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mehr als der Roman die mündliche Erzählung. Nun will der Zuhörer einer mündlichen Erzählung nicht wissen, was der Erzähler denkt und fühlt, sondern was geschehen ist, und das will er ohne Unterbrechung erfahren. Wenn daher der Roman, der mehrere Stadien durchläuft, seinem Interesse unbeschadet von Zeit zu Zeit aus der Hand gelegt wer den kann, so würde es ein schlimmes Zeichen für den Werth einer Novelle sein, wenn dies eben so füglich anginge.

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Welche Lebensverhältnisse darf denn aber die Novelle auffassen? Alle, wie der Roman, nur müssen sie sich zu einer künstlerischen Bil dung, zu einer Bildung für den Geist, mit welchem die Kunst und be sonders die Dichtkunst es allein zu thun hat, eignen. Dadurch wird schon alles Rohsinnliche ausgeschlossen. Die feinere Sinnlichkeit hat einen Schein von Geist: allein auch in ihr macht sich doch das Thierische in der Menschennatur zu geltend, und es wird daher dem echten Kunstgenius nicht einfallen, sie an sich zu einem besondern Gegenstande eines menschenwürdigen Wohlgefallens durch die Kunst adeln zu wollen, am wenigsten in sofern sie die edlere Menschenwürde verleßt. Hat die Moral auch keine entscheidende Stimme in der schönen Kunst, so doch die Menschenwürde, zu deren Gefühl die schöne Kunst vorzüglich bilden soll. Was diese verlegt, kann niemals an sich Gegenstand eines allge: meinen reinen Wohlgefallens werden, welches doch die Aufgabe der Werke der schönen Kunst ist. Nur muß man nicht glauben, daß diese Würde immer müsse zur Schau getragen oder in steifer Feierlichkeit gehalten werden. Heiterkeit und Scherz steht ihr gar wohl an.

Ein interessantes Ereigniß muß auch interessant erzählt werden, worauf es in Hinsicht der dichterischen Wirkung vorzüglich ankommt, da die schöne Kunst nicht durch den Stoff an sich, sondern durch die Form, wie der Stoff zur angemessenen Erscheinung gebracht ist, wirken will. Der glücklichste Stoff geht in einer unangemessenen Form verlo. ren; dagegen ein unbedeutender Stoff in gelungener Form (in geist reicher künstlerischer Behandlung) ästhetisch wirken kann. In der Dichtkunst giebt es aber eine innere und eine äußere Form: die erstere geht aus der Composition und die lettere aus der Sprach. darstellung an sich hervor.

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Auch in der Composition, oder in der Anordnung der Einzelnheiten des Ereignisses mit ihren Motiven, aus denen die Situation hervorgeht, wird die Novelle sich in sofern dem Drama nähern, daß ein steter Fort. schritt in der Begebenheit, die auch nur in ihren Hauptzügen, mehr skizzirt als ausgeführt erscheinen wird, Statt finden und dabei die beabsich. tigte dichterische Wirkung nie aus den Augen gelassen werden muß. Die Novelle hält sich bei der Motivirung der Erscheinungen nicht auf

und doch muß jede Einzelnheit für die Phantasie hinlänglich motivirt erscheinen; daher werden die Motive zu den entscheidendsten Momenten oft nur hier und da wie beiläufig angedeutet werden, und ihre Bedeutung wird dann erst in der Folge hervortreten. Die größere oder mindere Ausführung der Einzelnheiten, die richtige Vertheilung von Licht und Schatten im Bilde, wird ganz von dem beabsichtigten Total. Eindrucke abhangen müssen. Hier tritt besonders der Künstler hervor und macht sich darin geltend, denn dies sezt ein Studium voraus, ohne welches es keinen Künstler geben kann.

