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aufgestellten Grundsaß der alten Bildnerei berichtigte, ohne ein Werk derselben gesehen zu haben: so erstaunt man über die Schärfe seines

Grundlage der Dichtkunst dieses Philosophen meine eigenen Gedanken, die ich hier ohne Weitläufigkeit nicht äußern könnte. Indeß stehe ich nicht an, zu bekennen, (und sollte ich in diesen erleuchteten Zeiten auch darüber ausgelacht werden) daß ich sie für ein eben so unfehlbares Werk halte als die Elemente des Euklides nur immer sind. Ihre Grundsäße sind eben so wahr und gewiß, nur freilich nicht so faßlich, und daher mehr der Chicane ausgesezt als alles, was diese enthalten. Besonders getraue ich mir von der Tragödie, als über die uns die Zeit so ziemlich alles daraus gönnen wollen, unwidersprechlich zu beweisen, daß sie sich von der Richtschnur des Aristoteles keinen Schritt entfernen kann, ohne sich eben so weit von ihrer Vollkommenheit zu entfernen.“ (Dramat. XXV. 385 und 386).

„Ich wage es, hier eine Aeußerung zu thun, man mag sie doch nehmen, wofür man will! — Man nenne mir das Stück des großen Corneille, welches ich nicht besser machen wollte. Was gilt die Wette? Doch nein, ich wollte nicht gern, daß man diese Aeußerung für Prahlerei nehmen könne. Man merke also wohl, was ich hinzuseze: Ich werde es zuverlässig besser machen und doch lange kein Corneille sein, und doch lange noch kein Meisterstück gemacht haben. Ich werde es zuverlässig besser machen, und doch mir wenig darauf einbilden dürfen. Ich werde nichts gethan haben als was jeder thun kann, der so fest an den Aristoteles glaubt, wie ich.“ (Ebendas. G. 388).

So schrieb Lessing im Jahre 1767 gewissermaßen im Widerspruche mit einer acht Jahre älteren Aeußerung:

„Seitdem ich es bedauere, sagt er, die Dichtkunst des Aristoteles cher studirt zu haben als die Muster, aus welchen er sie abstrahirte, werde ich bei dem Namen Sophokles, ich mag ihn finden wo ich will, aufmerksamer als bei meinem eigenen. Und wie vielfältig habe ich ihn mit Vorsaße gesucht! wie viel Unnüzes habe ich seinetwegen gelesen!" (XIV. S. 259).

Diese Worte befinden sich in der Vorrede zu einem umfassenden Werke über den Sophokles, welches er im Jahre 1760 unternahm, aber nach Ausarbeitung der ersten fünf auf das Literarische sich beschränkenden Bogen liegen ließ. Von dem an wendete er sich andern Bestrebungen zu, welche, wie es scheint, seinen Fleiß von der griechischen Tragödie ablenkten. Wenigstens finden sich von eindringendem Studium derselben in der Dramaturgie eben keine Spuren, vielmehr vom Gegentheil. Denn wären ihm damals ihre Werke gegenwärtig gewesen: so konnte ihm schwerlich entgehen, daß sie die Reinigung der Leidenschaften, die Veredelung der Seele, nicht wie Aristoteles sagt, durch Erregung der Furcht und des Mitleidens bewirken, sondern durch erhabene Stimmung, worein sie verseßen, vermittelst der sittlichen Größe, die sie an ihren Helden offenbaren. In dem Maße als Euripides von dieser Seite selbst in seinen besten Stücken dem Aeschylus und Sophokles nachsteht, ist er weniger tragisch als sie, und in dem Maße als er in andern auf das Rührende,

Verstandes, in welchem Umfange diese vermögend war, ihm die man. gelnde Anschauung durch die Macht des Begriffs zu erseßen *).

Seine Dichtungsgabe schlug er selber nur gering an. Und doch ist er es, welchem wir das schönste unserer Lustspiele und eine der verstand

Schmelzende, Weinerliche hinarbeitet, wird er untragisch, er, welchen Aristoteles den tragischesten nennt, und seiner Lehre nach nicht anders konnte.

Was übrigens seine weltberühmte Erklärung der Tragödie betrifft: so lautet sie nach der Leseart der älteren Ausgaben, welche Lessing vor Augen hatte, [ο: ἔστιν οὖν τραγωδία μίμησις πράξεως σπουδαίας καὶ τελείας, μέγεθος ἐχούσης, ἡδυσμένω λόγω, χωρὶς ἑκάστου τῶν εἰδῶν ἐν τοῖς μορίοις, δρώντων, καὶ οὐ δι' ἀπαγγελίας, ἀλλὰ δὲ ἐλέου καὶ φόβου περαίνουσα τὴν τῶν τοιούτων παθήματων κάθαρσιν.

Das ist:

„Tragödie ist Darstellung eines ernsten und vollständigen Ereignisses von begränztem Umfange in einem sinnlich reizenden, nach Beschaffenheit der Hauptbestandtheile wechselnden Vortrage, handelnder Personen; und nicht durch Erzählung sondern durch Mitleiden und Furcht die Reinigung solcher Gemüthsbewegungen vollbringend."

Wer möchte nicht in den lezten Zeilen an dem seltsamen Gegensage, in welchen der Begriff der Erzählung mit den Begriffen des Mitleidens und der Furcht tritt, Anstoß nehmen? Lessing aber ist hievon so weit entfernt, daß er vielmehr auch hier den Aristoteles unfehlbar findet, und jenen schroffen Gegen sah (Dramat. XXV, 193) in ein Licht stellt, welches vielleicht den Meister über den Scharfsinn seines Auslegers in Verwunderung gesezt, ja wohl gar an seinem eigenen Gedanken irre gemacht hätte. Hiemit deute ich auf Reiz'ens glückliche Aenderung der Leseart, nach welcher dard' wegfällt, die Worte καὶ οὐ δι' ἀπαγγελίας fid) auf δρώντων Dejieben, und von μίμησις abhangent, was der ganzen Erklärung mit Beseitigung alles Spizfindigen eine höchst erwünschte Geschmeidigkeit giebt, indem sie nun lautet, wie folgt:

,,Tragödie ist Darstellung eines ernsten, vollständigen Ereignisses von begränztem Umfange, in einem sinnlich reizenden, nach Beschaffenheit der Hauptbestandtheile wechselnden Vortrage, durch handelnde Personen, nicht durch Erzählung; um vermittelst des Mitleidens und der Furcht die Reinigung solcher Gemüthsbewegungen zu vollbringen."

Wer nun etwa in stillem Herzen dächte, Lessings Glaube an den Aristo, teles habe an Aberglauben hingestreift, erwäge, daß er vielleicht eines solchen. bedurfte, um uns die unerschöpfliche Fundgrube echter Kunstweisheit, welche des Aristoteles Werk hegt, zugänglich zu machen. Unerschöpfliche Fundgrube echter Kunstweisheit, sage ich, gestüßt auf die hierüber jüngst uns zugekomme nen Zeugnisse von Goethe und Schiller im Briefwechsel III, 90; 95-103, womit zu vergleichen ist, was V, 61 Schiller über den unschäzbaren Werth der Dramaturgie sagt.

*) Ueber das Verhältniß des Laokoon zu Winkelmann's Kunstgeschichte siehe Herder's kritische Wälder; über den Einfluß desselben auf Goethe's Kunstbildung dessen Leben, Buch VIII. B. XXV. S. 162.

haftesten, kunstreichsten und sinnvollsten unserer Tragödien verdanken, Er, welcher das Gebiet der Dichtkunst erweitert hat durch ein Werk, welches ohne Vorbild und Nachfolge bis jezo noch einsam dasteht, ich meine Nathan den Weisen, der auch von Seiten des Inhalts höchst bedeutend ist. Denn da es unter den Gegenständen wissenschaftlichen Nachdenkens eigentlich nur zwei giebt, welche vorzugsweise große zu heißen verdienen Staat nämlich und Kirche: so ließ Lessing den ersten fast ganz unbeachtet, vielleicht aus Scheu vor Einsichten in Wahrheiten *), welche einem Damaligen den Zustand der öffentlichen Angelegenheiten leicht verleiden konnten, wogegen er die andere sein ganzes Leben hindurch im Auge behielt **). Von diesen theologischen Bestrebungen ent halten den wichtigsten Ertrag die unter dem Namen Ariomata von ihm aufgestellten Grundsagungen, die leßte Frucht derselben aber und eine der lieblichsten ist das erwähnte lehrgedichtliche Schauspiel. Nur hütet euch, was darin zum Nachtheil der Christenheit vorkommt, für Herabwürdigung des Christenthums zu halten, und hieraus auf des Verfassers persönliche Denkart zu schließen. Wisset vielmehr, daß er weder über natürliche noch über geoffenbarte Religion seine Ueberzeugung irgendwo bestimmt ausgesprochen, ein Glaubensbekenntniß jemal abgelegt hat, sei es, weil sein vieljähriges Nachdenken ihn auf Ergebnisse leitete, welche er glaubte verschweigen zu müssen ***), sei es (was mir wahrscheinlich ist)

*),,Mit dem Ferguson will ich mir nun ein eigentliches Studium machen. Ich sehe schon aus dem vorgeseßten Inhalte, daß es ein Buch ist, wie mir hier gefehlt hat, wo ich größten Theils nur solche Bücher habe, die über lang oder kurz den Verstand so wie die Zeit tödten. Wenn man lange nicht denkt, so kann man am Ende nicht mehr denken. Ist es aber auch wohl gut, Wahrheiten zu denken, sich ernstlich mit Wahrheiten zu beschäftigen, in deren bestän, digem Widerspruche wir nun schon einmal leben, und zu unserer Ruhe bestän dig fortleben müssen? Und von dergleichen Wahrheiten sehe ich in dem Engländer schon manche von weitem." Aus einem Briefe an Mendelssohn vom Jahre 1771. (XXVIII. 329). Gleichwohl war er zwei Jahre später nahe daran, sich den Staatswissenschaften ausschließend zu weihen, als er von seinem Hofe die Aufforderung erhielt, sich auf die Geschichte und Rechte des braunschweigischen Hauses zu legen, um in diesem Fache angestellt zu werden. (Leben I, 355). Gelangte dieser Plan zur Ausführung: so würde vermuthlich sein Name unter den Rechtsgelehrten glänzen, wie nun unter den Theologen.

**) Ueber Leffing's theologische Bestrebungen überhaupt geben genauere Auskunft meine Untersuchungen über Christenthum, besonders in den beiden ersten Theilen, worauf zu verweisen vergönnt sei und namentlich über seinen Nathan auf (Theil I, B. 11, XXXVI.).

***) „Der Weise kann nicht sagen, was er besser verschweigt.“ Aus diesen goldenen Worten, welche Lessing seinem Falk (VII, 246) in den Mund

daß er, wie so mancher vor ihm, das Ende des Lebens früher erreichte, als das Ziel, wo er von seinen Forschungen hätte ausruhen mögen. Wie es sich aber hiemit auch verhalten möge: jene räthselhafte Berbor. genheit, wohin er sich in diesem Stücke dem spähenden Blicke entzieht, weit entfernt, sein Verdienst um uns zu schmälern, erhöht vielmehr dasselbe, da sie über das A und O der Philosophie die Wißbegierde im höchsten Grade reizt, ohne sie gleichermaßen zu befriedigen.

Ferdinand Delbrück.

Geschichte der Reformation in politischer Rücksicht; von ihrem Anfange bis zum Religionsfrieden.

Von 1517-1555*).

1. Die Reformation erhielt ihren unermeßlichen Wirkungskreis im Allgemeinen dadurch, daß sie ein Interesse aufregte, das nicht bloß

legt, folgt, daß man dem Weisen einen schlechten Dienst leistet, wenn man, was er glaubte nicht sagen zu dürfen, und eben deswegen nicht sagen wollte und konnte, sondern für sich behielt oder höchstens in vertraulichem Gespräche laut werden ließ, öffentlich zur Schau stellt und der Menge preis giebt, zum Aergernisse der einen, zur Schadenfreude der andern. Wohl nicht mit Unrecht wurde daher, was in dieser Beziehung gleich nach seinem Tode Lessingen widerfuhr, gerügt in folgendem Strafgedichte:

Edler Schatten du zürnft? — Ja, über den lieblosen Bruder,
Der mein modernd Gebein lässet in Frieden nicht ruhn.

(Xen. N. 356).

