ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Theilnahme, als Sprecher der gesammten Menschheit und idealisirter Zuschauer begriffen und aus dem republikanischen Geiste der Oeffentlich. keit abgeleitet werden soll, das Schwankende, den innigen Zusammenhang des Chors mit dem inneren Wesen der Tragödie und deswegen auch den Mittelpunkt seines eigenen Wesens Verfehlende, wie schon Solger bemerkt hat *), zu verkennen. In dem, was ich bereits vor vierundzwanzig Jahren darüber vorgetragen habe **), ist wenigstens der Chor als ein integranter Theil der Tragödie betrachtet, und liegt der aus dem Wesen der leßtern abgeleiteten Ansicht von ihm eine Ahnung der Wahrheit zum Grunde, welche indeß durch den gänzlich verfehlten Ausdruck des in ihm liegenden Princips der Einheit als einer Synthese des in der Handlung dargestellten Gegensages durchaus verdunkelt ist und das in die Vorstellung über die Beschaffenheit dieses Gegensates noch eingemischte Unklare und Unvollkommene getheilt hat.

Wenn wir nämlich den Chor nicht nach einzelnen Tragödien, sondern so, wie er im Ganzen von Aischylos behandelt und von So. phokles ausgebildet ist, betrachten, so werden wir in ihm einen zwar von der Handlung nicht scharf abgeschnittenen oder ihr entgegengesetten, sondern sich vielmehr an sie anschließenden, in den jener eigenen Dialog eingehenden, ja in Hoffnung und Furcht, Warnung und Rath, Klage und Trost, an ihren Wendungen Theil nehmenden, sogar wohl zu dithy rambischer Begeisterung von ihren augenblicklichen Eindrücken hingerissenen, aber auch wieder von der Handlung und den in ihr befangenen Kräften verschiedenen, und nicht in ihre Katastrophen verflochtenen, sondern in Ergüssen von Empfindungen und Betrachtungen, welche, wenn. gleich durch die Handlung veranlaßt, doch von ihr unabhängig sind, und in diesen angemessenen selbstständigen lyrischen Weisen, den oráriμOIS ***), sich von ihr wieder ablösenden und über ihr schwebenden, Bestandtheil der Tragödie erkennen. Diese Erhebung des Chors über die Handlung beginnt von der einfachen und klaren Auffassung ihrer Gegensäge und Widersprüche, des Ursprungs derselben und der Momente, auf denen ihr Conflict beruht, steigt mit erweiterter Ansicht zu dessen in der allge meinen Beschränktheit der menschlichen Natur und dem besonders Gefahrvollen und Verführerischen gewisser Verhältnisse derselben liegenden Gründen auf, weiset die zarten und leicht zerreißbaren Bande, welche die Freiheit an das Nothwendige im Leben knüpfen und die schmale

*) Wiener Jahrbücher.

**) Ueber Schillers Wallenstein S. 36. fg. 211 fg. 218 fg.

***) Von diesen scheint mir die Hermannische Erklärung zu AristoteIes Poet. XII, 8., welche sich an die aristotelische anschließt, die allein richtige.

Bahn, auf der Beide in Eintracht und Segen mit einander bestehn, so wie gegenüber die Verwicklung von Jrrfalen und Unheil nach, worin die Freiheit geräth, hat sie einmal jene Bande zerrissen und jene Bahn verLassen, enthält weiter die verborgenen Pfade, auf denen solche Verkettung durch des Nothwendigen unvertilgbare Kraft und der von ihm verirreten Freiheit Ohnmacht und Verblendung zu ihrem Ziele geführt und die Entzweiung gelöset wird, und schwingt sich so aufwärts zu der höchsten Betrachtung des Weltganges und seiner Geseze, und der über ihnen waltenden, das Leben in seinem Wechsel und in dem festen Grunde seiner Einheit umfassenden und tragenden göttlichen Macht.