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Lebendigkeit und Anschaulichkeit sind die ersten Erfordernisse einer poetischen Erzählung überhaupt und vorzüglich der Sprachdarstellung derselben an sich. Wenn auch der Stoff der Novelle dem wirklichen Leben entnommen zu sein scheint, so darf doch die Sprachdarstellung der poetischen Färbung nicht ermangeln, selbst wenn die Sprachform Prosa ist; und bei dem mindern Umfange und der geringeren Fülle des Bildes wird eine sorgfältigere Sprachausführung unerläßlich sein. Daß die Sprachdarstellung den erzählenden Charakter haben müsse, leuchtet wohl ein; vorzüglich aber kommt es darauf an, daß der rechte natürliche an. regende Ton getroffen und gehalten werde. Erscheint dieser verfehlt oder erzwungen, wie so leicht bei der belobten Ironie oder dem vermeinten Humor, so geht gewiß die ganze Wirkung verloren. Der Ton aber hängt zum Theil von der ernsten oder heiteren Beziehung des Stoffes an sich, dann aber auch von der Auffassung desselben ab. Darüber lassen sich nun gar keine Bestimmungen geben, als in Hinsicht der leßtern: daß die Auffassung die Menschenwürde nie direct verlegen müsse. Diese würde aber verleßt, wenn Frivolität, die kein dichterisches Element ist, die Auffassung leiten würde. Die Frivolität behandelt das Heilige wie das Unheilige als gleich unbedeutend und als Gegenstand eines will. kührlichen Spiels der Laune. Eine frivole Lebensansicht ist nie eine dichterische: davon zeugen alle die Werke unserer Tage, in welchen eine folche, zum Theil mit gemißbrauchtem Talent, sich darlegt, und deren günstigstes Loos ist, daß sie bald der Vergessenheit anheim fallen. Der echte Humor ist nicht frivol: ihm liegt ein tiefer Ernst zum Gründe, der Ernst des Ideals der Heiligkeit und Vollkommenheit, welches auch durch, das menschlich Erhabenste und Vollendetste nicht erreicht wird. Diese menschliche Unvollkommenheit (Ohnmacht) ist ein Gegenstand seines Spiels, daher er leicht als Satire erscheint, die es auch mit der menschlichen Unvollkommenheit, aber nicht mit der aus der Ohnmacht des End. lichen sondern mit den Gebrechen, welche aus der menschlichen Ver. Pehrtheit hervorgehen, zu thun hat. - Die Frivolität wird dagegen leicht zur Persiflage, wie wir sie leider so häufig in den gelesensten.

Werken unserer neuern Literatur sich als Humor brüsten und von dem Unkundigen auch wohl für solchen bewundern sehen. Persiflage ist der Rechenpfennig, den der Wiß ausprägt: der Humor prägt reine gediegene Goldmünze.

Georg Reinbeck.

Ursachen des Sinkens von Griechenland.

Das traurige Geschäft, die Ursachen des Sinkens der Nation der Griechen darzulegen, ist durch die bisherigen Untersuchungen schon sehr erleichtert. Die meisten wird der Leser schon sich selbst haben sagen kön nen; es bleibt uns nur übrig, sie etwas weiter zu entwickeln, und in einer klaren Uebersicht zusammenzustellen.

Waren die Verfassungen der einzelnen griechischen Staaten mangel. haft, so war es die Verfassung des ganzen griechischen Staatensystems noch weit mehr. Es konnte nur geographisch, nie aber politisch, Ein System genannt werden. Eine bleibende Vereinigung war nie zwischen den Hellenischen Staaten zu Stande gekommen; nur in der Zeit der Noth, wie in den Perserkriegen, eine vorübergehende, und auch diese nur höchst unvollkommen.

Aber auch die unvollkommene Vereinigung hatte große Folgen. Der Bund, der damals entstand, erzeugte die Idee einer Vorsteherschaft eines einzelnen Staats. Es ist oben gezeigt, wie Athen diese sich zu verschaffen wußte, und wie es sie nuste; aber auch wie nur eine theil weise Vorsteherschaft Statt finden konnte, indem sie nur die Seestädte und die Inseln umfaßte; und eben deshalb nothwendig auf die Herr schaft des Meeres zu beiden Seiten Griechenlands, also auf eine Seemacht, gegründet werden mußte.

Aus den politischen Verhältnissen und der Natur des Bundes ging dies also von selbst hervor. Allein das Gefühl der Uebermacht bewog die, welche sie besaßen, sie auch zu mißbrauchen; und der Druck der Ver bündeten begann. Athen hatte einmal auf diese Vorsteherschaft seine eigene Größe gegründet, und wollte sie auch da nicht aufgeben, als nach dem Frieden mit den Persern die alten Beweggründe wegfielen. Ein zelne Staaten wollten sich losreißen, die man nicht freilassen wollte. Dies führte zu Kriegen mit ihnen, und so gingen allerdings aus dieser Herrschaft des Meeres die übrigen Uebel hervor, über welche bereits Jsokrates klagt *).

*) ISOCRAT. de Pac. Op. p. 176.

Der Hauptgrund jedoch dieser innern Spaltung lag nicht bloß in wechselnden politischen Verhältnissen, sondern noch tiefer, in der Stamm. verschiedenheit. Zwischen den beiden Hauptstämmen, dem Dorischen und Jonischen, blieb eine Kluft, welche nie ausgefüllt werden konnte, und nie eine freiwillige Vereinigung auf die Dauer erlaubte. Mehrere Ursachen lassen sich allerdings anführen, wodurch diese Spaltung unheilbar war. Die Stämme waren geographisch getrennt. Im Mutterlande herrschte der Dorische im Peloponnes, der Jonische in Attica, auf Eu. boea, und vielen der Inseln. Ihre Dialecte waren verschieden; wenige Worte reichten hin, den Stammgenossen zu unterscheiden. Nicht weniger groß war die Verschiedenheit in den Sitten, besonders in dem Ber hältniß des weiblichen Geschlechts, das bei den Doriern an dem öffentlichen Leben Antheil nahm; während es bei den Joniern auf die Gynae ceen beschränkt blich. Und was auf den großen Haufen am stärksten zu wirken pflegt, die Feste, die von beiden begangen wurden, waren nicht dieselben.

