ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Vermittelung des Bekenntnisses sich nahte, eine Fülle unabhängig von ihr entstandener Voraussetzungen und Anschauungen einlegte. Die historische Betrachtung, welche seit Buddeus und Pfaff in der Behandlung der Kirchenlehre sich geltend gemacht hatte, löste mehr und mehr von der Dogmatik die Kirchenlehre, von der Kirchenlehre aber die Schriftlehre ab, um Schrift und Kirchenlehre der Geschichte, die dogmatische Ueberzeugung aber dem ungemessenen Bereiche subjektiver Gedanken zu übergeben. Diesen klaffenden Gegensatz zwischen Geschichte und persönlicher Ueberzeugung repräsentirt vor Allen Semler. Nachdem endlich das Formalprincip der neueren Philosophie seit Cartefius: Klarheit ist der Maßstab der Wahrheit in der Wolff': schen Philosophie den konsequentesten und populärsten Ausdruck gewonnen hatte, konnte es nicht fehlen, daß die demonstrative Vermittelung zwischen der persönlichen Ueberzeugung und dem Kirchenglauben, welche Anfangs einen positiven Charakter hatte (Karpov, Ribov, Canz, Reusch, Schubert, Baumgarten), mehr und mehr das objektive Dogma den Aussprüchen aufklärenden Verstandes conform machte (Töllner, Gruner).

1.

Wo die Kraft einer geschichtlichen Erscheinung ruht, da liegt auch ihre Gefahr. Die lutherische Kirche hat ihren Schwerpunkt in der schriftgemäßen Lehre. Da lag nun die Gefahr so nahe in der Hingabe an die ́reine Lehre das Leben außer Acht zu lassen, doppelt nahe bei dem engen Anschlusse dieser Kirche an den Staat in einer die Staaten auf das Tiefste erschütternden Zeit, wie die des dreißigjährigen Krieges war. Troßdemum von dem mächtigen Zeugnisse, das die Kirchenlieder des 17. Jahrhunderts für das Leben dieser Zeit ablegen, nicht zu reden - hatte der religiöse Geist, der von der Reformation bis auf den dreißigjährigen Krieg die erste Macht war, einen tüchtigen Niederschlag kirchlicher Sitte in das bürgerliche Leben gebracht, den selbst die von Frankreich im Jahrhundert Ludwig's XIV. in die obern Regionen eindringende Weltlichkeit nicht wegzuspülen vermochte. Nur lag hierin wieder die Gefahr das Christenthum in eine legal wandelnde, der kirchlichen Sitte gemäß sich haltende Rechtgläubigkeit zu sehen. Dagegen eiferten ein Arndt, Andreae, Heinrich Müller, Nißsch, Scriver u. A. fo

warm und nachdrücklich. Und ihrem Proteste schloß Spener den mächtigen Aufruf seiner Pia desideria im Vorworte zu Arndt's Postille (1675) an. Auf diesem Wege, sprach Spener offen aus (Cons. lat. III. p. 218),. kommt die Kirche mehr und mehr auf den Boden des Papstthums und es wäre kein Wunder, wenn demselben neue Gewalt über uns eingeräumt würde, da uns dessen Maximen so zu gefallen anfangen. Nicht in der legalen Zugehörigkeit zur rechtgläubigen Kirche, sondern in dem auf Buße ruhenden, lebendigen, in der Liebe thätigen Glauben liegt das Evangelium. Das nun war nicht unerhört in der lutherischen Kirche, die ja aus dem Hunger und Durst Luther's nach Gerechtigkeit seiner Person hervorgegangen ist, in der Rechtfertigung des Einzelnen aus dem Glauben allezeit ihre Grundlehre erkannt und nie geleugnet hatte, daß der rechtfertigende Glaube ein lebendiger sein müsse. Hießen doch die strengsten Orthodoxen, ein Calovius und Mayer (Tholuck, Der Geist u. s. w. S. 235) den Aufruf Spener's willkommen. Aber Spener warf in seiner Lehre vom Glauben den Accent auf eine ganz andere Seite hin als wohin ihn Luther und die lutherische Orthodoxie gelegt. Gerecht, lehrte Luther, wird der Mensch nicht durch äußere Werke, wie sie die vom Evangelium gewichene Kirche auferlegt, sondern allein durch den Glauben, der das Verdienst Christi ergreift. Hier fiel das Gewicht auf das Verdienst Christi im Gegensaße zum eigenen Verdienste: der Glaube ist das alles selbständige verdienstliche Handeln ausschließende Ergreifen des Verdienstes Christi. Indem man also in der Grundlehre den ganzen Nachdruck auf den Inhalt des Glaubens legte, welchen die mittelalterliche Kirche alterirt hatte, warf sich die reformatorische Thätigkeit immer ausschließlicher auf die Feststellung des schriftgemäßen Lehrinhaltes des Glaubens. Natürlich lehrte man immer, daß die schriftgemäße Lehre, wie sie das Bekenntniß enthielt, die Theologie entwickelte und rechtfertigte, nicht als solche den Menschen gerecht mache, aber faktisch mußte es doch leicht geschehen, daß sich an die Stelle des lebendigen Christus die orthodoxe Lehre schob, der Glaube aber zum bloßen Wissensglauben ward (S. 27). Das Licht der Lehre verzehrte mehr und mehr das Deldes Lebens: da war es nun an der Zeit darauf hinzuweisen, daß was selig mache nicht der rechte Lehrinhalt, sondern der lebendige Christus sei, daß die Kirche mit den Gnadenmitteln auf der einen, der reinen Lehre und der rechten Theologie auf der andern Seite nur Dem zu Gute komme, der

