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Schiller: Was heißt und zu welchem Ende studirt man UniversalGeschichte." S. 448 der Aufsäge.

Roth, Fr.:,,leber den Rußen der Geschichte." Rede, gelesen in der Akademie der Wissenschaften in München, 1822. Nürnberg.

,,Von dem Nußen der Geschichte ist die gewöhnliche Vorstellung wenn sie anders über die äußerst beschränkte Dienlichkeit zu gewissen Verrichtungen, z. B. zur Abfassung von Staatsschriften, und über die, für Männer wenigstens, noch viel minder beachtenswerthe Behülflichkeit zur Unterhaltung, sich erhebt er liege darin, daß urkundliche Beispiele des Guten und des Bösen, des Zuträglichen und des Schädlichen, jene reizend und aufmunternd, diese warnend und abschreckend, beide eines jeden eigene Erfahrung ergänzend, eigenem Nachdenken zu Hülfe kom mend, ungleich tiefer wirken, als Lehre und Gedicht. Diese, von Aus. sprüchen großer Geschichtschreiber (Liv. Praefat. Tac. Ann. IV. 30.) unterstüßte Ansicht ist nicht zu verwerfen. Allein theils ist sie überhaupt zu eng, theils können die meisten Menschen des Nußens, den sie rühmt, nicht theilhaftig werden, weil entweder ihre Lage sie davon ausschließt, indem sie zu einem Wirkungskreise, dem jene Beispiele angehören, nicht berufen sind; oder, weil ihnen die Gabe zu unterscheiden fehlt, ohne welche die Betrachtung großer Vorgänge leicht irre führen kann; in welcher Beziehung von der Schädlichkeit der Geschichte vielleicht nicht weniger als von ihrer Nüßlichkeit zu sagen wäre. Denn nicht nur ist, was die Geschichte zeigt, keinesweges ein fertiges Gebilde, das sich einem jeden, zwar nicht gleich hell, doch immer als dasselbe, dar. stellte; vielmehr entsteht jedem das Bild erst aus den Zügen, die er faßt, und denen er ihre Stelle und Bedeutung giebt; sondern da in der ganzen Natur alles einem andern ähnlich, nichts einem andern gleich ist *), kann die Aneignung auch richtig gefaßter Beispiele, wenn die Vergleichung mit der Gegenwart das Ünähnliche nicht genug beachtet, oder sogar volle Gleichheit des Falles annimmt, nicht anders als trüglich sein.

Aber der Nußen der Geschichte steht höher und erstreckt sich weiter. Kann der allgemeinen Bildung nichts anderes zum Grunde liegen, als die Erkenntniß göttlicher Dinge; so haben wir den Werth der Wissenschaften, als der Vorsteherinnen jener Bildung, vornehmlich nach ihrem Beitrage zu dieser Erkenntniß zu beurtheilen. Von der Kirchengeschichte abgesehen, welche durch die Kunde von der wundervollen Aus

*) Daher ist beides wahr: Es geschieht nichts Neues, d. i. nichts, dem nicht Achnliches vorangegangen wäre; und: Alles ist neu, d. i. dem vorangegangenen nicht vollkommen gleich.

breitung und Erhaltung des Christenthums die Ueberzeugung von der Göttlichkeit desselben befestigt, eröffnet uns die Weltgeschichte, diese Sammlung der Erfahrungen des menschlichen Geschlechts, einen Sch a uplaß göttlicher Gerechtigkeit; und der berühmte Spruch: die Weltgeschichte ist das Weltgericht; hat mehr Wahrheit in diesem Sinne als in einem andern. Denn ob es gleich ein vornehmes Amt der Geschichte (Tac. Ann. III. 65.) ist, mit Ruhm zu lohnen und mit Schmach zu strafen, und obgleich die Achtung der Nachwelt nicht nur Einzelne, sondern zuweilen große Gesammtheiten mächtig rührt, so daß ein Perikles kein Bedenken trägt (Thucyd. II. 64.), dieselbe seinen Mitbürgern als Antrieb zu aufopferndem Beharren auf der Bahn der Ehre vorzuhalten; so überwiegt doch die Unempfindlichkeit dagegen sei es aus Bewußtsein der Unfähigkeit eines rühmlichen Wirkens, das nicht anders als mit Kühnheit, Anstrengung und Ueberwindung möglich ist, oder aus Urkunde des wahren Ruhms und seiner von dem Schimmer der Eitelkeit ganz verschiedenen Natur, oder sogar aus Gleichgültigkeit gegen die Zukunft im Behagen des Augenblicks; daher diese Gerichts. barkeit der Weltgeschichte, obwohl unfehlbar, unvermeidlich und unerbitt. lich, bei weitem nicht so viel vermag, als wünschenswerth für die Mensch. heit wäre.

