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Werk der Völker, sondern, wie Humboldt selbst sagt, eine ihnen zugefallene Gabe, wie kann man dann noch behaupten, sie gehöre der Menschheit an?

Humboldt hat sich also bei der Betrachtung der Sprache einen doppelten Widerspruch, der aus ihrer Natur folgt, vorgehalten: erstlich, die Sprache ist blofs Sprach-Erzeugen und hat dennoch auch ein ruhendes Dasein; zweitens, sie ist abhängig von den Völkern, von den äufserlichen und inneren Verhältnissen derselben; die Verschiedenheit der Volksgeister ist der Grund, das reale Erklärungsprincip der Verschiedenheit der Sprachen und dennoch ist sie nicht einmal ein Werk der Nationen, ist rein selbstthätig. Insofern aber letzteres der Fall ist, liegt die Sprache jenseits des Menschen, stammt aus Uebermenschlichem.

Diese mit Nothwendigkeit aus dem Wesen der Sprache sich ergebenden Widersprüche lösen, heifst den Ursprung der Sprache erklären. Wer sich jene nicht klar gemacht hat, wird diesen nie begreifen. Wer behauptet, die Sprache ist entweder menschlich oder göttlich und sich für eins entscheidet, spricht in vorhumboldtscher Weise. Die Sprache ist menschlich und übermenschlich zugleich; denn sie ist in sich frei entspringend und doch an die beschränkte Natur des menschlichen Geistes, wie er in dem bestimmten Volke liegt, gebunden.

Humboldt hat, indem er das Wesen der Sprache tiefer ergründete als alle seine Vorgänger, die Frage nach ihrem Ursprunge nicht erleichtert, sondern erschwert. Er hat aber den Ursprung mit dem Wesen identificirt und das Woher in das Was verwandelt.

So ist Humboldts Fragestellung. Wie lautet seine Antwort? wie hat er die obigen Widersprüche gelöst? In seinem ernsten, aufrichtigen Streben nach wahrhafter Erkenntnifs hat er die Schwierigkeiten nie zu umgehen gesucht, hat sich nie verblenden lassen, den durch eine Wortspielerei verdeckten Widerspruch für gelöst zu halten; sondern suchte ihn auf in seiner ganzen Schärfe und in seiner Allseitigkeit. Dies ist

in Wahrheit der einzige Weg, ihn wirklich zu lösen. So blieb Humboldt, was zunächst den ersten der beiden angegebenen Widersprüche betrifft, nicht bei der Form, in der er sogleich erschien, stehen, sondern fand ihn noch in einer andern, noch tiefer in das Wesen des Menschen eingreifenden Weise. Es ist nicht blofs in geschichtlicher Zeit dem Menschen und dem redenden Geschlechte ihre Sprache etwas Gegebenes, ein ihnen fremdes Object, das sie aber dennoch wieder nur im Denken aus sich selbst erzeugen müssen, da ja selbst das Sprechenlernen der Kinder nicht ein Zumessen von Wörtern, Niederlegen im Gedächtnifs und Wiedernachlallen mit den Lippen, sondern die Entwicklung der ihnen inwohnenden Sprachkraft ist; die Sprache ist nicht blofs heute für uns sowohl fest als auch flüssig, sowohl unserer Seele fremd als angehörig, von ihr unabhängig und abhängig; auch ist dieser Widerstreit nicht so zu lösen, als wäre die Sprache zum Theil das eine, zum Theil das andere, da sie vielmehr in der That gerade insofern objectiv und auf uns wirkend, als sie subjectiv und von uns gewirkt ist: sondern im allerersten Sprechen schon gehört das Wort nicht blofs dem Redenden, sondern auch dem Hörenden und Verstehenden.

