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gen der Philosophen daran einen großen Antheil hatten; wie sehr auch die Bessern unter ihnen sich bemühten dieses zu verstecken. Wie Unrecht auch Aristophanes hatte, dem Socrates solche Zwecke beizulegen, so hatte er doch sehr Recht, es der Philosophie im Ganzen beizumessen. Nur bleibt die Frage: auf wessen Seite die Schuld war: ob auf der der Philosophie, oder der Volksreligion? Eine Frage, die nach dem, was über die leßtere schon bemerkt worden ist, nicht schwer zu beantworten sein kann. Ein Volk mit einer Religion wie die der Griechen, mußte entweder gar nicht philosophiren, oder die Philosophie mußte auch die Nichtigkeit der Volksreligion wahrnehmen. Nicht dieses also kann man den Philosophen zur Last legen, sondern nur die Unvorsichtigkeit, die sie etwa in der Aufstellung ihrer Behauptungen sich zu Schulden kommen ließen. Wie sehr die Bessern unter ihnen sich davor hüteten, ist oben gezeigt; und wie wenig gleichgültig der Staat bei dem Verfahren der Andern war, lehren die Strafen, mit denen mehrere von ihnen belegt wurden. Aber wenn auch die Systeme der Philosophen in den Schulen blieben, so verbreitete sich doch eine Masse philosophischer Ansichten, welche auch der große Haufe in einem gewissen Grade sich zueignet. In Athen kamen ihm da bei die Komiker zu Hülfe, die mit oder gegen ihren Willen solche Lehren verbreiteten, indem sie sie verspotteten.

Den traurigsten Beweis dieser gesunkenen Religiosität gab der Phocische Krieg, und die Art wie er geführt ward. In Thucydides Zeiten stand noch die Ehrfurcht vor Delphi und seinem Orakel aufrecht *); wiewohl die Spartaner schon damals seine Zuverlässigkeit anfingen zu bezweifeln **). Als durch den Peloponnesischen Krieg und seine Folgen alle bisherigen Verhältnisse der Staaten sich auflöseten, löseten auch die gegen die Götter sich auf, und der Frevel gegen sie strafte sich selbst, durch einen neuen Bürgerkrieg und den Untergang der Freiheit. Die geraubten Schäße von Delphi, womit der Krieg geführt ward, vermehrten plöslich in Griechenland die Masse des baaren Geldes auf eine bis dahin unerhörte Weise; mit ihr aber auch zugleich den Lurus, und also die Bedürfnisse ***). Und wenn noch ein Ueberreft des alten Geistes vorhanden war, so ward er durch die immer allgemeiner werdende Sitte der Miethtruppen ertödtet, wovon bereits oben im zwölften Abschnitt die Folgen dargelegt sind, mit der der kriegerische Muth und der Patriotismus nothwendig ersterben mußten.

*) Man sehe THUCYD. V, 32.

**) THUCYD. V, 16.

***) Eine Hauptstelle darüber bei Athen. IV. p. 231.

So entwickelten sich aus der mangelhaften Verfassung die Uebel, welche die überlegene Politik des Nachbaren zu seinem Vortheil zu ge brauchen wußte; aus eben der Verfassung, die doch auf der andern Seite wiederum die Bedingung war, unter der nur jene herrlichen Früchte hatten reifen können, welche der Stamm der griechischen Freiheit getra gen hatte. Aber bei allen Zerrüttungen, bei allem Verluste, ging doch nicht Alles zu Grunde. Etwas blieb übrig, was kaum übrig bleiben zu können schien, Nationalgeist; und mit ihm die Hoffnung besserer Zeiten. Nie hörten, auch als sie sich unter einander bekriegten, die Griechen dennoch auf, sich als Eine Nation zu betrachten. Der Gedanke, als solche aufzutreten, belebte die bessern unter ihnen. Er ist es, der fast in jeder der Schriften des edlen Isokrates sich ausspricht *); den er selbst nicht zu überleben vermochte, als nach dem Tage bei Chaeronea sein Geist freiwillig der hundertjährigen Hülle entfloh. Doch waren seine Wünsche, seine Bitten, seine Lehren nicht gänzlich verhallt. Noch war der Leste der Griechen nicht erschienen, und die Zeiten sollten kom men, wo in dem Achäischen Bunde auf den prachtvollen Tag der Größe von Hellas noch ein glänzender Abend folgte. So gewiß ist es, daß ein Volk vom Schicksal nicht verlassen ist, so lange es sich selbst nicht verläßt.

