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Außerdem besaß er prächtige Villen bei Tusculum, mit offenen Sälen, Galericen und Warten, welche die herrlichste Aussicht gewährten. Pompejus, der ihn einst dort besuchte, tadelte ihn, daß er das Landhaus für den Winter habe zu luftig bauen lassen. Du traust mir doch weniger Verstand zu als den Kranichen und Störchen“, erwiderte ihm Lucullus lachend, „daß ich nicht meine Wohnung nach den Jahreszeiten verändern sollte." Von dem Redner s Hortensius, dem Vater der Hortensia, erzählt man, er habe seine Bäume mit Wein begossen.

Ebenso wurden die ungeheuersten Summen in den Gast gelagen verschwendet. Einer der größten Feinschmecker jener Zeit war Apicius, der sich, als er sein Vermögen bis auf etwa 250000 Taler verpraßt hatte, vergiftete, weil er fürchtete, er würde Hungers sterben müssen. Auch an der Tafel des Lucullus herrschte ungewöhnliche Pracht und Verschwen- 19 dung, sowohl in betreff der mit Purpur überzogenen Polster und der goldenen, mit Edelsteinen besetzten Trinkgeschirre, als der ausgesuchtesten, künstlich zubereiteten Speisen und Leckereien. Als er einst allein war und eine einfachere Mahlzeit als gewöhnlich fand, fuhr er den Sklaven zornig an: "Wußtest du denn nicht, daß Lucullus heute bei Lucullus speist ?" Cicero und Pompejus, die dies erfuhren, luden sich unerwartet bei ihm zu Gaste, aber mit 15 der Bedingung, die Mahlzeit sollte sein, wie wenn er allein speiste. In der Tat gab er den Sklaven keine Anweisung weiter, als daß er im "Apollo" speisen wolle. Er hatte aber verschiedene Speisezimmer, und für jedes war die Summe bestimmt, welche die Mahlzeit in demselben kosten mußte; der "Apollo" war das teuerste; jede Mahlzeit in demselben kostete über 10000 Taler. So konnten nun Cicero und Pompejus von ihrem Staunen gar nicht 20 zurückkommen, als sie eine so glänzende Mahlzeit bereitet fanden wie noch nie, und sie hatten ihren Zwed doch nicht erreicht.

Bon der alten Einfachheit in den Speisen war jetzt keine Spur mehr. Früher hatte man in keiner Haushaltung einen Koch gehabt, denn derselbe würde keine Beschäftigung gefunden haben; jest durfte er in keinem größeren Hause fehlen. Auch Bäcker hatte man nicht 26 im Hause gehabt, und es gab auch in der Stadt niemand, der die Bäckerei als Gewerbe getrieben hätte; vielmehr war das Backen Sache der Frauen und Sklavinnen. Jest war das alles anders; ja man ging in unsinniger Verschwendung soweit, daß man sich nicht damit begnügte, durch die künstliche Zubereitung leckerer Speisen den Gaumen zu fizeln, sondern daß man vielmehr darauf ausging, die seltensten Dinge aus allen Ländern, ohne 30 Rücksicht auf ihre Schmackhaftigkeit, in möglich größter Fülle herbeizuschaffen, bloß weil sie recht teuer waren. Die Hauptmahlzeit begann zwischen zwei und drei Uhr nachmittags und dauerte oft bis tief in die Nacht hinein. Man eröffnete dieselbe mit allerlei Gerichten, die nur dazu dienten, die Eßluft zu reizen, mit leichtem Gemüse, Schaltieren, leicht verdaulichen Fischen in pikanten Saucen n. s. w. Darauf folgte die eigentliche, ursprünglich 35 aus zwei, später aus drei, ja oft aus sieben Gängen bestehende Mahlzeit und endlich als Nachtisch Backwerk und dergleichen. Ein Hauptbestandteil eines schwelgerischen römischen Mahles waren Fische. Man ließ Muränen aus der ficilischen Meerenge, ja aus Tartessus in Spanien kommen, Störe von Rhodus; eine Seebarbe von sechs Pfund wurde oft mit mehr als vierhundert Talern bezahlt. Großer Lurus wurde mit den Austern getrieben, die o man aus Brundusium, Tarent, ja sogar aus Britannien holte und nach dem Transport erst eine Zeitlang mästete. Pfauen ließ man aus Samos tommen; Krammetsvögel mußte man das ganze Jahr hindurch auf der Tafel haben können; ja, man bereitete ganze Gerichte aus Flamingozungen und aus dem Gehirne dieses Vogels. Bei Volksfesten gab man außer dem heimischen Falerner drei Sorten fremder Weine (Sicilianer, Lesbier und Chier), und der 45 Redner Hortensius hatte in seinem Keller ein Lager von 10000 Krügen fremden Weines, jeden zu 33 Quart. Eine große Schar von Sklaven wurde zur Bereitung der Speisen und zur Bedienung bei der Mahlzeit gehalten, und auch in dieser Beziehung unterschied sich die spätere Zeit durchaus von der früheren.

In alter, einfacher Zeit begnügte man sich mit wenigen Sklaven; selbst Konsuln 50 wurden nur von einer geringen Dienerschaft begleitet, wenn sie ins Feld zogen, und vielleicht nur ein Sklave wurde zur persönlichen Bedienung gebraucht; in der legten Zeit der Republik

dagegen dienten ganze Scharen von Sklaven nur zur Bedienung und Begleitung ihres Herrn. So hatte Clodius auf der Reise ein Gefolge von Sklaven bei sich, und selbst Cicero, der den mit der Zahl der Sklaven getriebenen Aufwand vielfach tabelt, meinte doch, die geringste Zahl, die ein anständiger Mann halten könne, sei zehn. Später stieg die Zahl der Sklaven 5 wahrhaft ins Unglaubliche. Man hielt Tausende derselben; man mußte ste förmlich, wie die Soldaten, in Defurien abteilen, um Ordnung in das Heer zu bringen; und die vornehmeren unter diesen Sklaven hielten sich oft selbst wieder Sklaven zu ihrer Unterstüßung. Dem angesehenften war die Aufsicht über das ganze Hauswesen und die übrige Dienerschaft übertragen. Außer ihm gab es Kassierer, Ärzte, Chirurgen, Vorleser, Schreiber, Musiker unter 10 denselben; auch an Narren und Zwergen fehlte es nicht. Zu den geringeren Sklaven_ge= hörten die Türhüter, die, welche die Aufsicht über die Wohn- und Schlafzimmer führten, die ihren Herrn beim Ausgehen begleiteten; andere gingen ihm vorauf, um ihm im Gedränge Plaß zu machen; besonders groß aber war das Gefolge auf Reisen, wo man in der späteren Zeit das unsinnigste Gepränge mit Vorreitern und Läufern trieb. Für geschickte Sklaven 15 wurden oft unglaubliche Summen bezahlt; so wird berichtet, daß für einen Sklaven circa 5000 Taler gegeben worden seien.

Die Lage der römischen Sklaven war eine sehr harte. Der Herr hatte unbedingte Gewalt über sie, konnte sie auf die grausamste Weise martern und töten; ja, es war gesetzlid> bestimmt, daß, wenn ein Herr von einem seiner Sklaven ermordet war, alle seine Sklaven 20 sterben mußten. Besonders taten sich die römischen Damen durch Härte gegen ihre Dienerinnen hervor, und es war selten, daß eine von den Sklavinnen, die sie bei der Toilette zia bedienen hatten, anders, als geschlagen, zerkrast, oder mit Nadeln zerstochen, die Arbeit beendigte. Ist es zu verwundern, wenn bei solcher Behandlung die Sklaven im allgemeinen tückisch und feindlich gegen ihren Herrn gesinnt waren, den ste hassen und oft verachten 15 mußten? Staunen muß man vielmehr darüber, daß es doch an Beispielen aufopfernder Treue und Hingebung von Sklaven gegen ihre Herren nicht fehlte.

Eine Lebensweise, wie die eben geschilderte, erforderte natürlich den Besit ungewöhnlicher Geldmittel, und um sich durch hohe Amter dieselben zu verschaffen, suchten die Bewerber um ein Amt (Kandidaten, d. h. Weißgekleidete, so genannt wegen der glänzend weißen Toga, so die sie trugen) das Volk durch Bestechungen aller Art für sich zu gewinnen. Sie waren herablassend und zuvorkommend auch gegen die ärmsten Bürger. Ihr Haus stand einem jeden offen, und wenn sie ausgingen, redeten sie jeden, der ihnen begegnete, beim Namen an, erfundigten sich teilnehmend nach seinem Ergehen, nach seiner Familie, sagten ihm irgend etwas Berbindliches. Sie hielten sich besondere Sklaven, welche die Namen und Verhält= 35 niffe aller Leute in der Stadt kannten und nichts weiter zu tun hatten, als ihnen beim Ausgehen dieselben anzugeben. Doch solche Freundlichkeit genügte nicht; man mußte dem Volke wirkliche Vorteile verschaffen, um es für sich zu gewinnen. So durften denn Geldund Getreideausteilungen nicht gespart werden. Der geizige Craffus speiste während seines Konsulats das Bolt einmal an zehntausend Tischen und ließ jedem noch soviel Getreide 40 geben, als er auf drei Monate brauchte. Cäsar veranstaltete eine Mahlzeit an 22 000 Tafeln, an denen etwa 200 000 Menschen speisten, und in jedem Zimmer befanden sich zwei Fässer voll Wein. Auch Sulla speiste das Volk auf dem Forum mehrere Tage lang. Außer solchen Mahlzeiten wurden zur Bestechung des Volkes besonders auch glänzende Spiele ver anstaltet. "Brot und Spiele!" das war das gewöhnliche Geschrei des römischen Pöbels.

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Besonderes Wohlgefallen fand man an Tiergefechten und Fechterspielen. Schon seit den Zeiten des Marius und Sulla gab es Leute, die ein besonderes Gewerbe daraus machten, kräftige und gewandte Sklaven aufzukaufen und im Fechten zu üben, worauf fie die selben dann an die Veranstalter von Festen vermieteten oder verkauften. Diese Fechtersklaven (Gladiatoren) mußten dann auf den Tod miteinander kämpfen. Verließ einen die Kraft, so 50 senkte er die Waffen und rief auf solche Weise die Gnade des Volkes an, die ihm dadurch zuteil wurde, daß die Zuschauer den Daumen niederdrückten. Geschah dies nicht, so mußte er weiter kämpfen, bis er den tödlichen Streich empfing. Der Sieger erhielt als Belohnung

einen Palmzweig, oft auch Geld; der höchste Lohn aber war ein hölzernes Schwert, durch dessen Überreichung er von dem weiteren Dienst als Gladiator befreit wurde. Bald suchte ein Festgeber den andern durch die Zahl der Gladiatoren zu übertreffen. Cäsar brachte zu den Spielen, die er als Adil veranstaltete, soviele zusammen, daß man fürchtete, er wolle politische Zwecke dadurch erreichen, und durch ein Gesez die Zahl der gleichzeitig auftretenden s Gladiatoren beschränkte. Dennoch ließ er dreihundertundzwanzig Paare miteinander lämpfen. Cicero veranlaßte auch ein Gesetz, daß Kandidaten während der zwei ihrem Amte vorangehenden Jahre keine Fechterspiele veranstalten sollten; aber dies Gesetz scheint nicht lange beobachtet worden zu sein. Zu den Tierkämpfen brachte man die wilden Tiere, die fich zur Belustigung eines entarteten Pöbels untereinander zerfleischen mußten, in unglaublicher 10 Zahl zusammen. Der Geschichtschreiber Livius erzählt, daß einmal zugleich dreiundsechzig Banther, vierzig Löwen und eine Menge Elefanten losgelassen wurden. Sullas Stiefsohn Scaurus gab als Adil einen Kampf zwischen hundertundfünfzig Tigern, fünf Krokodilen und einem Nilpferde; Pompejus ließ vierhundertundzehn Tiger, fünfhundert Löwen und hundert Elefanten zu einem einzigen Kampfe aus Afrika kommen; und doch wurde dies alles in spä- 15 terer Zeit noch weit übertroffen.

Die Amphitheater, in welchen diese Spiele veranstaltet wurden, anfänglich bloße Brettergerüste, die wieder weggenommen wurden, wenn die Spiele beendigt waren, wurden jest zu wahren Brachtgebäuden. Scaurus baute zu seinen Spielen ein hölzernes Amphitheater, das nur einen Monat stehen blieb. Dasselbe konnte 80 000 Mann faffen und 20 hatte drei Stockwerke, getragen von dreihundertundsechzig Marmorsäulen, jede sechsunddreißig Fuß hoch. Zwischen den Säulen standen 3000 eherne Bildsäulen. Die Wände waren in den unteren Räumen mit Marmorplatten bekleidet, in der Mitte mit Glas, in den oberen Teilen mit vergoldeten Holztafeln und kostbaren Gemälden und Teppichen; die Fußböden waren von Mosait. Ebenso prachtvoll war das Amphitheater, welches Cäsar aufführen 25 ließ. Es war reich mit Bildsäulen geschmückt, die Size von Marmor, die Schranken von Jaspis und Erz. Golddurchwirkte Teppiche waren über die Zuschauerräume gespannt, um fie vor Sonnenglut und Regen zu schüßen; wohlriechende Wasser wurden durch künstliche Maschinerieen in die Höhe geführt und erfüllten, als feiner Staubregen niederfallend, den ganzen Raum mit den köstlichsten Wohlgerüchen. Das erste steinerne Amphitheater in Rom 30 ließ Pompejus aufführen; es wurde aber erst unter Caligula vollendet. Es war auf 40 000 Zuschauer berechnet und umschloß zugleich einen großen, mit Bäumen bepflanzten und mit einem Springbrunnen und Bildsäulen geschmückten Plaz zur Erholung für die Zuschauer.

