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einen Jagdhund am Halsband. Aber allmälig und nur allzubald ent wickelte sich die Trennung zwischen der obern und der untern Hälfte seis nes Gesichts, welche seine meisten Bilder charakterisirt. Die untere tritt hervor; der Mund bleibt offen, die Augenlieder senken sich. So wie er vollkommen in das thätige Leben eintritt, ist er bereits nicht gesund mehr; und mit einer sonderbaren Art von Neid sieht er den Heißhunger an, mit dem ein eben von der Reise gekommener Geheimschreiber den Braten aufzehrt, den man ihm vorgefeßt hat. In seinem sechsunddrei. Bigsten Jahre, zu Neapel, gerade als er sich schmücken wollte, um etwa auch, wie er gesteht, den Damen zu gefallen, bemerkte er die ersten weißen Haare an seinen Schläfen. Nur vergebens ließ er sie wegneh men: sie kamen immer wieder. Im vierzigsten Jahre fühlte er seine Kraft schon halb gebrochen. Es mangelte ihm das alte Vertrauen zu sich selbst und zu seinem Glück; und es ist bemerkenswürdig, daß er sich seiner Begegnisse vor diesem Jahre besser zu erinnern wußte, als der nachfolgenden, obwohl dieselben so viel neuer waren. Seitdem griff ihn besonders die Sicht an. Er mußte meist in der Sänfte reisen. Zuwei len brachte er zwar noch einen Hirsch, ein wildes Schwein von der Jagd, doch gewöhnlich mußte er sich begnügen, mit der Büchse in's Holz zu gehen und nach Krähen und Dohlen zu schießen. Sein Vergnügen war zu Hause, wo ihm der Narr hinter seinem Tische zuweilen ein hal. bes Lächeln abnöthigte, wo ihn sein Hofmeister Monfalconet mit treffen. den Antworten reizte und ergößte. Doch immer heftiger seßte ihm die Krankheit zu. Die Gicht, sagt Cavallo 1550, steigt ihm manchmal bis zum Kopf und droht ihn einmal plößlich zu tödten. Die Aerzte riethen ihm dringend, Deutschland zu verlassen; die steigende Verwirrung der Geschäfte hielt ihn in diesen Gegenden fest. Da entwickelte sich ein Hang zu schwermüthiger Einsamkeit, der lange in ihm gewesen, zu überwiegender Stärke: im Grunde doch der nämliche, der seine Mutter, so lange auf der Welt, so lange der Welt entfremdet gehalten. Karl sah Niemand, wen er nicht ausdrücklich rufen lassen. Oft war er unmuthig, nur zu unterschreiben. Selbst einen Brief zu eröffnen, machte ihm Schmerzen in der Hand. In einem schwarz ausgeschlagenen Gemach, das mit sieben Fackeln erhellt war, lag er stundenlang auf den Knieen. Als seine Mutter gestorben, glaubte er zuweilen ihre Stimme zu verneh men, die ihn rufe nachzukommen.

In diesem Zustande entschloß er sich das Leben zu verlassen, ehe er noch starb. Leopold Ranke.

Jugend und Alter.

Wie der Uhren Schlag mir die Stunden, der Sonne Lauf mir die ich weiß es Jahre zuzählt, so leb ich immer näher dem Tode entgegen. Aber dem Alter auch? dem schwachen stumpferen Alter auch, worüber Alle so bitter klagen, wenn unvermerkt ihnen verschwunden ist die Lust der frohen Jugend und der innern Gesundheit und Fülle über. müthiges Gefühl? Warum lassen sie verschwinden die goldene Zeit und beugen dem selbstgewählten Joch seufzend den Nacken? Auch ich glaubte schon einst, daß nicht länger dem Manne geziemten die Rechte der Jugend; leiser und bedächtig wollte ich einhergehen und durch der Ent sagung weisen Entschluß mich bereiten zur trüberen Zeit. Aber es woll. ten nicht dem Geist die engeren Gränzen genügen, und es gereute mich bald des verkümmerten nüchternen Lebens. Da kehrte auf den ersten Ruf die freundliche Jugend zurück, und hält mich immer seitdem umfaßt mit schüßenden Armen. Jeßt, wenn ich wüßte, daß sie mir entflöhe, wie die Zeiten entfliehen, ich stürzte mich lieber bald dem Tode freiwillig entgegen, daß nicht die Furcht vor dem sichern Uebel mir jegliches Gute bitter vergälle, bis ich mir endlich doch durch unfähiges Dasein ein schlechteres Ende verdient.