Arnold Hermann Ludwig Heeren.

Die Tugend.

Die Tugend besteht nicht in einzelnen guten Handlungen; nicht Mäßigkeit, nicht Gerechtigkeit, nicht Billigkeit, nicht Wohlthätigkeit 3. B. machen das aus, was Tugend ist und heißt. Das sind nur ver schiedene Arten, wie sie sich äußert, wie sie sich wirksam erweist. Sie selbst ist der Grund, die Quelle von diesen und allen übrigen guten Handlungen. Daß das Auge ungehindert sieht, das Ohr ohne Schwie. rigkeit höret, daß jedes sinnliche Werkzeug die Eindrücke der äußern Dinge annimmt, daß sich jedes Glied unsers Körpers leicht und ordent lich beweget, u. s. w., das macht noch nicht das Wesentliche der Ge sundheit aus; das sind nur verschiedene Wirkungen und Aeußerungen derselben. Sie selbst besteht in dem richtigen und genauen Verhältnisse aller Theile, aller Gefäße und Säfte unsers ganzen Körpers gegen ein. ander, und in der ungeschwächten, frei wirkenden Lebenskraft, die sie alle durchdringt und erhält und in Bewegung sest.

*) Man sehe vor allen PANATHEN. Op. p. 235.

Die Tugend besteht auch nicht in einzelnen guten Gesinnungen. Daß wir ein Vergnügen am Wohlthun finden; daß wir gern über ernsthafte Dinge, über Religionslehren z. B. nachdenken; daß wir den Frieden und die Eintracht lieben und sie gern befördern; daß wir von unsern Nebenmenschen lieber das Gute als das Böse glauben u. s. w., das Alles sind gute Gesinnungen, an welchen es dem Tugendhaften nicht fehlen darf; aber keine von diesen Gesinnungen allein, auch nicht meh rere zusammengenommen, machen uns wirklich tugendhaft, oder machen das Unterscheidende, das Wesentliche der wahren Tugend aus.

Nein, Tugend ist ein Ganzes, ein unzertrennliches Ganzes. Sie. ist nicht sowohl Handlung als Grund der Handlung, nicht sowohl Gefinnung als Grund der Gesinnung; fie treibt uns zu jenen guten Hand. lungen an, und flößt uns diese guten Gesinnungen ein. Von ihr belebt und regiert, wollen und thun wir das Gute, und alles Gute; wollen es stark und entscheidend; und thun es gern und standhaft. Sie ist nämlich die Beschaffenheit unsers Geistes, die Richtung und Bestimmung seiner Kräfte, die uns stets so denken, so gesinnt sein, so handeln läßt, wie es der Wahrheit, der Ordnung, dem Willen Gottes gemäß ist. Sie besteht in einer allgemeinen, herrschenden, wirksamen Neigung zu allem dem, was wahr und recht und gut ist, in der beständigen Bereitwillig. keit das zu thun oder nicht zu thun, zu leiden oder zu dulden, zu sein und zu haben, oder nicht zu sein und nicht zu haben, was Gott will, daß wir thun oder nicht thun, leiden oder dulden, sein und haben, oder nicht sein und nicht haben sollen. Sie besteht in der Wahrheit unsrer Gedanken, Empfindungen, Neigungen, Worte und Werke, in der Webereinstimmung aller Theile unsers innern und äußern Verhaltens unter sich und mit dem göttlichen Gefeße. Sie ist also eben das, was wir sonst Liebe und Ausübung des Guten, willigen und eingeschränkten Ge horsam gegen Gott und seine Gebote, was wir Rechtschaffenheit nennen. Sie ist die Gesundheit und das wahre Leben unsrer Seele, der Zustand, in welchem unser Geist das ist und wirket, was er nach seiner Bestim mung sein und wirken foll: die Kraft, die uns stets zu Allem, was schön und gut und gemeinnüßig und edel ist, was Gott gefällt und menschliche Vollkommenheit und Glückseligkeit befördert, antreibt, uns mit Wohlgefallen gegen alle Menschen durchdringt, uns mehr für Andere, als für uns leben und wirken, und Alles, was wir sind und haben, auf die beste Art anwenden heißt.

G. J. Zollikofer.

II.

Anmerkungen.

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