Die Size für die Zuschauer in den Amphitheatern liefen treppenartig und auf Bogengewölben ruhend rings um die Mauer, die das Ganze umschloß. Die Sipreihen waren 35 vierzehn Zoll hoch und anfänglich ebenso breit; später gab man ihnen aber eine weit größere Breite, bis zu sechsundreißig Zoll, so daß man die Füße auf die nächstunterste Sizreihe stellen konnte, ohne die darauf Sißenden zu belästigen. Treppen durchschnitten in gewissen Entfernungen alle Sizreihen bis zu dem Gange hinunter, der die in dem tiefsten, mittelsten Raume befindliche Bühne (die Arena) umgab. Zuweilen hatte auch jede Treppe einen be 10 sonderen Eingang von außen, der unter den Siggewölben fortgeführt wurde. Die Arena war durch Mauerwerk von den Sigreihen geschieden. Sie war entweder kreisförmig oder oval, und um fie herum befanden sich Gewölbe, die sich weit unter die Sißreihen hin erstreckten und zu Behältern für die wilden Tiere, oder zum Aufenthaltsorte für die Gladiatoren dienten. Der unterste Sit, durch einen breiten Graben vom Kampfplage getrennt und 45 durch Gitterwerk gegen das Einbrechen der wilden Tiere geschüßt, hieß Podium und war für die Kampfrichter bestimmt, denen die Liftoren zur Seite standen. Auch der Veranstalter der Spiele und die Bestalinnen hatten hier ihren Ehrenplay. An das Podium schlossen sich zunächst die Size für die Senatoren, dann die für die Ritter, dann die für das übrige Volk. Ein Säulengang, der zu den Treppen führte, umgab oft das Ganze, und häufig stand über 50 demselben auch ein zweiter, dritter und vierter, von denen man durch Gänge und Treppen zu den höheren und niederen Sigreihen gelangen konnte.

Nicht nur die unteren Volksklassen in Rom waren der Bestechung zugänglich, sondern ebenso die vornehmsten. Cäsar gewann einen Volkstribun dadurch für sich, daß er über 320 000 Taler für ihn bezahlte; einem Konsul gab er an zwei Millionen, und solche Bestechungen wurden auf die offenste und schamloseste Weise betrieben. Dadurch mußte alle Sittlichkeit vollends untergraben werden, und dazu kam noch, daß das Familienleben gänzlich zerrüttet war.

Die hohe Achtung, welche man vor der Heiligkeit der Ehe hegte, machte in früherer Zeit Ehescheidungen zu etwas ganz Unerhörtem. Schon ein altes, auf Romulus zurückgeführtes Gesetz bestimmte, daß eine Frau ihren Mann gar nicht verlassen, der Mann aber 10 die Frau nur wegen Giftmischerei und anderer schwerer Verbrechen verstoßen dürfte. Wer sich aus einem andern Grunde von seiner Frau schiede, von dessen Vermögen soll ein Teil der Frau zufallen, das andere der Ceres geweiht werden; und wenn es auch übertrieben ist, daß erst 520 Jahre nach der Gründung Noms die erste Ehescheidung daselbst vorgekommen sein soll, so war eine solche doch gewiß höchst selten, und die Senatoren stießen sogar einmal 16 einen Senator aus dem Senat, weil er sich ohne Zuziehung des Familiengerichts von seiner Frau geschieden hatte. Desto häufiger wurden die Ehescheidungen seit den punischen Kriegen, und es ist kaum zu glauben, wie leichtsinnig und willkürlich man dabei verfuhr. So verstick ein Mann seine Frau, weil sie außer dem Hause sich mit unbedecktem Haupte hatte sehen laffen, ein anderer die feinige, weil er sie heimlich hatte mit einer Freigelassenen sprechen ao sehen, ein dritter die feinige, weil sie ohne sein Wissen gewagt hatte, den öffentlichen Spielen zuzuschauen. Zulegt trennte man sich ebenso ganz nach Belieben, wie man leichtsinnig die Ehe geschlossen hatte; selbst die Angesehensten im Staate, wie Sulla, Cäsar, Pompejus, Antonius, Octavianus, verstießen ihre Frauen ohne jeden vernünftigen Grund. Wieweit mußte es gekommen sein, wenn selbst ein Mann wie Marcus Cato kein Bedenken trug, sich 25 auf die Bitte eines Freundes von seiner Frau scheiden zu lassen und diese demselben abzutreten, nach dem Tode dieses Freundes aber dieselbe Frau zum zweiten Male zu heiraten Man heiratete, um durch den Einfluß der Frau Macht zu gewinnen, und verstieß die Frau, wenn eine neue Heirat mehr Gewinn versprach, so daß der jüngere Cato ausrief: "Durch Weiber und Heiraten werden Heere und Ämter vergeben". Und ebenso leichtfertig lösten Frauen 30 die Ehe auf, so daß ein alter Schriftsteller sagt, fie zählten ihre Jahre nicht nach der Zahl der Konsuln, sondern ihrer Männer; sie gingen aus, um zu heiraten, und heirateten, um sich scheiden zu lassen, während in alter guter Zeit eine Frau, die sich zum zweiten Male selbst nach dem Tode ihres Mannes vermählte, gar keine Achtung genoß.

Wie wir hierin einen traurigen Verfall der Sitten auch bei den Frauen bemerken, so 36 ist derselbe auch in ihrer ganzen Lebensweise unverkennbar. In früherer Zeit hatten die Mütter ihren größten Nuhm darin gefunden, ihre Kinder trefflich zu erziehen. Jeßt kümmerten fich die vornehmen Nömerinnen um die Erziehung der Kinder gar nicht; vielmehr überließen fie dieselbe Sklaven, welche man Pädagogen nannte. In vornehmeren Familien nahm man dazu besonders Griechen; denn es gehörte zum guten Tone, Griechisch zu sprechen, wie etwa 40 heutzutage Französisch. Diese Pädagogen waren die steten Begleiter der Knaben; sie führten dieselben in die Schule und blieben auch während des Unterrichts bei ihnen, wie bei den Mädchen ihre Wärterinnen, und diese oft anmaßenden, mürrischen und unwissenden Menschen konnten natürlich für den Mangel einer sorgsamen, liebevollen mütterlichen Leitung keinen Ersatz gewähren. Die Frauen dagegen brachten ihre Zeit mit nichtigen Dingen hin; sie 46 schauten den öffentlichen Spielen zu, oder sie waren am Puztisch beschäftigt.

Das lettere erforderte allerdings viel Zeit. Wenn sogar geachtete Männer, wie Hortensius, stundenlang vor dem Spiegel stehen konnten, um die Toga in künstliche Falten zu legen, so läßt sich erwarten, daß die Frauen auf ihren Anzug keine geringere Sorgfalt verwandten. Die Palla wurde auf die zierlichste Weise angelegt; man schminkte sich weiß und so rot, verbrauchte Salben und köstliche Spezereien und Essenzen in verschwenderischer Menge; auch der Haarpuz erforderte keine geringe Mühe. Man gab dem Haare künstlich eine rötliche Farbe, frisierte es oft in der unförmlichsten Weise, so daß sich über der Stirn ein bogen

förmiges, häufig aus mehreren Etagen bestehendes Toupet erhob, welches nach der Mitte zunahm; Diademe und anderer Hauptschmuck von Gold und Perlen durften auch nicht fehlen. Überhaupt war der Buß der römischen Damen sehr kostspielig. Man trug Schmucksachen aus Gold mit Perlen und Edelsteinen verziert, besonders Halsbänder und Halsketten, die oft bis zur Brust hinabreichten, Armbänder, meist in Schlangenform, Ohrgehänge, Ringe. Bon den daran befindlichen Perlen kostete zuweilen eine einzige mehr als hunderttausend Taler, und so können wir uns nicht wundern, wenn uns berichtet wird, daß eine Frau für mehr als zwei Millionen Taler Schmuckfachen an sich getragen habe. . . .

