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ohne Gelegenheit und Muße. Hattet ihr nicht nöthig, eure Zeit Ge schäften zu widmen, die den. Geist mehr herabziehen, als erheben, besaßt ihr Vermögen und Verbindungen, um die nöthigen Hülfsmittel herbei. zuschaffen, war es euch vergönnt, mit kenntnißreichen und vorzüglichen Menschen umzugehn; und ihr habt euch nun Geschicklichkeiten und Kennt nisse erworben und euern Geist ausgebildet: so erwartet nicht, daß ich euch dafür in dem Maaße achten soll, als etwa diese Vorzüge an sich, oder der Grad der Vollkommenheit, indem ihr sie euch zu eigen gemacht habt, selten sind; sondern nur in dem Maaß, als die Anstrengung und der Eifer ausgezeichnet sind, die ihr dabei bewiesen habt. Es wäre unbillig, wenn ich nicht mehr Werth auf euch legen wollte, als auf den, welcher gleiche Vortheile mit euch genoß, und sich doch nicht gleiche Vorzüge erwarb, sondern in niedriger Sinnlichkeit lebte, oder sorglos feine Zeit mit Kleinigkeiten verdarb: aber es wäre noch unbilliger, wenn ich euch höher schäßen wollte, als den, dem es an gleicher Lust und gleichem Eifer nicht fehlte, den aber ein minder günstiges Geschick in eine andere Gegend der Gesellschaft verwies, wo er die Schäße der Erfenntniß nicht erreichen konnte. Erwirbt sich dieser in einem eben so ausgezeichneten Grade die Geschicklichkeiten, die zu seinem Berufe gehö. ren; benugt er die Erfahrungen und Beobachtungen, die er anstellen kann, um sein Urtheil über Alles, was in seinen Gesichtskreis kommt, zu berichtigen: so ist er mir vollkommen eben so lieb als ihr, weil er, wenn auch weniger erlangt, doch eben so viel gethan hat als ihr. Ja, ich will noch mehr sagen: ehe ich etwas näheres von euch weiß und zu einem gründlichen Urtheile berechtiget bin, werde ich eher geneigt sein, ihm für seinen wohlangewendeten, wenn gleich unbereicherten, Verstand, für seine eingeschränkten Talente und seine einfache ungekünftelte Lebensweisheit meine Achtung zu schenken, als euch für eure Gewandheit und euren Scharfsinn, eure Wissenschaften und eure Belesenheit, weil ich bei ihm nicht so leicht falsche Bewegungsgründe vorausseßen kann als bei euch.

Denn daß diese entfernt sein müssen, ist das zweite, was unum. gänglich erfordert wird, wenn ihr eurer Geistesvorzüge wegen irgend einen Anspruch auf Achtung machen wollt. Thätigkeit allein, wie an strengend und ausdauernd sie auch sein mag, giebt dem Menschen keinen bestimmten Werth; dieser hängt lediglich davon ab, was denn eigentlich dasjenige ist, worauf seine Thätigkeit gerichtet gewesen ist. Leidenschaf. ten, welche eben ausbrechen wollen, zu unterdrücken, ist gewiß etwas Großes, wozu viel Kraft gehört; wenn aber Jemand die Aufwallung feines Zorns unterdrückt, um heimlich eine desto sicherere Rache zu neh men: so werdet ihr diese Stärke vielleicht bewundern, aber ihn gewiß

nicht dafür achten, denn, indem er Herr über seinen Zorn war, diente er nur seiner Rachsucht, welche eben so verwerflich ist, als jener. Wir müssen also erst untersuchen, was euch antrieb zu der wiederholten und ausdauernden Thätigkeit, durch welche ihr eure Talente erworben habt? Jeder rechtschaffene Mensch wird allerdings beslissen sein, seine Fähig. keiten immer weiter auszubilden; er wird aber damit fortschreiten nach Maaßgabe, als sein Beruf es erfordert, und als dieser sich wiederum mit seinem Wachsthum in der Vollkommenheit erweitert und veredelt. Bleibt ihr also mit eurem Streben nach Einsichten und Geschicklichkeiten in dieser Bahn, so wird es selten zweifelhaft sein, was für ein Ziel ihr im Auge habt; je weiter aber ihr euch von ihr entfernt und außerhalb derselben zu glänzen sucht, desto zweideutiger werden uns eure Bemü hungen erscheinen. Es kann eine wunderbare Gewalt der Natur sein, die euch nöthiget, eine Gewalt, welche ihr weder recht versteht und achtet, noch in Uebereinstimmung mit dem Uebrigen in euch zu bringen sucht. Eine zwecklose Wißbegierde kann eure Bemühungen geleitet haben, welche nur Bilder von allerlei Gegenständen aufsammeln will; der Eigennut kann Antheil daran gehabt haben, denn solche Vorzüge, welche in der Gesellschaft gelten, geben auch eine schnelle Fahrt nach dem Hafen des Glücks; die Eitelkeit kann Triebfeder gewesen sein, denn es ist ja der Gebrauch sich zu bilden, und Talente sind ein Schmuck, ohne den man nicht in der guten Gesellschaft erscheinen kann; der Stolz kann euch angefeuert haben, denn mit entschiedenen Vorzügen dieser Art braucht ihr Keinem zu weichen: und wenn ihr euch in irgend einem dieser Fälle befindet, so kann ich euch für eure Bildung und eure Talente nicht höher achten, als ich ein Thier achte für seinen unerkannten Trieb, oder als ich einen verwerflichen Menschen achte für seinen Eigennus und feine Eitelkeit; denn diese waren es doch, die euer Thun geleitet haben. Eure Anstrengungen mögen dann noch so groß gewesen sein, und die Vorzüge, die ihr erreicht habt, noch so vollendet: vielleicht werde ich euch bewundern müssen, aber achten kann ich euch nicht, wenn es nicht die Liebe war, die euch also drängte und trieb, nach der Vollkommenheit zu streben. Und um zu wissen, welches die Quelle sei, aus der euer Eifer und eure Betriebsamkeit in dem Geschäft eurer Bildung geflossen ist, bleibt mir nichts übrig, als von andern Seiten euer Leben und eure Gesinnung zu erforschen. Beweiset ihr euch sonst eigennüßig und eitel, stolz und ehrsüchtig, warum sollte gerade in diesem Einen Theile eures Verhaltens etwas besseres gesucht werden? Behauptet ihr aber, daß ihr nach diesen Vorzügen gestrebt habt, um das euch anvertraute Pfund als treue Haushalter zu benußen, um die Summe menschlicher Vortrefflich keiten zu vermehren und der Welt nüßlich zu werden: so wird gewiß

eure Fähigkeit, Einsichten und Geschicklichkeiten zu erwerben, nicht der einzige Gegenstand sein, bei dem ihr an die Gott schuldige Rechenschaft denkt, dies nicht die einzige Art der Vortrefflichkeit, der ihr nachtrachtet; sondern dieser nämliche Geist wird auch euer übriges Leben bestimmen, und euch nicht minder nach den Vorzügen des Herzens, nach Gerechtig keit und Liebe trachten lehren. Ob diese also vorhanden sind, das ist die einzige sichere Probe, welche über den Werth, den eure Talente euch selbst geben, entscheidet; ohne diese Vorzüge des Herzens, ohne die sitt liche Gesinnung, welche immer beide übereinstimmend hervorbringt, ver dient ihr eurer Talente wegen.keine Achtung, denn es liegt gewiß etwas unreines und unwürdiges dabei zum Grunde.

2. Eben so wenig können, zweitens, Vorzüge des Geistes allein einem Menschen unsere Liebe gewinnen. Natürlich rede ich hier nicht von jener genauen und vertrauten Freundschaft, welche in der Vereinigung aller Kräfte, in der Eröffnung der innersten Geheimnisse des Herzens besteht, nicht von jener innigen Liebe, welche den ganzen Weg des Lebens Hand in Hand zu vollenden wünscht. Solche Verbindungen werden in der Welt überhaupt zu selten angetroffen, als daß sie hier in Anschlag gebracht werden könnten; aber ge. wiß hat auch überdies noch Niemand geglaubt, daß sie ein Werk bloßer Talente und Geschicklichkeiten wären. Hier kommt es auf Ueberein stimmung der Denkart, auf Aehnlichkeit der Empfindungen an; und was die Ausbildung des Geistes betrifft, so suchen wir bei dem Freunde unsers Herzens nicht sowohl eine außerordentliche Höhe derselben, als vielmehr eine solche Gleichheit mit uns, daß wir alles Vortreffliche an ihm verstehen und genießen können, und auch wiederum er nichts, was ihm wichtig ist, an uns vermißt. Es ist hier nur die Rede von dem vorzüglichen Wohlwollen, wodurch wir einige Menschen vor Andern auszeichnen, von der herzlichen Zuneigung, die uns Manche, wie mit einer zauberischen Gewalt, ablocken, indem ihre Gegenwart und ihr ganzes Wesen auf die Stimmung unsers Gemüths eine entschieden wohl thätige Wirkung hat.

Dieser Zauber scheint allerdings eben in den Vorzügen des Geistes größtentheils seinen Siß zu haben. Es werden euch hier Menschen aus dem Kreise eurer Bekanntschaft in's Gedächtniß kommen, welche sich die Kunst eines angenehmen und fröhlichen Umgangs in hohem Grade zu eigen gemacht haben. Keine Unterhaltung ist ungeschickt oder schläfrig, welche sie anfangen; zu jeder, welche sie bereits finden, wissen sie einen angenehmen Beitrag zu liefern und sie auf's Neue zu beleben; Wiß und gute Laune stehen ihnen immer zu Gebot; kurz, wo sie erscheinen, flicht die lange Weile, und das anständige Vergnügen schlägt seinen Siß auf.

Diese vorzüglich wünscht ihr überall zu finden, wo ihr, ermattet von Geschäften, die Freuden der Geselligkeit aufsucht: ihr liebt sie, Alle lieben sie, welche sich ihrer angenehmen Talente erfreuen. Ihr werdet Anderer gedenken, die euch durch höhere Reize fesselten. Alle Gegenden der Welt, alle Gebiete der Wissenschaft haben beitragen müssen, ihren Verstand zu bereichern, und über Alles, was sie wissen, haben sie auch ein eignes Urtheil; ihre Mittheilungen regen neue Gedanken in euch auf, enthüllen euch etwas bisher Unbemerktes, oder zeigen euch überhaupt die Gegen. stände von einer neuen Seite. Sie sind nicht nur unterrichtet, sondern auch klug; sie kennen die Menschen und das Innere ihrer größern und engern Verbindungen; ihr beobachtender Geist hört nie auf, zu sammeln. und zu vergleichen; überall können sie irgend einen richtigen Aufschluß geben, und dies Alles erhöht noch der Zauber einer angenehmen und geistreichen Rede. Nie besinnt ihr euch von ihnen gegangen zu sein, ohne daß ihr um irgend eine nüßliche Einsicht reicher geworden wäret; darum fühlt ihr euch immer wieder auf's Neue zu ihnen hingezogen, ihr seid ihnen zugethan mit einer dankbaren Anhänglichkeit, als milden Wohlthätern eures Geistes. Ihr werdet noch Andere zu nennen wissen, die euch auf eine ganz eigne Art an sich ziehn, nicht durch die leichte Heiterkeit, nicht durch das umständlich Belehrende, sondern durch die auserlesene Feinheit ihres Umganges. Jedes Wort und jede Geberde ist bei ihnen voll Ausdruck, darum bedürfen sie zu Vielem immer nur sehr Weniges; in zarten Wendungen und mit sparsamen Worten wissen sie euch zu erkennen zu geben, daß sie alles Gute in euch bemerken, und daß es ihnen Freude macht; ihre Theilnahme wissen sie zu äußern, ohne viel davon zu reden, und selbst ihren Tadel wissen sie von sich zu geben, ohne zu verleßen, Alles in den Grenzen der Würde und des Anstandes; Anmuth und Wahrheit vereint scheinen jedes ihrer Worte einzugeben, und jede Bewegung zu leiten. Das ist mehr, als angenehm und unter. richtend, es liegt eine Kraft darin, zum Guten anzufeuern; ihr wollt dieser Aufmerksamkeit und dieser Theilnahme noch würdiger werden, ihr wollt noch mehr von dem Lobe verdienen, das in einem so köstlichen Gefäße dargereicht wird. Solche gute Bestrebungen werden durch sie immer in euch erregt, und wie sollten euch nicht diejenigen, welche sie auf eine solche Art hervorzurufen wissen, als die liebenswürdigsten unter den Menschen erscheinen; wie sollte sich euer Herz nicht mit einem starken Zuge zu ihnen hingewendet fühlen?

So ist es allerdings: aber ich bitte euch, ist es denn das gesellige Talent, ist es der ausgeschmückte Verstand, ist es das verfeinerte Betragen allein, was so auf euch wirkt? Nein, gewiß nicht: sondern es ist die Vereinigung dieser Vorzüge mit wohlmeinender Güte, mit einer

edlen Denkungsart und einem theilnehmenden Herzen, ohne welche sie sich kaum denken lassen; es ist, daß ich es kurz sage, die Liebe, welche mit darin ist, und ohne welche alle diese Vorzüge nichts wären, als ein leerer Schall, und auch nichts mehr auf euch wirken würden. Ich will euch nicht aufmerksam darauf machen, wie alle diese herrlichen Gaben sich ausnehmen in der Gesellschaft offenbar schlechter Eigenschaften des Gemüths; ich will euch nicht fragen, ob ihr den wißigen und angenchmen Gesellschafter auch noch lieben werdet, wenn er verläumberisch ist und auf Unfrieden ausgeht; den feinen Weltmann, wenn er zweizüngig und arglistig ist; den Klugen und Erfahrnen, wenn ihr wißt, daß er alle Schäße seiner Weltkenntniß auf dem Wege des Lasters gefunden hat, und daß er sie jest wieder auslegt auf Betrug und auf Eigennus, wenn ihr fürchten müßt, daß er auch mit euren unbefangenen Aeuße, rungen einen schändlichen Mißbrauch treibe: ich will euch nur zu bedenken geben, wie es schon alsdann werden wird, wenn diese köstlichen Vorzüge nicht unter dem Schuß und der Aufsicht des wahren Wohlwollens und der aufrichtigen Liebe stehen. Ohne diese bläht das Wissen und Alles, was dahin gehört, auf; es erzeugt Eigendünkel, Stolz, Unlust, sich mit den Andern zu vermischen, und dieses unselige Wesen macht den Geist scharf und das Herz bitter. Ohne Liebe werden eure wißigen und an. genehmen Gesellschafter die Schwächern am Geiste mit Spott und Uebermuth behandeln und wen werden sie denn nicht schwächer am Geist halten? Sie werden sich ein Geschäft daraus machen, Lächerlich. keiten aufzusuchen, und ihr Scherz darüber wird keine Spur von Gut müthigkeit und Wohlwollen an sich haben. Würdet ihr, wenn sie so wären, auch wenn ihr nicht für euch selbst und die, welche euch lieb sind, zu fürchten hättet, sie wohl aufsuchen und lieben? Könntet ihr eine reine Freude haben an ihren Talenten? Ohne Liebe werden eure kenntnißreichen Freunde euch zwar auch noch belehren können, aber es wird nicht an Stolz und Anmaßung fehlen, nicht an mancherlei beleidi genden Aeußerungen des Bewußtseins ihrer Ueberlegenheit; die schöne Kunst, die Lehre lieblich zu machen *), werden sie verabsäumen, weil sie es nicht der Mühe werth halten würden, sie zu verschwenden. Würdet ihr auch so noch eben so gern euch Rath bei ihnen erholen, oder nicht lieber Manches nicht wissen, als es von ihnen hören zu müssen? Ohne Liebe im höchsten Sinne des Wortes werden eure feinen anmuthigen Weltleute ihre Aufmerksamkeit und ihr wohlthuendes Lob auch nicht auf die Vorzüge eures Herzens richten, sondern auf eben jene glänzenden Eigen

* Sp. Sal. 15, 2.

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