Der Chor ist hiernach das Element der Tragödie, welches die Handlung durch Anschließung an dieselbe dergestalt in sich aufnimmt, daß es die sie erzeugende und bewegende Entzweiung wie in ihrem Her vorbrechen aus der Einheit und in den Wendungen ihres Conflictes abspiegelt, so auch wieder bis zu ihrer Vernichtung und Auflösung in die Einheit zersett, und worin sich das allgemeine Gleichgewicht der in der Handlung mit einander ringenden Kräfte schon während derselben in seinen unwandelbaren Gründen gegenwärtig erhält, dem jene erst mittelst Durchführung des Conflictes zustrebt.

Zwar entwickelt sich das Wesen des Chors in keiner Tragödie in derselben Stufenfolge, welche oben in ihren Grundzügen angegeben ist. Vielmehr geht er, bald sich über die Handlung erhebend, bald wieder sich zu ihr senkend, und beides in verschiedenen Maaßen, viele Grade der Theilnahme, der Betrachtung und Begeisterung, von der Lebhaftig. keit subjectiver Empfindung und Ansicht bis zu der hohen objectiven Anschauung durch, womit er sich, die größte Tiefe und Fülle mit der lautersten Klarheit und Ruhe vereinend, in die Geheimnisse der Weltregierung eintaucht und worin er den Gipfel seiner Bedeutung erreicht. Und diese seine Erhebung und Senkung verbreitet sich so abwechselnd durch das Ganze einer Tragödie, wie durch das Leben selbst der Faden seines tiefen innern Zusammenhangs durch alle seine Widersprüche, bald sich scheinbar in sie verlierend und von ihnen verdunkelt, bald in leuch tender Offenbarung hervortretend, sich hinschlingt. Auch ist der Chor nicht in allen Tragödien gleich behandelt und gelangt nicht in allen zu gleicher Höhe seiner Bedeutung. Dies hängt auch sehr von der Beschaffenheit und Bedeutsamkeit der Handlung selbst mit ab, wie z. B. im Aias und Philoktetes, in denen der Chor wohl am schwächsten be handelt sein mag, und auch auf unteren Stufen der Betrachtung sich hält, in deren Handlungen aber auch eben keine Veranlassung zu hoher Geisteserhebung enthalten ist. Aber der Faden, der weiter entwickelt zum Höchsten führt, und eine stufenweise Annäherung dazu, findet sich überall.“

Wackernagel, W.:,, Ueber die dramatische Poesie." Akademische Gelegenheitsschrift. Basel. 1838. S. 11.

,,Der Chor ist Erbe und Eigenthum der griechischen Bühne: er ist auch nur auf ihr die organische Folge historischer Prämissen. Bei uns war nirgend ein Anlaß, auf den sich ein solcher hätte bilden können, und so haben denn auch die Versuche, die von den deutschen Dramati fern des XVI. und XVII. Jahrhunderts und seitdem wieder von einigen. der lezten Periode sind gemacht worden, ihn auf die deutsche Bühne überzuleiten, nur verunglücken können. Wir wollen nur auf zwei beson ders namhafte Beispiele Rücksicht nehmen, auf Schiller und Platen.

