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Platon's philosophische Fürstlichkeit.

Rede, gehalten zu Bonn den 22. April 1819, bei Eröffnung akademischer Vorträge über Platon's Lehre von den göttlichen und menschlichen Dingen.

Hochzuverehrende Herren!

Der Zweck der heutigen Rede, zu deren Anhörung ich eingeladen habe, ist, die Gründe darzuthun, aus denen ich dafür halte, dem mir übertragenen Lehramte der Philosophie nach Kräften am besten genügen zu können, wenn ich dabei zum Meister und Führer den Platon erwähle, und zwar so, daß ich bald einzelne seiner Werke auslege, bald seine Lehren über göttliche und menschliche Dinge im Zusammenhange vortrage, wie auch es mir zum Geseze mache, überhaupt die Ergebnisse nicht nur eigener Forschungen, sondern auch fremder, die ich mir an. geeignet habe, mit Platon's Behauptungen zusammenzustellen, wofern dieser sich über denselben Gegenstand ausgesprochen hat, und im entge= gengeseßten Falle nach seinen Grundfäßen wenigstens zu prüfen, und ihren Gehalt zu erproben.

Um mich über dieses alles mit möglichster Kürze und Bestimmtheit auslassen zu können, sei vergönnt, einige allgemeine Bemerkungen vor. auszuschicken.

Gleichwie die Geschichte zu thun hat mit dem Einzelnen, Veränder. lichen, Zufälligen; so die Philosophie mit dem Allgemeinen, Ewigen, Nothwendigen. Es giebt eine zwiefache Nothwendigkeit. Die eine drücken wir in unserer Sprache aus durch das Wort Müssen; die andere durch das Wort Sollen. Was geschehen muß, ist von der Beschaffen. heit, daß es nicht anders geschehen kann; was geschehen soll, ist von der Beschaffenheit, daß es zwar anders geschehen kann, aber nicht darf. Jene bezieht sich auf das Reich der Natur; diese auf das Reich der Freiheit. Zwischen ihnen in der Mitte liegt ein Gebiet von Erscheinun gen, welches beide verknüpfet, die Kunst: denn ächte Kunstwerke, wie Jedermann einräumt, können nur entstehen durch Begeisterung - ein Wort, welches einen Zustand erhöheter Gemüthsstimmung bezeichnet, und zwar einer solchen, die von einer übermenschlichen Kraft gewirket wird, ohne den Willen zu fesseln, so daß die Seele sich in ihren Bewegungen frei fühlt, und dabei gebunden weiß, einen geheimnißvollen Mit telzustand, in welchem Thun und Leiden sich wechselseitig durchdringen, so, daß zweifelhaft bleibt, welches von beiden vorwalte.

Weiter: Was nothwendig ist, wird bestimmt durch Geseße, welche

theils ursprüngliche sind, theils abgeleitete. Richtet die Philosophie ihre Forschungen auf die ursprünglichen: so heißt sie Metaphysik, entweder der Natur, oder der Sitten oder des Schönen. Dieselbe führt auch den Namen der reinen im Gegensaße der angewandten, die es mit den abgeleiteten Gesezen zu thun hat, um daraus zu bestimmen, was in ein zelnen Fällen nothwendig sei. Die Theile der angewandten Philosophie hier aufzuzählen, ist nicht vonnöthen; darum unterlasse ich es und sage nur: Die Gesammtheit der erwähnten Untersuchungen hatten ohne Zwei fel diejenigen in Gedanken, welche im Alterthum von der Weisheit den Begriff aufstellten, sie sei die Kunde der göttlichen und menschlichen Dinge, und ihres ursächlichen Zusammenhanges.

Es liegt am Tage, daß, dieser Kunde im ganzen Umfange sich zu bemeistern, keinem menschlichen Geiste möglich ist. Je mehr sich im Fortschritte der Zeit der Kreis des Wissens erweiterte, desto stärker empfand man das Bedürfniß, von der Gesammtwissenschaft einzelne Theile abzusondern, deren Kunde den Namen der Weisheit vorzugsweise verdienen möchte. Welches mögen diese Theile sein?

Wonach alle Menschen trachten, sagt Aristoteles, ist Wohlgefühl; und vielleicht ist hievon der Gegenstand nicht, was sie dafür halten oder ausgeben, sondern eines und dasselbe: denn Alles hat von Natur etwas Göttliches an sich *).

Wohlan! dieses Eine, wofern es ein solches giebt; dieses Eine, welches allen Menschen als der Güter höchstes vorschwebt, und wonach, zum Theil ihnen selber unbewußt, ihr Leben ein immerwährendes Wandeln ist, worin wird es muthmaßlich bestehen? In nichts anderem, wie es scheint, als in der beglückenden Kraft derjenigen innerlichen Eintracht, welche sich in dem Maaße bildet, als man lernt zu denken, um danach handeln zu können, als man lernt zu handeln, wie man denkt, als man lernt, sich gehörig zu freuen und gehörig zu betrüben.

Um denken zu lernen, daß man danach handeln könne, bedarf man über des Menschen, als eines sinnlich vernünftig geselligen Wesens allge. meine Bestimmung, und über die eigene insonderheit, deutlicher und zusammenhängender Begriffe; um zu handeln wie man denkt, bedarf man gereinigter Leidenschaften und einer wohlgeordneten Empfindungsweise, dergleichen fleißige Betrachtung des wahrhaft Schönen mittheilt; um sich gehörig zu freuen und gehörig zu betrüben, bedarf man von dem Schick. fale, und von der Gewalt, welche die Natur über uns ausübt, besonders durch den Tod, dem sie uns unterworfen hat, beruhigender Auffassungen,

*) Ethik VII, 13, § 6. nach Michelet's Ausgabe.

welche im Glücke zur Maßhaltung und Besonnenheit stimmen; und bei dem, was uns Widriges bevorsteht oder begegnet, die Seele muthig und standhaft machen.

Aus dem Gesagten scheint zu folgen, daß die Gesamintwissenschaft des Namens der Weisheit desto würdiger werde, je mehr sie sich angelegen sein läßt, durch befriedigende Aufschlüsse über die berührten Ge. genstände dem Menschen hülfreich zu werden, zur Erlangung des höch sten Gutes. Vorzugsweise möchte dieses nachzurühmen sein, zuerst gründlicher Erforschung der verschiedenen Quellen, Arten und Grade der Ueberzeugung; dann der Metaphysik der Sitten und des Schönen nebst ihren angewandten Theilen, wie auch der Metaphysik der Natur nebst demjenigen ihrer angewandten Theile, den man unter dem Namen der Menschenkunde zu begreifen pflegt.

Was die Wissenschaften der Größenlehre betrifft, der reinen wie der angewandten, so stehen diese zwar mit der höchsten der menschlichen Angelegenheiten nicht in unmittelbarer Beziehung, dürfen gleichwohl völlig fremd selbst dem nicht bleiben, der seine Forschungen einzig auf das beschränken will, was zu seinem Frieden dienet. Zu thun nämlich haben jene mit Dingen und Kräften, welche, wie die Schrift meldet, Gott der Herr geordnet hat, nach Zahl, Gewicht und Maaße. Sofern nun ihre Aufgabe darin besteht, was der oberste Werkmeister vorgezählt hat, nur nachzuzählen; was er vorgemessen hat, nachzumessen; was er vorgewäget hat, nachzuwägen; und sofern sie hiebei unterstüßt werden durch Auge, Ohr und Hand: vermögen sie eine Gewißheit der Erkennt niß zu erreichen, die nicht nur jeden Zweifel ausschließt, sondern auch in Ansehung der Zuverlässigkeit keines Zuwachses fähig ist. Abgesehen daher von allem Andern, sind sie für den Denker schon aus dem einen Grunde von unschäßbarem Werthe, daß sie ihm Erfahrung davon geben, wie einer Seele zu Muthe ist, die etwas Wesenhaftes in ungemischter Lauterkeit und reiner Ungetrübtheit anschaut. Außerhalb des Gebietes der Zahlen und Figuren wird der Seele dieses Vergnügen nicht zu Theil.

Der Erste, welcher die große Entdeckung machte von der Untüchtigkeit des Menschen, in den für ihn wichtigsten Dingen zur vollständigen Erkenntniß zu gelangen, war, wie es scheint, Pythagoras, derselbe, welcher den Namen eines Weisen, der ihm nach dem Sprachgebrauche seiner Zeit zukam, bescheiden ablehnte, und den Namen Sophia, womit man damals die Gesammtwissenschaft bezeichnete, in den Namen Philosophia verwandelte; wahrscheinlich um anzuzeigen, die dem Menschen erreichbare Weisheit bestehe nicht in der Erkenntniß der Wahrheit, sondern

in dem Streben danach; und sie habe ihren Siß nicht sowohl im Verstande als vielmehr in der Gesinnung.

Noch einen Schritt weiter ging Sokrates: denn getrieben von gött. licher Begeisterung weihte er sein ganzes Leben dem einen Geschäfte, so weit seiner Worte Macht reichte, die Ueberzeugung zu verbreiten, daß in den wichtigsten Dingen der Mensch durch eigene Kraft nur vermöge, sich von dem Jrrthum zu befreien; und daß er als der Uebel größtes nicht die Unwissenheit zu fliehen habe, sondern die Scheinweisheit, die falsche Einbildung nämlich, zu wissen, was er nicht weiß.

Unabläßlich strebe, dich zu enttäuschen, und sei versichert, daß dir dann über das wahrhaft Wissenswürdige das Licht des Verständnisses von selbst aufgehn werde. Sehet da die Summa seiner Philosophie.

Seiner Philosophie? Was ist Philosophie, wenn sie wem eignet? Den bisherigen Erörterungen zu Folge, giebt es auf die Frage, was Philosophie sei, eine zwiefache Antwort.

Ein aus dem Verlangen nach dem höchsten Gute entsprungenes und in Ansehung der Gegenstände und ihrer Behandlung geleitetes und beseeltes wissenschaftliches und gewissenhaftes Streben das ist Philo. sophie, sofern das Wort eine Gesinnung bezeichnet.

Die Gesammtheit von Ueberzeugungen über göttliche und menschliche Dinge, die ein solches wissenschaftliches und gewissenhaftes Streben dauernd in der Seele gründet das ist Philosophie, sofern man darunter einen Inbegriff von Lehren versteht.

-

In Ansehung jener Ueberzeugungen ist unter mehreren gleich fähigen, gleich fleißigen, gleich redlichen Forschern eine vollkommene Lebereinstim mung wohl nie vorhanden gewesen. Was sage ich: sie ist unter mehreren nie vorhanden gewesen? ich sollte sagen: nicht einmal unter zweien ist sie auch nur denkbar.

Weit entfernt aber, daß hieraus der Philosophie ein Vorwurf er wachse, gereicht es ihr vielmehr zum Lobe: denn es rührt jener Mangel an Uebereinstimmung allein daher, daß nicht nur der höchste Gegenstand der Philosophie, sondern auch jeder untergeordnete etwas Unendliches ist, welches sich jedem Betrachter von einer besondern Seite zeigt, und in einem eigenen Lichte. Gleichwohl ist die Uneinigkeit der Philosophen weniger groß, als sie beim ersten Anblicke scheint.

Stellt man nämlich als Geistesverwandte diejenigen zusammen, zwischen deren Behauptungen die Aehnlichkeit größer ist als die Verschiedenheit: so findet man, daß es deren nicht mehr und nicht weniger als drei Geschlechter giebt.

Das eine derselben begreift die, welche den körperlichen Urstoff, den Inbegriff mechanischer Kräfte, die durch Druck und Stoß wirken, als das

Ursprüngliche und einzig Wesenhafte erkennen, aus welchem sich, sei es durch Nothwendigkeit, sei es durch Zufall, nach und nach erst die chemischen, dann die organischen, endlich die denkenden und wollenden Kräfte hervorgearbeitet haben, so daß alles Lebens und Bewußtseins Urquell als etwas Todtes und Gedankenloses erscheint.

Das andre begreift die, welche das Körperliche und Geistige für gleich wesenhaft halten, weder jenes aus diesem ableiten, noch dieses aus jenem; sondern beide als Bestandtheile der Ürkraft ansehen, welche die Welt hervorgebracht hat und fortwährend hervorbringt, nach Geseßen wirkend, die sie selber nicht kennt: so daß in dem unendlichen Raum und in der unendlichen Zeit das Bewußtsein dessen, was war, was ist, und was sein wird, nur theilweise und zerstreut angetroffen wird, nirgendwo aber sich sammelt.

Das dritte begreift die, welche das Wesenhafte einzig in dem Geistigen erkennend, und diesem das Körperliche unterwerfend, als der Weltordnung Urheber an die Spiße der Dinge ein mit Bewußtsein und Persönlichkeit begabtes Urwesen seßen, von welchem die menschlichen Seelen, und alle denkende und wollende Geschöpfe Ausflüsse seien, so daß ihre Gesammtheit einen Abglanz der Gottheit bilde, von welcher jedes einzelne immer mehr in sich aufzunehmen, und außer sich darzustellen bestrebt sein solle.

Diese leßtgenannten verehren als ihrer Fürsten einen den Platon. Immer gehe bei deinen Untersuchungen von dem Gedanken aus, der dir der stärkste zu sein scheint; was mit diesem stimmt, seße als wahr, was nicht, als falsch — so läßt sich der höchste Grundsaß seiner Philosophie ausdrücken.

Ihm war nichts einleuchtender als dieses, daß die Seele vortrefflicher ist als der Leib, und daß eine selbstthätige Kraft sich in uns regt, welche alle Verwandtschaft mit dem Staube verschmäht. Zeugniß hievon gab ihm, wie es scheint, bereits in früher Jugend etwas, wovon freilich wohl nur sehr wenige Menschen die Erfahrung haben, alle aber wenig. stens in gewissen Augenblicken ihres Lebens die Ahnung, das Gefühl nämlich einer reinen und uneigennüßigen Liebe, die zwei befreundete Seelen zu einander hinzieht, nicht vergänglichen Gewinnes wegen, son dern nur, um ihr Dasein zu ergänzen, und geleitet einzig durch die Idee des höchsten Schönen. Gemeint ist hier jene Liebe, welche ent steht, wenn, um mit den Worten eines unserer großen Dichter zu reden: Wenn zwo bessere Seelen nun

Ganz, das erste Mal ganz fühlen, wie sehr sie sind! *)

*) Klopstoc's Ode an Tidli.

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