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denn er sollte ein friedliches sanftmüthiges Geschöpf seyn; zum Menschen. fressen ist er nicht gebildet.

Welche Tiefen von Kunstgefühl liegen in einem jeden Menschensinn verborgen, die hie und da meistens nur Noth, Mangel, Krankheit, das Fehlen eines andern Sinnes, Mißgeburt oder ein Zufall entdecket, und die uns ahnen lassen, was für andre für diese Welt unaufgeschlossene Sinne in uns liegen mögen. Wenn einige Blinde das Gefühl, das Gehör, die zählende Vernunft, das Gedächtniß bis zu einem Grad er heben konnten, der Menschen von gewöhnlichen Sinnen fabelhaft dünket, so mögen unentdeckte Welten der Mannigfaltigkeit und Feinheit auch in andern Sinnen ruhen, die wir in unsrer vielorganisirten Maschine nur nicht entwickeln. Das Auge, das Ohr! zu welchen Feinheiten ist der Mensch schon durch sie gelangt, und wird in einem höhern Zustande gewiß weiter gelangen, da, wie Berkeley sagt, das Licht eine Sprache Gottes ist, die unser feinster Sinn in tausend Gestalten und Farben unablässig nur buchstabiret. Der Wohllaut, den das menschliche Ohr empfindet, und den die Kunst nur entwickelt, ist die feinste Meßkunst, die die Seele durch den Sinn dunkel ausübet; so wie sie durch's Auge, indem der Lichtstrahl auf ihm spielet, die feinste Geometrie beweiset. Unendlich werden wir uns wundern, wenn wir, in unserm Dasein einen Schritt weiter, alle das mit klarem Blick sehen, was wir in unsrer viel organisirten göttlichen Maschine mit Sinnen und Kräften dunkel übten, und in welchem sich, seiner Organisation gemäß, das Thier schon vor. zuüben scheinet.

Indessen wären alle diese Kunstwerkzeuge, Gehirn, Sinne und Hand auch in der aufrechten Gestalt unwirksam geblieben, wenn uns der Schöpfer nicht eine Triebfeder gegeben hätte, die sie alle in Bewegung sezte: es war das göttliche Geschenk der Rede. Nur durch die Rede wird die schlummernde Vernunft erweckt; oder vielmehr, die nackte Fähigkeit, die durch sich selbst ewig todt geblieben wäre, wird durch die Sprache lebendige Kraft und Wirkung. Nur durch die Rede wird Auge und Ohr, ja das Gefühl aller Sinne eins, und vereinigt sich durch sie zum schaffenden Gedanken, dem das Kunstwerk der Hände und andrer Glieder nur gehorchet. Das Beispiel der Taub- und Stummgebornen zeigt, wie wenig der Mensch auch mitten unter Menschen ohne Sprache zu Ideen der Vernunft gelange, und in welcher thierischen Wildheit alle feine Triebe bleiben. Er ahmt nach, was sein Auge sieht, Gutes und Böses; und er ahmt es schlechter als der Affe nach, weil das innere Kriterium der Unterscheidung, ja selbst die Sympathie mit seinem Ge schlecht ihm fehlet. Man hat Beispiele, daß ein Taub- und Stumin. geborner seinen Bruder mordete, da er ein Schwein morden sah, und

wühlte, blos der Nachahmung wegen, mit kalter Freude in den Einge. weiden desselben - schrecklicher Beweis, wie wenig die gepriesene mensch. liche Vernunft und das Gefühl unserer Gattung durch sich selbst vermöge! Man kann und muß also die feinen Sprachwerkzeuge als das Steuerruder unsrer Vernunft, und die Rede als den Himmelsfunken ansehen, der unsre Sinne und Gedanken allmälig in Flammen brachte.

Bei den Thieren sehen wir Voranstalten zur Rede; und die Natur arbeitet auch hier von unten herauf, um diese Kunst endlich im Menschen zu vollenden. Zum Werke des Athemholens wird die ganze Brust mit ihren Knochen, Bändern und Muskeln, das Zwerchfell und sogar Theile des Unterleibes, des Nackens, des Halses und der Oberarme er. fordert. Zu diesem großen Werk also bauete die Natur die ganze Säule der Rückenwirbel mit ihren Bändern und Ribben, Muskeln und Adern: fie gab den Theilen der Brust die Festigkeit und Beweglichkeit, die zu ihm gehören, und ging von den niedrigen Geschöpfen immer höher, eine vollkommenere Lunge und Luftröhre zu bilden. Begierig zieht das neugeborne Thier den ersten Athemzug in sich, ja es drängt sich nach demselben, als ob es ihn nicht erwarten könnte. Wunderbar viele Theile sind zu diesem Werk geschaffen: denn fast alle Theile des Körpers haben zu ihrem wirksamen Gedeihen Luft nöthig. Indessen, so sehr sich alles nach diesem lebendigen Gottesathem drängt, so hat nicht jedes Geschöpf Stimme und Sprache, die am Ende durch kleine Werkzeuge, den Kopf der Luftröhre, einige Knorpel und Muskeln, endlich durch das einfache Glied der Zunge befördert werden. In der schlichtesten Gestalt er. scheint diese Tausendkünstlerin aller göttlichen Gedanken und Worte, die mit ein wenig Luft durch eine enge Spalte nicht nur das ganze Reich der Ideen des Menschen in Bewegung gefeßt, sondern auch alles aus. gerichtet hat, was Menschen auf der Erde gethan haben. Unendlich schön ist's, den Stufengang zu bemerken, auf dem die Natur vom stummen Fisch, Wurm und Insekt das Geschöpf allmälig zum Schall und zur Stimme hinauf fördert. Der Vogel freuet sich seines Gesanges, als des künstlichsten Geschäfts und zugleich des herrlichsten Vorzugs, den ihm der Schöpfer gegeben; das Thier, das Stimme hat, ruft sie zu Hülfe, sobald es Neigungen fühlet, und der innere Zustand seines Wesens freudig oder leidend hinaus will. Es gestikulirt wenig; und nur die Thiere sprechen durch Zeichen, denen vergleichungsweise der leben. dige Laut versagt ist. Die Zunge einiger ist schon gemacht, menschliche Worte nachsprechen zu können, deren Einn sie doch nicht begreifen: die Organisation von außen, insonderheit unter der Zucht des Menschen, eilt dem innern Vermögen gleichsam voraus. Hier aber schloß sich die Thür, und dem menschenähnlichsten Affen ist die Rede durch eigne Sei.

tensäcke, die die Natur an seine Luftröhre hing, gleichsam absichtlich und gewaltsam versagt.

Warum that dies der Vater der menschlichen Rede? Warum wollte er das Geschöpf, das alles nachahmt, gerade dies Kriterium der Mensch. heit nicht nachahmen lassen, und versperrte ihm dazu durch eigne Hin dernisse den Weg unerbittlich? Man gehe in die Häuser der Wahnsin. nigen und höre ihr Geschwät, man höre die Rede mancher Mißgebornen und äußerst Einfältigen: und man wird sich selbst die Ursache sagen. Wie wehe thut uns ihre Sprache und das entweihte Geschenk der menschlichen Rede! Und wie entweiheter würde sie im Munde des lüsternen, groben, thierischen Affen werden, wenn er menschliche Worte, wie ich nicht zweifle, mit halber Menschenvernunft, nachäffen könnte! - Ein abscheuliches Gewebe menschenähnlicher Töne und Affengedanken nein, die göttliche Rede sollte dazu nicht erniedrigt werden, und der Affe ward stumm, stummer als andre Thiere, wo ein jedes, bis zum Frosche und zur Eidere hinunter, seinen eignen Schall hat.

Aber den Menschen baute die Natur zur Sprache; auch zu ihr ist er aufgerichtet und an eine emporstrebende Säule seine Brust gewölbet. Menschen, die unter die Thiere geriethen, verloren nicht nur die Rede selbst, sondern zum Theil auch die Fähigkeit zu derselben; ein offenbares Kennzeichen, daß ihre Kehle mißgebildet worden, und daß nur im auf. rechten Gange wahre menschliche Sprache Statt findet. Denn obgleich mehrere Thiere menschenähnliche Sprachorgane haben, so ist doch, auch in der Nachahmung, keines derselben des fortgehenden Stromes der Rede aus unsrer erhabnen, freien, menschlichen Brust, aus unserm en geren und künstlich verschlossenen Munde fähig. Hingegen der Mensch kann nicht nur alle Schälle und Töne derselben nachahmen, und ist, wie Monboddo sagt, der Mockbird unter den Geschöpfen der Erde; son dern ein Gott hat ihn auch die Kunst gelehrt, Ideen in Töne zu prägen, Gestalten durch Laute zu bezeichnen und die Erde zu beherrschen durch das Wort seines Mundes. Von der Sprache also fängt seine Vernunft und Kultur an; denn nur durch sie beherrschet er auch sich selbst und wird des Nachsinnens und Wählens, dazu er durch seine Or ganisation nur fähig war, mächtig. Höhere Geschöpfe mögen und müssen es seyn, deren Vernunft durch das Auge erwacht, weil ihnen ein gesehenes Merkmal schon genug ist, Ideen zu bilden und sie unterscheidend zu firiren; der Mensch der Erde ist noch ein Zögling des Ohrs, durch welches er die Sprache des Lichts allmälig erst verstehen lernet. Der Unterschied der Dinge muß ihm durch Beihülfe eines andern erst in die Seele gerufen werden, da er dann, vielleicht zuerst athmend und keuchend, dann schallend und sangbar seine Gedanken mittheilen lernte.

Ausdrückend ist also der Name der Morgenländer, mit dem sie die Thiere die Stummen der Erde nennen; nur mit der Organisation zur Rede empfing der Mensch den Athem der Gottheit, den Samen zur Vernunft und ewigen Bervollkommnung, einen Nachhall jener schaffenden Stimme zu Beherrschung der Erde, kurz die göttliche Ideenkunst, die Mut. ter aller Künste.

Johann Gottfried von Herder.

Kraft und Segen des geistlichen Liedes.

(Von dem geistlichen Liede, besonders den ältern Kirchenliedern. Von dem Verfasser von Wahl und Führung. Heidelberg. 1824.)

Man hat oft und viel die erheiternde und besänftigende, reini gende und erweckende, erhebende und begeisternde Kraft des Liedes ge priesen, und es kann in der That zu viel nicht hiervon gesagt werden. Wie in den Klängen und Tacten einer bessern Welt dringt die harmo. nische Stimme der heiligen Dichtung zu der bewegten Seele. Frühe in der Jugend, vielleicht als die erste fromme Gabe unserer Erzieher, neh. men wir das geistliche Lied in unser Gedächtniß auf, und es klingt nun durch unser ganzes Leben bei den vielfältigsten und verschiedenartigsten Anlässen in uns wieder, und die Töne des Liedes sind vielleicht der lette Hall, in dem scheidend der befreite Geist sich von seinen Banden los. sagt. Das von der Gnade und allen den Segnungen seines Gottes erfüllte Gemüth stimmt ihm einen Lobgesang an. Der stille Betrachter, der sich ergriffen fühlt von den Wundern der Schöpfung und allen den Wundern seiner eigenen Führung, findet in dem Liede den Ausdruck dessen, was ihn innerlich bewegt. In dem Bußgefange flehet der Sünder die ewige Er barmung an; auf den Flügeln des Liedes hebt der Geist des Betenden sich mächtiger empor, und lindernd und beschwichtigend wehen die Wohl laute des Liedes in das von den Kämpfen des Daseins zerrissene Herz. Der einsame Fromme singt in seiner verschlossenen Kammer; der Hausvater vereint seine Stimme mit denen der Mutter und der Kinder, und es sind das die seligsten und reinigendsten Stunden des Hauses, die durch andachtvollen Gesang geheiligt werden; das hohe Gewölbe des Gotteshauses hallt wieder von dem Gefange der versammelten Gemeinde, der, von den Tönen der Orgel empor getragen, zu der noch höheren Wölbung des Himmels hinaufsteigt. Dem Wanderer ist sein frommes Lied ein freundlicher Begleiter; wenn er in dem Morgenstrahle durch das hellbeleuchtete Land schreitet und sein ganzes Herz und Gemüth sich

aufthut, wie die Blume, die sich dem jungen Tage öffnet, oder er in das Abendroth schaut und in aller Gluth die Sehnsucht nach der lieben Heimath in ihm heraufquillt: da singt er sein Lied und empfiehlt dem Lenker seiner Bahn die fernen Geliebten, die jest mit der gleichen In nigkeit seiner gedenken, wie er singend für sie betet. Wir lesen von schwer Versuchten, in denen mit einem Male der Klang des Liedes laut wurde, und, wie ein Bote aus der Höhe, die Lockung von ihnen scheuchte; von gefahrvoll Umdräueten, wie sie in der Noth ihrer Herzen ein frommes Lied laut zu singen begannen, und in dem entschei denden Augenblicke den wankenden Muth und die volle Ruhe zu han. deln wieder gewannen. Unter dem begeisternden Rufe des Gesanges find oft schon Christliche Streiter in die Schlacht und in den Tod gegangen; und selbst zwischen Nacht und Grauen läßt sich in unterirdischer Höhle die Stimme des Gefangenen vernehmen, und er fühlt nicht die Last der Fesseln, welche seine Glieder beschweren, indessen der nicht zu fesselnde Geist, in den Wogen des Liedes hinanschwebend, seiner ewigen Freiheit sich bewußt ist. Und wie oft nicht hat man uns alle, die wir, außer so manchen Banden, welche uns umengen, selbst mit den drückendsten Fesseln uns beladen, mit Gefangenen verglichen, und wo sich, in der Enge des Daseins, die Sehnsucht am heißesten in uns entzündet, wo unser ganzes Wesen nach Freiheit und Erlösung ringt, wo wir das Wort suchen für das tief Empfundene, den Laut für das Unaussprech liche; was kann da allein uns helfen, als das heilige, innige, fromme Lied mit seinen Flügeln und seinem Wohllaute?

Dies ist des Liedes Kraft und Segen.

H. F. Wilhelmi.

Luther.

(Martin Luther's Leben. Von Gustav Pfizer. Stuttgart. 1836.)

Luther ist eine Erscheinung in der Geschichte, der keine andere ähn liche kann an die Seite gesezt werden. Im Alterthum darf ohnehin kein Gegenbild zu ihm gesucht werden; solche geistige Kämpfe, wie der von ihm durchgefochtene, sind der Vorbehalt der neuen Zeit; aber auch keine andere Nation der neueren Zeit hat Seinesgleichen aufzuweisen und Deutschland selbst hat keinen Zweiten. Wahr ist es: gelehrte, fromme, bis zum Tod muthige Männer, durchdrungen von der Einsicht dessen was noth thue, gab es auch außer, vor und nach ihm Manche; aber Keiner war dies Alles zusammen in dem Grabe wie Luther, oder

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