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Francke mit Unrecht, desto gegründeter aber waren sie bei den Pietisten zweiter Generation, deren Wissenschaftlichkeit in der That etwas zu kurz war, wie Bengel sich ausdrückte. Jene Zurückführung aber des theologischen Berufes auf den allgemein christlichen, auf das allgemeine Priesterthum, blieb nicht bloß in der Theorie, sondern zog eine gar bedenkliche Praxis nach sich, nämlich das schwarmgeisterische Auftreten so vieler Laien, das scheinbar der Orthodoxie, in der That aber dem Pietismus die größte Gefahr bereitete. Uebersehen wir die Stellung der pietistischen zur orthodoxen Theologie, so wird man den überaus leidenschaftlichen Kampf zwischen beiden nur einen tragischen nennen können, in dem Recht und Unrecht auf beiden Seiten ist. Im Allgemeinen darf man wohl sagen, daß das Recht des Lebens auf Seite der Pietisten, das Recht der Lehre auf Seite der Orthodoxen war. Die Epigonen der orthodoxen Theologie des 17. Jahrhunderts, ein Carpjov, Mayer, Schelwig, Deutschmann u. A., hatten schon als Solche einen schweren Stand gegenüber den reichbegabten Anfängen einer neuen Richtung, die alle Zeichen der Zeit für sich hatten. Was aber ihren Stand besonders schwierig machte, war die vorsichtige, conservative, legale Haltung Spener's und seiner bedeutendsten theologischen Freunde und Schüler. Wie solche Eigenschaften immer ein Segen sind, so haben sie auch segensreich gewirkt: der Pietismus brach nicht mit der lutherischen Kirche. Aber was half es, wenn der vorsichtige Spener Konsequenzen von seiner Person ablehnte, die in seiner Sache lagen und in bedenklichen Persönlichkeiten und Richtungen sich als sehr begründet erwiesen. Die krankhafte, unkeusche, mechanisch forcirte Bekehrungspraxis, das donatistische Conventikelwesen, das innere Wort eines Dippel, der Chiliasmus von Petersen und Genossen, die Geschichtsbetrachtung eines Arnold, das rationalistische Spiel, welches ein Thomasius mit den orthodoxen Auktoritäten trieb u. s. w.: das alles hielt sich nicht ohne Grund zum Pietismus. Die orthodoxe Scholastik ist in diesen Kämpfen untergegangen und, wenn wir Löscher als den lezten großen Repräsentanten derselben ansehen dürfen, würdig. Aber der Pietismus hat auf dem Gebiete der Theologie seinen Sieg nicht lange überlebt. Er war um 1730 schon gebrochen.

Nachdem wir in diesen Bemerkungen das materiale Verhältniß des Pietismus zur Dogmatik zu zeichnen versucht haben, bedürfen die

speciellen Leistungen des Pietismus auf diesem Gebiete nur einer summarischen Charakteristik. Der Pietismus ging in seinem Gegensaße zur scholastischen Dogmatik nicht bis dahin fort die Nothwendigkeit dieser Disciplin selbst in Abrede zu stellen. Nur ihre alle andern Disciplinen verdrängende Hegemonie brechen, sie in den Dienst des Bibelstudiums als der Hauptsache in der Theologie stellen, ihre scholastische Künstlichkeit abthun, kurz sie in eine praktische Bibeltheologie umsehen wollte der Pietismus. Siehe Spener's Vorwort zu den hodosophischen Tafeln Dannhauer's, France's Methodus studii theol. p. 163 sq., Knapp a. a. D. S. 110. Spener, dessen Meisterschaft in der katechetischen (wie sein unübertroffener Katechismus beweist) und praktischen (Allgemeine Gottesgelahrtheit 1680; Die evangelische Glaubenslehre in einem Jahrgang von Predigten 1688; Vieles in seinen deutschen und lateinischen Bedenken, Streitschriften u. s. w.) Behandlung der Glaubenslehre bestand, hat kein dogmatisches Lehrbuch geschrieben. Ueber seine Theologie Gaß II. S. 408 ff. Dem Jdeale einer pietistischen Dogmatik kommt vielleicht Freylinghausen's Grundlegung der Theologie, darin die Glaubenslehre aus göttlichem Worte deutlich vorgetragen, zum thätigen Christenthum wie auch evangelischen Trost angewendet worden, zum Gebrauch des paedagogii regii (1703 u. ö., zulegt 1767) und Spangenberg's Idea fidei fratrum oder kurzer Begriff der christlichen Lehre der evangelischen Brüdergemeinde (1778) am nächsten. Breithaupt's Institut. theol. 11. duo: priore credenda s. articuli fidei, posteriore agenda seu moralia, una cum usu practico atque experimentali e sacra scriptura demonstrantur (1695), welche die Kirchenlehre im Geiste eines Arndt und Spener darstellen wollen, geben den überlieferten Lehrstoff nach analytischer Methode mit großer Beschränkung der begrifflichen Bestimmungen zu Gunsten des BiblischPraktischen, das in der ausgedehnten Behandlung der Heilsordnung sich geltend macht. Anton wußte seine Vorträge über Polemik (Collegium antitheticum universale, gehalten 1718 und 1719, herausgeg. 1732) auf Grund von Breithaupt's Theses credendorum et agendorum fundamentales (1703) mit den Erfahrungen, die er im Umgange mit Christen aller Konfessionen gemacht, und mit psychologischer Motivirung zu beleben. Wie bei Lange im Leben der Pietismus schon den Charakter eines halb methodistischen, halb pedantischen Formalis