Es ist nicht blofs ein Widerspruch zwischen der Gegenwart des Sprechens und dem vergangenen todtliegenden Gesprochenen oder der gewordenen Sprache; sondern ganz derselbe herrscht in noch tieferer Weise zwischen dem Einzelnen und der gesammten Gesellschaft, dem Volke, dem er angehört. Diese letztere Weise oder Form begründet die erstere: weil der einzelne Mensch seinem Geschlechte, seinen Zeitgenossen gegenübersteht, darum steht er auch der ganzen Vergangenheit seines Geschlechts gegenüber. Nur der Einzelne spricht, und dennoch gehört die Sprache nie dem Einzelnen, sondern der Gesammtheit; und eben darum ist die Sprache nur gegenwärtig und dennoch Erzeugnifs der vergangenen Jahrtausende. Abgesehen also davon, dafs die Sprache nur sehr bedingungsweise ein Werk der Nation heifsen kann, erzeugt sich hier noch einmal ein Widerspruch, dafs die Sprache so

wohl nur der Nation, als auch nur dem Einzelnen angehört; und zwar gilt dies nicht blofs in der geschichtlichen Zeit, sondern auch in der ursprünglichsten Sprachschöpfung; denn dieser Widerstreit liegt ebenfalls in dem Wesen der Sprache selbst und ist da, so wie gesprochen wird. Dies ist der Widerstreit von Sprechen und Verstehen.

Dies ist wieder ein grofses Verdienst Humboldts, dass er zeigte, wie Sprechen und Verstehen immer zusammengehören, dass es relative Begriffe sind; und die Frage: wie entsteht die Sprache? fällt zusammen mit der anderen: wie ist Verständnifs möglich? Insofern die Sprache dem Volke gehört, ist Verständniss gegeben; aber sie gehört eben so wohl nur dem Individuum an, und so ist Verständnifs unmöglich.

Wer es noch nicht gewusst hat, um welche Probleme es sich in der Metaphysik der Sprache handelt, der wird es jetzt wissen; es sind die drei letzten aller menschlichen Fragen: wie steht es um den Gegensatz von Tod und Leben, Allgemeinen und Einzelnen, Menschlichem und Uebermenschlichem.

Wir beginnen mit den beiden ersten Widersprüchen. Zunächst also zugestanden, die Sprachen seien menschliche Schöpfungen, so sind sie, obwohl Schöpfungen der ganzen Nationen, dennoch Selbstschöpfungen der Individuen (S. L.), oder in der andern Form: sie sind todte Werke der Vergangenheit und doch blofs lebendige Thätigkeit. Die Lösung dieser Gegensätze findet Humboldt in der Einheit der menschlichen Natur (S. LXXIX.). Weil in allen Einzelnen, welche zur Gesammtheit eines Volkes gehören, eine und dieselbe eigenthümliche Beschränktheit des menschlichen Wesens liegt, weil sie alle an einer und derselben geistigen Substanz Theil haben, weil sie alle von einer gemeinsamen Ideenmasse durchdrungen sind, darum schwindet zwischen ihnen der Gegensatz von Subject und Object. Wegen der Gleichheit des einen Einzelgeistes mit allen übrigen seines Volkes, sind ihm die anderen nicht fremde Objecte; sondern, weil in diesen dasselbe ist, was in ihm, so kann man sagen, er sei in ihnen und sie

in ihm; und was aus ihnen geflossen ist, was ihr Geist geschaffen hat, ist eben so wohl aus ihm geflossen, von seinem Geiste geschaffen. Und so ist die vorliegende Sprache, obwohl der Thatsache nach von ihm unabhängig, ihm fremd, Object, doch im Wesen sein Eigen, weil der Geist, von dem sie abhängig, subjectiv gewirkt war, auch in ihm lebt. Er kann jeden Augenblick der gegebenen todten Sprache seines Volkes das dieser Sprache eigenthümliche Leben geben, weil dasselbe Leben in ihm selbst weht, und er ihr also nur seinen eigenen Othem einzuhauchen braucht. Und eben daher rührt das Verständnifs (S. L.). Die Sprache gehört dem allgemeinen Ich; und weil jeder in seinem besondern Ich das allgemeine trägt, spricht und versteht er seine Sprache.

Denn wegen der gleichen geistigen Substanz in den Einzelnen, welche Gleichheit man sich in der ursprünglichen Zeit der ersten Menschen als durchaus vollständig denken darf und mufs, welche aber auch heute mehr und weniger vorhanden ist, spricht der Sprechende aus dem Geiste des Hörenden, und der Hörende hört mit oder in dem Geiste des Sprechenden dies ist gegenseitiges Verständnifs. Es reicht in der That nicht weiter als die Gleichheit des Gedankenstoffes in den Einzelgeistern; und die stufenweise Verschiedenheit der Bildung, wie die Verschiedenheit der Richtung der Ideen, welche beide durch das so mannigfach bewegte Leben unserer Zeit so grofs geworden sind, erzeugen fortdauernd Mifsverständnisse und hindern zwischen gewissen Seiten jede Verständigung. Weil aber ursprünglich die Gleichheit der menschlichen Geister eine absolute gewesen sein mufs, so widerstand dem Verständnisse durchaus nichts. Jedoch auch heute noch ist es wahr, was Humboldt bemerkt (S. LXX.), Sprechen heifse sein besonderes Denken an das allgemeine anknüpfen.

Wir nannten oben Sprechen und Verstehen relative Begriffe. Dies sind sie in der That vollständig; und wie die Bezeichnungen positiv und negativ nach entgegengesetzten Gesichtspunkten auch ihre Stellung gegen einander umtauschen können, so dafs jetzt dieselbe Strecke Weges als posi

tiv angesehen werden kann, die man vorher als negativ annahm, weil sie eben nur den Gegensatz überhaupt ausdrükken: ebenso ist Sprechen an sich selbst Verstehen, und umgekehrt. Der Sprechende, indem er spricht, versteht den Hörenden; denn er spricht so, wie der andere an seiner Statt es gethan haben würde; er sucht im Geiste des Andern die Wörter, deren er sich bedienen will. Und der Verstehende spricht das Wort, das er hört, indem er es hört, nach; vernehmen und nachsprechen ist dieselbe That.

So fällt nun auch, wie der Gegensatz von Subjectivität und Objectivität, der von Activität und Passivität weg. Der Sprechende erscheint zunächst als activ; aber er wird durch die gegebene Sprache und den Hörenden bestimmt und beschränkt; also sind vielmehr diese activ, und er passiv. Aber was ihn bestimmt, kommt aus menschlicher mit ihm innerlich zusammenhängender Natur;" also bestimmt er blofs sich selbst. Und ebenso der Hörende.

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Blicken wir jetzt auf die Frage nach dem Ursprunge der Sprache, so folgt aus dem Entwickelten, dafs wir zu ihrer Beantwortung weder historischer Berichte, noch leerer Hypothesen bedürfen, sondern blofs unser eigenes Wesen zu erforschen, in die Tiefe unseres Geistes zu steigen haben, um hier den ewigen Ursprung der Sprache aufzufinden; denn wie sie in uns entspringt, so geschah es von dem Augenblicke an, wo der Mensch den Erdboden betrat, sei es dafs ein Paar oder mehrere, zugleich und an einem Orte oder an verschiedenen Orten und Zeiten entstand.

Das hat Humboldt klar erkannt und dargelegt. Er ist aber noch nicht fertig. Er fragte weiter: sind jene Widersprüche gelöst in der Einheit der menschlichen Natur, wie ist dann die äufsere Geschiedenheit innerlich zusammenhängender Individuen denkbar?

Auf diese Frage antwortet Humboldt: Vieles, vorzüglich aber die Sprache beweist uns, dafs die Geschiedenheit der Individuen nicht wesentlich ist, dafs es in Wahrheit keine geschiedene Individuen gibt; dafs vielmehr die Individualität,

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