Von Schiller haben wir in der Braut von Messina eine solche Tragödie mit Chören. Was einmal zu der Eigenthümlichkeit dieses Dichters gehört, eine mehr reflectirende als empfindende, mehr didactische als reine Lyrik, kehrt natürlich auch in den chorischen Zwischengefängen dieser Tragödie wieder: das darf also weiter nicht auffallen. Hier kommt es nur darauf an, zu bemerken, wie Schiller sich in unaufhörlicher Verlegenheit befindet, den Chor in Rede und Handlung recht zu verwenden. Er läßt ihn mehr und öfter sprechen als die Alten jemals gethan: da kann es denn nicht immer das gerade Geschehende sein, worauf sich seine Betrachtungen hinlenken; der Chor, den die Alten nur in der Komödie jeglicher Beziehung zur Handlung überheben, löst sich auch in dieser Tragödie häufig genug aus allem dramatischen Gange und Zusammen. hange heraus, und stellt Reflexionen an, die ganz vereinzelt bleiben, die auf das, was daneben geschieht, keinerlei Beziehung haben. So an einer Stelle die Schilderung und vergleichende Erwägung des friedlichen und des kriegerischen Lebens, der Liebe, der Jagd, der Schifffahrt: alles das an sich schön und mit Recht bewundert, aber, und das ist hier ein Feh ler, undramatisch. Auf der andern Seite läßt dann Schiller den Chor wieder thätiger eingreifen, als das irgend bei den Alten vorkommt, und in einer Weise, von der sie eben so wenig etwas wissen. Aber es be darf solcher Vergleichungen mit den Mustern der Antike nicht, um ein zusehen, worin hier der Schillerische Chor fehlt. Es ist eben zuvörderst kein Chor, sondern es sind Chöre; es theilt sich nicht Ein Chor bloß durch Gesang und Tanz strophisch und antistrophisch in zwei Hälften, welche dann die Epode wieder vereinigt, sondern es stehen zwei Chöre einander gegenüber, deren jeder für einen der beiden feindlichen Brüder entschieden und thätig Partei nimmt, zwei Chöre, die gleich den Herren, deren Gefolge sie bilden, einander bis zum Handgemenge feindlich sind. Das aber erregt doch wohl das gerechteste Bedenken, daß dieselben Chöre, die in so blinder Parteiung den Leidenschaften ihrer Herren dienen, den noch wieder das Recht ansprechen, alle Augenblicke mit sittlicher Betrach.

tung, mit Urtheil und Rath aus der Handlung hinauszutreten; und es ist ein Widerspruch in sich selbst, wenn dieselben Chöre, die sich eben noch mit gezückten Schwertern gegenüber gestanden, sich mit einem Male wieder vereinigen, um sich einmüthig und einträchtig über denselben Zwiespalt reflectirend zu erheben, den sie so eben noch haben ausfechten wollen. Schiller hat diesen Wechsel von Zwiespältigkeit und von Eini. gung der Chöre in seinem Vorwort zur Braut von Messina folgendermaßen gesucht kurz zu rechtfertigen: Ich habe den Chor zwar in zwei Theile getrennt und im Streit mit sich dargestellt: aber dies ist nur dann der Fall, wo er als wirkliche Person und als blinde Menge mithandelt. Als Chor und als ideale Person ist er immer eins mit sich selbst." In. dessen der Fehler und die künstlerische Unmöglichkeit ist eben, daß die gleichen Persönlichkeiten jezt eine bloße blinde Menge ausmachen und dann wieder mit gotterleuchtetem Auge auf die Handlung hinab. schauen sollen.

Sodann Platen. Der Graf Platen hat seinen beiden antik gemeß nen Komödien, der Verhängnißvollen Gabel und dem Romantischen De dipus, auch nach Weise der antiken Komödie einen Chor geben wollen. In. dessen nur in der minder gelungenen von beiden, in derjenigen, welche sonst eigentlich mißrathen ist, im Oedipus, hat der Chor ungefähr die gleiche Stellung gegenüber der Handlung auf der Bühne und dem Volke vor derselben. Es ist ein Chor von Haidschnucken, von wilden Schafen, die zuweilen in die Handlung drein reden ohne jedoch sonst Antheil an ihr zu haben, außerdem aber noch in Parabasen aus der Handlung hinaus reden zum Publikum; es ist also bloß die Führerin dieses Haidschnucken. chores, das größte und wildeste Schaf von allen, das jene großen Worte über die Poesie und den Grafen von Platen, über den Grafen von Pla ten und die Poesie in das Weltall hinausschleudert. Aber, wie gesagt, dies ganze Drama ist von Anfang bis zu Ende eine so verfehlte Arbeit, daß man aus ihm nichts abnehmen kann über die Bedeutung, welche etwa noch jest und auch für uns der Chor besißen könne. Mit Recht stellt man die andre Komödie höher, die Verhängnißvolle Gabel: aus dieser wird man also eher in Bezug auf den Chor ein entscheidendes Urtheil entnehmen können. Wie ist derselbe nun hier beschaffen? Etwas genauer betrachtet, ist beinahe nur der Name vorhanden, nicht aber die Sache. Eine Person nämlich, die aufs wesentlichste mit zur Handlung gehört, ja die man als die Hauptperson des ganzen Dramas betrachten fann, eine einzelne Person, der Jude Schmuhl, wirft zuweilen (ich ge brauche Worte des Dichters),,wirft Mantel und Bart weg und erscheint als Chorus, indem er bis an den Rand des Theaters vortritt." Also nur Eine Person, und zwar eine dramatische Hauptperson, die sich auch

nicht maskirt, um Chorus zu sein, sondern sich, um es sein zu können, demaskirt; sie thut das ferner nur fünf Mal, je am Schlusse der Acte, um diesen Schluß nach antiker Weise durch eine Parabase zu bezeichnen, d. h. durch eine längere, im Interesse des Dichters, an das Publikum gerichtete Rede. Das ist denn alles, was dieser sogenannte Chorus mit dem des aristophanischen Lustspieles gemein hat. Und auch an diesen fünf Stellen wäre der ausdrückliche Name des Chors wohl zu entbehren gewesen, da bei der ziemlich selbstsüchtigen Polemik, aus welcher das ganze Stück hervorgegangen ist, auch alle übrigen Personen genug Dinge reden, die nicht eigentlich zur Sache gehören, die nichts für den dramatischen Dialog bedeuten, sondern lediglich dem Verhältniß des Dichters zu seinem Publikum dienen.

Zu solchen Ungehörigkeiten werden aber unsre Dichter immer ge zwungen sein, sobald sie den griechischen Chor in das deutsche Drama einzuflechten suchen: sie werden entweder, wie Platen, nur den Namen festhalten können, oder, wie Schiller, die Sache in so schwankender Weise erneuern müssen, daß es für uns immer noch eine fremdartige Antike bleibt, ohne daß doch ein Grieche den Chor seiner Bühne darin wieder erkennen würde. Alle Willkühr, die des historisch Gegebenen nicht achtet, straft sich selbst und vernichtet ihr eigenes Werk. Das griechische Drama mußte vermöge seiner Entstehung aus dem Dithyrambus einen Chorus haben, und konnte ihm, wenn er anders nicht bedeutungslos fein sollte, nur jene früher erörterte Bedeutung geben: hinter unserm Drama, mö. gen wir nun das nationale des XV. und XVI. Jahrhunderts ins Auge fassen, oder das halb fremde des XVIII., liegen keine solche Erinnerungen: denn auch das Drama des XVIII. Jahrhunderts ist nicht aus Griechenland, sondern aus Frankreich und England zu uns gekommen. Uns kann und darf ein Chor, der außer der Handlung steht, nur ungehörig und störend vorkommen; einer aber, der in die Handlung eingreift, ist auch kein Chorus mehr. Wer uns den Chor wiedergeben will, baut ein Haus ohne Fundamente, das einstürzen muß, so kunstreich es sonst gebaut sein mag."

Süvern:,,Ueber den historischen Charakter des Drama." In den Abhandlungen der Berl. Akadem. 2c.

,,Es beantwortet sich nun auch von selbst die Frage über das Schicksal in der Tragödie. Von dessen Beachtung in der alten Tragödie, welche Aristoteles freilich nicht aufnehmen, sondern erst der Gegensat der christlichen Religionsvorstellungen hervorrufen konnte, ging unter uns zuerst eine richtige Auffassung ihres Wesens aus. Indeß blieb diese dabei stehen, hierin das bedeutendste Unterscheidungsmerkmal der alten gegen die neuere Tragödie zu feßen und einige Vortheile der erstern für

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »