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hauptsächlich in der Verbindung der Kirchenlehre mit einer vorwiegend formalen Philosophie. Was ihr den Charakter der Scholastik ertheilt, ist die Voraussetzung einer fertigen Glaubenslehre als sicherer, keines Beweises bedürftigen Wahrheit, verbunden mit dem Streben einer rein begrifflichen, rein formalen Durcharbeitung. Diese begriffliche Entwickelung brauchte aber keineswegs aus einer ausgeprägten Formalphilosophie zu schöpfen. Man kann demnach unbedenklich schon von einem bedeutenden scholastischen Elemente bei Chemniß, Heerbrand und Hafenreffer reden. Bei Hutter und Gerhard ist der Gebrauch philosophischer Terminologie noch sehr mäßig. Aber der Zug begrifflich zu stereotypiren macht ihre Lehrbücher scholastisch. Hutter, der streitbare Theologe der Concordienformel, die er in seiner Libri christ. Concordiae explicatio plana et perspicua (1608) dogmatisch, in seiner Concordia concors (1614) geschichtlich rechtfertigte, vertritt vor Anderen die strenge Rechtgläubigkeit, welche in der Lehre entschieden mit Melanchthon gebrochen hat. Im Streben der Jugend auf den Gelehrtenschulen eine feste, dem Gedächtnisse einzuprägende Lehrgrundlage im Sinne der Concordienformel zu geben, frei von den bedenklichen Ingredienzen von Melanchthon's Loci, schrieb er sein berühmtes Compendium locorum theologicorum ex Scriptura sacra et libro Concordiae collectum (1610), welches, von den theologischen Fakultäten zu Wittenberg und Leipzig approbirt, durch ein Edikt des Kurfürsten Christian II. zum Normallehrbuch auf den gelehrten Schulen Sachsens gemacht wurde, ohne dessen genaue, gedächtnißmäßige Kenntniß Niemand die Universität besuchen solle. Diesem Zwecke entspricht es mit seiner Objektivität (die Antworten sind womöglich mit den Worten der Symbole oder anerkannter Dogmatiker wie Chemniß und Aegidius Hunnius gegeben), seiner Präcision, seinem methodischen Stufengang im hohen Grade. Nachdem es oft herausgegeben und vielfach (von Cundisius, Glassius, Bechmann, Deutschmann u. A.) commentirt worden ist, hat es noch in unseren Tagen eine Ueberseßung (von Emil Frand, 1837) und eine neue Auflage (von Twesten, 1855) gefunden. Bis tief in das 18. Jahrhundert hat es sich in Gebrauch erhalten. Die gelehrte Ergänzung dazu bilden die von der theologischen Fakultät zu Wittenberg herausgegebenen Vorlesungen Hutter's: Loci communes theologici ex sacris litteris diligenter eruti, veterum patrum testi

moniis passim roborati et conformati ad methodum locorum Melanchthonis (1619). Die größte Anerkennung unter den dogmatischen Werken dieses Zeitraums ist (man sehe die glänzenden Belege dafür bei Fischer, Vita Gerh. p. 390 sq., Buddeus, Isagoge p. 353, Ernesti, Neue theol. Bibl. III. S. 321) Johann Gerhard's Loci geworden, der gründlichsten und umfassendsten Verarbeitung des dogmatischen Schazes der lutherischen Kirche dieser Zeit. Gerhard begann dieß Werk 1610 als Superintendent in Heldburg, sezte es als Generalsuperintendent in Koburg fort und vollendete es als Professor der Theologie in Jena 1621. Dazu kam 1625 noch: Exegesis s. uberior explicatio articulorum de scriptura sacra, de deo et de persona Christi in tomo primo locorum concisius pertractatorum, welche die Genfer Ausgabe der Loci von 1639 und die von Gerhard dem Sohne von 1657 aufnahmen. Diese Ausgaben stellte in Schatten: Joannis Gerhardi Loci theologici cum pro adstruenda veritate tum pro destruenda quorumvis contradicentium falsitate per theses nervose, solide et copiose explicati, ed. Jo. Fr. Cotta, theol. Tubing. (1762-87. 22 t. 4., von 19. an von Müller, 21. u. 22. index). Die Kraft dieses dogmatischen Werkes liegt nicht in der systematischen Zusammenfassung des Stoffes (es schließt sich an die von Melanchthon überlieferte synthetische Methode an und verbindet durch mehr oder weniger äußerliche Uebergänge), sondern in der Durcharbeitung der einzelnen Lehren nach der ganzen Ausbreitung ihres eregetischen, dogmenhistorischen, symbolischen, polemischen, praktischen Stoffes. Auch kann man nicht sagen, daß Gerhard epochemachende dogmatische Gedanken angeschlagen hat: er faßt gelehrt und gründlich zusammen was schon herausgebildet war, giebt Anderem, das noch in der Entwickelung begriffen war, mit Objektivität und Mäßigung einen vorläufigen Abschluß, stüßt das Alte gegen neue Gegner mit neuen Gründen. Auch das ist nicht begründet, was ihm ältere Theologen vorgehalten haben, daß er die alte Scholastik in die lutherische Theologie gebracht habe. Buddeus urtheilt richtig (Isagoge p. 352): Ii fateri necesse habent, cautiorem eum reliquis fuisse, qui eum insecuti sunt, et a commixtione philosophiae cum theologia magis sibi temperasse. S. auch Ernesti, Versuch einer Geschichte der verschiedenen Lehrarten der christlichen Glaubenswahrheiten S. 313. Was dieß Werk aber zum Größten macht was die Dogmatik

des 17. Jahrhunderts geleistet hat, ist der Umfang und die Gediegenheit theologischen Wissens, die Objektivität des dogmatischen Denkens, die allen Schein und alles Ignoriren verschmähende polemische Sicherheit, die immer an die Realitäten des Dogma's sich haltende und darum auch wahrhaft praktische Durchführung. Man begreift wie solche Lehrbücher nicht bloß die theologische Wissenschaft, sondern auch die kirchliche Praxis ganzer Zeitalter decken konnten.

3.

An der Grundlegung der lutherischen Kirche hat die Philosophie keinen Antheil. Im Gegentheil standen die Häupter der Reformation in einer einseitigen Spannung zu derselben, die sie für die Mutter der Scholastik ansahen. So gründlich Luther in die Scholastik sich eingelesen hatte und so tiefsinnig seine Anschauung war, so ist doch die Philosophie in seiner Theologie kein Moment. Melanchthon aber sah sich durch das formal wissenschaftliche Bedürfniß, das sich namentlich in der Dogmatik ihm fühlbar machte, durch seine klassischen Studien und seinen wissenschaftlichen Universalismus an das Studium der Philosophie an der Hand des Aristoteles gewiesen, ohne auf diesem Gebiete besonders heimisch zu werden. Was er demgemäß von der Philosophie für die Theologie erwartete, reducirt sich theils auf ihren Beistand in der begrifflichen Entwicklung, also die wissenschaftliche Form, theils auf wissenschaftliche Ausgleichung der Offenbarung mit den Sphären der Natur, Seele, natürlichen Sittlichkeit, des Staates u. s. w., also auf eine christliche Weltansicht, die er recht eigentlich zur Sache der Philosophie machte. Ritter, Gesch. der christl. Philosophie V. S. 496 ff. Je mehr die Nothwendigkeit der begrifflichen Formung der Glaubenslehre zum Bewußtsein kam, desto mehr bedurfte es sicherer Resultate über die Grundbegriffe alles Seins (Metaphysik) und die Geseze wissenschaftlicher Auffassung und Darstellung (Logik). So schnell war man zurückgekommen auf den Boden, der einst die Scholastik getragen hatte, daß man die aristotelischen Trümmer derselben, die in der Dialektik der Jesuiten und in der Metaphysik eines Suarez nach dem Rechte ihrer Vergangenheit hinwiesen, mit dankbarem Eifer benußte. So entstand auf der Grundlage des Aristoteles wieder eine Formalphilosophie, in deren Ausbau Philosophen und Theologen sich die Hände reichten,

indem jene für ihre Abstraktionen in der Theologie concreten Boden suchten, die Theologen aber in der Philosophie die Meisterin der Form sahen. Mehr aber als bloß formalen Beistand begehrte die Theologie nicht von der Philosophie. Gerhard formulirte dieß, indem er einen Dreifaden usus der philofophie annabm: ὀργανικός, κατασκευαστικός, áraozevaotizós. Der erste besteht in den Verständnißmitteln, welche die Philosophie in Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Physik leistet, der zweite in der Begründung allgemeiner, natürlicher Wahrheiten im Dienste der Offenbarungswahrheiten, der dritte in der technischen Hilfe, welche die Philosophie in der Polemik leistet. Das Nähere über die Formalphilosophie dieser Zeit bei Gaß I. S. 178 ff., besonders S. 196 ff. Nicht Wittenberg, sondern Helmstedt, diese in ihrer Unabhängigkeit von der Concordienformel, in der Pflege, die sie humanistischen und philosophischen Studien werden ließ, und in ihrer Gunst für die philippistische Richtung vorzugsweise melanchthonische Universität, war der Hauptsitz dieses Aristotelismus. Dort war es auch, wo Caliṛtus, gewissermaßen die Rekapitulation des Geistes dieser Universität, im Sinne dieses aristotelischen Philosophirens in seinen Vorlesungen über Dogmatik (Epitome theologiae, zuerst 1619, dann 1634, 1647, 1647, am besten von Titius 1661) die systematische Zusammenfassung des dogmatischen Stoffs nach analytischer Methode vortrug. Die Theologie, eine praktische Wissenschaft, muß vom Zwecke ausgehen. Sie zerfällt in zwei Theile, einen allgemeinen, der Allen zu wissen noth ist, und einen besonderen, der für die Diener der Kirche ist. Jener handelt vom Heil, dieser von der Kirche. Jeder von beiden zerfällt in drei Abschnitte, deren erster vom Zwecke, zweiter vom Subjekt, dritter von den Mitteln handelt. Der Zweck der Heilslehre ist die ewige Seligkeit, das Subjekt der heilsbedürftige Mensch, die Mittel des Heils die Vorherbestimmung, die Menschwerdung Gottes, Person und Amt Christi, der rechtfertigende Glaube, Wort, Sacrament u. s. w. Diese analytische Methode ward von König, Calovius, Quenstedt, Baier, Hollaz u. A. festgehalten, doch unter Modificationen. Die Lehre von Gott, welche Calixtus künstlich mit der Lehre vom Heilssubjekte verbunden hatte, kam nun in den ersten Theil, sofern Gott der Inhalt der Seligkeit ist; man unterschied im dritten Theile Heilsgründe und Heilsmittel, indem man zu jenen die Prädestination, Sendung

Christi und die Zueignung des heiligen Geistes rechnete, die Heilsmittel aber in mittheilende und empfangende theilte. Die Lehre von den legten Dingen ward bald zu dem ersten, bald zu dem lezten Theile geschlagen. So kam in der Aufeinanderfolge der Glaubenslehren die analytische Methode ziemlich wieder in das Geleise der synthetischen. Zu einer tiefern systematischen Durchdringung des Stoffes kam es nicht. Bei den Späteren, wie Hollaz, hängt diese Methode wie ein weites Kleid um den Stoff. Auf eine systematische Abschäzung der Dogmen wies Nicolaus Hunnius hin, der in seiner Opposition gegen Unionsbestrebungen zwischen Lutheranern und Reformirten (Heller, Nic. Hunnius S. 121 ff.) sich zur Untersuchung der Frage aufgefordert fand, welche Glaubenslehre fundamental und welche es nicht wäre, in seiner Aaoxic theologica de fundamentali dissensu doctrinae evangelico-lutheranae et calvinianae seu reformatae 1626. Die Resultate dieser Schrift wurden in allen folgenden Behandlungen dieses Punktes, es sei in besondern Schriften wie Hülsemann, Calvinismus irreconciliabilis 1646, Meisner, Irenicum Duraeanum1675, es sei in den dogmatischen Werken festgehalten. S. Tholuck, Die lutherische Lehre von den Fundamentalartikeln (Deutsche Zeitschr. 1851. S.69 ff.), Desselben Programm über den Meisner-Calov'schen Streit (1851) und: Geist der Wittenb. Theol. u. s. w. S.383. Man unterschied ein dreifaches fundamentum, ein substantiale: der dreieinige Gött, ein organicum: die Schrift, ein dogmaticum: die Heilslehre. Fundamental sind alle Glaubenslehren, welche ohne Verlust des Heils Niemand ignoriren oder doch leugnen kann. Man unterschied unter ihnen wieder constitutivi und conservativi (seit Hülsemann) oder antecedentes und consequentes. Indem man den Begriff des Fundamentalen so weit nahm, daß er eigentlich alle irgend wesentlichen Dogmen umfaßt, das Maß aber des Fundamentalen nicht in dem objektiven Verhältnisse des Glaubensartikels zum Materialprincipe, sondern in der Beziehung auf das Heilsleben des Einzelnen sah, konnte diese auf dem Boden der Polemik erwachsene Unterscheidung nicht die Frucht bringen, die sie hätte bringen können.

4.

Luther und Melanchthon waren nicht bloß Persönlichkeiten, die sich bald anzogen bald abstießen, sondern Principen und Richtungen,

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