Zu dem allen kam nun noch der gänzliche Verfall der Staatsreligion. Die Ehrfurcht vor dem, was dem Römer sonst heilig gewesen, war längst verschwunden; die Bes 10 kanntschaft mit hellenischer Wissenschaft und Philosophie hatte den Glauben an die alten Götter aufs tiefste erschüttert, und bald war dem in Herrschsucht, Habgier und Genußsucht untergegangenen Römer nichts mehr heilig. Götterbilder und Tempelschäße wurden aus den unterworfenen Ländern nach Rom geschleppt, um die dortigen Heiligtümer oder Kunstsammlungen zu schmücken und die Habgier beutelustiger Eroberer zu befriedigen. In der 15 Zeit der Proskriptionen wurden auch in Rom selbst die Tempel nicht mehr heilig gehalten; man riß die Geächteten von den Altären hinweg; man tötete sie im Heiligtume selbst. Man spottete über die Religion, wenn auch nicht alle soweit gingen, wie der sittenlose Clodius, der in Cäsars Hause die Mysterien entweihte und auf den Trümmern des von ihm zerstörten Hauses Ciceros zum Hohne einen Tempel der Freiheit errichtete, in welchem er 20 die Bildsäule einer Hetäre als Gottheit aufstellte. Mit dem trostlosesten Unglauben ging der traurigste Aberglaube, selbst bei den Gebildetsten, Hand in Hand; so bei Sulla, so selbst bei Casar, der bei seinem vierfachen Triumphe die Stufen des Jupitertempels auf den Knieen hinaufrutschte. Man warf bei allen möglichen Gelegenheiten das Los; Traumdeuter fanden vortrefflich ihre Rechnung; die Sterndeuterei wurde schon wissenschaftlich betrieben; Geister= 25 beschwörungen waren an der Tagesordnung. So ist es zu allen Zeiten gewesen; der Mensch fann sich einmal dem Gefühle nicht entziehen, daß er von einer höheren, unsichtbar über ihm waltenden Macht abhängig ist. Daher kam es auch, daß mit der zunehmenden Gleichgültigkeit gegen die Staatsreligion fremde Religionen in Rom immer mehr Eingang fanden, namentlich die geheimnisvollen Götterdienste des Orients, wie die des persischen Sonnengottes Mithras, 30 der Isis, des Osiris, der Astarte und andere, die einen reichen Inhalt ahnen ließen und dadurch das kalte, leere Gemüt zu erwärmen und zu befriedigen versprachen, aber gleichzeitig immer tiefer in Üppigkeit und Sinnenlust hineinzogen. So mußte denn die Sittenlosigkeit immer furchtbarer überhanduehmen; Giftmischerei, Berbrechen der scheußlichsten Art vermehrten sich auf die grauenerregendste Weise. Ein Volk, das so ganz seine sittliche Freiheit 35 verloren hatte, konnte auch die äußere Freiheit sich nicht länger bewahren, der es nicht mehr fähig und würdig war, und so mußte das Gebäude der römischen Republik, durch und durch morsch geworden und in seinen Grundfesten erschüttert, rettungslos zusammenbrechen.

64. Charakter des Augustus.

Bon K. Hoeck.

Nömische Geschichte vom Verfall der Republik bis zur Vollendung der Monarchie unter Konstantin. Braunschweig 1841. Bd. I, Abteil. 1, S. 421.

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Über den Charakter des Augustus hat das Altertum geschwankt und die neuere Zeit sich nicht verglichen. Die Ürteile sind jedoch der Mehrzahl nach verdammend ausgefallen. Ja, man häuft gemeinhin nicht bloß Schmähungen ohne Maß und Ende 45 auf die Eigenschaften seines Herzens, sondern erniedrigt mit auffallender Ungerechtigkeit auch die seines Geistes. Die kriegerische Vorsicht Augustus' wird häufig als Feigheit gedeutet; die Gehilfen bei der Gründung seines Prinzipats, Mäcen und Agrippa, sollen deffen eigentliche Schöpfer sein, und ersterem soll der Herrscher sogar das System der Staatsverwaltung verdanken, dem er seinen Namen lieh. Aller- 50 dings war Augustus nicht ebenso glücklich bei eigener Ausführung von Schlachten, wie in deren Anordnung und oberster Leitung; indes gegen den Vorwurf der FeigRehru. Kriebigsch, Deursches Lesebuch. II. 16. Aufl.

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