ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

aber die häßliche Gestalt vergessen macht, das bleibt ihm unbekannt. Will man sagen, daß ihn der Anblick der Schönheit dafür entschädigt? Mir scheint es nicht so. Und sieht nicht auch der Blinde die Schönheit mit seinem innern Auge, während er zugleich den sie beseelenden Geist genießt, den der unglückliche Taube höchstens nur ahnet, ohne ihn je mit sicherm Erfolge aus der Gestalt herauszudeuten.

Indessen pflegen Menschen, denen ihre Bedürfnisse und Geschäfte weder Zeit noch Hang zu freier Mittheilung übrig lassen; Gelehrte, die das Leben aufopfern, um nach dem Tode ein metaphorisches Leben zu führen; alle die, welche die Erde nur als einen Marktplag, und die Menschen als Käufer und Handelsleute betrachten; endlich auch alle an Geist und Herzen verwahrlos'ten Menschen, alle diese pflegen die Taubheit mit Resignation zu ertragen. Für sie wäre die Blindheit allerdings ein weit größeres Uebel; und durch die Taubheit verlieren sie wenig. Zahlen und Wörter finden sie auch in ihren Büchern wieder.

Und so darf man sich nicht eben wundern, daß sogar die Taubheit ihre Lobredner gefunden hat. Zwar was hat man nicht Alles gelobt? Ein Mann, der selbst nichts weniger als ein Narr war, pries die Narr heit, so wie der reiche Lehrer Nero's die Armuth pries. Es hat aber einen Lobredner der Taubheit gegeben, der, selbst taub, sein Gebrechen einem ebenfalls tauben Freunde rühmt. Beide waren Poeten; beide standen bei ihren Zeitgenossen in großem Ansehn; beide endlich waren Sterne des poetischen Siebengestirns, das im sechzehnten Jahrhundert an dem Hofe Franz des Ersten und seiner Nachfolger glänzte, aber wie jenes alerandrinische Siebengestirn von dem Nebel der Zeit bedeckt und fast gänzlich erloschen ist. Joachim dü Bellay schrieb ein Lob der Taubheit in ziemlich guten Versen, und legte ihr unter Anderm das Verdienst bei, seinen Freund Ronsard zu einem großen Manne gemacht zu haben. Er würde der Wahrheit näher gekommen seyn, wenn er gesagt hätte, daß die Taubheit seinem Freunde die Rauhheit seiner Verse versteckt habe; aber freilich ist dieses ein Glück, das manche Dichter bei einem übrigens vollkommen gesunden Gehöre genießen sollen.

Friedrich Jacobs.

Geschwindigkeit.

(Vermischte Schriften von Friedrich Theodor Schubert. Bd. 2. Stuttg. u. Tübing. 1823.)

Nichts ist groß, nichts ist klein, für sich betrachtet: alles beruht auf Verhältnissen und auf dem Zweck, zu dem eine Sache bestimmt ist.

Etwas kann sehr klein und doch zu groß, sehr groß und doch zu klein seyn, nach den verschiedenen Absichten, zu denen es angewandt werden foll. Für den Wallfisch ist der Ozean ein nicht zu großer Tummelplaß, und Millionen Thierchen finden in einem Wassertropfen Raum genug. Von dem größesten der Thiere bis zu dem Ei oder den Aederchen des kleinsten Insektes, welcher Abstand! Und wie verschwindet wieder alle Größe und Herrlichkeit unserer Erde, ja unser Erdball selbst, gegen das Weltall! Diese Bemerkungen sind so oft gemacht, daß sie, unerachtet ihres erhabenen Sinnes, wenig Eindruck mehr machen; und doch muß man einen von Eigendünkel verblendeten, oder einen sehr beschränkten Geist haben, um bei einem Blick auf die Natur nicht innig vom Gefühl der Demuth durchdrungen zu werden.

