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würde. Es folgt hieraus, daß das Licht in einer Sefunde 41,100 Meilen durchläuft, und daß seine Geschwindigkeit diejenige, womit die Kugel aus dem Lauf der Kanone tritt, 625,000 Mal übertrifft, so daß, selbst mit dieser ursprünglichen Geschwindigkeit, die Kanonenkugel eine Woche nöthig haben würde, um den Weg zu durchlaufen, den das Licht in einer Sekunde durchfliegt.

Die Geschwindigkeit, womit das elektrische Fluidum sich aus. breitet, ist noch zu wenig bekannt, vielleicht aber nicht viel geringer als die des Lichtes: denn mehreren hundert Personen wird der elektrische Schlag in demselben Augenblick mitgetheilt.

Gewiß würde es eine angenehme, vielleicht auch nütliche Beschäfti gung sein, ähnliche Vergleichungen der Geschwindigkeit auch in der moralischen Welt anzustellen. Man hat tausendmal bemerkt, daß nichts geschwinder sei als die Gedanken, die sich in einem Augenblick von der Erde zum Sirius schwingen, wozu selbst das Licht mehrere Jahre gebraucht. Allein dies ist keine wahre Geschwindigkeit oder Bewegung unsere Seele durchläuft nicht den ganzen Raum, der dazwischen liegt; fie springt mit eben der Leichtigkeit von einer Milchstraße zur andern, und verwendet darauf eben so wenig Zeit, als von der Küche in den Keller. Es giebt aber andere Wirkungen der Seele, die aus unzähligen kleineren Handlungen als Theilen zusammengesezt sind, und daher wirklich eine bestimmte Zeit erfordern, unter deren Geschwindigkeiten fich also Vergleichungen anstellen lassen, die zu sehr interessanten Resul taten führen würden. Hicher gehören z. B. Annehmung und Ablegung guter und schlechter Gewohnheiten, Erwerbung und Vergessung von Talenten und Kenntnissen, Ausbreitung der Kultur und Rückfall in Barbarei, Verbreitung und Ausrottung religiöser Ideen und Vorurtheile, Alenderung des persönlichen und des Nationalcharakters, Umwandelung der monarchischen Verfassung in die republikanische und wieder umge kehrt, die nach den verschiedenen Charakteren der Nationen Jahre oder Jahrhunderte erfordert, Entstehung des Zornes, der Liebe, der Furcht u. s. w., nach den verschiedenen Temperamenten. Hätte man einen genauen Maßstab, um diese moralischen Geschwindigkeiten zu messen, so würden sich sehr wichtige Aufschlüsse über die Natur des menschlichen Geistes und Herzens aus der Beantwortung solcher Fragen ergeben, wie folgende sind. In welchem Verhältnisse stehen die Geschwindigkeiten, womit der Mensch lernt, sich in das Glück und in das Unglück zu finden; womit der aus dem Staube Emporgekommene hartherzig wird, und der in den Staub Zurückgesunkene menschliche Gefühle wieder annimmt; wo. mit wir erlittene Beleidigungen, und geleistete Dienste oder erzeigte Wohlthaten vergessen? Die beiden lezten könnten vielleicht, als kleinste

und größte Geschwindigkeit, zum Frost- und Sied-Punkt dieses moralis schen Thermometers dienen.

Friedrich Theodor Schubert.

Werth der Demuth.

(»Moralische Vorlesungen.« C. F. Gellert's sämmtliche Schriften. Theil 7. N. A. Leipz. 1775.)

Wenn es möglich wäre, daß unser Herz alle gute Eigenschaften besäße, die Demuth ausgenommen, so würde es ohne diese Tugend kein wahres Verdienst, und einen steten Mangel der Beruhigung haben; so groß ist ihr Werth, und so unentbehrlich diese Tugend für den Menschen. Ohne die Demuth ist keine Wahrheit in unserm Herzen; denn diese Tugend gründet sich auf eine richtige Kenntniß unsrer selbst, andrer Men. schen, und der unendlichen Quelle der Vollkommenheit, aus der unser Daseyn geflossen ist, und seine stete Nahrung alle Augenblicke empfängt. Die Demuth wird zuerst dem Stolze, ihrem größten Feinde, entgegen gesezt, der sie für Niederträchtigkeit und für eine Feindin der Ehrliebe schilt, sie mit Spöttereien verhöhnet, und in der That doch an Andern begehrt, oft ohne es selbst zu merken. Denn so sehr der Stolze sich in seinem eignen Hochmuthe gefällt, so haßt er ihn doch an Andern; und alles des Spottes ungeachtet, den er auf Demuth und Bescheidenheit fallen läßt, wird er doch nicht selten den Bescheidnen lieben, und sich in seinem Umgange wohl befinden. Ein sichrer Beweis, daß die Demuth etwas Bortreffliches seyn müsse, weil sie von ihrem eignen Feinde gesucht wird; und daß der Stolz etwas unnatürliches seyn müsse, weil selber sein Besizer nichts weniger an Andern als ihn ertragen kann. Eben diese Anmerkung enthält zugleich die Ursache, warum die meisten Menschen stolz, und die wenigsten demüthig sind. Man schmeichelt sich, weil man fühlet, daß man die Demuth an Andern liebet, als besäße man diese Tugend, und weil man den Stolz an Andern hasset, als haßte man ihn auch an sich selber. Man kann es seiner eignen Empfindung nach nicht leugnen, daß die Demuth die Seele aller Tugenden ist; man wünschet sie zu befizen, und opfert ihr statt des Herzens nur den Beifall des Verstandes. Man kann es nicht leugnen, daß der Stolz eine phantastische Neigung ist, man eifert wider ihn an Andern, hält seine äußerlichen Ausbrüche in Worten und Geberdungen klüglich in seiner Aufführung zurück, und meinet, daß man ihn besiegt habe.

Aber, was ist die Demuth, diese so liebenswürdige Tugend? Vielleicht das Gefühl seiner eignen Schwäche. Vielleicht das ge

ringe Urtheil von seinen eignen Verdiensten und Vorzügen. Vielleicht die aufrichtige Hochschäßung der Gaben, die wir an Andern erblicken. Wenn sie nichts mehr ist, so kann sie ein Werk des Temperaments, oder ein verkleideter Stolz, oder höchstens nur eine Frucht des Verstandes, aber nicht die Seele des guten Herzens seyn. Man kann seinen geringen Werth fühlen, weil man zu träge ist, sich Verdienste zu erwerben. Dieses ist Niederträchtigkeit und nicht Demuth. Man kann von seinen Gaben geringe, und von den Eigenschaften der Andern rühmlich urtheilen, weil man weder jene noch diese recht kennt. Dieses ist Irrthum und keine Demuth. Man kann richtig von seinen Verdiensten und Mängeln urtheilen, sich keinen Werth beilegen, den man nicht besist, seine Fehler und Gebrechen gestehen und verbessern, und doch zugleich stolz auf seine guten Eigenschaften seyn. Man kann sich mit Andern richtig vergleichen, ihre Gaben und Vorzüge gegen die unsrigen genau abwägen, erkennen und gestehen, worin sie uns übertreffen, ihnen Hochachtung und Ehrerbietung bezeugen, und doch stolz im Herzen auf seinen Vorzug von einer andern Seite seyn. Wir haben so verschiedne Gaben, und diese Gaben haben so viel verschiedne Stufen, daß wir dem Andern bald sein Vorrecht lassen und doch seinem Verdienste ein andres der unsrigen entgegen seßen, oder ihm seine höhere Stufe des Guten willig einräumen, und uns doch auf der unsrigen, nach unsern besondern Umständen, für eben so würdig halten können. Damon urtheilet richtig, daß Kleon einen tiefsinnigen Verstand hat, und ehret diesen Verstand an ihm; aber der Mann, so denkt Damon, hat doch deinen lebhaften Wig nicht, hier übertrifft du ihn, und die Welt bewundert deinen Wiz. Damon hat Recht, dieses zu sagen; und er ist stolz auf seinen Wit, indem er demüthig gegen Kleons Verstand gesinnet ist. Damon kennet auch die Seite seines Wizes genau. Er weiß, daß Amynt eine lebhafte und feurige Einbildungskraft hat, die er hingegen nicht besist. Er läßt ihm Gerechtigkeit widerfahren und ehrt sich nur wegen seines naiven und feinen Wizes. Noch mehr. Man kann feine Gaben, Vorzüge und Tugenden, die man richtig abgemessen hat, als Geschenke der Vorsehung betrachten, und doch stolz darauf feyn. Niemand ist leicht so unsinnig, daß er sich für den Urheber seiner Kräfte ansieht. Dorant gesteht es, daß die große Gabe seiner Beredsamkeit ein Geschenk der Vorsehung sei; aber, so denkt er bei sich, aber weil dir Gott dieses vortreffliche Geschenk verliehen und dem Andern nicht, bist du nicht eben darum besser? Hat Gott nicht voraus gesehen, daß du dieses herrliche Vermögen rühmlich anwenden würdest? Schenkte er dir's nicht deswegen? Er denkt es als ein göttliches Geschenk, und denkt zugleich allen den Fleiß, den er der Ausübung seiner Beredsamkeit

gewidmet, alle die Regeln, die er mühsam gefaßt, alle die Beispiele der Alten und Neuen, deren Geist er in den feinigen durch Lesen und Nach. finnen übergetragen, alle die Versuche, die er in so vielen Nachtwachen mit so großer Aufopferung der Bequemlichkeit und der Freuden des Lebens gewagt, alle das Gute, das er durch seine Beredsamkeit bis jezt gestiftet, alle die Vortheile, die sie in der Tugend und dem Geschmacke noch in ganzen Jahrhunderten bringen wird. Er betet also in seiner Beredsamkeit sein eignes Geschöpf an; und indem er bekennt, daß er seine große Fähigkeit dem Schöpfer schuldig ist, bekennt er sich selber, daß er sie vor Andern verdienet habe. Er ist nicht demüthig, er ist vielmehr vollkommen stolz.

Wir können endlich aus Uebereilung oder Fehlern des Verstandes unrichtig von unsern guten Eigenschaften und den Tugenden der Andern urtheilen, und doch darum nicht stolz seyn.

Diese Anmerkungen werden zureichen, uns die Natur der Demuth und ihre liebenswürdigen Eigenschaften zu erklären. Derjenige ist demüthig, der alle seine Gaben, sie mögen groß oder ge= ringe seyn, als freiwillige und unverdiente Geschenke aus der Hand Gottes betrachtet, als solche sie anwendet und verbessert, und sich seiner eignen Mängel und Fehler be wußt zu seyn, bestrebet.

Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, bekommt die Demuth einen Reiz in den Augen des Himmels und der Erde, und den ersten Plaz unter den Tugenden. Sie ist eine stets fortdauernde Dankbar. keit gegen den Allmächtigen. Sie ist mit dem Bewußtseyn unsrer Fehler und Mängel verknüpft, und wirkt Eifer und Mühe, sie zu ver bessern, so wie Nachsicht, Geduld und Herablassung gegen die Fehler der Andern. Sie wendet ihre Gaben eben darum, weil sie solche als das Eigenthum des Schöpfers ansicht, desto rühmlicher an. Als gött. liche Geschenke schäßt sie sie hoch an sich und Andern; aber sie wehrt dadurch aller Eigenliebe, daß sie sie für unverdiente Geschenke erkennt; und nicht weniger allem Stolze über die gute Anwendung dieser Geschenke dadurch, daß sie erkennt, wie mangelhaft immer noch auch die beste Anwendung bleibet. Wer würde ich, so denkt der demüthige Weise und Tugendhafte, auch wenn er auf der höchsten Staffel steht, der demüs thige Glückliche, auch wenn er es durch die angestrengtesten Bemühungen geworden, wer würde ich seyn, wenn ich die großen Fähigkeiten nicht empfangen hätte? Und wie viel bleibt von der Verbesserung derselben mein, wenn ich von meinen Einsichten das abziehe, was ich dem Unter richte, dem Beispiele, den vortheilhaften Umständen der Zeit, und dem Hause, darinnen ich geboren ward, den Freunden, die sich zu mir ge

funden, der dauerhaften Gesundheit, und allen den äußerlichen Gelegenheiten, die nicht in meiner Gewalt gestanden, zu danken habe? Und von wem kamen alle diese Veranstaltungen und Hülfsmittel? Wer gab mir Kraft zum Fleiße, Lust zu Unternehmungen; wer erhielt mir das Vermögen, das Beste zu wollen und zu wählen? War ich's?

Was ist mein Stand, mein Glück, und jede gute Gabe?

Ein unverdientes Gut!

Bewahre mich, o Gott, von dem ich alles habe,

Vor Stolz und Uebermuth.

Die Demuth kann nicht ohne Vertrauen auf die Vorsehung, nicht ohne Gefühl der Liebe des Schöpfers Statt finden, darum ist sie eine freudige Tugend und doch zugleich die ernsthafteste. Die Schamröthe, die bei dem Anblicke unsrer mannichfaltigen Fehler und der größ. ten Vorzüge der Andern auf dem Gesichte der Demuth aufsteigt, wird durch die Heiterkeit eines guten Gewissens gemildert. Eben die Demuth, die uns unsern geringen Werth fühlen läßt, bestimmt zugleich denjenigen, über den wir uns mit Recht erfreuen können. Sie verwehrt uns nicht, auf unsre guten Gaben zu blicken, sondern sie verhütet nur eine thö richte Eigenliebe. Je mehr sie uns erinnert, wer wir sind und wie viel uns noch mangelt, desto mehr ermuntert sie uns, an unsrer Verbesserung zu arbeiten und noch würdiger zu werden. Sie erhöht uns, indem sie uns erniedriget; und der Stolz erniedriget uns, indem er uns fälschlich erhöht. Dadurch, daß uns die Demuth in Gott die allgemeine Quelle aller guten Eigenschaften der Menschen zeigt, zeigt sie uns zugleich die Bosheit des Neides, der in nichts als in Unzufriedenheit über die göttliche Austheilung besteht. Dadurch, daß uns die Demuth die schmeichelhafte Einbildung von unsern Vorzügen benimmt, verwahrt sie uns vor einer Menge von Schmerzen, die aus dem Mangel der Hochachtung und Bewunderung zu entstehen pflegen, welche von dem Stolze aus einer hohen Meinung von unsern Verdiensten gefordert, und ihm am ersten verweigert werden. Der Stolz ist ein unverschämter Bettler um das Almosen der Ehrenbezeigungen, der oft abgewiesen wird und über Ungerechtigkeit schreit, und wenn er etwas erhält, nicht so viel erhalten zu haben glaubt, als er verdient. Die Demuth ist eine beschefdene Schöne, sie erhält stets mehr Beifall, als sie werth zu seyn glaubt, und also stets mehr, als sie gehofft hat. Sie hat selten Ursache unzu

frieden zu seyn, weil sie nicht begehrlich ist.

Der größte Theil unsrer Unzufriedenheit entspringt aus dem stolzen Wahne, daß wir nicht so glücklich sind, als wir es zu seyn verdienen. Wie vieler Unruhen und Martern überhebt uns nicht die Demuth, in. dem sie diesen falschen Wahn zernichtet! Eben so wie man sagt, daß

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