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ASTOR, LENCY AND
TILLEN + DALON3.

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ABTOR, LENOX TILDEN FOUNDATIONS.

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Åber Analogiebildungen im hebräischen Verbum. V

Von

A. Ungnad.

5 Die Veränderungen, denen eine Sprache ihren Formen nach unterworfen ist, lassen sich teils auf physiologische, teils auf psychologische Ursachen zurückführen;* jene bewirken den Lautwandel, diese die Analogiebildungen, die sich nach WUNDT** in zwei Gruppen scheiden lassen: nämlich

I. solche, die auf grammatischer Angleichung*** und II. solche, die auf begrifflicher Angleichung beruhen. Da bei der Ergründung psychologischer Vorgänge stets mancherlei Fragen sich einer befriedigenden Beantwortung entziehen, so werden auch wir bei unserer Untersuchung über den Einfluss der sprach15 lichen Analogie auf die Gestaltung des hebr. Verbalsystems nicht immer imstande sein, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln die verschlungenen Pfade aufzufinden, auf denen die Sprache zu irgend einer bestimmten Analogiebildung gelangt ist; daher werden wir uns hier und da genötigt sehen, ein „,non liquet“ auszusprechen.

20

Eine weitere Schwierigkeit ergiebt sich daraus, dass wir gezwungen sind, auf die ältesten uns erreichbaren, meistens nur rekonstruierten Formen der semitischen Sprachen zurückzugreifen; wie verschiedener Meinung man aber über diese ist, je nach dem Standpunkt, von dem aus man sie betrachtet, das ist ja allgemein bekannt. Man darf sich 25 hier nicht, wie es mitunter noch geschieht, durch subjektive Momente

* Vgl. H. OSTHOFF, Das physiologische und psychologische Moment in der sprachlichen Formenbildung: Sammlung gemeinverständlicher Vorträge, herausgeg. von Virchow und Holtzendorff, Heft 327. Berlin 1879. OSTHOFF und BRUGMANN, Morphologische Untersuchungen I, S. I—XX, Leipzig 1879. H. PAUL, Principien der Sprach

30 geschichte, S. 32 f., Halle 1898.

** Volkerpsychologie I, 1, S. 445.

*** d. i.,,Angleichung an grammatische Formen". (WUNDT, a. a. O.)

d. i.,,Angleichung nach logischen Beziehungen“. (a. a. O.)

Beiträge zur semit. Sprachwissenschaft. V.

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bestimmen lassen, dieser oder jener Sprache aus der semitischen Sprachgruppe einen Vorzug an Altertümlichkeit zuzusprechen: manche ältere Form hat sich in einer Sprache erhalten, die uns wie z. B. das Arabische auf einer jüngeren Stufe der Entwicklung entgegentritt, andererseits ist in einer Sprache, deren Denkmäler bis ins dritte, 5 womöglich sogar vierte vorchristliche Jahrtausend zurückgehen, nicht alles ursprünglich: liegt doch die Zeit, in der sich die Differenzen der einzelnen semitischen Sprachen zu bilden begannen (also die Zeit der sog. semitischen Ursprache), weit vor der ältesten Periode der Geschichte.

IO

Was nun unsere Stellung zu der Einteilung der semitischen Sprachen betrifft, so scheint uns die von HOMMEL bevorwortete Einteilung die befriedigendste zu sein. Danach hat das Bab.-Ass. am frühesten einen eigenen Weg eingeschlagen, und dann erst entstand die Kluft, die nord- und südsemitische Sprachen** von einander 15 trennte. Wenn wir davon absehen, dass die Grenzen der einzelnen Sprachgebiete durch mannigfaltige Berührungen, die wir im einzelnen nicht mehr nachzuweisen vermögen, zum Teil etwas verwischt sind,*** dürften wir dem Gesagten zufolge etwa folgendes Schema für die Ausbreitung und die Entwicklung der semitischen Sprachen eine 20 Entwicklung, die naturgemäss mehr den grammatischen Bau als den Wortschatz betraf erhalten:

* Vgl. HOMMEL'S Ausführungen in: Aufsätze und Abhandlungen arabistischsemitologischen Inhalts I (München 1892), S. 92-123: Die sprachgeschichtliche Stellung des Babylonischen einer- und des Westsemitischen andererseits; ferner ders., Über den 25 Grad der Verwandtschaft des Altägyptischen mit dem Semitischen: BSS II, S. 342 ff.