[ocr errors]

Eben diese Betrachtungen lassen sich auch über das anstellen, was wir geschwind und langsam nennen. Hier findet nicht weniger Mannigfaltigkeit Statt, und sie ist noch unbegreiflicher. Der Verstand schaudert, wenn er sich den ewigen Wirbel denkt, in dem sich die ganze Natur dreht; die unzähligen Bewegungen, die ununterbrochen fortdauern, vom Umlaufe der Säfte im Innern jedes Thiers und jedes Baumes bis zum Umlaufe der Millionen Weltkörper, die das Firmament an: füllen, wie Tropfen das Weltmeer, und unter denen es vielleicht nicht zwei giebt, die einander gleich sind. Eine Vergleichung der Bewegungen, die auf unserer Erde vorgehen, sowohl unter einander als mit den Bes wegungen am Himmel, kann daher nicht ohne Interesse seyn.

Die Bewegung des kleinsten, nur durch Mikroskope sichtbaren frie chenden Thierchens ist bei weitem nicht die langsamste, die wir kennen: fie ist ohne Vergleich schneller als der Wachsthum eben dieses Thieres, als selbst der Wachsthum eines Kindes oder eines Baumes, der nicht plöslich geschichet, sondern durch eine fortdauernde Bewegung, die eben so wenig unterbrochen wird, eben so wenig Ruhepunkte hat, als der Blisstrahl. Das Kriechen der Milbe ist vielleicht, im Verhältniß zur Größe dieses Thierchens, schneller als das Rennen eines Pferdes, und wir würden daher ihre Bewegung mit Ünrecht langsam nennen. Allein es giebt Thiere, die selbst im Verhältniß ihres Körpers eine so langsame Bewegung haben, daß sie mit Recht den Namen verdienen, den die französischen Naturkundigen ihnen gegeben haben (Tardigrades) *), wenn gleich der deutsche Name (Faulthiere) ihnen Unrecht thun sollte, da ihnen, allem Anschein nach, selbst diese langsame Bewegung sehr große Anstrengung kostet. Unter diesen Thieren, die dem südlichen Amerika eigen sind, ist das langsamste das von dem Laute, den es von sich giebt,

*) Langsam Gehende.

sogenannte Ai*), welches eine wahre Nüance zwischen den vierfüßigen und den kriechenden Thieren zu seyn scheint. Seine Bewegung ist so langsam, daß sie noch bis jezt die Geduld aller Naturforscher, die fie genau messen wollten, ermüdet hat: es würde bei ununterbrochener Bewegung höchstens funfzig Schritt in 24 Stunden, und eine Meile in fünf Monaten machen; allein es unterbricht diese Bewegung so oft, und ruhet sich so lange aus, daß es sich vielleicht in sechs oder sieben Jahren nur um eine Meile fortbewegt. Da seine Nahrung in Blättern besteht, so ist es zwar gezwungen, auf die Bäume zu klettern oder viel mehr zu kriechen; aber welche Leberwindung kostet dieß! Es braucht zwei Tage, um den Baum zu ersteigen, verläßt ihn nicht eher, als bis das lezte Blatt abgenagt ist, hungert nun mehrere Tage, ehe es sich entschließt herabzufallen, und wird dann nur nach einigen Wochen durch den allmächtigen Hunger gezwungen, einen neuen Entschluß zur Bewe gung zu fassen.

Welcher Abstand zwischen dieser Bewegung, die zwei Minuten ge. braucht, um die Breite eines Fingers fortzurücken, und der Schnelligkeit eines englischen Wettrenners, der funfzig Pariser Fuß in einer Sekunde durchläuft, oder dem Fluge der schnellsten Vögel, als: Adler, Schwalben u. f. w., die 75 Fuß in einer Sekunde, also zwölf Meilen **) in einer Stunde durchfliegen, und dabei selten ruhen! Unsere Schwalben können daher, wenn sie im Herbste Deutschland verlassen, am folgenden Tage in Afrika seyn. Von dem schnellen und ausdauernden Fluge der Falken giebt es mehrere bekannte Beispiele. Ein Falle Heinrichs II., der sich auf der Jagd zu Fontainebleau verloren hatte, ward am fol genden Tage in Malta (in einer Entfernung von 230 Meilen) gefangen, und an seinem Halsbande erkannt. Ein Falke aus den Kanarischen Inseln, der dem Herzog von Lerma geschickt war, flog zurück aus Spanien nach Teneriffa, und machte diese 150 Meilen in sechszehn Stun den. Auch die Fische, besonders die Raubfische, haben eine sehr

*) Das Ai lebt nur auf Bäumen, klettert von einem zum andern, und schläft foger an den Aesten hangend. Seine Langsamkeit ist keinesweges so groß als man gewöhnlich angiebt, doch kann es sich, dem Bau seines Körpers nach, auf platter Erde nur sehr mühsam fortbewegen. Wie geschickt und rüstig es indeß zum Klettern ist, beweist Folgendes: Ein Faulthier fletterte in 25 Minuten auf den 100 Fuß hohen Hauptmast eines Schiffes und gelangte, indem es auf den Segelstangen von einem Maste zum andern überging, innerhalb zweier Stunden auf die Spizen aller Masten. (S. Schinz Naturgeschichte und Abbildungen der Säugethiere S. 220 und in der Uebersesung von Cuvier).

**) Eine geographische Meile beträgt 22,872 Pariser Fuß.

schnelle Bewegung. Der Hay (Requin) folgt dem schnellsten Schiffe aus Europa nach Indien, und schwimmt dabei unaufhörlich um das Schiff herum, so daß er die Reise in der Zeit vielleicht dreimal macht. Die Lachse schwimmen 24 Fuß in einer Sekunde, und sind, wie alle Fische, fast in beständiger Bewegung, so daß sie eine Reise um die Welt in zwei Monaten machen. Unter den Insekten haben die Flöhe vielleicht die schnellste Bewegung, die aber sehr unterbrochen ist. Diese Thierchen machen in einem Augenblick Sprünge, gegen welche der Sprung eines Hirsches verhältnißmäßig nichts ist, nämlich zu einer Höhe, welche die Größe ihres Körpers dreißigmal übertrifft.

Die Geschwindigkeit des Windes, die sogar zum Sprichwort ge worden ist, ist weit geringer als man gewöhnlich glaubt. Die beständigen Winde, wie der immer fortwehende Ostwind in der heißen Zone (vents alizés, trade-winds), durchlaufen nur zehn bis funfzehn Fuß in einer Sekunde. Die veränderlichen Winde sind schneller, aber Winde, die vierzig bis sechszig Fuß in einer Sekunde machen, also dem schnellsten Pferde gleich kommen, heißen schon Stürme. Der heftigste Orkan, den Die man bisher beobachtet hat, machte 123 Fuß in einer Sekunde. Schiffe erreichen höchstens die halbe Geschwindigkeit des Windes, der fie treibt: denn die größte bisher bemerkte Schnelligkeit eines segelnden Schiffes ist von 26 Fuß in einer Sekunde.

[ocr errors]

Der Schall ist zwar auch eine Bewegung der Luft, aber nicht fortschreitend und nach einer Seite, wie die des Windes, sondern wellen. förmig nach allen Seiten, wie die Bewegung des Wassers, wenn ein Stein hineingeworfen wird. Der Schall geht daher ohne Vergleich schneller als der Wind, nämlich 1038 Fuß in einer Sekunde, oder eine Meile in 22 Sekunden; und es ist merkwürdig, daß ein schwacher Laut sich eben so schnell (wiewohl nicht so weit) fortpflanzt als ein starker; daß diese Bewegung in ihrer ganzen Dauer und nach allen Seiten mit gleicher Geschwindigkeit geschieht, so daß z. B. die Gegend vor der Mündung einer abgefeuerten Kanone hierin keinen Vorzug hat; daß die Zeit des Tages oder der Nacht, die Wärme oder Kälte darin nichts ändert: nur der Wind vermehrt oder vermindert die Geschwindigkeit des Schalles. Uebrigens ist es schwer, die Gränzen zu bestimmen, wie weit der Schall sich fortpflanzt. Man hat Beispiele, daß besonders über das Wasser der Kanonendonner in einer Entfernung von 21 Mei. len gehört ist.

Unter den künstlichen Bewegungen ist vielleicht die schnellste, sicher die verderblichste diejenige, die wir durch die Entzündung des Pulvers hervorbringen. Die ursprüngliche Geschwindigkeit, die der Kugel dadurch mitgetheilt wird, und womit sie aus der Mündung des Geschüßes heraus

stürzt,

stürzt, ist nach der Länge, Weite und Bauart des Geschüßes verschieden, und geht mit halber Ladung bei den Kanonen von 1500 bis 1700 Fuß, bei den Flinten von 1300 bis 1400 Fuß in einer Sekunde: stärkere Ladung vermehrt die Geschwindigkeit nicht beträchtlich. Man muß sich aber nicht vorstellen, daß die Kugel wirklich so viel in jeder Sekunde durchlaufe. Der Widerstand der Luft vermindert ihre Geschwindigkeit so sehr, daß sie kaum die Hälfte davon wirklich durchläuft: daher auch die Messungen dieser Geschwindigkeit äußerst unsicher sind.

Die Bewegungen der Himmelskörper sind nach eben dem Maßstabe größer, als der Schauplas, auf dem sie verrichtet werden. Die Bewegung der ganzen Erde um ihre Are ist schneller, als die meisten Bewegungen, die auf der Erde selbst vorgehen; die Bewegung der Erde um die Sonne ist ohne Vergleich schneller; und von dieser zur Geschwindigkeit des Lichtes, das den ganzen Weltraum durchkreuzt, ist der Abstand ungeheuer. — Vermöge der täglichen Bewegung durchläuft ein Punkt unter der Linie 1431 Fuß in einer Sekunde, oder ungefähr den sechszehnten Theil einer Meile. Nach den Polen hin wird diese Bewegung langsamer, und Petersburg und Stockholm durchlaufen nur die Hälfte oder 716 Fuß, welches der Geschwindigkeit des Schalles bei weitem nicht gleich kommt. Auf dem Jupiter beschreibt ein Punkt im Aequator, durch die Umdrehung, beinahe anderthalb Meilen in einer Sekunde. Die jährliche Bewegung um die Sonne reißt die Erde in einer Sekunde durch vier Meilen, genauer 92,166 Fuß, welches sechszig. mal so schnell ist als eine Kanonenkugel. Im Anfange des Sommers durchläuft die Erde in einer Sekunde 3300 Fuß weniger, als im Anfange des Winters. Merkur burchläuft in einer Sekunde beinahe sieben Meilen, Venus fünf Meilen, Mars über drei Meilen, Jupiter beinahe zwei Meilen, Saturn vier Drittheile einer Meile, Uranus eine Meile, und unser Mond nur den siebenten Theil einer Meile.

Unter allen Bewegungen, die wir kennen, ist die schnellste die des Lichtes. Es ist merkwürdig, daß alle Bewegungen, die den Himmel zum Spielraume haben, und daher ein Gegenstand der Sternkunde sind, durch den Fleiß und Scharfsinn der Astronomen mit mathematischer Genauigkeit bekannt sind; da hingegen die uns weit näher liegenden fublunarischen Bewegungen großer Ungewißheit unterworfen find. Wir kennen die Bahnen der aus der Hand der Allmacht geschleuderten Pianeten weit genauer, als die Bewegung der von unseren eigenen Händen geworfenen Bombe. Wir wissen mit Gewißheit, daß das Licht in acht Minuten und dreizehn Sekunden von der Sonne bis zu uns gelangt, welches eine Entfernung von ungefähr 23,600 Halbmessern unserer Erde beträgt, die eine Kanonenkugel nur in zwanzig Jahren durchlaufen

Klette's Musterbuch re.

2

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »