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der Gesellschaft erstreckte, sondern seine äussersten Wünsche nur auf eine bestimmte Form der bestehenden staatlichen Zustände gerichtet waren, so besitzen wir in seinem Folianten wohl eine Dichtung über Wahlsysteme und Verfassungsrecht, aber eine Befriedigung der tiefer liegenden Bedürfnisse des gesellschaftlichen Menschen wird man aus ihr nicht entnehmen können,

Einen keckeren Gebrauch von den Vorteilen der dichterischen Form wusste der Verfasser der im Jahre 1677 erschienenen histoire des Sevarambes, der Franzose Vairasse zu machen. Man wähnt, eine anregende Reisebeschreibung zu lesen, und merkt kaum, dass man eigentlich ein ganz ernstes nationalökonomisches Werk in der Hand hat. Der Verfasser geht von der Anschauung aus, dass fast alle sozialen Uebel auf vier Ursachen zurückzuführen seien: auf den Stolz, den Geiz, den Müssiggang und die Ausschreitungen des Geschlechtstriebes, und er richtet demgemäss seine Gesetzgebung dahin, diese vier Triebe im Menschen zu bekämpfen oder wenigstens unschädlich zu machen. Es kommen hierbei staatsrechtliche Gedanken zum Vorschein, die, wie Einführung der Geschworenengerichte, Verwerfung der Todesstrafe als inhuman, Begründung des Strafensystems auf den Freiheitsstrafen, erst Jahrhunderte später in Betracht gezogen und teilweise verwirklicht wurden. Vor allem spricht sich in der ganzen Schrift ein freundliches Gefühl für die Leiden der grossen Menge aus: ein Gefühl, welches immer achtbar ist, auch wenn die vorgeschlagenen Hilfsmittel vor der Kritik nicht sollten bestehen können und doppelt achtbar, wenn eine so humane Gesinnung in einem Zeitalter hervortritt, welches so wenig dieselbe teilte, wie dies in dem Jahrhundert Ludwigs XIV. der Fall war.

Mehr eine allgemeine Satire unseres ganzen europäischen Lebens in der Art von Swifts Gulliver, als ein Versuch zur Verbesserung des Staates ist „Nikolaus Klims unterirdische Reise", verfasst von dem bekannten dänischen Dichter Ludwig Holberg. Dasselbe gilt von dem in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erschienenen „Schiffbruch der schwim

menden Inseln“ „naufrage des îles flottantes" von Morelly, der indessen, wie ernst es ihm mit seiner Idee war, einige Jahre später durch sein bekanntes „Gesetzbuch der Natur" ,,code de la nature" bewies. Dieses wunderbare Buch enthält in seinen drei ersten Abschnitten eine Auseinandersetzung mit den Gesetzgebern und Moralisten der früheren Jahrhunderte und im vierten Abschnitte den Entwurf einer den Absichten der Natur entsprechenden Gesetzgebung, ein Rechtssystem auf zehn Seiten, welches deshalb besonders bedeutsam ist, weil es das Zeughaus darstellt, aus dem alle Kommunisten des 19. Jahrhunderts ihre Waffen entnommen haben.

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Ein Flickwerk von Lappen, die der „Utopia“ oder der „Geschichte der Sevaramben" abgerissen sind, ist die mit Unrecht dem französischen Schriftsteller Bovier de la Fontenelle zugeschriebene Geschichte der Ajaoier. Durch diesen und ähnlichen Schund z. B. die „Entdeckung der Südsee" von Retif de la Brétonne, der anonyme „Staat von Felicien" muss man hindurchwaten, bis man erst ganz zum Schlusse wieder auf einen Schriftsteller stösst, welcher ein Bewusstsein des Zweckes und eine Herrschaft über die ihm zu Gebote stehenden Mittel hat. Es ist dies der bekannte Advokat, Julikämpfer und Deputierte Etienne Cabet, der während eines Fluchtaufenthaltes in England im Jahre 1840 in seiner voyage en Icarie „ein Wonnebild irdischer Herrlichkeit" entrollte, wie es sich die Genusssucht des 19. Jahrhunderts träumte". Er hat sich in diesem Romane die sicherlich nicht leichte Aufgabe gestellt, die Pläne seiner Partei im günstigsten Lichte und namentlich auch als annehmbar für die Gebildeten und Reichen zu schildern. In seinem Werke ist daher zwar die vollständigste Umwälzung der Gesellschaft und namentlich die Durchführung der unbedingtesten Gleichheit ebenfalls Gegenstand der Schilderung, aber es wird in der ganzen Darstellung die Gütergemeinschaft und die allgemeine Teilnahme an körperlicher Arbeit mit den duftendsten Blumen umwunden. An Stelle der Weibergemeinschaft tritt eine zarte Liebesgeschichte; überhaupt macht Cabet seine Schrift besonders den Frauen mund

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gerecht, weil er hofft, dass diese für die kommunistischen Ideen eifrige Propaganda machen würden. Der ikarische Kommunismus des Cabet verlangt zwar auch völlige politische Gleichheit mit streng durchgeführter Volkssouveränität, demokratische Selbstregierung, allgemeines Stimmrecht und Gütergemeinschaft vermittelst einer Verteilung der Erzeugnisse des Bodens und der Industrie, er lässt aber die Ehe und Familie bestehen, stellt dem krassen Materialismus des rohen Kommunismus den Glauben an ein höheres Wesen und eine sozialistische Glaubenslehre entgegen, er will auch nicht durch Gewalt, sondern auf dem Wege der Belehrung und Ueberzeugung seine Grundsätze verwirklichen.

Cabet liess es nicht beim Roman bewenden, er wollte die Gemälde seiner Phantasie in die Wirklichkeit umsetzen. Indessen

Leicht bei einander wohnen die Gedanken,

Doch hart im Raume stossen sich die Sachen.

Die ikarische Staatenbildung giebt einen klassischen Beleg dafür, dass alle solche utopistischen Ideen, wenn sie auf den festen Boden des wirklichen Lebens verpflanzt werden, sich als undurchführbar erweisen, dass das Experiment ihrer Realisierung versagt. Die Cabetschen Kolonisierungsversuche im Staate Texas, obgleich sie unter den günstigsten Bedingungen ins Werk gesetzt worden sind, missglückten kläglich; er selbst wurde von seinen Anhängern, die anfänglich nach Hunderttausenden zählten, verlassen, geschmäht, denunziert und schliesslich zu Tode geärgert. Von dem gewaltigen Ideal sind ein Dutzend Häuschen, das kleine Dorf lkaria in Adams County im Staate Jowa mit 75 Einwohnern übrig geblieben.

Hier brach der Vortragende ab, einesteils weil die modernen Erscheinungen im Gebiete der Staatsromanlitteratur zu unmittelbar aus den politischen Bestrebungen der Gegenwart herausgewachsen sind, als dass sie, ohne das aktuelle Gebiet der Sozialpolitik zu berühren, besprochen werden könnten, anderenteils weil sie, die Schriften von Morris, Donelly, Bellamy, Hertzka, durchgängig nichts anderes sind, als

mehr oder minder geschickte, mit mehr oder minder netten Ideen verbrämte Nachbildungen eines Plato, eines Morus, eines Campanella.

Den Schluss des Vortrages bildete eine Uebersicht über die den Dichtungen vom besten Staate anhaftenden Schwächen sowie die Feststellung der Bedeutung, die sie für die Fortentwickelung der Menschheit gehabt haben.

Anwesend waren 70 Mitglieder und 2 Gäste.

Am 18. April 1894 hielt Herr Religions- und Oberlehrer Holthoff einen Vortrag „über die Gründe und die juridische Basis der Christenverfolgungen".

Es würde ein grosser Irrtum sein, wollte man annehmen, dass die Verfolgungen in der Intoleranz des römischen Staates gegen fremde Kulte im allgemeinen ihren Grund gehabt hätten. Die Uebung fremder Kulte war im römischen Reiche eine ganz erlaubte Sache. Rom war in der Kaiserzeit der Sammelplatz der eigentümlichsten Religionen. Auch selbst dem Judentum hat der römische Staat Religionsfreiheit zugestanden (cf. 21. Apol. Tertulliani). Warum schlug er dies dein Christentum ab?

Es fiel dem römischen Staate schwer, gegen eine Volksreligion vorzugehen, aus Scheu gegen das von Alters her Geheiligte. Dem Christentum aber fehlte gerade das, was ihn in den Augen der Römer Duldung verschaffen konnte; ihm fehlte das Alter der Religion, eine nationale Grundlage und die Verknüpfung mit einem wenn auch untergegangenem politischen Organismus. Das Christentum war eine aus den verschiedensten Nationalitäten gemischte Religionsgesellschaft. Der Römer hielt es für eine Sekte, die mit einem Gemeinwesen gar nicht zu verbinden sei. Und hierin liegt der erste wichtige Grund der Verfolgung.

Einen weiteren Grund werden wir finden, wenn wir uns den Charakter des Christentums betrachten. Es war seinen Wesen nach zur Offensive genötigt. Jeder einzelne hatte die Pflicht, für die Ausbreitung des Reiches Gottes im Heidentum zu sorgen. Daher die schnelle Ausbreitung, die

nicht wenig zur Erbitterung der Beamten und heidnischen Priester beitrug.

Die Christen hielten alles, was den Heiden lieb und teuer war, für nichts. Dadurch entstand nach aussen zwischen beiden eine tiefe Kluft. Während im Altertum der Mensch als Mensch nichts gilt, gilt er im Christentum alles, da alle vor Gott gleich sind. Darum trat das Christentum der Sklaverei schroff entgegen. Die Christen mieden prinzipiell alle öffentlichen Belustigungen und forderten dadurch den Hass der Menge heraus. Die christliche Lehre erhebt die im Heidentum verachtete Arbeit zu einem für alle geltenden Gebot.

Am schärfsten aber prägt sich der Gegensatz im folgenden aus.

Die antike Weltanschauung kannte als höchste Richtschnur für den Willen des Menschen nur das Gesetz des Staates. Dem entgegen setzt das Christentum an die Stelle der Staatsmacht die Herrschaft des Gewissens. Mit dem Grundsatz: „Du sollst Gott mehr gehorchen als dem Menschen" musste die ganze heidnische Moral stürzen.

Ein klares Bild der juridischen Basis der Christenverfolgungen zu gewinnen, ist keineswegs leicht; denn die heidnischen Autoren, die nach Kräften bemüht sind, das spezifisch Christliche zu ignorieren, geben nur einige spärliche Andeutungen und die christlichen Schriftsteller vernachlässigen es, abgesehen von Tertullian, die Leidensnot ihrer Glaubensbrüder auf bestimmte römische Staatsgesetze zurückzuführen, da sie teils bei ihren Schilderungen ausschliesslich den Zweck religiöser Erbauung verfolgen, teils eine juridischtechnische Motivierung bei ihrem Leserkreis für überflüssig halten.

Bahnbrechend wirkte in dieser Beziehung der Franzose Le Blant durch seine Schrift: sur les bases juridiques des poursuites dirigées contre les martyrs“, Paris 1866.

Er beweist aus der 2. Apologie Tertullians, dass beim Verfahren gegen die Christen volle Gesetzlichkeit herrschte. Willkür der Beamten war nur insofern möglich, als die Ge

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