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die ganze Scene unbeweglich." Wenn der englische Naturforscher Tyndall von V. 5 sagt, er zeige eine ruhige Atmosphäre, die den leichten Rauchsäulen aus den Hütten des Waldes gestattet, sich lang= sam in die Lüfte zu erheben", so beweist der Schluß obigen Briefes die Richtigkeit seiner Anschauung; nur muß man statt der Hütten sich Kohlenmeiler denken. Knebel las „Goethens Verse", wie er notirt, schon vier Wochen nach ihrer Abfassung, in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 1780, die er mit dem Herzog in dem Bretterhäuschen zubrachte, von der Holzwand ab. Obige Kopie konnte Herder im folgenden Jahre von der Strophe nehmen. Nach 33 Jahren erneuerte Goethe die Inschrift mit: Ren. 29. August 1813 (s. Ein Tag aus dem Leben des Herzogs Karl August, Frankfurter Didaskalia 1875, Nr. 238), und ebenso recognoscirte er sie nach 51 Jahren im August 1831 (An Zelter, Nr. 813). Da das Häuschen am 11. August 1870 gänzlich niederbrannte und die früher von der Inschrift genommenen Abdrücke (Gartenlaube, Oktober 1872, S. 657, und Berichte des Fr. D. Hochstifts 1880/81, S. 80) das Datum nicht deutlich hervortreten lassen, — auch ich vermochte zu Ende September 1847 die Jahreszahl an Ort und Stelle nicht mehr zu entziffern, Goethe selbst aber in dem Schreiben an Zelter vom 4. September 1831 den 7. September 1783 angegeben hatte, so entstanden Zweifel über das wahre Entstehungsjahr. Die Kritik ließ sich jedoch nicht irre machen, insbesondre wiesen Goedeke (Arch. f. Litt.Gesch., VIII. 104 flg.) und Sintenis (Neue Dörpter Zeit. 1873, Nr. 278) das oben angegebne Datum als das richtige nach, während Masing das Jahr 1779 und Dünger mit E. Lichtenberger (S. 198) das Jahr 1783 vertritt.

Fr. Vischer bemerkt, das Lied — ein profanes Seitenstück zu Paul Gerhard's „Nun ruhen alle Wälder“ – „lasse uns bedeutungsvoll in Ungewißheit, ob ruhen (V. 8) heiße schlafen, oder betrachtend in sich versinken, oder sterben". Mit der dritten Beziehung schloß der Dichter in denselben Tagen die Ode an die Phantasie: „O, daß die erst mit dem Lichte des Lebens sich von mir wende!" und bald darauf, 3. November 1780, einen Brief an Lavater: die Zeit kommt doch bald, wo wir zerstreut werden, in die Elemente zurückkehren, aus denen wir genommen sind." In demselben Sinne las er, ein halbes Jahr vor seiner ewigen Ruhe, die Worte unter Thränen: „Ja, warte nur, balde ruhest du auch" (Bericht des Berginspektors Mahr, 1855).

Umfassend ist die Litteratur des kleinen Liedes. Hoffmann von Fallersleben und E. Richter (1842, Nr. 274 der Schlesischen Volkslieder) brachten die Nachbildung:

Schlaf, Kindchen, balde!

Die Vögel singen im Walde u. s. w.; gegen A. Kuhn, der die Priorität dieses Liedes annahm, erklärten sich 1843 von der Hagen (Germania V, Nr. 20 und X, S. 270 flg.) und später H. Wenzel (Miscellanea Goethiana. 1880; Nr. 3). Wenzel vergleicht treffend das Lied mit einem Fragment des griechischen Lyrikers Alkman (bei Bergk, III. 852), anfangend: Evdovor Fogéwv zoovqaí tɛ zai páqayyes. Auch das Schlummerlied der Sappho: „Schlummer liegt auf Bergeshöhn“ trägt in Mähly's Übertragung der griechischen Lyriker die Überschrift: Über allen Gipfeln ist Ruhe. Die ersten Verse bringen diese Ruhe der Gipfel, die letzten die der Vögelein; aber die Beziehung auf den Menschen fehlt. Eine Nachdichtung von J. Falck findet sich als Nr. 860 der volksthümlichen Lieder" von Hoffmann von Fallersleben. Vergl. Masing, Über ein deutsches Lied, 1872, D. Blumenthal, Deutsche Dichterhalle, März 1874, S. 188, wo zwei Fassungen zusammengestellt sind, Hein, Arch. f. Litt.-Gesch., VI. 518 und B. Mary, Kompositionslehre, III. 358 und 417.

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Zahlreich sind die Komponisten des Liedes, Zelter (Neue Lieders. 1821. S. 20 „Ruhe“), Fr. Schubert op. 96, Kuhlau, Fr. Liszt, Rob. Radeke (op. 27 Terzett), A. Rubinstein (Duett).

Jäger's Abendlied (S. 62).