** Über das Verhältnis von Nord- zu Südsemitisch vgl. NÖLDEKE, Die semitischen Sprachen 2, S. 17 ff., Leipzig 1899.

*** Die Bedenken, die JOH. SCHMIDT, Die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen (Weimar 1872), gegen eine Betrachtung der Verwandtschaft der 30 indogermanischen Sprachen unter dem Bilde eines Stammbaumes geäussert hat, sind auch für das Gebiet der semitischen Sprachen berechtigt und veranlassen mich zur Darstellung der semitischen Sprachgruppen mittels der im folgenden gegebenen Figur.

So steht in lexikalischer Beziehung das Bab.-Ass. den nordsemitischen Sprachen infolge seiner politischen und geographischen Berührungen mit denselben sehr 35 viel näher als den südsemitischen. Vgl. FRIEDR. DELITZSCH, Prolegomena eines neuen hebr.-aram. Wörterbuches zum A. T., Leipzig 1886. Jedoch darf diese grössere lexikalische Übereinstimmung des Ostsem. besonders mit dem Hebr. nicht als Beweis dafür benutzt werden, dass wir diese Sprachgruppen als Mittelsemitisch den anderen gegenüberstellen müssen, was E. KÖNIG, Hebräisch und Semitisch, S. 78 (Berlin 1901) thut; 40 auch seine übrigen Beweisgründe sind nicht stichhaltig; denn anâ-kû ist die älteste Form des pron. pers. (vgl. unten S. 239), mithin ursemitisch. Die Verwendung von Kollektivwörtern als Plurale ist verhältnismässig jung und nur südsemitisch. Die lautliche Übereinstimmung zwischen dem Bab.-Ass, und dem Hebr. liesse sich endlich auf zwei Weisen erklären: entweder haben in beiden Sprachen die Zischlaute unabhängig 45

A. Ursemitisch

B1. Westsemitisch

B2. Ostsemitisch
(Babyl.-Assyr.)

C1. Nordsemitisch

C2.Südsemitisch

5

D1. Hebräisch, D2. Aramäisch, D3. Athiopisch, D1. Arabisch.

Beistehende Figur, in der die einzelnen Sprachgebiete durch je eine Fläche bezeichnet werden, dürfte die besprochenen Verhältnisse veranschaulichen. Nach diesen Gesichtspunkten werden wir uns im Laufe unserer 10 Untersuchung zu richten haben.

D'

Die Analogiebildungen im hebr. Verbum beruhen nun, was ja im Wesen der Sache D liegt, fast ausschliesslich auf grammatischer Angleichung. Diese lässt sich wieder in zwei

15 Klassen scheiden*:

D2

B2

BA

D*

I. innere grammatische Angleichung, d. i. Angleichung verschiedener Formen desselben Wortes,** und

2. äussere grammatische Angleichung, d. i. Angleichung übereinstimmender grammatischer Formen verschiedener Wörter. 20 Letztere Art der Analogiebildung beruht auf der mehr oder minder vollständigen Auflösung einer Proportion: so wird z. B. im Deutschen nach dem Verhältnis trage: trug auch fälschlich das Verhältnis frage: frug gebildet;*** es liegt also jedesmal eine Proportion vor, in der die durch Analogiebildung entstandene Form das r bildet: 25 von einander denslben Entwicklungsgang eingeschlagen oder sie wurden nur in der Aussprache deutlich unterschieden, während bei schriftlicher Darstellung eine lautphysiologisch korrekte Schreibung (wie im späteren Arabisch) nicht eintrat. Dass sich im Bab.-Ass. die Wiedergabe der Laute durch die Schrift im Laufe der Zeit dank der Bemühungen der Gelehrten immer mehr vervollkommnete, zeigt die namentlich hin30 sichtlich der Zischlaute äusserst unvollkommene Lautdarstellung in der altbabylonischen Orthographie, verglichen mit der neuassyrischen. So werden im Altbab. die emphatischen Lautet, k, s nicht durch besondere Zeichen ausgedrückt: vgl. u-zi-a-am-ma (Hammurabi, Gesetze A. V 69 =ûșiam), tu-ub-bi-im (a. a. O. I 48=ṭubbim), hal-ku (a. a. O. VII 1 = halku) und zahlreiche andere Beispiele; bi und pi werden nicht unterschieden: vgl. 35 mu-ra-ap-bi-iš (a. a. O. III 4), und gerade die Zischlaute, die KÖNIG als Beweis benutzt, werden sehr verschieden dargestellt: vgl. pu-ru-za-am ip-ru-uš (a, a. O. VI 8. 9 = purussâm iprus), li-zu-uh (a. a. O. B. XXV 92: lissuh), na-as-ga (a. a. O. XXIV 81=naska) u. a. * Vgl. WUNDT, a. a. O., S. 445.

** Hierfür sind besonders instruktiv Beispiele wie griech. (dor.) pōs, põdós, lat. pès, 40 pedis, wo die alte auf Ablaut beruhende Flexion pōs, pèdós bald nach der einen, bald nach der anderen Seite ausgeglichen wurde; vgl. JOH. SCHMIDT, Zeitschrift für vergl. Sprachforschung, XXV, S. 13–15.

*** Es ist dieses zugleich ein interessantes Beispiel dafür, dass die Analogie zum Teil recht willkürlich durchgeführt wird; denn es ist sehr auffällig, dass das Verbum sagen

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Beide Arten der grammatischen Analogie beim hebr. Verbum getrennt zu behandeln, dürfte sich nicht empfehlen, da sonst Zusammengehöriges bisweilen auseinandergerissen werden müsste; wir 5 werden uns daher lediglich nach äusseren grammatischen Gesichtspunkten richten.

Kapitel I.

Die Prä- und Afformative des Verbs.

1. Die Personalbezeichnungen.
a) Das Perfekt.

IO

Die Entstehung des Perfekts* aus einem nomen actoris + pronomen wird heutzutage wohl von keinem Semitisten mehr in Abrede gestellt. Die reinen Nominalformen ohne ein hinzugetretenes Pronomen finden sich noch in der 3. Person (sing. und plur.), wo ja 15 naturgemäss eine Bezeichnung des Subjekts leichter entbehrt werden. konnte. Wir haben also als Grundformen für die 3. Person anzusetzen: Sing. m. katala** ***

f. katalat

das doch mit fragen in Form und Bedeutung so nahe verwandt ist, die Bildung jener 20 Analogieform frug nicht verhinderte oder seinerseits nicht gleichfalls der Analogie von tragen folgte.

* Auf das Verhältnis des westsemitischen Perfekts zum assyrischen Permansiv, das möglicherweise ältere und neuere Bildungen in sich vereint, kann hier nicht näher eingegangen werden. Auch werden wir bei der Verschiedenheit der Ansichten über diesen 25 Punkt die assyrischen Permansivformen nicht ohne weiteres als Beweise benutzen dürfen. Für die Permansiv frage ist besonders zu vergleichen: F. DELITZSCH, Assyr. Grammatik § 87. MC CURDY, The Semitic Perfect in Assyrian: Actes d. 6. Congr. des Or. II, S. 509-554. Leide 1883. J. BARTH, Das sem. Perfekt im Assyrischen: ZA 2, S. 375-386. J. A. KNUDTZON, Zur assyrischen und allgemein semitischen Gramma- 30 tik: ZA 6, S. 408 ff. u. 7, S. 33-63. F. PHILIPPI, Die semitische Verbal- und Nominalbildung in ihrem Verhältnis zu einander: BSS 2, S. 371 ff.

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** Bei der Transskription des als Paradigma gewählten bp sind die die emphatischen Konsonanten bezeichnenden Punkte der Übersichtlichkeit halber stets fortgelassen worden. *** Mit auslautendem a trotz PHILIPPI, Der Grundstamm des starken Verbums im 35 Semitischen und sein Verhältnis zur Wurzel: Morgenländische Forschungen, Festschrift Fleischer gewidmet, Leipzig 1875, S. 74. Für das Westsemitische wird der Vokal a im Auslaut durch die Formen mit Suffix und das arab.-äth. Perfekt katala erwiesen. Ob dieser a-Vokal ursprünglich auch in den anderen Personen des Singulars vor der Pronominalendung sich befand (*katala-tâ u. s. w.), und ob daraufhin der Unterschied 40 vom westsem. Perfekt katal-tâ und dem ass. Permansiv katlâ-tâ unter Annahme einer Accentverschiebung erklärt werden darf (so HOMMEL, Aufs. u. Abh., a. a. O., S. 108), ist zweifelhaft.

5

Plur. m. katalû*

f. katalà.*

Diese Formen entwickelten sich im Hebr. lautgesetzlich zu

Sing. m. katal

f. katela****

Plur. m. f. katlû.

In den übrigen Personen des Perfekts werden wir auf Grund der Entstehungsweise desselben einen Zusammenhang der Verbalendung mit dem pron. pers. erwarten dürfen. So finden wir in der 2. Person 10 die um das rein demonstrative Element ant (an-tà, an-tî, an-tumu, *an-tinnↆ verkürzten Formen des Pronomens, die je nach der Art, wie die betreffende Sprache das pron. pers. behandelt hat, von der Grundform abweichen. Zunächst muss bemerkt werden, dass diese Personalendungen mit ursprünglich langem Vokal angesetzt werden 15 müssen, dass demnach das Arab. wenigstens in der 2. P. m. sing. auf einer jüngeren Stufe der Entwicklung steht als das Hebr.††† Es macht sich in jener Sprache nämlich das Bestreben geltend, auf langen Vokal auslautende Endsilben, besonders wenn ihnen der Accent vorhergeht, zu verkürzen, ein Bestreben, dass sich im

20

* Das im Plural des Nomens noch hinzutretenden (m) (arab. katal-û-na, katal-î-na syr, katl-î-n; hebr. ketal-i-m) muss im Perfekt schon früh verloren gegangen sein. Denn die drei hebr. Formen mit 2 (17 Dt. 8, 3 u. 16, sowie das äusserst fragliche p (Jes. 26, 16) können nichts beweisen (vgl. NÖLDeke, ZDMG 38, S. 409 ff.), ebenso wenig die syr. Formen auf n. (Vgl. auch G. HOFFMANN, ZDMG 32, S. 757 f., dessen Aus25 führungen allerdings in einzelnen Punkten zu modifizieren sein dürften.)

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** Mit altem femininalen â; im Hebr. glauben Spuren davon zu erkennen: NÖLDEKE, ZDMG 38, S. 411. MEYER LAMBERT, Une série de Qeré ketib, Paris 1891.. JOHN P. PETERS, Notes on the Hebrew Verb-Plural in â: Hebraica 5, S. 190-191. *** Die Verwandlung von -at zu -â war vielleicht ursprünglich nur in pausa berech30 tigt und ist von hier erst in die Kontextformen eingedrungen; vgl. PRAETORIUS, Über pen Ursprung des Daghesch forte conjunctivum: ZAW 3, S. 20. 21.

Im Laufe unserer Untersuchung werden wir noch öfter Gelegenheit haben, auf

dieses demonstrative Element (a)n hinzuweisen.

†† Über die ursprünglichsten Formen des pron. pers. vgl. J. BARTH, Beiträge zur 35 Suffixlehre des Nordsemitischen: The American Journ. of Sem. Languag, and Liter. 17, S. 193 ff.

40

45

Zur Erhaltung des ursemitischen & in hebr. katal-tâ vgl. S. 261. *Die vor allem in Betracht kommenden Fälle sind:

1. die Verbalendungen in katal-ta, katal-ti, katal-tu, katal-tunna und jaktul-na. Eine Ausnahme ist katal-nû (in der Poesie bisweilen noch katal-na), das sein langes & dem Einflusse des Pron. suff. -na verdankt;

2. die Pronomina: ana (das in der Poesie als Pyrrhichius behandelt wird), antunna, hunna, hum(u) aus húmû (so noch in der Poesie), dann nach dem Verhältnis von hunna zu húm(u) auch antunna: ántum(u) (aus altem ántumû); von hier aus auch ins Verb eingedrungen: katal-tum (aus katal-tumû); endlich naḥnu. In humâ blieb â, weil dieses das Charakteristikum des Dualis war;

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