mus hat, so lenkte er auch, der ehemalige Schulmann, auf dem akademischen Katheder zu begrifflicher und demonstrativer Methode zurück in s. Oeconomia salutis evangelica in justo articulorum nexu methodo demonstrativa digesta et uti acuendo spirituali judicio juvandaeque memoriae sic etiam christianae praxi accomodata (1728. 1730). Seine Schrift Causa dei et religionis naturalis adversus Atheismum (1721), in demselben Jahre verfaßt, wo er über Wolff siegte, beweist, wie nahe Lange seinem Gegner in der Methode stand. Die Vorlesungen von Rambach über Freylinghausen's Grundlegung (herausg. von Hecht 1738) arbeiten mit Benußung des Materials der scholastischen Dogmatik die Kirchenlehre in gründlicher Erläuterung, reinlicher Gliederung und klarer Beweisführung durch.

Aus der angeführten Literatur erhellt, daß der Pietismus auf dem Gebiete der Dogmatik nichts Bedeutendes und Nachhaltiges geleistet hat. Sobald er, wie bei Lange und Rambach, anfängt die Lehre objektiv und methodisch zu behandeln, verläßt ihn der Boden seiner Kraft und er weist über sich hinaus, es sei rückwärts oder vorwärts.

2.

An den Pietismus schließt sich ein Theologenkreis an, dessen Vaterland vorzugsweise Würtemberg ist: Bengel, Crusius, Oetinger, Roos u. A. Wir finden bei diesen Theologen das, worauf die Pietisten das Hauptgewicht legten, nämlich lebendigen Glauben, und doch zugleich das, was dem Pietismus immer mehr ab- und ausging, Wissenschaft, und beides nicht, wie bei den Orthodoxen des 17. Jahrhunderts so oft, unvermittelt neben einander, sondern in inniger Durchdringung. In ihrem Lager, das darf man wohl sagen, war in der Mitte des 18. Jahrhunderts die edelste Kraft der lutherischen Kirche. Sie hatten vom Pietismus gelernt unmittelbar von der Schrift auszugehen, erstrebten aber, was der Pietismus nicht vermochte, eine gründliche, in die Tiefe gehende, geist- und lebensreiche, zum Ganzen hinstrebende Schrifttheologie. Stets hatte die lutherische Theologie Schrifttheologie sein wollen, aber thatsächlich war doch das Verhältniß der Theologie des 17. Jahrhunderts zur Schrift durch das Bekenntniß vermittelt gewesen. Dieser Theologenkreis abergeht nicht mit der fertigen Ueberzeugung, daß Schrift und Kirchenlehre sich absolut decken, aber auch nicht vorausseßungslos

