine freie Stellung zum Bekenntnisse hervor. Sofern diese Dogmatik eine reformirte ist, liegt sie außerhalb des Kreises unserer Betrachtung. Erkennen wir nun gern an, daß Ebrard mit Fleiß und kirchlichem Sinn auf die alte Dogmatik, und zwar nicht blos reformirte, sondern auch lutherische, zurückgegangen ist, so hat doch neben diesem konfessionell geschichtlichen Elemente das reflektirende wenig Halt und Bedeutung. Nicht als ob es an treffenden oder doch anregenden Gedanken fehlte: man wird dergleichen von einem so kenntnißreichen, vielgewandten Theologen erwarten. Aber es fehlt der Entwickelung und Begründung durchweg an Tiefe, Gründlichkeit, Umsicht. Und Bestandtheile hat diese Dogmatik wir nennen nur die Darstellung der Beweise für das Dasein Gottes (1.S.115) von unentschuldbarer Flüchtigkeit. Die grundlegenden Gedanken über Religion, Christenthum, Theologie, Schrift u. s. w. schieben sich durchweg auf der Oberfläche hin und beweisen, daß ihr Verfasser wenig systematischen Geist hat. Nachdem man vernommen, daß das Wesen des Christenthums in der Erlösung ruhe, erwartet man in diesem Begriffe auch den Eintheilungsgrund der Dogmatik zu finden. Ebrard zerfällt aber die Dogmatik in drei Theile: 1) Verklärung Gottes als des Ursprungs der Kreatur, 2) Verklärung Gottes als des Mittlers in der Zeit, 3) Verklärung Gottes als des Vollenders. Hier verdrängt der Begriff der Verklärung, auf den der Leser nach den flüchtigen Andeutungen von S. 13 gar nicht gefaßt war, den Begriff der Erlösung. Bei dem Gewichte, wel ches das formale Princip der Schriftauktorität in der reformirten Theologie hat, und von einem biblischen Theologen, der doch aus Erfahrung weiß, was daran hängt, ist das flüchtige Raisonnement über Inspiration (I.S.31 ff.) schwer zu rechtfertigen. Und so ist denn freilich nicht verwunderlich, wenn diese Dogmatik bisher wenig Wirkung gethan hat.

Schenkel's Christliche Dogmatik vom Standpunkte des Gewissens aus dargestellt (1. B. 1858. 2. B. in 2 Abth. 1859) schließt sich nach

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