Doch ich weiß, daß es nicht also sein kann: denn es soll nicht. Wie? das geistige Leben, das freie, das ungemeßne, mir eher verrinnen als das irdische, welches beim ersten Schlage des Herzens schon die Keime des Todes enthielt? Nicht immer follte mir mit der vollen gewohnten Kraft aufs Schöne gerichtet die Phantasie sein? nicht immer so leicht der heitere Sinn, und so rasch zum Guten bewegt und liebe. voll das Gemüth? Bange sollte ich horchen den Wellen der Zeit, und sehen müssen, wie sie mich abschliffen und aushöhlten, bis ich end. lich zerfiele? Sprich doch Herz, wie viele Male dürft ich, bis das Alles käme, noch zählen die Zeit, die mir jest eben verging bei dem Jammergedanken? Gleich wenig wären mir, wenn ich's abzählen könnte, Tausende oder Eins. Daß du ein Thor wärest zu weissagen aus der Zeit auf die Kraft des Geistes, dessen Maaß jene nimmer sein kann! Durchwandeln doch die Gestirne nicht in gleicher Zeit dasselbe von ihrer Bahn, sondern ein höheres Maaß mußt du suchen um ihren Lauf zu verstehn: und der Geist sollte dürftigern Gefeßen folgen als sie? Auch folgt er nicht. Frühe sucht Manchen das Alter heim, das mürrische, dürftige, hoffnungslose, und ein feindlicher Geist bricht ihm ab die Blüthe der Jugend, wenn sie kaum sich aufgethan; lange bleibt Andern

der Muth, und das weiße Haupt heben noch und schmücken Feuer des Auges und des Mundes freundliches Lächeln. Warum soll ich nicht länger noch, als der am längsten dastand in der Fülle des Lebens, mir im glücklichen Kampf abwehren den verborgenen Tod? warum nicht ohne die Jahre zu zählen und des Körpers Verwittern zu sehen, durch des Willens Kraft festhalten bis an den lezten Athemzug die geliebte Göttin der Jugend? Was denn soll diesen Unterschied machen, wenn es der Wille nicht ist? Hat etwa der Geist sein bestimmtes Maaß und Größe, daßer sich ausgeben kann und erschöpfen? Nußt sich ab seine Kraft durch die That, und verliert etwas bei jeder Bewegung? Die des Lebens sich lange freuen, sind es nur die Geizigen, welche wenig gehandelt haben? Dann träfe Schande und Verachtung jedes frohe und frische Alter: denn Verachtung verdient, wer Geiz übt in der Jugend.

Wäre so des Menschen Loos und Maaß, möchte ich lieber zusam mendrängen was der Geist vermag, in engen Raum; kurz möchte ich leben um jung zu sein und frisch, so lange es währt! Was hilft's die Strahlen des Lichts dünn ausgießen über die große Fläche? es offenbart sich nicht die Kraft und richtet nichts aus. Was hilft Haushalten mit dem Handeln und Ausdehnen in die Länge, wenn du schwächen mußt den innern Gehalt, wenn doch am Ende deß nicht mehr ist, was du gehabt hast? Lieber gespendet in wenig Jahren das Leben in glänzen. der Verschwendung, daß du dich freuen könnest deiner Kraft, und über. sehen, was du gewesen bist. Aber es ist nicht so unser Loos und Maaß; es vermag nicht solch irdisch Geseß unter seine Formeln zu bannen den Geist. Woran sollte sich brechen seine Gewalt? was verliert er von seinem Wesen, wenn er handelt und sich mittheilt? was giebt's, das ihn verzehrt? Klarer und reicher fühl ich mich jezt nach jedem Handeln, stärker und gesunder: denn bei jeder That eigne ich etwas mir an von dem gemeinschaftlichen Nahrungsstoffe der Menschheit, und wachsend be. stimmt sich genauer meine Gestalt. It's nur so, weil ich jezt noch in die Höhe des Lebens hinaufsteige? wohl, aber wann kehrt sich denn plös. lich um das schöne Verhältniß? wann fang ich an durch die That nicht zu werden, sondern zu vergehen? und wie wird sich mir verkünden die große Verwandlung? Kommt sie, so muß ich sie erkennen, und erkenne ich sie, so ist mir lieber der Tod, als in langem Elend anzuschaun an mir selbst der Menschheit nichtiges Wesen.

Ein selbstgeschaffnes Uebel ist das Verschwinden des Muthes und der Kraft; ein leeres Vorurtheil ist das Alter, die schnöde Frucht von dem trüben Wahn, daß der Geist abhänge vom Körper! Aber ich kenne den Wahn, und es soll mir nicht seine schlechte Frucht das gesunde Leben vergiften. Bewohnt denn der Geist die Faser des Fleisches, oder

ist er eins mit ihr, daß auch er ungelenk zur Mumie wird, wenn diese verknöchert? Dem Körper bleibe was sein ist. Stumpfen die Sinne sich ab, werden schwächer die Bilder von den Bildern der Welt: so muß wohl auch stumpfer werden die Erinnerung und schwächer manches Wohlgefallen und manche Lust. Aber ist dies das Leben des Geistes? dies die Jugend, deren Ewigkeit ich anbete? Wie lange wär ich schon des Alters Sklave, wenn dies den Geist zu schwächen vermöchte! Wie lange hätte ich schon der schönen Jugend das lezte Lebewohl zugerufen! Aber was noch nie mich gestört hat im kräftigen Leben, soll es auch nimmer vermögen. Wozu denn haben Andere neben mir besseren Leib und schärfere Sinne? werden sie mir nicht immer gewärtig sein zum liebreichen Dienste wie jest? Daß ich trauren sollte über des Leibes Verfall wäre mein Leßtes! was kümmert er mich? Und welches Unglück wird es denn sein, wenn ich nun vergesse was gestern geschah? Sind eines Tages kleine Begebenheiten meine Welt? oder die Vorstel lungen des Einzelnen und Wirklichen aus dem engen Kreise, den des Körpers Gegenwart umfaßt, die ganze Sphäre meines innern Lebens? Wer in niedrigem Sinn die höhere Bestimmung verkennt, wem die Ju gend nur lieb war, weil sie dieses besser gewährt, der klage mit Recht über das Elend des Alters! Aber wer wagt es, zu behaupten, daß auch die Kraft und Fülle der großen heiligen Gedanken, die aus sich selbst der Geist erzeugt, abhänge vom Körper, und der Sinn für die wahre Welt von der äußeren Glieder Gebrauch? Brauch ich, um anzuschaun die Menschheit, das Auge, dessen Nerve sich jest schon abstumpft in der Mitte des Lebens? Oder muß, auf daß ich lieben könne, die es werth find, das Blut, das jest schon langsam fließt, sich in rascherem Lauf drängen durch die engen Kanäle? Oder hängt mir des Willens Kraft an der Stärke der Muskeln? am Mark der gewaltigen Knochen? oder der Muth am Gefühl der Gesundheit? Es betrügt ja doch die es haben; in kleinen Winkeln verbirgt sich der Tod, und springt auf einmal hervor und umfaßt sie mit spottendem Gelächter. Was schadet's denn, wenn ich schon weiß, wo er wohnt? Oder vermag der wiederholte Schmerz, vermögen die mancherlei Leiden niederzudrücken den Geist, daß er unfähig wird zu seinem innersten eigensten Handeln? Ihnen widerstehn ist ja auch sein Handeln und auch sie rufen große Gedanken zur Anwendung hervor ins Bewußtsein. Dem Geist kann kein Uebel sein, was sein Handeln nur ändert.

Ja, ungeschwächt will ich ihn in die späteren Jahre bringen, nimmer soll der frische Lebensmuth mir vergehen; was mich jezt erfreut, foll mich immer erfreuen; stark soll mir bleiben der Wille und lebendig die Phantasie, und nichts soll mir entreißen den Zauberschlüssel, der die geheimnißvollen Thore der höhern Welt mir öffnet, und nimmer soll

mir verlöschen das Feuer der Liebe. Ich will nicht sehn die gefürch teten Schwächen des Alters; kräftige Verachtung gelob ich mir gegen jedes Ungemach, welches das Ziel meines Daseins nicht trifft, und ewige Jugend schwör ich mir selbst.

Schleiermacher.

Was heißt und zu welchem Ende studirt man
Universalgeschichte?

Eine akademische Antrittsrede.

Erfreuend und ehrenvoll ist mir der Auftrag, meine h. H. H., an Ihrer Seite künftig ein Feld zu durchwandern, das dem denkenden Betrachter so viele Gegenstände des Unterrichts, dem thätigen Weltmann so herrliche Muster zur Nachahmung, dem Philosophen so wichtige Auf. schlüsse, und Jedem ohne Unterschied so reiche Quellen des edelsten Ver. gnügens eröffnet - das große weite Feld der allgemeinen Geschichte. Der Anblick so vieler vortrefflichen jungen Männer, die eine edle Wiß. begierde um mich her versammelt, und in deren Mitte schon manches wirksame Genie für das kommende Zeitalter aufblüht, macht mir meine Pflicht zum Vergnügen, läßt mich aber auch die Strenge und Wichtig. keit derselben in ihrem ganzen Umfang empfinden. Je größer das Geschent ist, das ich Ihnen zu übergeben habe und was hat der Mensch dem Menschen Größeres zu geben, als Wahrheit? mehr muß ich Sorge tragen, daß sich der Werth desselben unter meiner Hand nicht verringere. Je lebendiger und reiner Ihr Geist in dieser glücklichsten Epoche seines Wirkens empfängt, und je rascher sich Ihre jugendlichen Gefühle entflammen, desto mehr Aufforderung für mich, zu verhüten, daß sich dieser Enthusiasmus, den die Wahrheit allein das Recht hat zu erwecken, an Betrug und Täuschung nicht unwürdig ver schwende.

desto

Fruchtbar und weit umfassend ist das Gebiet der Geschichte; in ihrem Kreise liegt die ganze moralische Welt. Durch alle Zustände, die der Mensch erlebte, durch alle abwechselnde Gestalten der Meinung, durch seine Thorheit und seine Weisheit, seine Verschlimmerung und seine Veredlung, begleitet sie ihn; von Allem, was er sich nahm und gab, muß sie Rechenschaft ablegen. Es ist keiner unter Ihnen Allen, dem Geschichte nicht etwas Wichtiges zu sagen hätte; alle noch so verschiedene Bahnen Jhrer künftigen Bestimmung verknüpfen sich irgendwo

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