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Treffender ist die Weltgeschichte das Weltgericht zu nennen, wenn wir darunter die Welt.Regierung verstehen. Zwar dem Plane der. selben nachzuforschen, wäre so verwegen und fruchtlos, als ein Versuch, einzelne Begebenheiten auf eine für den Verstand und das Gemüth be friedigende Weise zu erklären. Groß ist in alter und neuer Zeit die Menge der Ereignisse, vor denen der Menschengeist erbebend verstummt. (Odyss. XIX. 41. 42.) Doch lehrender und beruhigender Winke sind alle Zeiten voll, und Wahrzeichen des Bessern leuchten überall, sogar in Abgründen des Verderbens. Zwei große Wahrnehmungen besonders find durch alle Jahrhunderte bezeugt und in unendlicher Mannigfaltig. keit belegt; die eine von der Macht und Lebenskraft des Guten; die andere von der oft späten, doch gewissen Strafe des Böse n.

In dem geheimnißvollen Ringen der sinnlichen Welt unterliegt oft der Gewalt das Recht, der Arglist die Redlichkeit, dem Frevel die Unschuld. Indessen nicht nur ist dies ein Geschick, dessen Gegentheil oft genug, um den Muth nicht sinken zu lassen, eintritt; sondern die Macht des Guten zeigt sich in der Scheu des siegenden Unrechts, sich zu dem, was es ist, zu bekennen, in seinem Trachten nach ehrlichen Vorwänden, nach gutem Namen und nach dem Aussehen der Tugend. Aber es giebt Zeiten, da die geistigen Kräfte nachzulassen, zu altern und zu ersterben scheinen; da das Thierische die Oberhand gewinnt und eine Wildheit

herbeiführt, die um so trostloser ist, weil sie mit der Erbschaft besserer Zeiten prangt. Da erweist sich am meisten die Unsterblichkeit des Guten, das, nachdem es von der Menschheit gewichen schien, aus tiefer Dunkel. heit, aus Orten, woher es am wenigsten zu erwarten war, emporsteigt, an Gestalt je unansehnlicher, desto stärker in der Wurzel; dann sich aus. breitet, fortpflanzt, und das ihm entgegenstehende theils bezwungen und gebessert in sich aufnimmt, theils das keiner Besserung mehr fähige vertilgt.

Diesen Umwandlungen und Herstellungen, deren größtes Beispiel die Wiedergeburt Europa's nach der Völkerwanderung ist, kommt an Er. habenheit gleich das Verhängniß der Strafen über gewaltiges Unrecht. Indem die Weltgeschichte zeigt, wie schnell und wider alles Vermuthen oft eine Riesenmacht gebrochen, ein hochfahrender Gewalthaber entwaff. net, ein Net, das über die Welt geworfen war, zerrissen, noch mehr, wie oft diejenigen, die an der Menschheit gefrevelt haben, hingerafft und ihre Geschlechter ausgerottet worden, verkündigt sie den starken, eifrigen Gott, der den Webermuth niederwirft und die Missethat heimsucht bis ins vierte Glied.

Wenn diese Wahrnehmungen des Waltenden, gemäß der Fähigkeit des endlichen Wesens, nur Ahndungen sein können, die jedoch alles An. schauliche und Eindringliche der Beobachtung haben, so gewährt hinge. gen das Licht, welches die Weltgeschichte über die menschlichen Dinge verbreitet, Einsicht in derselben Beschaffenheit. Denn erstens wird das Vermögen und das Unvermögen, die Stärke und die Schwäch e der menschlichen Natur an den Prüfungen deutlich, die in den mannigfaltigsten Lagen, durch Glück und Unglück, über sie ergangen sind. Ohne die Bewunderung auszuschließen, welche vielmehr hier die meiste Nahrung findet, macht diese Kenntniß frei von der Verwunde. rung*); und ohne die Forderungen aufzuheben oder herabzustimmen, die an den Menschen zu stellen sind, mildert sie den Unmuth, wo solche nicht erfüllt werden. Wie vor ihr die Einbildungen, die übertriebenen Vorstellungen zerstieben, die aus träumerischen Büchern und von der Schaubühne her sich der Jugend bemächtigen, so verwahrt sie das Alter gegen die Gefahr, von dem Menschen gering zu denken, worin es durch eigene, oft bittere Erfahrungen geführt wird. Daß der Mensch wider. stehen, sich erheben, kurz, daß er frei handeln könne, thut sie eben so entschieden dar, als daß, wie gewisse Pflanzen gewöhnlich nur unter

*) Dies ist der wahre Sinn des berühmten nil admirari. Bewunderung ist dem Menschen eigen, Verwunderung hat er mit dem Thiere gemein.

gewissen Himmelsstrichen, so gewisse Tugenden gemeiniglich nur bei gewissen Beschaffenheiten der äußern Verhältnisse gedeihen. Und vielleicht ist unter allem, was in dieser Beziehung die Weltgeschichte lehrt, das Größte dieses: daß gewöhnlich die Gesinnung durch die Handlung bestimmt werde, die Denkart durch die Lebensart. Je gemeiner, anziehender und verführender die entgegengesette Meinung ist, um so höher muß die Erkenntniß dieser Wahrheit geachtet werden, die am sichersten das Maß der Ansprüche an die Gegenwart bestimmt, alle Täuschungen über den Geist der Zeit, die finsteren wie die heiteren, ent fernt, und von grundlosen Erwartungen eben so gewiß, als von unge. gründeten Besorgnissen heilt.