im lebendigen Glauben das Heil in Christo ergreift, daß Zugehörigkeit zu Christi Leib, nicht legale Gliedschaft der äußeren Kirche das Eine sei was noth. Das nun war es, was Spener in der Hauptsache wollte. Somit fiel bei ihm im Glauben nicht auf den Inhalt, sondern auf die subjektive Aneignung, auf das Leben das Gewicht. Das nun war zeitalterlich gefordert und lange hatte keine Stimme ein so tausendfaches Echo gefunden, wie Spener's Pia desideria. Es war von äußerster Wichtigkeit, daß dem Einzelnen wieder vorgehalten wurde, daß er vor Allem durch lebendigen Glauben seines Heils sich versichern folle, und im Gegensaße zu der orthodoxen Lehrhierarchie war die Aufrichtung des allgemeinen Priesterthums im zeitalterlichen Rechte. Allein wenn in der Rechtgläubigkeit der Inhalt des Glaubens das Leben verzehrt hatte, lag hier die Gefahr so nahe, daß das Leben den Inhalt ver zehrte. Die Frage kann nur sein, ob Spener und die Häupter seiner Schule diese Gefahr vermieden haben. Und diese Frage muß verneint werden. Spener und die Seinen haben der einseitigen Objektivität des Lutherthums ihrer Zeit eine einseitige Subjektivität entgegengestellt. Indem Spener vor Allem auf lebendigen Glauben drang, rückte er die Vorbedingungen des Glaubens, Wiedergeburt und Buße, und die Wirkungen des Glaubens, Wachsthum in der Heiligung und Liebe in guten Werken, so tief in den Glauben hinein, daß nicht bloß die seither giltige Heilsordnung verkehrt ward (Gaß II. S. 469), sondern, was das Wichtigste war, die Lehre von der Rechtfertigung alterirt und aus dem Mittelpunkte gedrängt (Hengstenberg, Ev. K.-3. 1840. S. 9 ff.). Der Pietist macht sein Verhältniß zu Gott durch Christum von subjektiven Erfahrungen abhängig, ohne die er sich Glauben nicht denken mag. Praktisches Christenthum war das Schlagwort des Pietismus. Und eine schöne Welt von guten Werken zeugt von dem Leben das hier gewaltet hat. Wer mag es würdig darstellen, was der Pietismus auf dem Gebiete der rettenden Liebe, der Erziehung, der Predigt, der Seelsorge, der Mission u. f. w. geleistet hat. Allein auf die Kirche und die kirchliche Wissenschaft hat er zerseßend gewirkt. Der Protestantismus, der den Angelpunkt des Christenthums in dem unmittelbaren Verhältnisse der gläubigen Seele zu Christo sieht, steht und fällt mit der Lehre von der unsichtbaren Kirche, d. h. der Gemeinschaft der Gläubigen am Leibe Christi, kennt aber diese Seelen nicht ohne ihren Leib: die sichtbare,

