95. In der Dämmrung des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen, Frühe den Boten des Tags grüßen, dich, freundlichen Stern! 415 Ungeduldig die Blicke der Himmelsfürstin erwarten, Wonne des Jünglings, wie oft locktest du Nachts mich heraus! Nun erscheint ihr mir, Boten des Tags, ihr himmlischen Augen Meiner Geliebten, und stets kommt mir die Sonne zu früh. 96. Du erstaunest und zeigst mir das Meer; es scheinet zu brennen. 420 Wie bewegt sich die Fluth flammend ums nächtliche Schiff! Mich verwundert es nicht; das Meer gebar Aphroditen, Und entsprang nicht aus ihr uns eine Flamme, der Sohn? 97. Glänzen sah ich das Meer und blinken die liebliche Welle; 425 Keine Sehnsucht fühlte mein Herz; es wendete rückwärts Nach dem Schnee des Gebirgs bald sich der schmachtende Blick. Südwärts liegen der Schäße wie viel! Doch einer im Norden Zieht, ein großer Magnet, unwiderstehlich zurück. 98. Ach, mein Mädchen verreist! Sie steigt zu Schiffe! König, Mein 430 Äolus, mächtiger Fürst! Halte die Stürme zurück! Thörichter! ruft mir der Gott, befürchte nicht wüthende Stürme, Fürchte den Hauch, wenn sanft Amor die Flügel bewegt! 99. Arm und kleiderlos war, als ich sie geworben, das Mädchen; 100. 435 Oftmals hab' ich geirrt und habe mich wieder gefunden, 101. 440 Traurig, Midas, war dein Geschick: in bebenden Händen 102. fehrt. 445 Ach, mein Hals ist ein wenig geschwollen!" So sagte die Beste Ängstlich. Stille, mein Kind! Still, und vernehme das 450 Wort: Dich hat die Hand der Venus berührt; fie deutet dir leise, 103. Wonniglich ist's, die Geliebte verlangend im Arme zu halten, Wenn ihr klopfendes Herz Liebe zuerst dir gesteht. 455 Wonniglicher, das Pochen des Neulebendigen fühlen, 460 Das in dem lieblichen Schooß immer sich nährend bewegt. Schon versucht es die Sprünge der raschen Jugend; es klopfet Ungeduldig schon an, sehnt sich nach himmlischem Licht. Harre noch wenige Tage! Auf allen Pfaden des Lebens Führen die Horen dich streng, wie es das Schicksal gebeut. Widerfahre dir, was dir auch will, du wachsender Liebling Liebe bildete dich, werde dir Liebe zu Theil! 104. Und so tändelt' ich mir, von allen Freunden geschieden, In der neptunischen Stadt Tage wie Stunden hinweg. 465 Alles, was ich erfuhr, ich würzt es mit süßer Erinnrung, Würzt es mit Hoffnung, sie sind lieblichste Würzen der Welt. 1. Wahnsinn ruft man dem Kalchas und Wahnsinn ruft man 2. - wer hört's? 5 Lang und schmal ist ein Weg. Sobald du ihn gehest, so wird er Breiter; aber du ziehst Schlangengewinde dir nach. 10 Bist du ans Ende gekommen, so werde der schreckliche Knoten 3. Nicht Zukünftiges nur verkündet Bakis, auch jezt noch 4. Wenn sich der Hals des Schwanes verkürzt und mit Menschen gesichte Sich der prophetische Gast über den Spiegel bestrebt, 15 Läßt den filbernen Schleier die Schöne dem Nachen entfallen, Ziehen dem schwimmenden gleich goldene Ströme sich nach. 20 5. Zweie seh' ich! Den Großen! Ich seh' den Größern! Die beiden |