Zweitens giebt die Weltgeschichte Aufschluß über die Natur der bürgerlichen Gesellschaften, deren Ursprung fie zwar nirgends nachzuweisen vermag, in deren früheste Zeiten sie aber gleichwohl eindringt, indem sie alle Fortbildung genug beleuchtet, um zu gültigen Bermuthungen über das Entstehen selbst zu leiten. An der unendlichen Mannigfaltigkeit in Abtheilungen und Stellungen der Menschen durch die gesellschaftliche Ordnung, in Maß und Mischung der Freiheit und der Einschränkung, in Vertheilung des Eigenthums und der Ehre, zeigt sie nicht nur die Ursachen und Wirkungen dieser, die Eigenthümlichkeit eines jeden Staates ausmachenden Verhältnisse, sondern auch die Nothwendigkeit derselben, d. i. die mehr oder minder tiefe Begründung einzelner Bestandtheile, und ihren mehr oder minder festen und das Ganze bedingenden Zusammenhang; womit sie lehrt, was zusammen bestehen könne und was nicht, was einem jeden förderlich, was schädlich sei, was unter gewissen Bedingungen stehen oder fallen müsse, stehe oder falle, auch wo etwa Schein und Name das Gegentheil vorgiebt; und womit sie einerseits die stumpfe Beharrlichkeit auch bei dem Unwesentlichen oder bei dem unhaltbar gewordenen, andererseits den flatterhaften, lüsternen Dünkel rügt, welcher, mit Worten bekannter als mit Sachen, Aende. rungen als etwas leichtes begehrt, und ohne Einsicht in die Bedingungen des Daseins, von,,Leben,“,,ins Leben treten,",,ins Leben rufen" gedankenlos redet. Eben so weit entfernt die Beweglichkeit zu preisen als die Unbeweglichkeit, und nur beschäftigt, Ursachen und Bedingungen sowohl der Bewegung als der Ruhe zu erklären, führt die Weltgeschichte, hinweg von den Trugbildern der Leidenschaft, zu einer festen und gesunden Ansicht der bürgerlichen Gesellschaft.

Was im Großen die Weltgeschichte leistet, dasselbe kann, zwar nicht in gleicher Ausdehnung und Fülle, doch zuweilen selbst eindrücklicher, die vaterländische Geschichte wirken, die, obwohl bei dem einen

Volke gehaltreicher als bei dem andern, doch keinem unter den gesitteten ganz fehlt.

Seite 202. Fichte, Johann Gottlieb:

Neber Belebung und Erhöhung des reinen Interesse für Wahrheit. (Horen von Schiller. Jahrg. I. 1. St. S. 79-93.)

Vergleiche: S. 377 d. Auff. Lessing, Forscher der Wahrheit." Ancillon: „Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen." Th. 2. Ueber das Verhältniß des Idealen und der Wirklichkeit.

Seite 210. Garve, Christian:

Ueber die öffentliche Meinung.

(Versuche über verschiedene Gegenstände aus der Moral, der Literatur und dem gesellschaftlichen Leben. Th. 5. Breslau. 1802. Ancillon: Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen." Th. 1.

2. Aufl. Berlin. 1838. Ueber die Gewalt der öffentlichen Meinung. Wieland: Ueber die öffentliche Meinung.“ Sämmtl. Werke. 42. Bd. Gespräche unter vier Augen. S. 253.

Seite 228. Ancillon, Friedrich von:

Neber Glauben und Unglauben.

(Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen. Th. 2. Berl. 1831.)

Seite 234. Ancillon, Friedrich von:

Göthe und Schiller.

(Ueber die classische und romantische Poesie oder über die Leistungen der Poesie in den letten Decennien. G. 148-164 in:,,Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen. Th. 2. Berlin. 1831.) Vergleiche über Göthe und Schiller:

Delbrück:,,Rede zur Beehrung der Stifter und Häupter neuer deutscher Dichtkunst und Wohlredenheit." Reden von F. D. Bd. 2. Bonn. 1831.

Horn, F.:,,Die Poesie und Beredtsamkeit der Deutschen von Luthers Zeit bis zur Gegenwart. Bd. 3 u. 4. Berlin. 1824 und 29. Wachler: Vorlesungen über die deutsche National Literatur. 2. Aufl. Th. 2. Frankfurt a. M. 1834.

Rosenkranz, K.:,,Handbuch einer allgemeinen Geschichte der Poesie." Th. 3. Halle. 1833.

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