Verglichen ist Herder's Kopie mit der Überschrift: Jägers Nachtlied. Erste Drucke: Jänner 1776, Merkur Bd. XIII, S. 8 u. 9 mit derselben Überschrift wie auch in der Kopie der Frau von Stein. 1789, Schriften VIII, 152 mit jeßiger Überschrift; seit 4 der jezige Tert.

Varianten: V. 2 Lausch mit dem, Merkur und Herder's Kopie; V. 6 durchs Feld und liebe Thal, 1789; V. 9-12, Merkur und Herder's Kopie:

Goethe, 1.

Des Menschen, der in aller Welt

Nie findet Ruh noch Rast,
Dem wie zu Hause so im Feld

Sein Herze schwillt zur Last.

V. 14 dieselben: Als fäh' den Mond ich an; V. 15 Merkur: füßer, Herder's Kopie: stiller, ebenso die der Frau von Stein; V. 16 alle drei: Weiß nicht, wie mir gethan!

(Dünger's Lesart V. 1 Im Walde scheint auf Versehn der Frau v. Stein zu beruhn; deren Abschrift hat V. 5 jezt statt izt, V. 10 Nicht statt Nie).

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Äußere Zeugnisse über die Entstehungszeit fehlen. Das Gedicht wird aber den Lili-Liedern der ersten Weimarischen Zeit zugerechnet, da es, wie der erste Druck zeigt, zu Ende 1775 schon eristirt haben muß, der Dichter in dieser Zeit, November und Dezember, zuerst sich an den Freuden der Jagd betheiligte und in einer poetischen Epistel vom 23. Dezember 1775 von Lili schrieb: „All mein Sang bist du noch." Von allem diesen Sang, außer etwa den neuen Gesängen zu Erwin und Elmire, wissen wir nichts, wenn wir ihn nicht in obigem Liede, den Versen an ein goldenes Herz und vielleicht in „Wonne der Wehmuth" finden. Goethe dichtete nicht aus der Rolle eines Jägers wie später aus der eines Schäfers (s. S. 54), sondern aus eigner, neuer Lebenserfahrung, die ihn poetisch stimmte und das kurz Vergangne in die Seele zurückrief. Jagdlieder wie Kriegslieder aus der Stube waren für ihn ein Unding.

V. 2 und 3 zeigen die konstante Behandlung eines Charakte= ristischen (Lili's Bild oben S. 45 V. 11 und in den Stella-Versen an Lili), im Anschluß an Klopstock's: „Dein füßes Bild, Edont, schwebt stets vor meinem Blick" (Suphan, Goethe-Jahrb., II. 111). Zu „still und wild“ (V. 1) citirt Lichtenberger treffend die Worte an Auguste Stolberg vom 17. Sept. 1775: „Seit dem Wetter bin ich nicht ruhig, aber still was bei mir still heißt, und fürchte nur wieder ein Gewitter", während Dünker das „wild" auf das „Gewerbe" des Jägers, eines herrschaftlichen Jägers", in der neu von ihm angetretnen herrschaftlichen Stelle" bezieht. V. 5 u. 6 erklären sich aus dem Bedürfniß eines poetischen Parallelismus, der sich nicht stören läßt durch prosaische Überlegung, was in der Nacht" möglich sei. V. 11 das Schweifen nach Osten und Westen, erst aus der spätern Bearbeitung, läßt, wie absichtlich, die Beziehung auf Lili hervortreten (s. Lichtenberger, S. 152). V. 12 das hier so schöne „lassen“ entspricht dem Volksliede; „ja scheiden und lassen thut weh“ (Kehrreim von: Es ritten drei Reiter).

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Von den vielen Musikern, welche sich an dem Liede versucht, bei dessen Worten allein on croirait entendre une mélodie de Mozart (Lichtenberger), nennen wir nur Kayser (1777), B. A. Weber (1815), Zelter (Neue Liederf. 1821, S. 9 und schon 7. Juni 1807, zweistimmig), Fr .Schubert (op. 3), Tomaschek (op. 57) u. L. Meinardus (op. 18).

An den Mond (S. 62 u. 63).

Verglichen ist Herder's Kopie der ersten Gestalt (mit vorstehender Überschrift).

Erster Druck: 1789, Schriften VIII, 153 u. 154, in jeßiger Gestalt, nach dem vorigen Gedicht und vor der Ballade „Der Fischer"; an jeßiger Stelle seit 4.

Die erste Fassung in den Briefen
Beilage des Briefs vom 19. Januar
Frhr. S. von Seckendorff, lautet:

Füllest wieder 's liebe Thal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz.

5 Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie der Liebsten Auge mild
über mein Geschick.

Das du so beweglich kennst

10 Dieses Herz im Brand,

Haltet ihr wie ein Gespenst

An den Fluß gebannt.

an Frau v. Stein (I. 155 u. 156), 1778, zugleich mit der Musik von

Wenn in öder Winternacht
Er vom Tode schwillt,
15 Und bei Frühlings Lebenspracht
An den Knospen quillt.

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Mann am Busen hält
20 Und mit dem genießt,

Was dem Menschen unbewußt
Oder wohl veracht,

Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.

Varianten der Herder'schen Kopie: V. 10 in; V. 11 liest Suphan: Hallet; es möchte aber sein undeutliches Haltet sein; im V. 16 Er um Knospen quillt (f. Zeitschr. f. d. Philologie 1876, VII. 216).

Das Gedicht ward von der Empfängerin dem Briefe vom 19. Januar 1778, wie es scheint, wegen des Inhalts beigelegt, der vom Tode der kurz vorher in der Ilm ertrunkenen Christiane v. Laßberg handelt; als zugleich überschickt kann man es nicht annehmen, schon da die Zusendung an Seckendorff, dessen musikalische Arbeit und deren Mittheilung an den Dichter einige Zeit verlangten. Gleichwohl ist das Jahr 1778 als Geburtsjahr nicht abzuweisen, so wenig wie die Annahme, daß jener Tod in dem Liede (Strophe 4) eine Spur hinterlassen. Das Kolorit des Gedichts ist aber nicht winterlich; V. 13 u. 14 enthalten einen Rückblick auf die vergangne Jahreszeit, V. 15 u. 16 den Ausdruck der gegenwärtigen, des Lebens im Gegen= sah zum Tode; das Gedicht fiele danach in den Frühling 1778. Die zweite Fassung schließt, durch Einschaltung des Busch in V. 1 die winterliche Natur noch bestimmter aus. Die individuellen und örtlichen Züge der ersten Fassung sind auch jezt nicht ganz verwischt.

Busch und Thal, mein Gefild, bezeichnen die Gegend an der Jlm, welche Goethe's Gartenhaus beherrschte, die Ilm der Fluß V. 13 u 21, auch der Freund (V. 7 u. 31) ist schon im Manne V. 19 der ersten Gestalt gegeben. Dem Freunde sollte die Liebste des frühern V. 7 weichen und die Erinnerung an diese im jezigen V. 16 in Schmerz um verrauschte Treue" umschlagen. Zurücktritt jetzt die dämonischgespenstische und Tod bringende Gewalt des Waffers (frühere St. 3 u. 4), selbständig behandelt in der Ballade „Der Fischer"; der Vergleich der Magie des aus dem Flusse widerscheinenden Mondes mit dem Zauber der Geliebten in Strophe 3 war in Strophe 4 fortgeführt: es ist der „Abglanz der Sterne des Himmels“ in dem angeführten Briefe und in V. 17-20 jener Ballade. Dies hat die neue Fassung, aus dem Jahre 1786 (Dünger's Komm., II. 158) nach zwei Richtungen geändert: der Freund ist auch V. 7 eingetreten und der bald zer= störende, bald Leben spendende Fluß als poetischer Genosse, Vertrauter oder spiritus familiaris des Dichters begrüßt. Der Mond aber be= herrscht das ganze Gedicht, das Thal, der Fluß empfangen Glanz und Leben nur von ihm, ihr Preis im Gedichte gilt auch ihm, und die Nacht V. 36 ist eine Mondnacht. Die Einheit des Gedichts wäre verlegt, sollte mit C. Rösler (Grenzboten 1879, III. 157–163) in dem Freunde V. 31 in übertragenem Sinne der Melodien flüsternde Fluß verstanden werden. Wir finden hier eine menschliche Beziehung; konkret kann nur der in dem folgenden Gedicht „Einschränkung" ge= nannte Freund gemeint sein. Schöll's Ansicht von der Vollendung, welche dem Liede, abgesehn von der Abschwächung in V. 34, bei der Umarbeitung durch den „reinsten und stetigsten Empfindungsgang" zu Theil geworden, wird wohl allgemein beigepflichtet; panegyrisch, aber wahr drückt E. Eckstein sich aus (Glück und Erkenntniß 1880): „Hätte Goethe nie etwas Anderes geschrieben als obiges Lied, er wäre doch ein größerer Künstler als alle französischen Dramatiker von Corneille bis auf die Sardou und Dumas.“

Im Einzelnen: V. 3 lösen (Grimm's Wrbch. 6 f.), wie Paul Gerhard: er wird dein Herze lösen von der so schweren Last" und Schiller (Maria Stuart 3, 4) absolut: „löst mir das Herz, daß ich das eure rühre“. V. 5 mein Gefild, wie mein ganz Revier im Briefe an Frau v. Stein vom 2. Januar 1779 (Dünger). Von V. 29 u. 30 sagt B. Auerbach: „Dies Dichterwort ward in Spinoza wirkliche Erfüllung" (Spinoza's sämmtl. Werke, 2. A. I, p. XLI); ich sehe hinzu: und ebenso bei Goethe selbst, der gelernt hatte, „die Welt zu kennen

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