organisirte Kirche, welche Gläubige und Ungläubige umschließt. Der Pietismus aber seßte das wahre Christenthum so ausschließlich in die Erweckung der einzelnen Seelen, daß dem Organismus der Kirche die Lebenswurzel genommen ward. Bekanntlich war eine ecclesiola von Wiedergebornen innerhalb des Rahmens der äußeren, unverbesserlichen ecclesia der Lieblingsgedanke Spener's, dem später Zinzendorf in der Brüdergemeinde Realität geben wollte. Wie der Pietismus für die Seligkeit der wiedergebornen Seele in den guten Werken und der mit Nothwendigkeit fortschreitenden Vollkommenheit schon hienieden eine sichere Grundlage suchte, nenn- und kennbare Kinder Gottes, so wollte er, ganz donatistisch, die unsichtbare Gemeinschaft der Gläubigen zu sichtbarer Erscheinung bringen und die Konventikel waren die Ansäge dazu. Natürlich drückte diese Konventikelgemeinschaft den kirchlichen Organismus, insonderheit den öffentlichen Gottesdienst, herab. Die Pietisten wußten sich im entschiedensten Gegensage zur Welt. Gewiß soll jeder Christ mitten in der Welt nicht von der Welt sein. Und eine böse Weltlichkeit beherrschte im Zeitalter Ludwigs XIV. das Leben. Wie aber der Pietismus Alles sogleich in Form und Methode brachte, so wurde auch die Weltflucht formulirt, an gewisse Enthaltungen, bald auch Abzeichen gebunden. Diese Spannung einer Richtung, die bei allem Anschein des Innerlichen doch so stark nach außen sich wandte, mit der wirklichen Welt hatte etwas Krankhaftes und rief ebensomit eine krankhafte Reaktion hervor. Das aber war der Chiliasmus, der immer in Zeiten überspannten Gegensages zur Wirklichkeit sich zeigt, das Dunstgebilde verdampfter Wirklichkeit. Nach der einen Seite ist die organisirte Kirche wesentlich Trägerin der Gnaden mittel. Was nun das Schriftwort betrifft, so hat der Pietismus das unleugbare Verdienst das erbauliche Studium der Schrift unter Geistlichen und Laien belebt zu haben. Und das soll ihm nicht vergessen werden. Während im orthodoxen Zeitalter die Schrift vorzugsweise als Quelle und Norm der Wahrheit war angesehen worden, ward sie jezt vorzugsweise Erbauungsmittel, selbst für die Theologen. Sah man sie aber wesentlich so an, so begreift man, wie die pietistische Theologie die objektive Kraft des Wortes durch die subjektive Auffassung bedingt sein lassen konnte (Gaß II. S. 463 ff.). Und damit stimmt die hart an Donatismus streifende Auffassung des Amtes in seiner Abhängigkeit von der persönlichen Würdigkeit seines

Inhabers (Hoßbach, Spener 2. A. II. S. 161 ff.). Was aber die Kraft der Taufe anbetrifft, so legten die Pietisten ein solches Gewicht auf die im späteren Leben erfolgte Erweckung, welche sie Wiedergeburt nannten, daß das Bad der Wiedergeburt nothwendig in Schatten trat. Aber auch auf die andere Seite der sichtbaren Kirche, nach welcher dieselbe die organisirte Gemeinschaft des Glaubensbekenntnisses ist, wirkte die pietistische Subjektivität auflösend. Die Häupter des Pietismus haben die Nothwendigkeit eines Bekenntnisses nie in Abrede gestellt und es war nur heilsam, daß Angesichts der orthodoxen Ueberschäßung besonders Spener das Menschliche und Unvollendete der lutherischen Symbole hervorhob. Aber eine Richtung, die so einseitig Alles in das Leben, die Praxis, den religiösen Nugen des Einzelnen seßte, ließ dem Bekenntnisse nur eine sehr schwebende und äußere Stellung. Bei der sehr geringen Bedeutung, die der Pietismus der Lehre als solcher, den Unterscheidungslehren in's Besondere beimaß, war derselbe natürlich von Haus aus unirt gesinnt (Gaß II. S. 399 ff.) und diese Seite war es, welche die pietistische Universität Halle dem Hause Brandenburg so werth machte, da der matte Unionismus von Frankfurt an der Oder nie viel Eindruck gemacht hatte. Was nun insonderheit die Theologie des Pietismus anbetrifft, so tritt auch hier das Leben so siegreich in den Vordergrund, daß für die Wissenschaft sich keine rechte Stätte fand. Womit dem Pietismus die Theologie steht und fällt, ist die Wiedergeburt. Nur ein Wiedergeborner kann Theologe sein. Wir haben gesehen (S. 2), daß die orthodoxe Theologie einen besondern habitus für jeden Theologen erheischte: ein Zusammenwirken des Geistes der Heiligung und des Geistes christlicher Erkenntniß. Unzweifelhaft hatte, nachdem die Triebkraft lutherischer Theologie mehr und mehr in das Geäste und Gezweige der Scholastik sich geworfen hatte, das rein wissenschaftliche Vermögen eine einseitige Betonung empfangen. Wie aber der Pietismus die Theologie bestimmte, war sie mit Christenthum fast identisch, vom gemeinen Christenthum nur durch eine gewisse Entwickelung des christlichen Bekenntnisses geschieden: cultura christianismi uberior. Man sehe die Stellen, welche Knapp, Leben und Charakter einiger frommen u. gel. Männer d. vor. Jahrh. S. 41 ff., zusammengetragen hat. Gewiß trafen die Vorwürfe der Unwissenschaftlichkeit, welche die Orthodoxen gegen den Pietismus erhoben, Männer wie Spener und

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »