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über die Frechheit der Riesen, über den gewaltigen Jäger, die erste Klage kaum noch verständlich zu vernehmen ist. Wie könnten wir den Lauf so vieler Zeiten herab das immer neue Spiel verfolgen, das Leidenschaft, Verstand und Kraft mit schwacher Unschuld oder träger Vernachlässigung von jeher getrieben haben? Ohne zu erzählen, wie es kam, daß die natürliche Ordnung, welche aus Geschlechtern Stämme, aus diesen Völker werden läßt, durch Herrschsucht unterbrochen, mehr und mehr dem Kunstwerk großer Staaten wich, beschränken wir uns auf die Zeit, wo die ganze gebildete Welt, so weit sie damals bekannt war, mit Einschluß einiger barbarischen Völker, nach zwölfhundertjähri. ger Ermüdung ihre unhaltbare Freiheit endlich der Willkür eines einigen Herrschers zu übergeben sich genöthiget sah.

Als Augustus Cäsar die Welt übernahm, war jene Blüthe des griechischen Jugendalters, dessen Früchte in Vortrag und Kunst wir in unserer späten Reife als unübertreffliche Muster mit Recht verehren, längst abgestreift, vergessen die antike Hoheit des wunderbaren Morgen. landes, erblichen und erstorben die Heldenkraft der ersten freien Völler. Nichts desto weniger, welche Welt! Von der scotischen Mauer bis an und über den Euphrat, von dem Sand hinter Cyrene bis an die Sümpfe Westphalens - der Sit in der Mitte der kultivirtesten Völker, unter dem gemäßigten Himmelsstrich, überall die lachendste Fruchtbarkeit, das Meer von England bis an die Küste von Colchis, die schönen Länder alle, und nicht, wie wenn sie jest über die Türken erobert würden, sondern in vollkommenstem Bau, von den prächtigsten Städten geziert, überall Berfeinerung, Lurus, bei allen Ueberbleibseln der frühern großen Zeit, und dabei Geist, Gelehrsamkeit, alle Stufen der Bildung in frohester Entwicklung. Diese Welt gehorchte Augustus, und gern.

Nichts wurde mehr vermieden als der Anschein von Herrschaft. Sie wurde geübt, ja nicht genannt. Man durfte nicht wissen, daß Rom einen Herrn habe. Und wie viel erfand er, um den Unterworfenen alle müßigen Stunden mit Genüssen zu füllen, und alle großen Talente mit Literatur und Verwaltungen zu beschäftigen; wie wußte er die Werkzeuge der Macht, seine Legionen, zugleich zu ehren, und fern und in Ordnung zu halten; Wohlstand aber und Friede so zu begründen, daß man, anderer Zeiten zu gedenken, weder Muße noch Luft habe; inbeß begünstigte er, daß Livius die Geschichte derselben freimüthig schrieb, auf daß niemand glaube, er scheue sie, und sie haben sich geän, dert. So das Kaiserthum den Nationen einzuzaubern, war seine fünf. zigjährige Arbeit.

Wie aber, daß in vorigen Zeiten, wo, ich will nicht sagen, Berres raubte, wo zu der Ungerechtigkeit in Cypern Cato sich mißbrauchen

ließ, und mit Wucher Brutus die Provinzen aussog, und wie, daß nachmals, bei der Tollheit, Härte und Herabwürdigung der nachfolgen. den Cäsarn, beim Wanken des Throns, bei geoffenbartem Geheimniß der Schwäche, nie ein Versuch der Weltbefreiung unternommen ward? Ein Heer bei weitem nicht zweimal so groß wie das preußische, vermochte, unter den widrigsten Umständen die Römerwelt in Gehorsam zu halten. Sollte wirklich die Stille der willkürlichen Beherrschung den Unruhen der Freiheit vorzuziehen gewesen sein?

Aber die größten Menschen aller Art hatten ihre hervorleuchtenden Eigenschaften in dem Kampf zwischen vielen Partheien und Staaten entwickelt: Volksmenge, Reichthum, Literatur, Künste waren nie glän. zender als während dem Wetteifer der Nationen; man würde der Geschichte nicht glauben, was manche Länder waren, wenn nicht die Steine redeten, die Größe, die Pracht der Ueberbleibsel. Als alles Vorzügliche zusammengedrängt wurde in Eine Stadt, in die verdorbenste, als alle Nationen vor Einer sich beugen mußten, die selbst unter jocht war, hatte schon die nächste, etwas vollständige Geographie, Strabo, die Erödung unzähliger berühmten Städte, das Hinsterben anderer, anzumerken. Hundert Jahre verflossen, und in Trajans goldener Zeit waren in dem ganzen Peloponnesus weniger Menschen als vorher in der einzigen Stadt Athen; zweihundert Jahre noch, da verfielen die unter August aufgeblüheten Städte, lang vor den barbarischen Eroberungen, und das Reich nahm ab, und wurde schwach, so daß endlich Gallien, das dem großen Diktator einen zehnjährigen Krieg, und vielleicht das Blut einer halben Million gekostet, unter Anführung eines kaum zwanzigjährigen Jünglings von etwa 25000 Franken crobert und behauptet wurde. Ist das das Glück, der Flor, die Sicherheit, wofür der freie Stand selbstständiger Nationen bereitwillig hingegeben zu werden verdiente?

Hingegeben freilich war er, und blieb es, aber nicht aus Hoffnung, weniger aus Gefühl bessern Eeins. Es fielen die Völker und kamen nicht wieder empor, weil ihr Geist erloschen war.

Kein gemeines Wesen vermag zu bestehen ohne Tugend. Und was für eine Tugend? Ich meine das lebendige thätige Gefühl, das jeder nicht für sich, sondern für ein gemeinsames Vaterland, und nicht für den vorbeifliegenden Augenblick dieses Lebens, sondern für das Wohl auch der Zukunft lebt. Hieraus fließt Mäßigkeit, Arbeitsamkeit, Selbst. verläugnung, Todesverachtung, jede gute Eigenschaft und das wahre Glück des Lebens, Freundschaft und Liebe, Bewußtsein, Unbefangenheit. Aber als durch die asiatischen Kriege die Kenntniß vieler unbekannten Genüsse den Griechen Anlaß neuer Bedürfnisse wurde, wich die Bater

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landsliebe der marathonischen Helden, wichen die spartanischen Sitten, der Habsucht. Von dem an trennte sich der Privatvortheil von dem öffentlichen Wohl; anstatt dem Vaterland zu dienen, wurde sein Interesse den unersättlichen Begierden dienstbar gemacht, und seine Macht aus Eigennus das Werkzeug fremder Eroberungen. Aus dieser Verderbniß fam, daß, da Jeber Alles an sich ziehen wollte, Herrschaft und Freiheit für Alle unterging; es blieb der Blindheit ihrer Begierden zu lang ver borgen, daß, was jeder und was jede Stadt einbüßte, für Alle verloren war. Hierauf war die macedonische Herrschaft besonders verderblich, weil auf die bösen Künfte der Volksverführung nichtswürdigere Hofs kabalen folgten, und nach Alexanders Tod und bald erfolgter Ausrottung seiner schwachen Familie, die schnell eroberte Welt seinen Generalen preisgegeben blieb, deren die meisten, ohne Bildung oder ohne Moralität, einem stolzen raubsüchtigen Militär dienen mußten. In allen diesen Königen und Völkern fand Rom keine moralische Haltung; der morsche Bau durfte angerührt werden, und er fiel; Pompejus war den alten Helden nicht zu vergleichen, aber Asien hat er sobald genommen als gesehen. Hin war, erloschen für immer, dieselbe männliche alte Tugend, ohne deren Feuer und Licht die politische Welt so wenig blühen kann als die physische ohne die Sonne. Sie war eine edle liberale Umfassung; nun hatten die Gemüther, wie einschrumpfend, von dem Vaterland, von dem unsterblichen Lorbeer, von dem Gedanken einer ewigen Gerechtig keit, ihren Sinn auf augenblicklichen Genuß zurückgezogen.

Doch Reichthum, Waffen, Wiß hatten sie noch; die Nordafrikaner, die Barbaren Westeuropens, viele alte Tugend und kraftvolle Mannschaft; so daß Zusammenhang und Vereinigung helfen konnte. Allein, zu spät faßte der große Mithridat einen solchen Gedanken. Daher von vielen, ohne Nußen für die Welt, unvergleichlich gestritten wurde, und alle nach einander vereinzelt fielen.

Alle Selbstständigkeit, alle Größe der Menschen beruhet auf der Kraft, wie der Gebrauch der Kraft auf dem Willen. Wer genau weiß, was er will, und immer und nachdrucksamst es will, dem werden die Mittel nicht fehlen. Aber nicht mit voller Kraft noch beharrlich wollten jene Völker die Behauptung ihrer Selbstständigkeit. Nicht als hätten Pro. konsuln, nicht als hätte der Schlaf unter demselben Despotismus, ärger als der im Grabe (denn er war doch unruhig) ihnen besser gefallen als ihr vormaliger Zustand: aber sie waren durch Täuschung leichter ein. zuschläfern, weil sie die Erfahrung noch nicht vor sich hatten, durch welche ihr erbärmliches Elend und ihr unwürdiger Untergang nach so vielen Jahrhunderten spätere Völker drohend warnt. Also, abgespannt und verweichlicht, ergaben sie sich.

Zwei Institute, wodurch eine öffentliche Meinung und Stimme begründet wird, Religionsvorträge und unser Literaturwesen, fehlten der alten Welt. In Gebräuchen war der Gottesdienst, ohne Lehrvorträge, die selbst den gemeinsten Theil der Menschen immer doch etwas aus dem Rohen herausarbeiten.

Bei des Christenthums dazumal anbrechendem Licht erschien die Welt nach und nach in dreifacher Ansicht; nicht als hätte das Licht sich geändert, aber nach der Gestaltung des Körpers, auf den es fiel: die damalige Welt, wie eine in unheilbarer Verdorbenheit ihrem Untergang entgegenreifende Unordnung: nachmals, unter den Barbaren, wie eine, strenger Zucht bedürftige Bildungsanstalt; endlich, in der neuern Zeit, wie eine Haushaltung von Menschen, die, dem Zuchtmeister entwachsen, je nachdem sie das Erlernte benußen oder vergessen, der Freiheit froh sind oder in Dienstbarkeit stürzen. Dazumal war Hoffnungslosigkeit Quelle einer vollkommenen Gleichgültigkeit; diese ist der Tod der Seele.

Gelehrte hatten jene Alten, wie wir, aber ohne jene Mittel, welche die Berührungspunkte der Schriftsteller zu dem Publikum bei uns in das Unendliche vermehrt haben. Es fehlte diese Offenkündigkeit, diese tägliche Mittheilung, durch die Eine erleuchtende Ansicht, Ein entflam. mendes Wort, wenn auch eines gedrückten Mannes von Genie, jest blißschnell durch Europa läuft, und, wenn die Stunde gekommen ist, wie mit einem elektrischen Schlag einsmals unzählige zu rühren vermag.

Der Werth des Daseins und richtigen Tons der öffentlichen Meinung ist wohl nirgend einleuchtender als in demjenigen Lande, wo der größte König aller Zeiten, dessen Gedächtniß wir feiern, das zuversichtliche Selbstgefühl und von der Tugend seiner Nachfolger die schönbekrönte Hoffnung hatte, daß er das Emporkommen einer freien öffentlichen Meinung nicht nur nicht gehindert, sondern auf alle Art begünstigt hat; wodurch die Freiheit bei uns reeller als irgend, und Sicherheit und Kraft des Staats von dem zufälligen Spiel der Umstände in der Maaße unabhängiger geworden, als der feste Wille eines glücklichen Volks jeder. zeit ein unberechnetes Gewicht in die politische Wagschale legen kann.

In der That, die öffentliche Meinung ist die Weltregentin, das Gesez auch derjenigen, die sonst keines erkennen. Als aber mit dem altern Plinius die weltumfassende Gelehrtheit und römischer Seelen herkömmlicher Ernst und mit Cornelius Tacitus der leste Hauch freier Wahrheit und Gerechtigkeit verflogen, wurde von den meisten Gelehrten die Pflicht ihres Berufs aus den Augen gefeßt. Furchtsame und feile Seelen wollen wir der verdienten Vergessenheit nicht entziehen; über. haupt aber wich der männliche Sinn und eigenthümliche Verstand dialektischen Spitfindigkeiten und den Träumereien der Theurgie. Nicht

mehr belebte se jene aus eigenem Gefühl ergossene, unwiderstehlich mit fortreißende Flamme; es glänzte in übertriebenen Lobreden erkünftelter Wit, und von den Kenntnissen der Vorwelt ein geistloser Apparat; nachgeahmt, excerpirt wurde (nicht ohne Glück von Einigen) das Alter. thum, Eigenthümlichkeit hatte nur der samofatische Spötter, welcher mit seinen Zeitgenossen, ihren Weisen und Göttern seinen Muth- willen trieb.

So fehlte dem entnervten Körper die herstellende Nahrung. Der Mensch in seiner Trägheit beklagt das unabwendbare Schicksal; der große Mann weiß ihm in die Räder zu greifen. Ein Zeitalter, allzu schwach für Glauben an die Götter und sich selbst, staunt Roms Weber. legenheit an; aber der Mensch ist was er will, wozu er sich macht.

Glücklich jede spätere Zeit, welche von der vergangenen unterrichtet wird! Darum hat Friedrich bis in seine höchsten Jahre die Lesung der Alten empfohlen; die ächte Gedächtnißfeier eines großen Mannes ist die Erinnerung dessen was er geliebt.

Johann von Müller.

Ueber Cäsar's Charakter.

Aus seinen Schriften.

Unter Charakter verstehen wir gewöhnlich die sittliche Eigenthüm. lichkeit eines Menschen, im Gegensaße gegen den Geist, welcher auf dem Umfange, der Schärfe, Tiefe und Schnelligkeit des Denkens beruht. Dieser Gegenfas mag blos in der Erscheinung und in dem Begriffe vorhanden sein: bei dem jezt anzustellenden Versuche, den Charakter Cäsar's in seinen Schriften nachzuweisen, soll er nur in so fern geltend gemacht werden, daß wir diejenigen Seiten dieser Schriften, welche des Mannes Klarheit, Verstand und Kunst bezeugen, von der unmittelbaren Betrachtung ausschließen. Die sittliche Eigenthümlichkeit aber wird gewöhnlich so dargestellt, daß man die verschiedenen guten und bösen Eigenschaften eines Menschen aufzählt und zergliedert, und wer könnte läugnen, daß sie in diesen sich zeigt und sichtbar wird? Aber vollendet kann auf diesem Wege die Darstellung niemals werden. Denn abgesehen davon, daß niemals für die Vollständigkeit der Aufzählung Bürgschaft geleistet werden kann, indem sich manche Eigenschaft einer jeden Beobach. tung entzieht, so sest die Zergliederung schon die Annahme einer der einzelnen Aeußerungen zum Grunde liegenden gemeinsamen Richtung voraus, und diese Annahme muß so lange für willkührlich gelten, bis die Wurzel gefunden ist, aus welcher alle einzelnen Richtungen und

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