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neuen Gefühle weichen will, dem Gedanken der Rache weicht, zu der ihr die Möglichkeit in der Ehe mit Eßel geboten wird, wie nun der weiblichste Charakter allmählig abgelegt wird, wie das Weib, das früher die unbesonnenste Offenheit, die größte Hingebung, die zarteste Versöhn. lichkeit besaß, nachtragend (lancräche) über Racheplanen jahrelang finnt, wie sich diese Rachesucht bei steigender Macht und Ansehn nährt, wie fie endlich im losgebrochenen Unheil, das zunächst nur auf den Einen Mörder berechnet war, sich allmählig in größeren Grimm und, nachdem ihr Kind gefallen war, in völlig blinde Wuth bis zum eigenhändigen Brudermord verliert, dies Alles ist zwar nicht mit jenen tausend individuellen Zügen charakterisirt, aber doch in großen Umrissen deutlich ge zeigt, und beweist wie frühe uns unsere ganze Eigenthümlichkeit darauf hinwies, die äußeren Gestalten unserer poetischen Geschöpfe aus der inneren Form errathen zu lassen, statt daß das griechische Epos aus jenen diese errathen läßt, was dem Begriffe des Epos ebenso zusagt, wie jenes dem Drama. Ihr gegenüber steht dann Hagen in einem Ge gensaß, den kein Genius erster Größe vortrefflicher hätte ausbilden kön nen. Der trosige Mann sucht von dem Augenblick an, wo seine Ahnung und die Weissagung des bevorstehenden Schicksals ihn grimmig, wild, gottlos und rücksichtslos macht, Alles auf, was ihn und seine Gefellen recht tief in das unvermeidliche Geschick stürzt, als wolle er wenigstens ihren Fall so kolossal als möglich machen. Er versucht den Mord des zur Rettung bestimmten Kaplans, er zertrümmert das Schiff, er trägt in seinen Mienen die Furchtbarkeit, die Rüdigers Tochter bleich macht, als sie ihn küssen soll, und die Reizbarkeit, die ihn den Helm fester binden läßt, als Kriemhilde den Giselher allein zum Willkommen küßt, er unterläßt nichts was sie reizen kann, er zeigt ihr Troß und Gering. schäßung und erinnert sie geflissentlich an Siegfried, er gesteht ihr den Mord, er regt die Hunnen selbst zu Argwohn und Spannung auf und beginnt, nachdem die Losung gegeben war, mit dem Mord von Kriem. hildens Sohn, der den Schaden unheilbar macht. Wie sich nun unter dem Kampfe und unter der Verwüstung selbst sein Charakter groß er hebt, in dem Maaße wie Kriemhilde sinkt, wie er dem Rüdiger edel gegenüber erscheint, wie er Dietrichs ehrenvolles Anerbieten ausschlägt und jezt gestählt ist, sich selbst mit diesem zu versuchen, dies ist sogar in der Ausführung theilweise eben so vortrefflich, wie der lezte Theil der Nibelungen überhaupt immer darum ausgezeichnet worden ist, weil das hereingebrochene Unheil sich bis zum lezten Momente so trefflich steigert, daß, nachdem schon die ungeheuersten Niederlagen erfolgt sind, noch auf den Kampf der Berner Helden alle Lebhaftigkeit, alle höchste Wildheit der Kampfschilderung gespart ist, wo dem fast ermüdeten Leser durch

die wohlthuende Kürze, mit der der Fall der wackersten erzählt wird, ein neues Grauen bereitet wird, das endlich der schauderhafte Untergang Gunthers und Hagens noch überbietet.

Man sieht wohl, dies ist die Katastrophe einer Tragödie mehr, als der ruhige Ausgang eines Epos; nach dem äußersten, zu dem wir hier geführt werden, bleibt uns nichts mehr zu hoffen noch zu fürchten. Im Homer ist der unendliche Hintergrund das Große; die Aussicht auf den Fall Trojas, auf den Untergang eines großen Volkes, auf die Strafe des Verbrechers, auf Achills und Priamus Tod mit allen Söhnen, auf Hekubas Verzweiflung und Andromaches Sklaverei, Alles arbeitet zu sammen, uns auf dem außerordentlichen weiten Gebiet der Sage den Gegenstand der Ilias als eine einzelne Episode betrachten zu lassen, die wie sie selbst aus Rhapsodien zusammengesezt ist, uns wieder als bloge Rhapsodie in einem noch ungeheurern Cyclus erscheint. Allein der Stoff der Nibelungen hat noch etwas von der Eigenheit der poetischen Sagen vor der Völkerwanderung an sich, die sich überall mit einer ge schlossenen einzigen Begebenheit beschäftigen. Nehmen wir Gunther und Attila als historische Personen, so sieht man auch, daß der Ursprung der Sage gerade auf der Grenze jener Zeit liegt, von der wir behaup. teten, sie habe den Sagen den weiteren epischen Charakter gegeben. Jenen engeren behielt, sahen wir, die Siegfriedsage im Norden; diesen weiteren erhalten die Nibelungen nur durch die allmählige Anknüpfung der Helden des leßten Theils, und bekanntlich kann man schon mit Ver gleichung der älteren Sage aus der Zahl der burgundischen Helden die stete Erweiterung und Ausdehnung nachweisen. Dietrich, Hildebrand und Ezel find, man möchte sagen, schon darum die rein epischen Cha raktere dieses Gedichtes, weil der tragische Fall sie nicht einschließt. Und dennoch würden sie uns wenig intereffiren, wenn wir sie nicht aus anderen Gedichten kennten, worin wieder, was wir so oft finden, ein Beweis liegt, daß diese Dichtwerke alle erst in ihrer Gesammtheit und nach dem Studium der ganzen Geschichte der Poesie, in ihrer rechten Bedeutung erscheinen. An und für sich könnten Dietrich und Hildebrand keine große Theilnahme erregen, ja sie müßten dem, der außer den Nibe. lungen nichts aus unsrer Sage kennte, ganz wunderlich erscheinen, da in dem Gedichte selbst nichts liegt, was uns ihre entscheidende Wichtig. keit erklärte. In unserem Gedichte, obgleich es gegen die Enge der Romane so weit scheint, ist nicht wie im Homer die Gelegenheit gege. ben, den Leser für die Helden durch die weiten Verbindungen zu inter effiren, in die sie gestellt sind. Homer hat die ganze ruhmvolle Vergangenheit von Griechenland, Thracien und Kleinasien zu seiner Verfügung; wir kennen die Väter, die Ahnen und Urahnen seiner Helden.

Er darf uns jene Helena in den Hintergrund rücken, wir wissen welchem großen Geschlechte sie angehört, wer ihre Brüder sind, wie sie die Quelle der Geschicke der Völker ist. Er zeigt uns kaum in mehr als Einer Scene die Andromache, allein wir wissen dann ihre Herkunft, das schreckliche Schicksal ihrer Verwandten und ihrer Heimath, ihren gegen. wärtigen Ruhm, ihre Hoffnungen, ihre Freuden und Leiden und wir erfahren den Anfang und ahnen das Ende ihres traurigen Looses. Ja selbst mit dem Innern weiß er zu fesseln, oder wer wäre nicht gerührt von der kaum erscheinenden Nausikaa, die spätere Dichter trösten zu müssen glaubten, indem sie ihr den Telemach zum Gatten gaben. Allein. ein ähnliches Interesse uns einzuflößen, gelingt nicht einmal der so mächtigen Brunhilde, die wir theilnahmlos vergessen, gelingt auch Dietrich und Hildebrand nicht, oder erst dann, wenn wir gelehrte Kenntniß anderswoher mitbringen. Der Reichthum der Verhältnisse, der Umfang der Sage, die Mannigfaltigkeit der Episoden, Alles was einem epischen Gedichte erst Leben giebt, geht den Nibelungen ab, und damit dem Dich. ter das Mittel, auf so endlos verschiedene Weise zu fesseln, und seine Erzählung mit immer neuen Reizen zu schmücken. Der griechische Dich. ter verweilt auf dem, was uns das Wichtigste scheint, auf dem Tode des Hector oder dergleichen, nicht länger oder nicht so lange als auf mancher unwesentlichen Episode, das Große liegt immer nur in den Verhältnissen, in denen wir uns umdrehen, nicht in den geschilderten Begebenheiten, nicht in künstlich geschürzten Knoten, nicht in spanneuden Erwartungen, nicht in der Entfaltung der Charaktere, was Alles das ist, womit die Nibelungen wirken. Hier soll uns immer Alles zugleich, ein Vollendetes dargestellt werden, und wir hören von Siegfrieds Jugend und Tod, wie von Kriemhildens. Offenbar wäre, was die Burgunden angeht, diesem Mißstand abgeholfen, sobald in dem älteren Gedichte die Begebenheiten in dem ersten Theile wegfielen und bloß angedeutet und vorausgesetzt würden; in Bezug auf Dietrich und Hildebrand aber müßte ein Blick auf die Zukunft, wie auf ihre Vergangenheit geworfen werden. Dies sollte nicht allein durch Andeutung ihrer Schicksale, es könnte auch durch die Zeichnung ihrer Charaktere geschehen. In der Ilias werden wir schon auf den Odysseus gespannt, der in der Odyssee auftritt; wir könnten ihn errathen aus den wenigen Zügen, die ihn dort schildern. Man rufe sich den Telemach ins Gedächtniß, ob wir ihn nicht als Knaben, als Mann uns denken können. Man versuche dagegen das Aehnliche mit den Helden unseres Epos, wie viel schwerer dies sein wird, man versuche es mit einem Tristan, wo man es geradezu unmög. lich finden wird. Dennoch muß man gestehen, daß die Charaktere, oder die Gruppe von Charakteren, welche in den Nibelungen auftreten, ihr

größter Vorzug sind. Stellen sie auch nicht in der Mannigfaltigkeit, wie das homerische Gedicht, den menschlichen Charakter überhaupt in seinen Haupteigenschaften dar, so kann man uns doch schwerlich ein anderes Gedicht nennen, worin dies annähernd sv sehr geschieht wie hier und ich zweifle, daß man selbst den Ariost hier nennen darf. Wenig. stens erscheinen die Hauptseiten des Nationalcharakters vortrefflich: in dem jungen Siegfried arglose, harmlose Ehrlichkeit, in dem männlichen Dietrich die weise, ruhige, fast bedächtliche Ueberlegung und besonnene Kraftübung, im greisen Hildebrand berathende Treue und Gerechtigkeit, zu der, wenn man die Züge aus anderen Gedichten anführen darf, derbe Geradheit und natürliche Heftigkeit hinzukommt."

Seite 505. Schleiermacher, Friedrich:

Das Leben und Ende des Trägen.

(Predigten. 1. Bd. 1. Samml. Neue Ausg. Berlin. 1834.)

S. 518. Reinbeck, Georg:

Die Novelle.

(Situationen. Ein Novellenkranz. Nebst einigen Worten über die Theo rie der Novelle. Stuttg. 1841.)

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Feuchtersleben, E. v.:,,Beiträge zur Literatur, Kunst- und LebensTheorie. Bd. 2. Wien. 1841. S. 48. Die Novelle. (Göthe und Lied als Novellendichter.)

Jean Paul:,,Ueber den Roman." Vorschule der Aesthetik. Th. 2. Berlin. 1827.

Gervinus:,,Geschichte der deutschen Dichtung." V. 697 ff. Ueber das Verhältniß der Novelle zum Roman.

Göthe:,, Ueber das Verhältniß des Romans zum Drama, in Wil helm Meisters Lehrjahren. Th. 2. S. 32. (Ausg. in 16. 1840.)

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,,Im Roman wie im Drama sehen wir menschliche Natur und Handlung. Der Unterschied beider Dichtungsarten liegt nicht bloß in der äußeren Form, nicht darin, daß die Personen in dem einen sprechen, und daß in dem andern gewöhnlich von ihnen erzählt wird. Leider viele Dramen sind nur dialogirte Romane, und es wäre nicht uumöglich, ein Drama in Briefen zu schreiben.

Im Roman sollen vorzüglich Gesinnungen und Begebenhei. ten vorgestellt werden; im Drama Charaktere und Thaten. Der Roman muß langsam gehen, und die Gesinnungen der Hauptfigur müssen, es sei auf welche Weise es wolle, das Vordringen des Ganzen zur Ent

wickelung aufhalten. Das Drama soll eilen, und der Charakter der Hauptfigur muß sich nach dem Ende drängen und nur aufgehalten wer den. Der Romanheld muß leidend, wenigstens nicht im hohen Grade wirkend sein; von dem dramatischen verlangt man Wirkung und That. Grandison, Clarissa, Pamela, der Landprediger von Wakefield, Tom Jones selbst sind, wo nicht leidende, doch retardirende Personen, und alle Begebenheiten werden gewissermaßen nach ihren Gesinnungen gemodelt. Im Drama modelt der Held nichts nach sich, alles widersteht ihm, und er räumt und rückt die Hindernisse aus dem Wege oder unterliegt ihnen.

So vereinigte man sich darüber, daß man dem Zufall im Romane gar wohl sein Spiel erlauben könne, daß er aber immer durch die Ge sinnungen der Personen gelenkt und geleitet werden müsse; daß hingegen das Schicksal, das die Menschen, ohne ihr Zuthun, durch unzusammen. hängende äußere Umstände zu einer unvorhergesehenen Katastrophe hin drängt, nur im Drama Statt habe, daß der Zufall wohl pathetische, niemals aber tragische Situationen hervorbringen dürfe; das Schicksal hingegen müsse immer fürchterlich sein, und werde im höchsten Sinne tragisch, wenn es schuldige und unschuldige von einander unabhängige Thaten in eine unglückliche Verknüpfung bringt."

Seite 521. Heeren:

Ursachen des Sinkens von Griechenland.

(Ideen über die Politik, den Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der alten Welt. 3. Th. 1. Abth. Götting. 1821. S. 519.) Müller, Johannes von: „Ueber den Untergang der Freiheit der alten Völler. S. 18 der Auff.

"

Herder: Ursachen des gesunkenen Geschmacks bei den Griechen.“ S. 273 der Auff.

Ideen zur Geschichte der Menschheit." Th. 3. (Th. 6 der Werke zur Phil. u. Gesch.) . 178 ff. Ursachen der Veränderungen Griechenlands.

Seite 525. Zollikofer, G. J.:

Die Tugend.

Man vergleiche in Kajetan Weiller's kleinen Schriften, 2. Bdch., (Mün. chen 1822) die akademische Gelegenheitsrede,,Tugend die höchste Kunst."

,,Um von der Tugend vollen Segen erhalten zu können, muß sie als lebendiger Trieb unsers ganzen Geistes begriffen werden. Gewöhn. lich wird sie aber nur durch das Prisma des Verstandes oder in dem Hohlspiegel der Phantasie angeschaut. Auf diese Weise erscheint sie dann

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