Aber politisch unheilbar ward diese Trennung doch eigentlich da. durch, daß Sparta als das Haupt des ganzen Dorischen Stammes betrachtet ward, oder wenigstens betrachtet sein wollte. Durch seine öffentliche und häusliche Verfassung war dieser Staat fast in jeder Rücksicht das Gegentheil von dem von Athen. Da die Lycurgische Geseßgebung nur in ihm galt, so waren die andern Dorischen Städte ihm also keinesweges gleich; aber da es ihr Haupt zu sein trachtete, so ent schied, in dem Mutterlande wenigstens, sein Einfluß. Er erstreckte sich aber auch häufig auf die Colonien; und wenn die Persische Herrschaft in Vorderasien den Haß der Stämme, gebrochen haben mochte, so dau. erte er desto lebhafter in Sicilien fort. In dem Kriege der Syracuser mit den Leontinern waren die Dorischen Städte auf der Seite der erstern, so wie die Jonischen auf der der lettern, und die Theilnahme derer von Unteritalien bestimmten sich gleichfalls darnach *).

Dieser Haß, durch das beiderseitige Streben nach der Vorsteherschaft Griechenlands erhalten, und immer mehr entzündet, führte endlich jenen großen Bürgerkrieg herbei, den wir unter dem Namen des Pelopon. nesischen begreifen. Er ward, fast von gleicher Dauer, für Griechenland dasselbe, was der dreißigjährige für Deutschland **); ohne durch einen ähnlichen Frieden beendigt zu werden. Indem er ein wahrer Revolu tionskrieg ward, hatte er auch alle die Folgen, die diesem eigen sind. Durch ihn schlug der Factionsgeist so tiefe Wurzeln, daß er nicht mehr

*) THUCYD. III. 86.

**) Er währte von 431 bis 404, da er mit der Einnahme Athens endete.

auszurotten stand; und der Mißbrauch, den Sparta von der errungenen Vorsteherschaft machte, gab ihm fortdauernde Nahrung. Wer hat dies Alles wahrer und treffender, als Thucydides geschildert? „Durch diesen Krieg, sagt er *), ward ganz Hellas bewegt; weil allenthalben Unruhen zwischen der Volksparthei und den Optimaten herrschten. Jene wollte die Athenienser, diese die Spartaner herbeiziehen. Die Städte wurden durch Aufruhr erschüttert, und wo dieser später ausbrach, da suchte man das, was anderwärts geschehen war, noch zu übertreffen. Auch die Be deutungen der Worte wurden verändert. Tolle Kühnheit hieß sich auf vpfernder Muth; kluges Zaudern Furchtsamkeit. Wer heftig war, auf den konnte man sich verlassen; wer ihm widersprach, war verdächtig. Der Schlaue hieß verständig; der noch Schlauere, noch verständiger. Kurz der ward gelobt, der dem Andern im Unrechtthun zuvor kam, und wer den, der nicht daran dachte, dazu bewog."

Schon aus diesen Worten des Geschichtschreibers erhellt, wie diese Staatsumwälzungen auch auf die Sitten zurückwirkten; und dennoch waren keine Staaten mehr auf die Sitten gebaut, als gerade die grie chischen. Waren es nicht Gemeinen, die sich selbst regieren sollten? Griffen die Gesetzgebungen nicht auf das Tiefste in das Privatleben ein; und mußte nicht Anarchie die Folge des Sittenverderbnisses sein? Man fühlte dieses schon früh sehr richtig in Athen. Durch den ganzen Aristo. phanes läuft jener Gegensaß der bessern alten Zeit, mit der neuen, in allen Zweigen des öffentlichen und des Privatlebens; der Poesie, der Beredsamkeit, der Jugendbildung, den Gerichten 2c., die endlich in jenem berühmten Kampfgespräche zwischen der alten und neuen Sitte **) ge radezu zur Sprache gebracht wird. Und wer kann die Redner lesen, ohne über den unglaublichen Verfall zu erstaunen, in den die Moralität gerathen war?

Dies führt uns von selbst auf einen nahe damit verwandten Gegen. stand, die Entheiligung der Volksreligion. Wer die Geschichte der griechischen Nation aufmerksam durchgeht, wird diese in gleichem Grade zunehmen sehen, wie er sich dem Zeitalter Philipps nähert; und nur daraus wird der Ursprung eines Religionskrieges völlig klar, wie der Phocische, wenn gleich allerdings auch andere Ursachen zu ihm mit wirkten. Aus dem obigen Abschnitte werden die Veranlassungen, welche das Sinken der Volksreligion herbei führten, sich größtentheils schon er geben. Es wäre vergeblich, es leugnen zu wollen, daß die Untersuchun

*) THUCYD. III. 82. Nur einiges haben wir aus der für alle Jahrhunderte geschriebenen Stelle ausgehoben.

**) Dem Aoyos díxatos und ädixos in den Wolken.

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