nach Art der modernen Kritik, sondern mit einem von der Kirche erzeugten, im heiligen Geiste brennenden Glauben an die Schrift, um aus derselben ein im Wesentlichen mit der Kirchenlehre stimmendes Resultat zu erzielen, an dem die Orthodoxen im Sinne des 17. Jahrhunderts nur den Weg, auf dem es gefunden worden, Eigenthümliches in der Fassung und ein Plus neuer Gedanken, wie Chiliasmus u. s. w., auszuseßen hatten (Der innere Gang S. 70 ff.). Bengel, das Haupt dieser Richtung, ist der Meister auf dem Gebiete der Eregese. Obwohl von einer freieren, weil lebendigeren, Auffassung der Inspiration ausgegangen (Burk, Bengel's Leben und Wirken S. 242 ff.), erklärte er doch das geschriebene Wort mit einer Gewissenhaftigkeit der Hingabe, einer kritischen Genauigkeit, einer philologischen Gründlichkeit, welche die orthodoxe Theologie nicht bewiesen hatte. Je sicherer seine Ueberzeugung war, daß die Schrift Gottes Wort sei, desto größer war seine Schnellkraft sich in das Wort wie es lautete zu verseßen, jeden Ausspruch aus seinem nächsten Zusammenhange zu erklären und auf eine Lebenswurzel des christlichen Bewußtseins zurückzuführen. Lag auch Bengel's Kraft in der Behandlung des Einzelnen, so hat er doch für ein Ganzes gearbeitet, welches nicht wie bei den orthodoxen Dogmatikern das kirchliche System, sondern die Geschichte des Reiches Gottes war. Den Schlüssel aber dazu fand er in der Offenbarung Johannis. Die Resultate der Bengel'schen Schriftforschung fielen Oetinger und Crusius zu, denen die Gabe der speculativen Zusammenfassung geworden. Gemeinsam ist beiden im Gegensaße zu dem rein logischen Denken der neuern Philosophie seit Cartesius ein auf der Ueberzeugung der Einheit von Natur und Offenbarung ruhendes christliches Philosophiren, im Gegensaße zu der mathematischen Methode der Begriff genetischer Entwickelung, gegenüber dem idealen Mechanismus der Leibniz-Wolff'schen Philosophie ein das Recht der Leiblichkeit betonender Realismus. Wie sich dieser Realismus durch die Schrift gedeckt fand, so wirkte er wieder auf eine realistische Auslegung der Schrift zurück. Wie Geist und Leib nicht neben einander, sondern in und für einander sind, so hat auch das Reich Jesu Christi seine Naturgrundlage in der jüdischen Nationalität, welche im tausendjährigen Reiche der beherrschende Mittelpunkt der Kirche sein wird. Von Crusius, der die Gebiete der Philosophie mit einem Erfolg durchmessen hatte, welchem Kant seine vollste Anerkennung nicht versagte (Inter

Germaniae non dicam philosophos, sed philosophiae promotores profiteor vix cuiquam secundum), wäre zu erwarten gewesen, daß er als Theologe seine christliche Philosophie (deren Grundzüge Delißsch, Die biblisch-prophetische Theologie S. 29-73 gezeichnet hat) der Glau benslehre hätte zu Gute kommen lassen. Indeß ist seine Kurze Vorstellung von dem eigentlich schriftmäßigen Plan des Reiches Gottes (1768. 2. A. 1773) nur eine gelegentlich (aus dem einem jungen Grafen ertheilten Unterricht) entstandene, halb populäre Zusammenfassung der Glaubenslehre unter dem Gesichtspunkte der Reichsentwickelung. Man erkennt aus der eingehenden Darstellung, welche die Epochen des Reiches Gottes unter dem Abschnitte: Von dem Worte Gottes finden, daß darin das Interesse und die Kraft von Crusius lag. Crusius war biblischer Theologe. Seine Grundgedanken über Weissagung und Erfüllung im Reiche Gottes enthalten seine Hypomnemata ad theologiam propheticam (1. 1764, 2. 1771, 3. 1775). S. Delizsch S.74ff. Das Verhältniß Oetinger's zu Bengel charakterisirt Hamberger (Detinger's Selbstbiographie S. XII) treffend also: „In der Art und Weise die Bibel selbst zu erforschen und die in ihr liegende Wahrheit zu Tage zu fördern, wich er nicht nur von den übrigen Theologen, sondern selbst von Bengel ab. Wenn nämlich Leßterer hierbei bloß als frommer Schriftgelehrter verfuhr, so war das Verhältniß, in welchem Oetinger zur Bibel stand, das des offenbarungsgläubigen Philosophen. Wenn also Bengel sich damit begnügte, auf dem Grunde der biblischen Philologie des wesentlichen Inhalts der Bibel im Einzelnen sich zu bemächtigen und dann diese Einzelheiten mit dem Faden der Logik zu einem Ganzen zu verknüpfen, so war Oetinger's Bemühen von Anbeginn darauf gerichtet, das allen einzelnen Aussprüchen der Schrift zum Grunde liegende große System göttlicher Wahrheiten in seinen wesentlichsten Grundzügen aufzufinden, und dann im Lichte des eigentlichen Urbegriffs der Bibel alle Besonderheiten derselben als integrirende Theile des großen Ganzen, welches sie darstellen, zu erkennen." Es ist nicht leicht die Summe dieses vielseitig angeregten Lebens, das im geistlichen Amte nicht den entsprechenden Berufskreis hatte, und dieser vielseitigen Geistesthätigkeit, die sich bald auf dem Gebiete der Naturwissenschaft, bald der Jurisprudenz, bald exegetischer, pietistischer, mystischer Theologie, bald der Philosophie bewegte und sich in eine große Anzahl von Schrif

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