Und gleichwohl, wer möchte sich des hier Gescholtenen nicht annehmen, da er nicht durch Lieblosigkeit geleitet wurde, sondern durch Achtung für das, was er der Wahrheit schuldig zu sein glaubte, und der vermeintlichen Pflicht gegen diese die Pflicht gegen den Freund zu einem gewiß ihm selbst schmerzlichen Opfer brachte.

*) JOANNIS SLEIDANI de statu religionis et reipublicae Carolo V. Caesare commentarii. Argentorati. 1556. fol. Die neueste mit Anmerkungen bereicherte Ausgabe dieses in Form und Materie gleich klassischen Werks ist von C. C. am Ende. Frankfurt. 1785. 3 Bde. 8.

Geschichte des protestantischen Lehrbegriffs vom Anfange der Reformation bis zur Einführung der Concordienformel von G. J. Planck. Leipzig. 1781 -1800. 6 Bde. 8. Es gehören hierher die drei ersten Bände, welche auch zugleich die politische Geschichte bis zum Religionsfrieden umfassen.

Christliche Kirchengeschichte seit der Reformation von J. M. Schröckh. Leipzig. 1804. f. 10 Th. 8. Für die politische Geschichte gehören besonders

das der Regenten, sondern der Völker selbst war. Nie hätten ohne dieses ihre Stürme zugleich so allgemein und so dauernd werden können. Die Verflechtung der Religion und der Politik war aber dabei unvermeidlich, weil die Angriffe ihrer Urheber nicht bloß gegen Lehren, sondern gegen eine Hierarchie gerichtet waren, die auf das tiefste in die bestehenden Staatsverwaltungen und Staatsverfassungen eingriff *).

2. So wie die Reformation überhaupt zuerst in Deutschland entstand und sich verbreitete, so nahm sie auch hier zuerst einen politischen Charakter an, indem deutsche Fürsten und Regierungen sich ihrer annahmen. Die Punkte, auf welche es bei einer politischen Geschichte der Reformation ankommt, sind daher folgende: a) wie und warum thaten dies die Fürsten? und welche? b) Wie und in wiefern verbanden sich diese zu einer Partei, die Gegenpartei des Kaisers ward? c) Welches waren die Absichten des Kaisers, indem er ihnen entgegen. arbeitete, und welches seine Schritte? Endlich d) wie kam es zulet zum förmlichen Bruche zwischen beiden, und wie ward die endliche Ent wickelung herbeigeführt? Es liegt am Tage, daß diese Fragen sich nicht ohne eine anschauliche Kenntniß des damaligen politischen Zu standes von Deutschland beantworten lassen **).

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die beiden ersten Theile, von denen der erste die Geschichte der Deutschen Reformation bis zum Religionsfrieden, der zweite die der andern Länder umfaßt.

Geschichte der Reformation in Deutschland von C. L. Woltmann. Altona. 1801. f. 3 Th. 8. Die Geschichte ist bis 1553 fortgeführt.

Essai sur l'esprit et l'influence de la réformation de Luther par Сí. VILLERS. 3. éd. Paris. 1808. 8. Die beredteste und vielseitigste Auseinandersehung des wichtigen Gegenstandes.

Entwickelung der politischen Folgen der Reformation für Europa; in dem ersten Theil meiner vermischten historischen Schriften; (Historische Werke Bd. I.).

*) Die Reformation, als unmittelbarer Angriff auf die Herrschaft des Pabstes, war zwar gegen ein schon erschüttertes und untergrabenes, aber doch noch immer da stehendes Gebäude gerichtet. Untergraben, weil die Stüße, worauf es eigentlich ruhte, die öffentliche Meinung, sich änderte; erschüttert, durch die lesten Italienischen Händel, so wie schon früher durch die festgestellte höchste Autorität der Concilien. Die Frage; ob ohne Reformation die päbstliche Autorität gefallen sein würde? liegt außerhalb dem Gebiet der Geschichte; gesezt aber auch, sie wäre gefallen, so hätte doch ohne sie der menschliche Geist nicht den mächtigen Umschwung erhalten, den er durch sie erhielt; und dar. aus entwickelten sich ihre größten, und gerade ihre wohlthätigsten Folgen.

**) Die größte innere Verschiedenheit des damaligen Deutschlands von dem spätern lag in dem so ganz andern Verhältniß der Macht der Städte

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